Forschungs- und Innovationsprojekt
KleeGas – Verbesserung der Nährstoffversorgung von ökologisch bewirtschafteten Flächen durch Aufbereitung des Leguminosenaufwuchses (z. B. Kleegras) in Biogasanlagen
Zur Stickstoffversorgung im Öko-Landbau werden Leguminosen in die Fruchtfolge integriert. Wenn Leguminosen als Biogassubstrat eingesetzt werden, kann der Stickstoff durch den anaeroben Abbau in eine schnell pflanzenverfügbare Form umgewandelt und als Biogasgärrest bedarfsnah eingesetzt werden. Allerdings werden bei Biogasanlagen mit hohen Leguminosenanteilen auch Prozessstörungen dokumentiert. Ziel war es, Fütterungsstrategien für Biogasanlagen mit einem Leguminosenanteil zwischen 60 und 100 % zu entwickeln, so dass ein langfristig stabiler Prozess gewährleistet werden kann.
Ausgangslage
In Bayern bewirtschafteten rund 11.000 Öko-Betriebe eine Fläche von ca. 385.000 Hektar, was ca. 12 % der gesamten Landwirtschaftliche Nutzfläche entspricht. Es ist davon auszugehen, dass sich der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche weiter erhöht. Bei einer Vielzahl der umstellenden Betriebe handelt es sich jedoch um viehlose Betriebe, die über keinen hofeigenen Wirtschaftsdünger zur Nährstoffversorgung der Flächen verfügen. Da mineralische Dünger nicht eingesetzt werden dürfen, wird i. d. R. ein Kleegrasgemenge in die Fruchtfolge integriert, das dann in gemulchter Form zur Ernährung der Pflanzen dienen soll. Diese Methode geht jedoch mit erheblichen Stickstoffverlusten einher.
Wird der Aufwuchs geborgen und anschließend vergoren, kann der Stickstoff in eine größtenteils schnell pflanzenverfügbare Form umgewandelt und bedarfsnah eingesetzt werden. Im Öko-Landbau bieten Biogasanlagen positive Synergieeffekte (Energieproduktion, Treibhausgasreduktion, direkte und langfristige Düngewirkung) ohne zu einer Konkurrenzsituation zu führen.
Problematik
Datenerhebungen an Praxisbetrieben haben gezeigt, dass ein stabiler Biogasbildungsprozess bei hohen Anteilen an stickstoffreichem Substrat schwierig zu gewährleisten ist. Offensichtlich wirken erhöhte N-Gehalte toxisch auf einige am Gasbildungsprozess beteiligte Mikroorganismen.
Fragestellung und Zielsetzung
Daraus ergeben sich die Fragen, wie mit stickstoffreichen Einsatzstoffen überhaupt ein stabiler Prozess erreicht werden kann bzw. anhand welcher Parameter Störungen zu erkennen sind und wie sie sich sicher und rasch wieder beseitigen lassen. Die Entwicklung von Fütterungsstrategien, die auch bei hohen Anteilen an Leguminosen einen langfristig stabilen Prozess gewährleisten, war Ziel dieses Projektes. Bei der Auswahl der zusätzlich zu den Leguminosen verwendeten Substrate wurde darauf geachtet, dass diese auch für Biobetriebe verfügbar sind, so dass die Strategien auch umgesetzt werden können.
Methode
Im Prinzip wurden zwei praxisrelevante Fütterungsstrategien verfolgt. In der ersten wurden extrem stickstoffreiche Futtermischungen so lange eingesetzt, bis es zu biologischen Problemen kam, die dann durch eine wasserreiche, stickstoffarme und leicht abbaubare Futtermischung beseitigt werden sollten. Bei der zweiten Strategie wurde das C/N-Verhältnis durch einen stickstoffarmen Kohlenstofflieferanten in der Mischung auf 16:1 eingestellt, um Probleme von vornherein zu verhindern. Da für beide Strategien der Einfluss von Rindergülle von Interesse war, ergaben sich insgesamt vier Varianten, die jeweils für die Dauer eines Jahres in 40 L Versuchsfermentern geprüft wurden. Als Basissubstrat diente Kleegrassilage. Zur Anregung der Essigsäurebildung im Problemfall wurde Corn-Cob-Mix verwendet (das zwar teuer ist, aber nur in geringem Umfang benötigt wird) und als Kohlenstofflieferant zur Einstellung des C/N-Verhältnisses wurde Körnermaisstroh (landwirtschaftlicher Reststoff) ausgewählt. Der Gülleeinsatz ist für viehlose Ökobetriebe schwierig. Es besteht jedoch die Möglichkeit Gülle von einen anderen Biobetrieb aufzunehmen oder den Kleegrasaufwuchs in einer Anlage eines Biobetriebs mit Viehhaltung vergären zu lassen, weshalb auch die Güllevarianten als praxisrelevant erachtet wurden. Welche Mischungen eingesetzt wurden zeigt folgende Tabelle:
Frischmassebezogene Anteile der Futterbestandteile der Varianten bei Standardfütterung in %Variante 1 | Variante 2 | Variante 3 | Variante 4 |
---|
70 KG : 30 RG | 100 KG | 60 KG : 20 RG : 20 KMS | 70 KG : 30 KMS |
KG = Kleegras, RG = Rindergülle, MKS = Maiskornsilage, KMS = Körnermaisstroh
Bei biologischen Problemen wurde auf 70 % RG, 20 % KG und 10 % CCM umgestellt.
Ergebnisse
Bei der richtigen Methode kommt es erst gar nicht zu Störungen
Beim Einsatz von 100 % Kleegras (Variante 2) wurden innerhalb eines Jahres drei Störungen festgestellt. Bei der Kombination 70 % Kleegras und Gülle (Variante 1) war es nur eine. Entsprechend häufig musste die Fütterung umgestellt werden. Besser schnitten die beiden Varianten (3 und 4) mit eingestelltem C/N Verhältnis ab. Hier gab es keine Störungen und die Schwankungen in der Gasproduktion waren deutlich geringer. Auch hier hatte die Gülle einen positiven Einfluss (gleichmäßigere Gasproduktion - Variante 3) was in der linken Abbildung gut zu sehen ist. Die üblicherweise zur Beurteilung des Biogasprozesses herangezogen gängigen Richtwerte für Prozessindikatoren (H2, Säurespektrum, FOS/TAC, NH4-N) wurden in allen Fällen deutlich überschritten. Sie sind für diese hochspezialisierten mikrobiologischen Gemeinschaften offensichtlich nur bedingt anwendbar. Als neue zuverlässige Indikatoren haben sich der Methangehalt und die Gasproduktivität erwiesen. Die bei den Varianten 1 und 2 aufgetretenen Störungen wurden anhand von Methangehalten unter 50 % (rechte Abbildung) und Gasbildungsraten unter 70 % (linke Abbildung) im Vergleich zum stabilen Anlagenbetrieb erkannt und konnten stets innerhalb von zwei bis drei Wochen erfolgreich beseitigt werden. Die aufgetretenen Störungen sind an den unteren Scheitelpunkten in den Kurven für CH4-Gehalt und Gasproduktivität in den Diagrammen der Abbildung deutlich zu erkennen, an den Wasserstoffgehalten, normalerweise ein Prozessindikator, dagegen nicht:
Verlauf der relativen Methanproduktivität (links) und von Methangehalt und H2 Konzentration im Biogas (rechts) der vier Varianten
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Überraschend viel Gas kommt bereits aus der ersten Vergärungsstufe
Durchschnittlich wurden bei den ersten beiden Varianten Methanausbeuten um 240 l/kg oTS erreicht. Somit konnten bereits in der ersten Vergärungsstufe 70 % der Energiepotentiale der Substratmischungen genutzt werden. Bei den Varianten 3 und 4 sind die Gasausbeuten mit rund 275 l/kg oTS etwas höher. Hier wurden 80 % der Energiepotentiale umgesetzt. In Praxisanlagen sollte die Umsetzung der übrigen Energiepotentiale in einem Nachgärbehälter keine Probleme bereiten.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz hoher Anteile an stickstoffreichen Einsatzstoffen, wie sie im ökologischen Landbau auftreten, grundsätzlich möglich ist. Methangehalt und Gasbildungsrate müssen aber sorgfältig überwacht werden, so dass auftretende Probleme rechtzeitig erkannt und beseitigt werden können. Veränderungen der Betriebsparameter sowie Substratwechsel sind möglichst zu vermeiden. Kurze Häcksellängen und Spurennährstoffe begünstigen die Verhältnisse. Für die Praxis ist der Einsatz von ausschließlich Kleegras mit hohen Risiken verbunden, da Störanfälligkeit und Überwachungsaufwand sehr hoch sind. Eine Zumischung von 30 % Rindergülle reduziert die Störanfälligkeit. Probleme sind aber auch hier nicht auszuschließen und der Überwachungsaufwand bleibt hoch. Der stabilisierende Effekt eines eingestellten C/N – Verhältnisses hingegen, ermöglicht einen störungsfreien Betrieb, so dass die Methode durchaus für die Praxis empfohlen werden kann. Zu beachten ist, dass hier robuste Technik gefragt ist und gelegentlich verdünnt (z. B. Wasser) werden muss, da TS-Gehalte von mehr als 18 % auftreten können. In der Praxis würde sich dafür Rezirkulat aus einer der nachfolgenden Vergärungsstufen anbieten.
Projektinformation
Projektbearbeitung: Dr. Vasilis Dandikas, Rainer Kissel, Michael Hanrieder
Projektleitung: Dr. Fabian Lichti
Laufzeit: 01.02.2019 bis 31.01.2022
Finanzierung: Bayerisches Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Fördernummer: G2/N/18/07