Baukostenauswertung 2013/14 bis 2021/22
Milchviehställe werden immer teurer

Im Mittel wurden 2021/22 in Neubauten ohne Gülle- und Futterlager 13.200 Euro/Kuhplatz (brutto) investiert
Die Immobilienpreise in Deutschland explodieren seit Jahren, nun treiben Baustoff- und Fachkräftemangel sowie Energiekostensteigerungen die Baukosten weiter in die Höhe. Wer bauen will, muss mit spitzem Bleistift rechnen und die Machbarkeit von allen Seiten überprüfen.
Wie teuer oder günstig in Bayern im Rahmen der einzelbetrieblichen Investitionsförderung (EIF) gebaut wurde, zeigt die jährliche Auswertung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.
Die Ergebnisse in Kürze
- Die LfL-Baukostenauswertung 2021/22 für bayerische Milchviehställe zeigt ein deutlich gestiegenes Niveau der Baukosten der bis Mitte 2022 fertiggestellten Kuhställe. Im Mittel wurden in Neubauten ohne Gülle- und Futterlager 13.200 Euro/Kuhplatz (brutto) investiert, reine Milchviehställe kosteten 12.300 Euro und Ställe mit großem Nachzuchtanteil kamen auf knapp 16.000 Euro je Kuhplatz.
- Die Kostenunterschiede zwischen Projekten mit gleicher Stallgröße sind enorm und deren Ursachen vielschichtig. Ställe mit automatischen Melksystemen (AMS) sind in der neunjährigen Auswertung 600 bis 1.100 Euro teurer als vergleichbare Ställe mit konventionellen Melkständen.
- In den letzten beiden Auswertungsjahren sind die Baukosten um 16 % gestiegen und die aktuelle Mangelsituation bei Baustoffen, Facharbeitern und Energie lässt einen weiterhin deutlichen Anstieg erwarten.
- Auch in Zeiten steigender Milchpreise hat sich die Gewinnspanne nur geringfügig verbessert. Daher ist es immer noch wichtig, in Planung, Ausschreibung und Bauorganisation viel Zeit zu investieren. Nur so sind die Bau- und in deren Folge die Finanzierungskosten in einem akzeptablen Rahmen zu halten – als Basis für eine tiergerechte, arbeitswirtschaftlich optimierte, aber auch kostengünstige und damit konkurrenzfähige Milchproduktion.
Bedeutung der Baukosten
Ob es im neuen Stall rund läuft, hängt in erster Linie von der durchdachten Planung, der professionellen Durchführung und der optimierten Betriebsführung ab. Die Kuhstallplanung erfolgt im Spannungsfeld zwischen Tierhaltungs- und arbeitswirtschaftlicher Optimierung einerseits und der notwendigen Kostenbegrenzung mit Blick auf die unternehmerische Gewinnerzielungsabsicht sowie der Finanzierbarkeit bzw. Tragfähigkeit des Kapitaldienstes auf der anderen Seite.
Angenommen der Kuhstall incl. Nebenanlagen verursacht Baukosten in Höhe von 15.000 Euro/Kuhplatz und die jährlichen Kosten werden mit 8 % vom Neuwert kalkuliert, so entstehen 1.200 Euro Gebäudekosten je Kuhplatz bzw. 15 Cent je Kilogramm Milch bei 8.000 kg Milchleistung. Bei einem Umsatz von 50 Cent/kg Milch (aus Milch, Tierverkauf und sonstigen Erlösen) würden 3/10 vom Umsatz über die Gebäudekosten abgebunden werden.
Gelingt es, 1.000 Euro je Stallplatz einzusparen, ohne an Funktionalität oder Arbeitseffizienz zu verlieren, wird die Milcherzeugung dauerhaft um 1 Cent/kg günstiger. Gelingt es mit den gleichen Baukosten durch eine arbeitsoptimierte Anlagenplanung den Jahresarbeitsaufwand um 4 Stunden/Kuh zu reduzieren, sinken ebenfalls die Produktionskosten um 1 Cent/kg Milch, wenn die Lohnkosten 20 Euro je Stunde betragen.
Insofern sind die Baukosten für den dauerhaften Erfolg der Investition zwar nicht das einzige Kriterium, aber doch ein sehr wichtiges.
1.389 Betriebe seit 2013 in der Auswertung

Abbildung 1: Neu gebaute Kuhställe in Bayern 2013 bis 2022
Insgesamt wurden bisher 1.389 EIF-Projekte bzw. Stallbaumaßnahmen in die Auswertung mit einbezogen. Alle wurden nach dem Jahr 2010 bewilligt und bis Mitte 2022 fertiggestellt. Im neunten Auswertungsjahr 2021/22 kamen nur 75 Projekte dazu.
93 % der Fälle waren Neubauten, in 7 % der Betriebe wurden Liegehallen mit Anbindestallumbau realisiert, die im größeren Stil alte Bausubstanz nutzen konnten.
Im Mittel wurde beim Neu- und -umbau Platz für rund 77 Kühe geschaffen, was für viele eine deutliche Aufstockung bedeutete. Derzeit dominiert der Schritt in die Größenklasse 50 - 100 Kühe. Nur 15 % der Ställe bieten Platz für mehr als 100 Kühe.
50 % der Ställe mit automatischen Melksystemen
12.000 - 20.000 Euro/Platz – die neue Orientierungsgröße?

Abbildung 2: Stallbaukosten und Baukostensteigerungen 2013/14 bis 2021/22
Eine realistische Baukostenspanne geht damit in Richtung 12.000 – 20.000 Euro/Kuhplatz – an der unteren Grenze der große reine Milchkuhstall, am oberen Ende der kleine Laufstall mit Jungviehseite.
Extreme Kostenunterschiede zwischen den Betrieben

Abbildung 3: Baukostenspreizung in der Gruppe der Stallbauten "ohne Jungvieh"
Über die Ursachen geben die vorliegenden Zahlen keinen Aufschluss. Das häufig vorgebrachte Argument hoher Eigenleistungen kann dabei auch nach Auskünften der Betreuungsgesellschaften nur einen kleinen Teil der Kostendifferenz erklären. Offensichtlich liegen große Unterschiede im Verhandlungsgeschick, bei der Bauorganisation und der termingerechten Abstimmung zwischen den Gewerken.
Sind große Ställe günstiger?

Abbildung 4: Einzelbetriebliche Baukosten und Stallgröße
Allerdings zeigen sich erhebliche Abweichungen vom Mittelwert in beide Richtungen und in allen Größenklassen. 60 – 80 Kuhplätze ohne Jungvieh mit Kosten im Mittel von 9.600 Euro, aber eben auch einige unter 7.000 Euro und über 13.000 Euro/Kuhplatz.
Ansprechpartner
Guido Hofmann
Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur
Menzinger Str. 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1461
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de
Landwirtschaftliches Bauwesen
Der Arbeitsbereich Landwirtschaftliches Bauwesen beschäftigt sich mit allen Fragestellungen landwirtschaftlicher Betriebsgebäude. Schwerpunkt dabei ist der Bau von Gebäuden für die Tierhaltung. Neben der Tiergerechtheit wird hier ein besonderes Augenmerk auf haltungstechnische, arbeitswirtschaftliche und bauliche Gesichtspunkte gelegt. Mehr