Forschungs- und Innovationsprojekt
Bewässerungsteichwirtschaft

Fünf Personen stehen an einem Feld mit Bewässerungsanlage neben einem Teich.Zoombild vorhanden

Staatsministerin Michaela Kaniber und LfL-Präsident Stephan Sedlmayer besuchten die bewässerten Kartoffelfelder.

An der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Fischerei, wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung und der Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. (ALB) im Juli 2022 das Projekt "Bewässerungsteichwirtschaft" begonnen. Es hat eine Laufzeit von vier Jahren und wird durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus gefördert.

Vorüberlegungen

Menschen auf einem Feld.Zoombild vorhanden

Dr. Müller erläutert Referendarinnen und Referendaren der Landwirtschaft die Versuchsfragen bei der Bewässerung von Meerrettich.

Bei fortschreitendem Klimawandel ist die Bewässerung in der Landwirtschaft von steigender Bedeutung. Grundwasser muss dringend geschont werden. Die Entnahme von Wasser aus Fließgewässern im Sommer ist ebenso kritisch zu sehen. Im Winterhalbjahr steht meist reichlich Oberflächenwasser zur Speicherung zur Verfügung.
In Bayern gibt es etwa 40.000 Karpfenteiche mit einer Teichfläche von insgesamt ca. 20.000 ha. Die Teiche sind oft Jahrhunderte alt und Teichwirte sind daher die Experten im Wasserrückhalt. Ein Großteil der Karpfenteiche ist nicht an große Fließgewässer angebunden, aus welchen sie gespeist werden, sondern sind sogenannte Himmelsteiche. Sie werden direkt von Niederschlägen oder mit sich sammelnden Wassers eines umliegenden kleinen Einzugsgebietes versorgt oder liegen in sogenannten Teichketten hintereinander geschaltet. Karpfenteiche befinden sich vor allem in den niederschlagsärmeren Regionen Nordbayerns.

Innovativer Ansatz

Vergrösserung des Teichvolumens durch Erdarbeiten.Zoombild vorhanden

Das Teichvolumen wird vergrößert.

Durch die neue Anlage von tiefen Erdteichen oder durch die Vertiefung bereits bestehender Erdteiche können die vermehrten Niederschläge und Hochwasser im Winterhalbjahr sowie die zu erwartenden Sturzfluten im Sommer zusätzlich zu dem für die Fischhaltung notwendigen Volumen aufgefangen werden. Dies mindert den Hochwasserabfluss und dient der Speicherung von Wasser für die immer länger werdenden Trockenphasen im Sommer. Durch das vergrößerte Wasservolumen der Teiche kann im Sommer ein vorab definierter Anteil des Wasserkörpers für die Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen herangezogen werden, ohne jedoch den Fischbestand zu gefährden.
Person steht in einem Teich und entlässt Karpfen aus einem Bottich.Zoombild vorhanden

Bewässerungsteiche werden mit Karpfen besetzt.

Auf diesem Wege kann eine zeitweise Bewässerung von Kulturpflanzen sichergestellt werden. Der Karpfenteich ist die billigste Form der Wasserspeicherung. Pro Hektar (ca. 10.000 m3 Wasser) entstehen Baukosten beim Neubau eines Teiches von durchschnittlich etwa 50.000 Euro. Jedoch ist die Wasserspeicherung in flachen Erdbecken ohne Fischbesatz sehr problematisch. Rasch stellt sich hier eine überbordende Vegetation ein. Ein Besatz mit ausreichend großen Karpfen (ab K2) dient durch die Aktivität der Karpfen am Teichgrund dem kostengünstigen Unterhalt des Erdbeckens und verringert zudem die Verschlammung. Nach israelischen Erfahrungen fungiert die Fischhaltung in solchen Speicherteichen als lebender Filter im Hinblick auf Zooplankton und andere Schwebstoffe und bietet sauberes Wasser und sehr wertvolle Erträge (Hepher und Schroeder, 1977; Milstein G., 1985).

Methode

Personen an einer Filteranlage für Tröpfchenbewässerung, die auf einem Stück Land zwischen Karpfenteichen liegt.Zoombild vorhanden

Die geeignete Filterung von Teichwasser für die Tröpfchenbewässerung ist eine spannende Herausforderung.

Es soll durch Umbau eine Erhöhung des Speichervolumens an drei bestehenden Karpfenteichen (Bewässerungsteiche) an verschiedenen Standorten in Nordbayern neben jeweils einem weiteren, unverändertem Teich vorgenommen werden. Alle drei Teichpaare werden jeweils fischereilich identisch bewirtschaftet (Besatzdichte, Fütterung etc.). Temperaturentwicklung und weitere Parameter der chemischen Wasserqualität, Entwicklung der Naturnahrung und der Fischertrag werden verglichen. Aus den Bewässerungsteichen werden Sonderkulturen bewässert. Grundsätzlich angestrebt wird aus Gründen des Wasser-Sparens an allen drei Standorten Tröpfchenbewässerung.

Fragestellungen

  1. Die Vertiefung der Teiche kann sich auf die Wasserqualität des Teichwassers auswirken. Es ist mit niedrigeren Wassertemperaturen als in Vergleichsteichen zu rechnen. Dies kann Einfluss auf die Bildung der sog. Naturnahrung und den Fischertrag haben. Die Auswirkungen der Erhöhung des Wasservolumens auf teichwirtschaftliche Produktionsparameter, Wasserqualität, Naturnahrungsentwicklung und Fischertrag sollen untersucht werden.
  2. Im stehendem Wasserkörper des Bewässerungsteiches steht Wasser anderer Qualität zur Bewässerung zur Verfügung, als es bei Grundwasser zu erwarten ist. Es ist im Hinblick auf Temperatur, chemische und biologische Qualität und phytopathologische Fracht zu bewerten. Ebenso gilt es zu prüfen, ob sich Teichwasser so filtern lässt, dass es sich für die wassersparende Tröpfchenbewässerung eignet. Geprüft werden zudem die Einflüsse auf die Pflanzenentwicklung sowie die hygienischen Belange der jeweiligen Fruchtarten gemäß DIN 19650.
  3. Neben der Auswirkung auf fischereiliche und pflanzenbauliche Erträge erfolgt eine betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse. Zudem soll eine Machbarkeitsstudie für Bayern und ein Leitfaden für Genehmigungsbehörden und Betriebe erstellt werden.

Umsetzung und bisherige Ergebnisse

Das Wasservolumen von drei bestehenden Karpfenteichen in den Landkreisen Erlangen-Höchstadt (Biengarten), Roth (Mäbenberg) und Schwandorf (Raffach) wurde erhöht. Vor dem Umbau erfolgte die wasserrechtliche Genehmigung durch die jeweiligen Kreisverwaltungsbehörden. Die Erhöhung des Speichervolumens erfolgte durch Entfernung von Teichboden und der Erhöhung von Teichdämmen. Durch den Umbau konnten insgesamt bei einer Teichfläche von knapp 2 ha und einer durchschnittlichen Vertiefung um 60 cm etwa 12.000 m3 zusätzliches Stauvolumen geschaffen werden. Die Umbaumaßnahmen (ohne Eigenleistung und Bewässerungstechnik) belaufen sich auf etwa 5,50 Euro pro m3 zusätzlich gespeicherten Wassers. Es können damit etwa 12 ha Sonderkulturen bewässert werden.
Teich neben einem Hopfengarten.

Der Teich zur Bewässerung von Hopfen – vor dem Umbau

Der Teich neben dem Hopfengarten nach dem Umbau

Der Teich zur Bewässerung von Hopfen – nach dem Umbau.

Erstes Versuchsjahr nach dem Umbau der Teiche

Meerettichpflanze mit Bewässerungsschlauch.Zoombild vorhanden

Wurzeln des Meerrettich suchen beim sogenannten Zwischendammverfahren ihren Weg zum Bewässerungsschlauch.

Das Jahr 2024 ist das erste Versuchsjahr nach dem Umbau der Teiche. Aus den Bewässerungsteichen werden Sonderkulturen bewässert. Im Landkreis Erlangen-Höchstadt handelt es sich um Meerrettich, im Landkreis Roth um Hopfen und im Landkreis Schwandorf um Kartoffel. An allen drei Standorten wird die wassersparende Tröpfchenbewässerung erprobt. Dabei werden verschiedene Fragestellungen bearbeitet. Bei Kartoffel und Meerrettich werden neben einer unbewässerten Kontrolle zwei Varianten der Bewässerung durchgeführt. Zum einen wird der Bewässerungsschlauch in die Dammkrone verlegt (Dammkronenverfahren), zum anderen werden in einem speziellen Anbauverfahren zwei Dämme etwas näher als üblich zusammengelegt und der Bewässerungsschlauch zwischen diese beiden Dämme verlegt (Zwischendammverfahren). Beim Hopfen wird die Verwendung von Grundwasser mit der Verwendung von Teichwasser bei der Bewässerung verglichen. Die umgebauten Teiche sowie der jeweilige Kontrollteich wurden identisch mit Karpfen und Graskarpfen besetzt.

Frühe Prüfung der Teiche auf ihre Eignung

Person untersucht ein Probenahmenetz.Zoombild vorhanden

Der Einfluss der Vertiefung auf die Teichfruchtbarkeit wird untersucht.

Es wurden bereits 2022 (10 Teiche) und 2023 (15 Teiche; jeweils Juni, Juli und August) begonnen, Teiche in der Oberpfalz und in Franken in einem Monitoring bezüglich der Eignung des Wassers für die Bewässerung bezüglich der mikrobiellen Qualität (Escherichia coli und Enterokokken) und hinsichtlich des Gehaltes an Erregern der Schleimkrankheit bei Kartoffeln (Ralstonia solanacearum) zu untersuchen. Die Untersuchungen wurden 2024 fortgesetzt (30 Teiche, einmalige Analyse im Juli). Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Teichwasser gut für die Bewässerung der Sonderkulturen im Projekt eignet. In keiner Probe wurden im Teichwasser bisher Erreger der Schleimkrankheit gefunden.
Die Wasserqualität in den drei Bewässerungsteichen war unterschiedlich. Dies zeigte sich vor allem in den Parametern der Sichttiefe und des Chlorophyll-a Gehaltes. Der Teich in Biengarten hatte zwar den geringsten durchschnittlichen Gehalt an Mikroalgen (Chl a: 23,2 µg/l vs. 34,0 µg/l Mäbenberg und 55,2 µg/l in Raffach). Dennoch war die Sichttiefe mit durchschnittlich 53 cm niedriger als in Mäbenberg (58 cm) und Raffach (73 cm). An allen drei Standorten funktionierte die Filterung des Wassers. Verwendet wurden auf die Versuchsflächen abgestimmte selbstreinigende Filter (Arkal Filter 2 "SPIN KLIN Compakt" bzw. Netafim Filter SCREENGUARD). Bei der geringeren Sichttiefe in Biengarten erfolgten mehr Spülgänge als bei den anderen Standorten. Eine genauere Auswertung diesbezüglich steht noch aus.
Die Bewässerungs-APP der ALB konnte um die Kulturart Meerrettich erweitert werden.
Derzeit werden Erhebungen zu Erntemengen, fischereilichen Erträge sowie weitere Auswertungen zu Bewässerungsdaten, zu teichwirtschaftlichen und pflanzenbaulichen Parametern durchgeführt.
Zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie wurde ein kleiner Fragebogen erstellt und begonnen, Landwirte zu ihrem Interesse am Thema Bewässerungsteichwirtschaft befragt.
Im nächsten Jahr werden die Versuche fortgesetzt.

Projektverantwortung

Dr. Martin Oberle
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Fischerei, Außenstelle Karpfenteichwirtschaft
Greiendorfer Weg 8
91315 Höchstadt a.d. Aisch
Tel.: 08161 8640-6212
Fax: 08161 8640-5555
E-Mail: hoechstadt@LfL.bayern.de

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Martin Oberle
Projektbearbeitung: Dr. Jan Masilko
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus
Projektpartner:
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)
Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung,
Adolf Kellermann, Arbeitsbereich Hackfrüchte, Öl- und Eiweißpflanzen, Arznei- und Gewürzpflanzen
Am Gereuth 2, 85354 Freising
Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. (ALB)
Dr. Martin Müller
Vöttinger Str. 36
85354 Freising
Laufzeit: 01.07.2022–30.06.2026
Förderkennzeichen: A/22/04