Notstromversorgung – Empfehlungen für Tierhalter

Vor dem Hintergrund der angespannten Versorgungslage auf dem Energiemarkt, aber auch aufgrund unvorhergesehener Naturereignisse oder technischer Störungen kann es zu zeitlich und regional begrenzten Stromausfällen kommen.

Laut Bundesnetzagentur ist ein umfassender Netzausfall (Blackout) jedoch äußerst unwahrscheinlich. Das elektrische Energieversorgungssystem ist mehrfach redundant ausgelegt und verfügt über zahlreiche Sicherungsmechanismen, die selbst bei größeren Störungsereignissen einen völligen Zusammenbruch des Übertragungsnetzes verhindern sollen.

Informationsseite der Bundesnetzagentur Externer Link

Landwirte müssen vorsorgen

Hand mit leuchtender Kerze im Dunkeln vor dem Sicherungskasten.
Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutzV) verpflichtet alle Halter von Nutztieren, ein Notstromaggregat bereitzustellen, wenn bei einem Stromausfall eine ausreichende Versorgung der Tiere mit Futter und Wasser nicht sichergestellt ist.
Bei Ställen, in denen die Lüftung von einer elektrisch betriebenen Anlage abhängig ist, muss eine Ersatzvorrichtung vorhanden sein, die bei Stromausfall einen ausreichenden Luftaustausch gewährleistet. Zusätzlich ist eine Alarmanlage zur Meldung eines solchen Ausfalles vorgeschrieben.
Das Melken ist in dieser Verordnung nicht geregelt, es ist keine Verpflichtung zum Vorhalten einer Notstromversorgung zum Melken der Tiere enthalten. Milchkühe müssen jedoch aus Sicht des Tierwohls auch bei einem Stromausfall gemolken werden können.
Empfehlungen verschiedener Tierschutzleitlinien und Qualitätsprogramme bewerteten das Vorhandensein eines Notstromaggregats positiv.

Auslegung und Dimensionierung eines Notstromaggregats

Bei der Auslegung und Dimensionierung des Notstromaggregats sollte als Erstes eine genaue Bedarfs- und Problemanalyse durchgeführt werden. Folgende Fragen gilt es zu klären:

  • Wie viel Leistung wird benötigt?
    Soll der Gesamtbetrieb, bestimmte Betriebseinrichtungen bzw. Stallungen oder nur einzelne Geräte versorgt werden?
  • Welche Anlaufströme sind zu erwarten?
    Welcher Sicherheitszuschlag ist zu berücksichtigen?
  • Wird ein Notstromgenerator mit automatischer Spannungs- und Frequenzregelung benötigt?
  • Aufstellort
    Wo kann die Einspeisung in das Betriebsnetz (Einspeisepunkt) erfolgen?
  • Ist eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) notwendig?
    Welche Geräte und Daten müssen abgesichert werden?

Verbraucher, die unbedingt versorgt werden müssen

Schweine-/Geflügelhaltung

Zwangsbelüftete Ställe:

  • Lüftung
  • Fütterung
  • Beleuchtung
  • EDV
  • Telefon- und Alarmgeräte
Rinderhaltung

Milchviehställe:

  • Vakuumversorgung der Melkanlage bzw. Automatisches Melksystem (AMS)
  • Milchkühlung
  • Fütterung und
  • Beleuchtung
Wenn die Wasserversorgung über einen eigenen Brunnen erfolgt, muss die Wasserpumpe ebenfalls in die Notstromversorgung eingebunden werden.
Die tatsächlich benötigte Leistung des Aggregats ergibt sich aus der Summe der Leistungen der zu versorgenden Verbraucher. Diese stehen auf den Gerätetypenschildern, können aber auch aus den technischen Datenblättern entnommen oder beim Hersteller erfragt werden. Alternativ kann auch eine Strommessung vor Ort mit einem mobilen Strommessgerät durchgeführt werden.
Da Elektromotoren einen hohen Einschaltstrom haben, ist ein Sicherheitszuschlag von 20 bis 30 Prozent in die Leistungsberechnung einzubeziehen.

Formel zur Berechnung der Generatorleistung

Formel zur Berechnung der Generatorenleistung: Summe der Geräteleistung mal (1+ Sicherheitszuschlag) in % geteilt durch Wirkleistungsfaktor Cosinus von Phi

Beispiel
Auslegung des Notstromaggregats für die Milchgewinnung eines Milchviehbetrieb mit 60 Milchkühen und Melkstand

Gesamtleistung: 24,1 kW

  • Vakuumpumpe: 5,5 kW
  • Milchkühlung: 8,2 kW
  • Kompressor: 1,8 kW
  • Waschautomat: 8,6 kW

Formel zur Berechnung der Generatorenleistung: Summe der Geräteleistung mal (1+ Sicherheitszuschlag) in % geteilt durch Wirkleistungsfaktor Cosinus von Phi

Zapfwellengeneratoren

Zapfwellenaggregate sind als mobile oder stationäre Geräte erhältlich. Stationäre Varianten haben den Vorteil, dass sie an Ort und Stelle verbleiben und im Notfall nicht erst herbeigeschafft werden müssen. Zapfwellenaggregate sind in der Anschaffung billiger als Diesel- oder Benzinaggregate.
Mobiles Zapfwellenaggregat

Mobiles Zapfwellenaggregat

Stationäres Zapfwellenaggregat

Stationäres Zapfwellenaggregat

Es muss beachtet werden, dass die Leistung des verwendeten Schleppers an das Aggregat angepasst sein muss.
Bei der Berechnung der Antriebsleistung des Schleppers ist deshalb die Antriebsmaschinenbemessungszahl zu berücksichtigen. Um auf die benötigte Schlepperleistung zu kommen, wird die Anschlussleistung des Aggregats mit dem Faktor 2 bis 3 multipliziert. Diese sollte mit dem Elektroinstallateur abgeklärt werden. Das Ergebnis ist die Leistung des Schleppers in kW.
Beispiel
Auslegung der Schlepperleistung für die Milchgewinnung eines Milchviehbetrieb mit 60 Milchkühen und Melkstand

Formel für die Schlepperleistung: Schlepperleistung ist Generatorenleistung mal 2,5

Diesel-/Benzingeneratoren

Auf landwirtschaftlichen Betrieben bietet es sich an, eher Dieselgeneratoren zu verwenden, da Diesel auch für den Schlepper und oftmals auch für andere Antriebsmaschinen verwendet wird. Dieselaggregate sind im Vergleich zu Benzingeneratoren zwar teurer in der Anschaffung, für den Einsatz unter Dauerlast sind Dieselaggregate aber besser geeignet. Problematisch können jedoch lange Standzeiten sein. Aggregate sind ab 2 kVA erhältlich und sollten auf die zu versorgenden Verbraucher ausgelegt werden.
Kraftstoffvorräte sollten für einen Betrieb über 72 Stunden vorgehalten werden.

Aufstellungsort eines Stromerzeugers

Ein Diesel- bzw. Benzinaggregat darf nicht innerhalb eines geschlossenen Gebäudes betrieben werden. Der Aufstellungsort muss so gewählt werden, dass ausreichend Luftaustausch zur Kühlung vorhanden ist und Abgase ungehindert ins Freie entweichen können. Eine Aufstellung innerhalb von Gebäuden ist nur in speziell dafür vorgesehenen Räumen zulässig.

Weitere Auswahlkriterien für den Standort:

  • Neben der Abgasführung ist auch der Geräuschpegel zu beachten.
  • Die Länge der Zuleitung beeinflusst den Querschnitt der Kabel.
  • Witterungsschutz des Stromerzeugers (witterungsbeständige Schallschutzhaube bzw. entsprechende IP-Schutzklasse der elektrischen Bauteile)
  • Bei Zapfwellenaggregaten muss der Stromeinspeiseanschluss für den Traktor zugänglich sein.

Installation

Beim Einsatz eines Notstromaggregats muss die Verbindung zum öffentlichen Netz getrennt werden. Es muss sichergestellt sein, dass eine allpolige Trennung stattfindet, das bedeutet, dass auch der Neutralleiter getrennt werden muss. Somit wird verhindert, dass ein Parallelbetrieb von Netzen möglich ist. Dies dient als Sicherheitsmaßnahme, um am Stromnetz arbeitende Personen zu schützen.
Die Installation der Umschaltung erfolgt durch eine Elektrofachkraft zwischen öffentlicher Netzzuleitung und Verteilerkasten bzw. an einer speziellen Leitung für notstromberechtigte Verbraucher. Die Umschaltung kann entweder manuell oder automatisiert erfolgen. Als Einspeisepunkt kann eine Wandgerätesteckdose verwendet werden, am Aggregat die Steckdose für den Hausbetrieb.
Bei einer Installation eines Ersatzstromaggregats muss insbesondere bei gewachsenen Betriebsstrukturen mit über den Hof verstreuten Elektroverteilungen bzw. wenn Stromkreise eines Stalls über mehrere Anschlusspunkte in der Hauptverteilung der Hofstelle verbunden sind, darauf geachtet werden, dass alle notwendigen Verbraucher versorgt werden.

Planung/Wartung/Probelauf

Die Planung der Not- oder Ersatzstromversorgung sollte immer in Zusammenarbeit mit einer Elektrofachkraft durchgeführt werden. Es ist ratsam, die Aggregate mindestens einmal im Monat auf ihre Funktionalität zu testen und eine Notfallsituation einzuüben. Vor allem sollte darauf geachtet werden, wie die Technik den Ausfall des Stroms verträgt.
Um im Notfall richtig und routiniert handeln zu können und somit das Wohl der Tiere sicherzustellen, aber auch um wirtschaftliche Schäden zu vermeiden, sollten regelmäßige Probeläufe der Notstromversorgung unter Produktions- bzw. Arbeitsbedingungen durchgeführt werden.
Durch die Simulation ist im Ernstfall klar, was zu tun ist.
Beispiel: Verhalten bei Stromausfall während des Melkens
Gerade dann, wenn der Strom während des Melkens ausfällt, ist Ruhe zu bewahren. Kühe müssen in diesem Fall ruhig aus dem Melkstand geführt werden, bis das Melken wieder möglich ist. Normalerweise sollte Melktechnik einen Stromausfall verkraften können. Dennoch kann es zu Problemen beim Neustart kommen, weshalb Planungsarbeit und auch das Simulieren von Stromausfällen sehr wichtig ist. Weiter ist darauf zu achten, ob das Melken ohne Wasserversorgung möglich ist – wenn nicht, muss auch diese in der Notstromversorgung mit angeschlossen werden.

Unterbrechungsfreie Stromversorgung

Um Datenverluste für sensible Informationstechnik, wie Computer bei kurzfristigen Stromausfällen, bzw. die Zeit bis zum Anspringen der Notstromversorgung zu überbrücken, ist eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) erforderlich. Eine USV ist ein Stromversorgungssystem mit Energiespeicher, das bei einem Ausfall der Stromzufuhr eine Versorgung des angeschlossenen Verbrauchers sicherstellt. Moderne Melkroboter sind meistens mit einer Batterie ausgestattet, die für eine USV sorgen (zur Sicherheit sollte dies mit dem Hersteller abgeklärt werden). Die Überbrückungszeit liegt in der Regel bei 30 Minuten. Eine Fortsetzung des (Melk-)Betriebs mit einer USV ist nicht möglich.

Preise und Verfügbarkeit

Die Preise sind abhängig von der Bauart des Aggregats. Ein Zapfwellenaggregat mit ca. 40 kVA, die zur Versorgung eines Betriebs (Beispiel: Milchviehbetrieb mit 60 Milchkühen) ausreicht, liegt mit automatischer Spannungs- und Frequenzregelung (AVR) zwischen 8.000 und 10.000 Euro. Bei Dieselaggregaten liegen die Preise fast doppelt so hoch, ab 16.000 Euro.
Aktuell ist bei Notstromgeneratoren mit Lieferzeiten zwischen drei und neun Monaten zu rechnen. Aufgrund der Marktlage ist zusätzlich mit einem weiteren Preisanstieg zu rechnen.

Ergänzende Hinweise

Regelmäßige Kontrolle von Notstrom- bzw. Ersatzstromeinrichtungen/-aggregaten sowie Alarmeinrichtungen (Alarme der Lüftung im Schweinestall oder des Melkroboters im Milchviehbetrieb) sind vorzunehmen: mindestens einmal im Monat.
Das Wiederhochfahren des Ersatzstromnetzes sollte das erste Mal unter fachlicher Aufsicht stattfinden. So kann sichergestellt werden, dass Verbraucher in der richtigen Reihenfolge und zum richtigen Zeitpunkt wieder ans Netz gebracht werden, um ein Zusammenbrechen des Betriebsstromnetzes zu verhindern.
Bei einem Stromausfall ist kein Internet vorhanden, um Alarme zu versenden. Deshalb sollte man mit einem sogenannten Fallback (Softwaresystem mit kleiner Speichereinheit, welches als Absicherung dient, wenn das Hauptsystem ausfällt) dafür sorgen, dass Alarmierungsnachrichten automatisch vom Router per LTE an das Handy verschickt werden. Das Versenden des Alarms ist auch über ein GSM-Modul möglich, das im Notfall SMS senden und Anrufe durchführen kann.
Moderne Wechselrichter von Photovoltaikanlagen können Batteriespeicher und den Notstromgenerator kombinieren. Der Generator lädt die Batterie, diese versorgt dann die Verbraucher.
Bei automatischen Melksystemen und bei modernen Lüftungsreglungen muss der Notstromgenerator mit automatischer Spannungs- und Frequenzregelung ausgestattet sein.
Die Planung und Installation sollte immer durch eine Elektrofachkraft ausgeführt werden.