Forschungs- und Innovationsprojekt
Bewässerungsteichwirtschaft

Wasserspiegel eines Karpfenteiches.

Ein Teich, umgeben von Meerrettichäckern, der zum Bewässerungsteich umgebaut werden soll.
Foto: M. Oberle

An der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Fischerei, wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung und der Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. (ALB) im Juli 2022 das Projekt "Bewässerungsteichwirtschaft" begonnen. Es hat eine Laufzeit von vier Jahren und wird durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert.

Vorüberlegungen

Bei fortschreitendem Klimawandel ist die Bewässerung in der Landwirtschaft von stetig steigender Bedeutung. Grundwasser muss dringend geschont werden. Im Winterhalbjahr steht meist reichlich Oberflächenwasser zur Speicherung zur Verfügung.
In Bayern gibt es etwa 40.000 Karpfenteiche mit einer Teichfläche von insgesamt ca. 20.000 ha. Sie sind Jahrhunderte alt. Teichwirte sind seit Jahrhunderten die Experten im Wasserrückhalt. Ein Großteil der Karpfenteiche ist nicht an große Fließgewässer angebunden, aus welchen sie gespeist werden, sondern sind sogenannte Himmelsteiche. Sie werden direkt von Niederschlägen oder von dem sich sammelnden Wasser eines umliegenden kleinen Einzugsgebietes mit Wasser versorgt oder liegen in sogenannten Teichketten hintereinandergeschaltet. Karpfenteiche befinden sich vor allem in den niederschlagsärmeren Regionen Nordbayerns.

Innovativer Ansatz

Durch die neue Anlage von tiefen Erdteichen oder durch die Vertiefung bereits bestehender Erdteiche können die vermehrten Niederschläge und Hochwasser im Winterhalbjahr sowie die zu erwartenden Sturzfluten im Sommer zusätzlich zu dem für die Fischhaltung notwendigen Volumen aufgefangen werden. Dies mindert den Hochwasserabfluss und dient der Speicherung von Wasser für die trockenen Sommermonate. Durch das vergrößerte Wasservolumen der Teiche kann im Sommer ein vorab definierter Anteil des Wasserkörpers für die Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen herangezogen werden, ohne jedoch den Fischbestand zu gefährden. Auf diesem Wege kann eine zeitweise Bewässerung von Kulturpflanzen sichergestellt werden. Der Karpfenteich ist die billigste Form der Wasserspeicherung. Pro Hektar (ca. 10.000 m3 Wasser) entstehen Baukosten beim Neubau eines Teiches von durchschnittlich etwa 50.000 Euro. Jedoch ist die Wasserspeicherung in flachen Erdbecken ohne Fischbesatz sehr problematisch. Rasch stellt sich hier eine überbordende Vegetation ein. Ein Besatz mit ausreichend großen Karpfen (ab K2) dient durch die Aktivität der Karpfen am Teichgrund dem kostengünstigen Unterhalt des Erdbeckens und verringert zudem die Verschlammung. Die Bewirtschaftung des Wasserreservoirs mit der Erzeugung von Fischen liefert zum anderen zusätzlichen Ertrag.
Eine Vertiefung der Teiche und die Nutzung des zusätzlich zur Fischhaltung gespeicherten Wassers für die Beregnung ist hierbei der innovative Ansatz.

Kenntnisse aus anderen Ländern mit Wasserknappheit

Karpfenteichwirtschaft in Israel

In Israel hat die Karpfenteichwirtschaft eine etwa 80-jährige Tradition. Zu Beginn wurden Teiche nach europäischem Vorbild mit einer durchschnittlichen Wassertiefe von 1 m angelegt. Wasser ist einer der limitierenden Faktoren in Israel. Zunehmend konkurrierte die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen mit dem Wasser der Teiche. Viele Betriebe haben das Problem gelöst, indem sie die Teiche neben der Fischhaltung als Bewässerungsreservoir umwidmeten und diese in ein umfassendes Wassermanagement einbezogen (Sarig, Hepher und Pruginin). Wasser wird dort während der Wintermonate aufgefangen. Hierzu wurden tiefere Teiche angelegt. Es wird während des Sommers für die Fischhaltung und für die Bewässerung des umliegenden Ackerlandes benutzt. Aufgrund der großen Wasserknappheit war es schon immer ein vordringliches Ziel, Wasser im Winterhalbjahr aufzufangen, um es im Sommer zur Bewässerung der landwirtschaftlichen Kulturen zur Verfügung zu haben. Gleichzeitig wurden diese Wasserkörper genutzt, um Fische zu halten (Oberle und Keiz, 2012).
Es sind Reihen von grünen Kartoffelpflanzen zu sehen bei denen ein schwarzer Bewässerungsschlauch verläuft und dass  das Erdreich an den Pflanzen punktgenau befeuchtet ist.

Ein Kartoffelacker mit wasser­sparender Tröpfchen­bewässerung.
Foto: M. Müller

Vertiefung der Teiche
In Israel ging die Vertiefung der Teiche mit einer Steigerung des Fischertrages einher, da bei großer Hitze bei größerer Wassertiefe die Erwärmung des Wassers gebremst wird und so zu hohe Wassertemperaturen eher vermieden werden können (Hepher und Pruginin; Tang). Wegen des Wassermangels werden viele Wasserreserven gebaut, um im Winter Wasser zu sammeln. Sie werden im Sommer zur Bewässerung der landwirtschaftlichen Felder verwendet. Die Fischzüchter waren klug, diese Reserven für die Fischzucht zu nutzen. Das gesammelte Wasser bietet die perfekte Umgebung für die Fischzucht, und die Landwirte nutzen die Gelegenheit, Landwirtschaft und Aquakultur zu synchronisieren (Israel High-Tech and investment report, 10/2012).
Der Hauptfisch ist der Karpfen
Durch diese Vorgehensweise konnte die bebaubare Ackerfläche ausgedehnt werden. Große Reservoirs weisen dort eine Größe von 5 bis 25 ha mit einer Wassertiefe von 3 bis 7 m auf. Daneben werden auch direkt kleine und flachere Fischteiche (Tiefe ca. 2 m) zur Bewässerung genutzt. Auch in Israel wurde schon vor Jahrzehnten die Erfahrung gemacht, dass durch eine Vertiefung sogenannter Stabilisierungsteiche von 0,6 m auf 1,5 m die Entwicklung von auf dem Teichboden wachsender Vegetation zurückgedrängt werden kann (Shelef, 1987). Bei der Entnahme von Wasser zur Bewässerung aus sogenannten Stabilisierungsteichen bei der Behandlung von Abwässern kann es bei Tröpfchenbewässerung zu Verstopfungen kommen. Daher wird das Wasser nicht von der Oberfläche entnommen, und der Einsatz verschiedener Filter und eine Reinigung des Bewässerungsnetzes haben sich bewährt (Thirosh; 1986). Der Hauptfisch ist der Karpfen, der oft in Polykultur mit den sogenannten asiatischen Pflanzenfressern (Graskarpfen, Silberkarpfen) gehalten wird. Die Fischhaltung in diesen Stabilisierungsteichen fungiert als lebender Filter im Hinblick auf Zooplankton und andere Schwebstoffe und bietet sauberes Wasser und sehr wertvolle Erträge (Hepher und Schroeder, 1977; Milstein g., 1985).

Vorgesehene Methode

Eine Kartoffelpflanze ist derart ausgegraben, dass sieben schöne Kartoffelknollen an den Wurzeln zu sehen sind. Darüber verläuft ein Bewässerungsschlauch.Zoombild vorhanden

Bewässerung erhöht die Erträge bei Sonderkulturen.
Foto: M. Müller

Vertiefung von drei bestehenden Karpfenteichen (Bewässerungsteiche) an verschiedenen Standorten in Nordbayern neben jeweils einem weiteren, unverändertem Teich; Alle drei Teichpaare werden jeweils fischereilich identisch bewirtschaftet (Besatzdichte, Fütterung etc.). Temperaturentwicklung und weitere Parameter der chemischen Wasserqualität, Entwicklung der Naturnahrung und der Fischertrag werden verglichen. Aus den Bewässerungsteichen werden Sonderkulturen (wie zum Beispiel Meerrettich und Kartoffeln) bewässert. Unter den landwirtschaftlichen Kulturen gilt besonders Kartoffel als bewässerungswürdig. Grundlagen zur gezielten Bewässerung wurden an der LfL in dem Agro-Klima-Forschungsprojekt "Tropfbewässerung im Kartoffelbau" erarbeitet (Kupke et al.). Grundsätzlich angestrebt wird aus Gründen des Wasser-Sparens an allen drei Standorten Tröpfchenbewässerung. Bei triftigen Gründen oder auftauchenden Problemen können auch andere Bewässerungsverfahren gewählt werden. Unbewässerte Parzellen werden mit bewässerten verglichen.

Fragestellungen:

  1. Die Vertiefung der Teiche wird sich auf die Wasserqualität des Teichwassers auswirken. Es ist mit niedrigeren Wassertemperaturen als in Vergleichsteichen zu rechnen. Damit einhergehend wird die Bildung der sogenannten Naturnahrung verringert, und der Fischertrag wird sinken. Die Auswirkung der Vertiefung des Teiches auf teichwirtschaftliche Produktionsparameter, Wasserqualität, Naturnahrungsentwicklung und Fischertrag sollen untersucht werden.
  2. Im stehendem Wasserkörper des Bewässerungsteiches steht Wasser anderer Qualität zur Verfügung, als es bei Grundwasser zu erwarten ist. Es ist im Hinblick auf Temperatur, chemische und biologische Qualität und phytopathologische Fracht zu bewerten, hinsichtlich der Eignung für die Bewässerungstechnik (insbesondere bei Tröpfchenbewässerung, Ansprüche an Filterung) als auch in Bezug auf die Pflanzenentwicklung, Bodenqualität sowie die hygienischen Belange der jeweiligen Fruchtarten gemäß DIN 19650.
  3. Betriebswirtschaftliche Bewertung: Neben der Auswirkung auf fischereiliche und pflanzenbauliche Erträge besteht ein großer Bedarf der umfassenden betriebswirtschaftlichen Bewertung.
  4. Auf Basis des Verschneidens von digitalen Karten (Invekos-Daten und weiterer Datensätze) und gewonnenem Wissen sollen Stellen, Regionen oder auch bestehende Teiche identifiziert werden, an welchen Bewässerungsteichwirtschaft in Bayern umzusetzen ist (Machbarkeitsstudie für Bayern), und ein Leitfaden für Genehmigungsbehörden und Betriebe erstellt werden.

Ergebnisse

Ein erstes kleines Monitoring bezüglich der mikrobiologischen Qualität von Teichwasser wurde durchgeführt. Teichwasser ist in Bezug auf die mikrobiologische Qualität (E. Coli, Enterokokken) nach den ersten Ergebnissen gut für die Bewässerung von Sonderkulturen geeignet.

Ansprechpartner

Dr. Martin Oberle
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Außenstelle Karpfenteichwirtschaft
Greiendorfer Weg 8
91315 Höchstadt a.d. Aisch
Tel.: 08161 8640-6212
Fax: 08161 8640-6022
E-Mail: hoechstadt@LfL.bayern.de

Adolf Kellermann
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (IPZ)

Am Gereuth 2
85354 Freising
Tel.: 08161 8640-3623
E-Mail: Adolf.Kellermann@LfL.bayern.de

Dr. Martin Müller
ALB Bayern e.V.

Vöttinger Straße 36
85354 Freising
Tel.: 08161 713460
E-Mail: martin.mueller@alb-bayern.de

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Martin Oberle
Projektbearbeitung: derzeit Dr. Martin Oberle
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Laufzeit: 01.07.2022–30.06.2026
Förderkennzeichen: A/22/04
Projektpartner: Adolf Kellermann, LfL-IPZ, Dr. Martin Müller, ALB