Gründung Natur- und Bauernhofkindergarten auf dem Spitzöderhof – Teil 2

Rohbau vom Bauernhofkindergarten Spiztöder

Foto: LfL

Die LfL begleitet dokumentarisch den Aufbau des Natur- und Bauernhofkindergartens am Spitzöderhof der Familie Aue. Im ersten Teil stand das Konzept des Kindergartens, die Gründerfamilie sowie die ersten Schritte der Realisierung im Fokus.

Im zweiten Teil werfen wir nun einen Blick auf die nächsten Meilensteine: den Baufortschritt vor Ort sowie die enge Zusammenarbeit mit der Kommune und dem Träger – zentrale Elemente auf dem Weg zur Eröffnung dieses besonderen Bildungsorts mitten in der Natur.

Eckdaten zum Kindergartenbetrieb

  • Öffnungszeiten: von 7.30 bis 13.30 Uhr
  • Alter der Kinder: vorerst Kinder ab dem vierten Geburtstag (Ausnahmen werden im Vorfeld genau abgesprochen)
  • Anzahl der Kinder: Start mit 20 Plätzen, bei Bedarf kann auf 25 Plätze erhöht werden.
  • Personal:zwei Erzieherinnen, Erzieher und eine Kinderpflegerin, Kinderpfleger
  • Integrationskinder: Nach genauer Absprache zwischen dem pädagogischen Personal und den betroffenen Familien können Integrationskinder aufgenommen werden.

Dokumentation der einzelnen Schritte

1. Baufortschritte

Der Bau des Kindergartens schreitet kontinuierlich voran. Im März 2025 wurde gemeinsam mit der örtlichen Baufirma mit dem Aufbau der Hütte begonnen. Diese entsteht in nachhaltiger Holzständerbauweise, die eine ökologische und ressourcenschonende Bauweise ermöglicht. Parallel dazu werden die Außenanlagen Stück für Stück gestaltet. Dazu zählt unter anderem eine Streuobstwiese, die zur naturnahen Umgebung des Kindergartens beiträgt.
Auch die notwendige Infrastruktur wird weiter ausgebaut: Der Stromanschluss zur Hütte wurde bereits verlegt. Geplant bzw. im Entstehen sind zudem eine Komposttoilette, eine Zufahrt mit Parkplatzmöglichkeiten, eine Terrasse, ein abgegrenzter Garten sowie eine Einfassung durch Sträucher.

2. Abstimmungen und Verträge

Neben den baulichen Arbeiten gab es weiterhin Abstimmungen mit dem pädagogischen Personal und dem Träger des Kindergartens, um die pädagogische und organisatorische Planung voranzutreiben. Personal eingestellt, Kinder zusagen. Ein wichtiger Meilenstein war die Ausarbeitung des Vertrags zwischen der Gemeinde und der Familie Aue, der nun die Grundlage für die langfristige Zusammenarbeit bildet.

3. Fortbildung "Seminar zur Betriebszweigentwicklung (BZE) zur Erlebnisbäuerin/Erlebnisbauer"

Elisabeth Aue hat das BZE-Seminar zur „Erlebnisbäuerin“ erfolgreich abgeschlossen. Diese Fortbildung erweitert die pädagogischen Möglichkeiten im Kindergarten und fördert das Konzept des Natur- und Bauernhofkindergartens, indem sie praxisnahe Einblicke in das Leben auf dem Bauernhof vermittelt.
Porträt vom Elisabeth Aue
"Das Betriebszweigentwicklungsseminar zur Erlebnisbäuerin war wirklich hilfreich. Es wurden wichtige Themen behandelt, die auch für die Gründung eines Bauernhofkindergartens entscheidend sind – von der Betriebshaftpflicht über die pädagogische Konzeption der Angebote, wenn Kinder am Hof sind, bis hin zu rechtlichen Aspekten und rhetorischen Fähigkeiten. Das Seminar war insgesamt sehr erfolgreich und hat mir viele wertvolle Erkenntnisse vermittelt."

Manfred und Elisabeth Aue befinden sich im Austausch bezüglich des Bauprojektes auf ihrem Hof.

Manfred und Elisabeth Aue befinden sich im Austausch bezüglich des Bauprojektes auf ihrem Hof.

Bauarbeiter erricthet den Spitzöder Kindergarten

Eine örtliche Zimmererfirma errichtet den Kindergarten in Holzbauweise mit ökologischen Materialien.

Elisabeth und Veronika Aue begutachten die Baufortschritte.

Elisabeth Aue und ihre Tochter Veronika begutachten die Baufortschritte.

Rohbau vom Bauernhofkindergarten Spiztöder

Der Rohbau ist fast fertiggestellt.

Veronika Aue hält ein Ferkel in den Armen

Veronika Aue hält ein Ferkel in den Armen

Der lichtdurchflutete Gruppenraum.

Ein Ort zum Spielen und Lernen bei Schlechtwetter: Der lichtdurchflutete Gruppenraum.

Enge Zusammenarbeit von Gemeinde und Träger mit Familie Aue bei der Gründung

Im Rahmen der Gründung des Natur – und Bauernhofkindergartens am Spitzöder Hof haben der Bürgermeister Herr Hammer sowie der Träger des Kindergartens, die Evangelische Lutherische Gemeinschaft Fürstenzell, eine enge und konstruktive Zusammenarbeit mit der Familie gepflegt. Der Träger war maßgeblich verantwortlich für die pädagogische Ausrichtung, die Einstellung des Kita-Personals und die Kinderaufnahme. Die Gemeinde, unter der Leitung von Bürgermeister Herr Hammer, spielte eine entscheidende Rolle bei den Genehmigungsprozessen und unterstützte das Projekt aktiv. Das frühzeitige Einbinden aller Beteiligten sowie eine klare Kommunikation und Transparenz auf allen Seiten waren wesentliche Faktoren für den Erfolg des Projekts.
Interview mit Bürgermeister Herr Hammer der Kommune Fürstenzell
Wie ist es dazu gekommen, dass die Kommune den Natur- und Bauernhofkindergarten am Spitzöder Hof unterstützt hat?
Die Idee für den Natur- und Bauernhofkindergarten entstand, als sich die Familie Aue an uns wandte. Sie verfolgte einen besonders wertvollen pädagogischen Ansatz: Kindern frühzeitig Natur und Landwirtschaft nahezubringen. Ziel war es, ein alternatives Angebot zu den bestehenden Kindertageseinrichtungen zu schaffen – eines, das über die klassische Betreuung hinausgeht und ein naturnahes Lernumfeld bietet. Dieses Konzept bietet eine hohe pädagogische Qualität, große Flexibilität und ergänzt das bestehende Betreuungsangebot unserer Gemeinde auf sinnvolle Weise.
Ein weiterer Vorteil liegt in der vergleichsweisen schnellen und kosteneffizienten Umsetzung: Im Gegensatz zum Neubau einer regulären Kindertagesstätte sind die baulichen Anforderungen deutlich geringer, ebenso das wirtschaftliche Risiko für alle Beteiligten.
Zu Beginn stand die Frage im Raum, wie ein solches Vorhaben baulich und rechtlich umgesetzt werden kann – insbesondere angesichts der Lage im Außenbereich. Die baurechtliche Einordnung stellte sich als Herausforderung dar. Dennoch haben wir als Gemeinde gemeinsam mit der Familie Aue und in enger Abstimmung mit den zuständigen Genehmigungsbehörden in zahlreichen Gesprächen nach tragfähigen Lösungen gesucht. Der Weg war nicht einfach, doch das gemeinsame Ziel hat uns getragen. Letztlich konnten wir die Behörden dafür gewinnen, diesen innovativen Weg mitzugehen.
Wie unterstützt die Gemeinde den Kindergarten konkret, und wie hat sich die Genehmigung entwickelt?
Die Gemeinde hat den Aufbau des Kindergartens mit einem Baukostenzuschuss in Höhe von 50.000 Euro unterstützt. Zusätzlich wurde ein langfristiger Pachtvertrag über 25 Jahre abgeschlossen. Diese vertragliche Grundlage schafft Planungssicherheit sowohl für die Familie Aue als Trägerin der Einrichtung als auch für die Kommune als Partnerin.
Das Genehmigungsverfahren war mit einigen Herausforderungen verbunden – insbesondere aufgrund der baurechtlichen Rahmenbedingungen im Außenbereich. Die Unterstützung eines festen Gebäudes erwies sich als schwierig. Dennoch gelang es in enger Abstimmung mit dem Landratsamt und den zuständigen Fachbehörden, ein gemeinsames Verständnis für den Bedarf und die Besonderheiten dieser Form der Kindertagesbetreuung zu entwickeln. Die beteiligten Behörden sind diesen Weg letztlich mit uns gegangen – ein gutes Beispiel für konstruktive Zusammenarbeit im Sinne einer innovativen Bildungs- und Betreuungslandschaft.
Welchen Tipp können Sie Landwirtinnen und Landwirten geben, die einen Natur- und Bauernhofkindergarten auf ihrem Hof aufbauen möchten?
Wesentlich ist, von Anfang an klare Rahmenbedingungen zu schaffen, ein langfristiges Ziel zu verfolgen und offen für neue Wege zu sein. Ein solches Projekt muss sich in der Praxis bewähren können, gleichzeitig braucht es aber eine solide Vorbereitung – sowohl pädagogisch als auch rechtlich.
Ich empfehle, frühzeitig Kontakt zu den zuständigen Stellen im Landratsamt aufzunehmen – sowohl zur Fachaufsicht für Kindertagesstätten als auch zur Bau- und Genehmigungsbehörde. Besonders wichtig ist es, das Gespräch mit dem Jugendamt zu suchen, um die Bedarfssituation der Kinderbetreuung in der Kommune abzustimmen und mögliche Stolpersteine frühzeitig zu klären. Bevor ein entsprechender Beschluss im Gemeinderat gefasst wird, sollte das Projekt inhaltlich gut vorbereitet und in der Region verankert sein. Ist dies gegeben, trifft ein solches Vorhaben in der Regel auf große Zustimmung.
Interview mit Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde (ELG) Fürstenzell
Wie sieht die bisherige Zusammenarbeit mit dem Spitzöderhof aus? Gibt es regelmäßige Absprachen und welche Planungen laufen für den Kindergarten-Betrieb im Natur- und Bauernhofkindergarten?
Seit den ersten Überlegungen zur Errichtung eines Naturkindergartens im Gemeindebereichs von Fürstenzell ist die Evang.-Luth. Kirchengemeinde an Board. Als sich dann Familie Aue für dieses Projekt interessierte und die Planungen am jetzigen Standort konkret wurden, war es immer ein Austausch zu dritt auf Augenhöhe. Gleichzeitig sind die Aufgaben klar verteilt: Für alle Dinge rund um Bau und Fläche sind die Kommune und Familie Aue die Verhandlungspartner. Die Kirchengemeinde als Träger kommt erst in Spiel, wenn der Rahmen steht, der dann mit Konzept, Kindern und Personal vom Träger gefüllt wird. Für Familie Aue ist diese Naturkindergartengruppe auf ihrem Gelände eine Herzenssache, weswegen schnell viele Ideen da waren, was rund um das Grundstück des Natur- und Bauernhofkindergartens alles zu erleben ist. Zum Start muss aber erstmal der neue Grundbetrieb und die Eingewöhnungen gestaltet werden. Dann kann wachsen und erkundet werden, was noch alles möglich ist, wo Potentiale sind, was sich bewährt.
Was macht die Arbeit in einem Natur- und Bauernhofkindergarten für Sie besonders attraktiv im Vergleich zu ande-ren Kindergarteneinrichtungen?
Die Arbeit im Natur- und Bauernhofkindergarten braucht neben den üblichen Fachkenntnissen im Bereich Kinderpflege und Erziehung Liebe zur Natur und auch eine gewisse Wetterfestigkeit. Das Personal, das in diesem Kindergarten arbeitet, bewirbt sich dezidiert für diesen Bereich, bringt Vorerfahrung mit und/oder macht Fortbildungen, um die besonderen Herausforderungen eines kompletten Jahreslaufes in der Natur gestalten und für die Kinder zum anregenden Lebensraum machen zu können. Manche Dinge sind unter den wechselnden Wetterbedingungen besonders sorgsam zu planen; andere Dinge sind durch naturpädagogische Prinzipien von größerer Freiheit getragen. Wie bei den Familien, die ihre Kinder im Naturkindergarten anmelden, spricht der Kindergarten mitten im Grünen naturverbundene Menschen besonders an. Dass das allgemeine Leben immer medialer und technokratischer wird, weckt eine Sehnsucht nach dem Ursprünglichen der Natur.
Wie planen Sie den pädagogischen Alltag in Verbindung mit dem Bauernhof und der Natur?
Der Naturkindergarten ist eine eigenständige Kita in der Nähe zum Spitzöder Hof, aber kein Bauernhofkindergarten, der in die Vollzüge der Landwirtschaft integriert werden muss. Der Alltag wird also primär auf und um das Gelände der Naturgruppe stattfinden. Der Spitzöder Hof bietet viele Möglichkeiten von Exkursionen und Erlebnissen, die aber zum Kindergarten- und Bauernhofalltag passen müssen. Neben dem Spitzöder Hof bietet das Umfeld des Naturkindergartens viele Möglichkeiten, die Jahreszeiten in Wald und Flur zu erleben. Weitere erlebnis- und naturpädagogische Erlebnisfelder wie eine Imkerei finden sich in der Umgebung. Der Naturkindergarten hat mit seiner eigenen Fläche ein Standbein und mit den Möglichkeiten zu Exkursionen, Wanderungen und auch dem Verfolgen vom Wechsel der Wachstumsperioden in der Flur und auf dem Hof vielfältige Spielräume. Dass Familie Aue auch in diesem Bereich viel Engagement und Ideen einbringt, wird dafür sorgen, dass es kein Schema F braucht, sondern sich die Erlebnisbereiche organisch aus den Möglichkeiten gestalten lassen.

Ausblick

Die nächsten Schritte umfassen die weiteren Arbeiten an der Kindergartenhütte, sowie die Fertigstellung der Außenanlagen. Das Projekt nähert sich somit Schritt für Schritt seiner Zielverwirklichung. Im September 2025 ist die Eröffnung geplant.

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Fotonachweis:
Kopfbild, Foto: Freudenstein