Praxisdaten zur kooperativen Direktvermarktung über Verkaufsautomaten aus dem Kleeberger Kistl

Im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprojektes Kleeberger Kistl, das vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus finanziert wurde, konnten erfolgreich Kennzahlen und Praxisdaten zur gemeinschaftlichen Vermarktung über Automaten und Vertrauenskasse sowie zum Einkaufs- und Bezahlverhalten der Kundinnen und Kunden erhoben werden. Diese Informationen sollen anderen interessierten landwirtschaftlichen Betrieben, aber auch Kommunen, die eine kooperative Direktvermarktung neu aufbauen wollen, Orientierungshilfe bieten.

Detaillierte Erfahrungswerte und Praxisdaten

Die wichtigsten Erfahrungswerte und Praxisdaten sind in folgende Bereiche zusammengefasst:
Beteiligte Betriebe, Organisation der Kooperation, Produktsortiment, Arbeitszeitbedarf, Bewertung der durchgeführten Marketingmaßnahmen,
Videoüberwachung, Investitionsbedarf, Laufende Kosten, Wirtschaftlichkeitsabschätzung, Einkaufsverhalten der Kunden, Bewertung der Telemetrie, Feedback der an der Kooperation beteiligten Betriebe und Kundenfeedback.

1. Beteiligte Betriebe

Nach dem offiziellen Start des Forschungsprojektes im Januar 2022 wurden Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter aus dem Rott- und Inntal mehrfach über die lokale Presse über das Projekt informiert und im Juli 2023 zu einer ersten, unverbindlichen Informationsveranstaltung eingeladen. Am 19. Januar 2023 wurde das Kleeberger Kistl gemeinsam mit den zu der Zeit 15 beteiligten Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter (siehe Foto) sowie mit Vertretern aus Beratung, Verwaltung, Verbänden und Politik feierlich eröffnet. Mittlerweile gehören der Kooperation 18 Direktvermarkter an, darunter zwei ökologisch wirtschaftende Betriebe.
Bis auf zwei Betriebe, für die das Kleeberger Kistl der einzige Wiederverkäufer darstellt, haben die restlichen 16 Betriebe im Mittel 13 Wiederverkäufer (Min=1, Max=45). Darunter fallen beispielsweise anderer Direktvermarkter, der Lebensmitteleinzelhandel, Gastronomie-, Metzgerei- und Bäckereibetriebe, Gärtnereien, Campingplätze, Tankstellen sowie Dorfläden.
Da der Begriff "regional" gesetzlich nicht geschützt ist und demzufolge unterschiedliche ausgelegt wird, war es allen Beteiligten im Rahmen des Forschungsprojektes ein Anliegen, "Regionalität" für die Kooperation zu definieren. Alle Produkte im Kleeberger Kistl stammen von landwirtschaftlichen Betrieben aus maximal 20 km Entfernung. Damit die Kunden sich einen besseren Eindruck von ihren Lebensmittelproduzenten machen können, wird im Verkaufscontainer jeder an der Kooperation beteiligte Betrieb über ein Display vorgestellt.
Die Kooperation Kleeberger Kistl ist auch in Zukunft offen für weitere Kooperationspartner aus dem Rott- und Inntal, die das vorhandene Produktportfolio ergänzen und erweitern möchten.


Bei Interesse melden Sie sich bitte direkt beim Betreiber des Kleeberger Kistls:
E-Mail: huber@gasthaus-hoelzlwimmer.de

2. Organisation der Kooperation

Ein Gutachten der Startup Law Clinic der juristischen Fakultät der Universität Passau hat ergeben, dass für Kooperationen im Rahmen einer gemeinschaftlichen Direktvermarktung grundsätzlich vier vertragsrechtliche Ausgestaltungsmöglichkeiten denkbar sind: 1. die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, 2. ein Dienstleistungsverhältnis, 3. die entgeltliche Überlassung von Verkaufsflächen zur Direktvermarktung sowie 4. der Weiterverkauf an einen Zwischenhändler bzw. Weiterverkäufer. Alle an der Kooperation beteiligten Betriebe haben sich nach Abwägung der Vor- und Nachteile für die letztgenannte Option ausgesprochen.

Gutachten der Startup Law Clinic der juristischen Fakultät der Universität Passau

Als zentraler Betreiber des Kleeberger Kistls konnte Familie Huber vom benachbarten Gasthaus Hölzlwimmer in Ruhstorf an der Rott, selbst mit eigener Landwirtschaft, gewonnen werden. Familie Huber übernimmt − mit Unterstützung des LfL-Projektteams − die wöchentliche Bestellung der Produkte bei den anderen Kooperationsmitgliedern, die Bestückung, Reinigung und Pflege des Verkaufscontainers sowie das Marketing des Kleeberger Kistls. Familie Huber kauft den Direktvermarktern ihre Produkte zu dem Preis ab, den die landwirtschaftlichen Betriebe benötigen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Die Rechnungsstellung durch die Direktvermarkter erfolgt einmal pro Monat. Zur Deckung von Kosten für beispielsweise Strom, Telemetrie, bargeldlose Bezahlung und den Arbeitszeitbedarf für die Pflege des Kistls arbeitet die Wirtsfamilie mit produktindividuellen Aufschlagsfaktoren. Dabei orientiert sie sich so gut wie möglich an den unverbindlichen Preisempfehlungen der Direktvermarkter. Die Direktvermarkter liefern ihre Produkte im Gegenzug einmal pro Woche eigenständig nach Kleeberg.
Die beschriebene Organisationsform bietet diverse Vorteile: Die Wirtshausfamilie verfügt nicht nur über das Know-how im hygienischen Umgang mit Lebensmitteln, sondern stellt auch entsprechende Lager- und Kühlmöglichkeiten für die landwirtschaftlichen Produkte zur Verfügung. Darüber hinaus können Lebensmittel, die bis kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht verkauft werden konnten, in der Gasthausküche verarbeitet werden. Damit kann Lebensmittelverschwendung im Rahmen der Kooperation auf ein Minimum reduziert werden.

3. Produktsortiment

Im Kleeberger Kistl können Verbraucherinnen und Verbraucher über 95 verschiedene Lebensmittel direkt von landwirtschaftlichen Erzeugern aus dem Rott- und Inntal erwerben. Neben Produkten wie Freilandeiern, Nudeln, Käse, Joghurt, Honig, Fleisch und Wurstwaren gibt es auch Kartoffeln, Fruchtsäfte, süße und salzige Snacks, Speiseeis, Pestos und vieles mehr.
Die kühlpflichtigen Produkte befinden sich im Automaten bzw. in zwei Gefrierschränken. Große, nicht kühlpflichtige Produkte können Kunden eigenständig aus Regalen und Truhen entnehmen, z. B. Fruchtsäfte, Kartoffelchips, Kartoffeln oder Zwiebeln. Alle Produkte werden mit Hilfe eines dreistelligen, produktindividuellen Zahlencodes am Automaten bezahlt, der auf dem Preisetikett eines jeden Produktes zu finden ist. Damit haben Kunden die Möglichkeit, stets mit Scheinen oder Münzen am Automaten zu bezahlen sowie die Wechselgeldfunktion zu nutzen. Darüber hinaus ist eine kontaktlose Bezahlung mit der Girocard oder Kreditkarte sowie mobiles Bezahlen möglich.
Zwei Produktgruppen (Joghurts und Fruchtsäfte) werden im Kleeberger Kistl in Mehrweggefäßen mit 50 Cent Pfand pro Gefäß vermarktet. Die Pfandrückgabe erfolgt hierbei auf Vertrauensbasis mit Hilfe einer kleinen, mit 50-Cent-Stücken befüllten Geldkassette, die von den Kunden sehr gut angenommen wird. Bei der Pfandkasse konnte bisher kein Diebstahl festgestellt werden. Die Kunden bringen die Mehrweggefäße stets sauber und intakt zurück.
Auf Anregung einer Kundin wurde im Kleeberger Kistl außerdem die Möglichkeit geschaffen, dass Kunden selbstständig und nach ihren individuellen Wünschen Geschenkkörbe zusammenstellen können. Hierzu können sie einen Papp-Geschenkkorb in Holzoptik, der mit Heu und einem Flyer bestückt ist, erwerben und individuell mit Lebensmitteln befüllen. Diese Möglichkeit wird besonders gerne kurz vor Feiertagen in Anspruch genommen.

4. Arbeitszeitbedarf

Im Rahmen des Projektes wurde der tägliche Arbeitszeitaufwand ermittelt, der für den Betrieb des Kleeberger Kistls erforderlich ist (siehe Tabelle 1). Der mit Abstand größte Arbeitszeitbedarf entfällt auf die tägliche Auffüllung der Regale, Truhen und des Automaten. Insgesamt belief sich der mittlere Arbeitszeitbedarf für den Betreiber auf rund 69 min/Tag. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass alle Direktvermarkter ihre Waren eigenständig zum zentralen Lager des Kleeberger Kistls anlieferten und die damit verbundenen Fahrzeiten in der Übersicht dementsprechend nicht berücksichtigt wurden.
Tabelle 1: Erfasster wöchentlicher bzw. täglicher Arbeitszeitbedarf für den Betrieb des Kleeberger Kistls; ermittelt im Zeitraum Januar bis Dezember 2023.
Arbeitszeitbedarf für den Betreiber der Kooperationmin/Wochemin/Tag
Warenbestellungen (1 x pro Woche), Warenannahme, Lieferantenbetreuung7511
Lieferscheinablage, Rechnungskontrolle, Überweisungen609
Zählprotokolle und Kassenbuch558
Auszeichnung der Preise für die Vertrauenskasse, Vorbereitung der Ware für den Automaten406
Kontrolle der Warenbestände, Befüllung der Waren20029
Reinigung des Kleeberger Kistls und der Außenanlage203
Marketingmaßnahmen (z. B. Facebook, Google Business)304
Summe Arbeitszeitbedarf48069

5. Bewertung der durchgeführten Marketingmaßnahmen

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden diverse Marketingmaßnahmen getestet und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit beurteilt (siehe Tabelle 2). Ziel der Maßnahmen war es, Neukunden für das Kleeberger Kistl zu gewinnen, Bestandskunden zu sichern und den Absatz zu fördern.
Zur Beurteilung der Wirksamkeit wurden die Umsatzzahlen vor und nach der Realisierung einer Marketingmaßnahme miteinander verglichen, aber auch Feedback durch Kunden fand bei der Bewertung Berücksichtigung. Es zeigt sich beispielsweise, dass Facebook-Beiträge (etwa zu einem neuen Produkt im Sortiment des Kleeberger Kistls), direkt positiv auf den Umsatz auswirkten. Der beste und nachhaltigste Effekt konnte im Rahmen des Projektes bei einer Gewinnspielaktion in der Vorweihnachtszeit 2023 beobachtet werden. Dabei konnten Gewinnspielteilnehmer zwei Geschenkkörbe aus dem Kleeberger Kistl im Warenwert von je 50 Euro gewinnen. Kunden erhielten bei den an der Kooperation beteiligten Direktvermarktern und beim Christbaumverkauf der Wirtsfamilie Huber nach jedem Einkauf eine Postkarte zur Teilnahme am Gewinnspiel ausgehändigt (siehe Foto). Um an der Verlosung teilzunehmen, mussten sie lediglich die Rückseite der Postkarte ausfüllen und diese in den Briefkasten des Kleeberger Kistls einwerfen. Mit dieser Marketingmaßnahme konnten besonders viele Neukunden ins Kleeberger Kistl gelockt werden.
Tabelle 2: Beurteilung der zwischen Januar und Dezember 2023 ergriffenen Marketingmaßnahmen hinsichtlich ihres positiven Einflusses auf Umsatz und Kundenfeedback.
MarketingmaßnahmePositiver Einfluss auf Umsatz und/oder Kundenfeedback
Dauerhafte Vorstellung aller an der Kooperation beteiligten Betriebe über eine Präsentation auf einem Display im Kleeberger Kistl++
Diverse Print-Flyer+++
Google Business Account++
Facebook-Auftritt mit regelmäßigen Beiträgen, z. B. zu den beteiligten Betrieben oder Sortimentserweiterungen+++
Listung auf www.regionales-bayern.de+
Vorstellung des Projekts bei Messen wie z. B. "Rottalschau" in Karpfham oder "Messe Ausblick 2023 – Die Leistungsschau im Passauer Land"+
Presseberichte in der regionalen Tageszeitung und im Gemeindeblatt++++
Prospektbeilage in der regionalen Tageszeitung+
Bewerbung an der Zufahrtsstraße mittels Bauzaunbanner sowie Fahnen mit Sortimentsinformationen+++
Gewinnspiel mit Verlosung von zwei Geschenkkörben in der Vorweihnachtszeit+++++

6. Videoüberwachung

Zur Vorbeugung von Diebstahl und Vandalismus kommen im Kleeberger Kistl insgesamt drei Sicherheitskameras zum Einsatz, darunter auch eine Überwachungskamera mit Fischaugenobjektiv, die den gesamten Verkaufsraum erfasst. Kundinnen und Kunden werden über die Videoüberwachung in der von der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorgeschriebenen Form informiert und die Daten werden fristgerecht gelöscht. Im Kleeberger Kistl kam es während der Projektlaufzeit nie zu Vandalismus.

7. Investitionsbedarf

In Tabelle 3 sind die Investitionen aufgelistet, die im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprojektes Kleeberger Kistl getätigt wurden, um eine professionelle und individuelle Verkaufsstätte zu schaffen sowie die technischen Sonderausstattungen im Rahmen des Projektes testen und evaluieren zu können. In Summe wurden für den individuell gestalteten Verkaufscontainer inkl. Automat mit technischer Vollausstattung sowie der Inneneinrichtung und der Gestaltung des Außenbereichs rund 59.500 Euro netto investiert.
Zu beachten ist, dass je nach Automatenhersteller bzw. -dienstleister ggf. zusätzliche Kosten für die Lieferung des Automaten und für individuelle Schulungen entstehen können. Grundsätzlich bieten nur manche Dienstleister ihren Kunden einen telefonischen Support bei technischen Problemen an. Bei einigen ist die Nutzung dieses Services kostenlos, andere wiederrum rechnen minutengenau ab. Im Falle des Kleeberger Kistls fielen für die Lieferung 720 Euro netto an und für eine individuelle Einweisung und Schulung durch einen Techniker vor Ort 560 Euro netto. Die Servicehotline ist beim Automatendienstleister des Kleeberger Kistls kostenlos.
Tabelle 3: Investitionskosten für das Forschungs- und Innovationsprojekt Kleeberger Kistls. Alle Preise sind Nettopreise zzgl. Mehrwertsteuer.
InvestitionNettopreis (€)
Verkaufscontainer26.022
Gebrauchter Bürocontainer (6,06 m Länge x 3,00 m Breite x 2,80 m Höhe)3.800
Zimmereiarbeiten: individuelle Holzverkleidung des Bürocontainers (innen und außen), inkl. Bodenbelag, Vordach und Aufgang aus Holz vom Parkplatz zum Verkaufscontainer17.990
Kunststoff-Haustür, 2-flüglig2.857
LED-Leuchtwerbeanlage mit Beschriftung und Dachbefestigung1.375
Verkaufsautomat23.170
2 Slaves (Kühlschränke) und 1 Steuermodul18.350
Münzwechsler640
Banknotenleser640
EC-Kartenmodul950
Telemetrie Hardware Vendonbox380
Frostschutzheizung (2 Stück)400
UV-Schutzfolie 100
Individuelle Folierung des Verkaufsautomaten im Corporate Design des Kleeberger Kistls1.000
Technische Sonderausstattung für Außenverkäufe 710
Ausstattung Verkaufscontainer 7.465
Klimaanlage 1.584
Videoüberwachungssystem (3 Sicherheitskameras)2.268
Outdoor-Display (27 Zoll) zur Vorstellung aller beteiligten Betriebe675
Tiefkühlschrank 1.222
WiFi-Hygrometer-Thermometer Sensor Tiefkühlschrank (zur Temperaturüberwachung)50
Regale (4 Stück)810
Innenbeleuchtung 260
Holztruhen (2 Stück; für die Aufbewahrung von Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch; 92 cm Länge x 50 cm Breite x 45 cm Höhe)252
Korbständer (für den Verkauf von Popcorn)76
Briefkasten (für Kundenrückmeldungen)45
Geldkassette (für Pfandgeld) und Korb für die Rückgabe der Pfandgläser und -flaschen14
Mülleimer 29
Kreidetafeln (3 Stück, 70x90 cm, 30x40 cm und 50x60 cm)160
Motivtafeln (3 Stück)20
Marketing und Zubehör2.869
Namens- und Logoentwicklung1.755
Wort-/Bildmarkenanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt (Schutz für 10 Jahre)300
Bauzaunbanner (2 Stück)238
Beachflag (3,6 m x 0,7 m) mit Standkonstruktion 277
Preisauszeichnungsgerät299
Gesamtinvestitionen59.527
Die Erfahrungswerte aus dem Projekt haben gezeigt, dass nicht nur die telefonische Erreichbarkeit eines kompetenten Ansprechpartners über eine Servicehotline, sondern vor allem auch die räumliche Nähe und kurzfristige Verfügbarkeit eines Technikers für eine schnelle Schadensbehebung entscheidend sind. Diese Kriterien sollten bei der Wahl eines Automatenherstellers bzw. dienstleisters unbedingt berücksichtigt werden.

8. Laufende Kosten

  • Telemetrie
    • Für die Nutzung der Telemetrie-Software entstehen im Falle des Kleeberger Kistls laufende Kosten in Höhe von 15 Euro netto pro Monat.
  • Stromverbrauch
    • Beim Stromverbrauch fällt beim Kleeberger Kistl neben dem Automaten (bestehend aus zwei Kühlschränken und einem Bedienfeld) und den zwei Gefrierschränken vor allem die Klimaanlage (im Sommer) bzw. die Heizung (im Winter) ins Gewicht. Darüber hinaus wird Strom für die Innenbeleuchtung, die Videoüberwachung und das Display benötigt, über das alle an der Kooperation beteiligten Betriebe dauerhaft vorgestellt werden. Der Stromverbrauch des Kleeberger Kistls wurde mit Hilfe eines separaten Stromzählers ermittelt, der monatlich abgelesen wurde. Im Jahresmittel beträgt der gesamte Strombedarf für das Kleeberger Kistl rund 4.380 kWh pro Jahr. Das entspricht einem Stromverbrauch von rund 12 kWh pro Tag. Setzt man einen Strompreis von 27 Cent/kWh an, so entstehen dadurch Kosten in Höhe von 1.182,60 Euro pro Jahr bzw. 3,24 Euro pro Tag.
  • Bargeldloses Bezahlen
    • Für die bargeldlose Bezahlung fallen im Kleeberger Kistl monatliche Grundgebühren in Höhe von 12,50 Euro sowie weitere Kosten pro Transaktion an, die sich wie folgt zusammensetzen: 6,9 Cent pro Transaktion plus 0,2 % des Umsatzes bei Girocard bzw. 1,2 % des Umsatzes bei Kreditkarte und Apple Pay.
  • Internetanschluss
    • Je nach Anbieter und Vertragsbedingungen fallen für den Internetanschluss unterschiedliche Gebühren an, die ggf. auch bei der gemeinsamen Nutzung mit der Gastronomie nur anteilig zu berücksichtigen sind. Im Falle des Kleeberger Kistls entstehen Kosten in Höhe von 202 Euro pro Jahr, bzw. 16,80 Euro pro Monat.

9. Wirtschaftlichkeitsabschätzung

Im Rahmen des Forschungsprojektes sollte aufgezeigt werden, wie sich die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens zur kooperativen Direktvermarktung abschätzen lässt und welche entsprechenden Kostenpositionen dabei zu berücksichtigen sind. In Tabelle 4 sind exemplarisch alle Kosten zusammengefasst, die für den Betreiber des Kleeberger Kistls pro Jahr durch die Vermarktung der Produkte der Kooperation entstehen. Besonders fällt bei den Gesamtkosten neben den Kosten für den Arbeitszeitbedarf die Absetzung für Abnutzung ins Gewicht.
Tabelle 4: Kosten der Vermarktung für den Betreiber des Kleeberger Kistls.
KostenpositionBemerkungKosten pro Jahr (€/Jahr)
Absetzung für Abnutzung (AfA)Abschreibungsdauer (Jahre)7.387
Verkaufscontainer151.735
Verkaufsautomat5*4.634
Ausstattung Verkaufscontainer10747
Zubehör**3271
InstandhaltungAnteil an Investition (%)1.038
Verkaufscontainer1260
Verkaufsautomat3695
Ausstattung Verkaufscontainer175
Zubehör**18
Zinsaufwand3 % auf die halbe Investitionssumme893
Sonstige feste Kosten532
Internetgebühr202
Telemetrie180
Bargeldlose BezahlungGrundgebühr150
Arbeitszeitbedarf 69 min/Tag mit 24 €/h10.074
Variable Kosten 2.440
Strom4.380 kWh pro Jahr mit 27 Cent/kWh1.183
Bargeldlose BezahlungUmsatzabhängige Gebühren***339
Personalisierte Preisetiketten Mit Logo, in Farbe, 21.000 Stück422
Fahnen2 Stück, 4 m x 1,3 m333
Flyer1.000 Stück90
Reinigungskosten (Reinigungsmittel, Wasser)0,20 €/Tag73
Gesamtkosten 22.364 €/Jahr
bzw. 61 €/Tag
* Gemäß AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter (AfA-Tabelle "AV")
** Zubehör beinhaltet: Bauzaunbanner, Beachflag und Preisauszeichnungsgerät
*** 6,9 Cent pro Transaktion plus 0,2 % bei Girocard bzw. 1,2 % bei Kreditkarte; Annahme: 300 Euro Umsatz pro Tag, mit 50 Einkäufen, davon 20 % bargeldlos, 80 % Girocard, 20 % Kreditkarte
Insgesamt entstehen für den Betreiber des Kleeberger Kistls pro Jahr, bei einer in dieser Kalkulation angesetzten Entlohnung von 24 Euro/h, Kosten in Höhe von 22.364 Euro pro Jahr ohne Wareneinsatz. Dies entspricht täglichen Kosten in Höhe von 61 Euro ohne Wareneinsatz.
Die individuellen Gegebenheiten, Kostenstrukturen und die angestrebte Stundenentlohnung bestimmen u. a., mit welchem Aufschlag gearbeitet und damit, wie viel Umsatz pro Tag generiert werden muss, damit sich die gemeinschaftliche Vermarktung auch langfristig rechnet. Beträgt der Aufschlag, mit dem der Betreiber die Produkte der Direktvermarkterinnen und Direktvermarktern im Falle des Kleeberger Kistls weiterverkauft, beispielsweise im Mittel 30 %, so müssten pro Tag mindestens 203 Euro Umsatz erzielt werden, damit alle Kosten gedeckt sind und die gewünschte Entlohnung von 24 Euro/h realisiert wird. Dies entspräche einem Mindestumsatz von 74.095 Euro pro Jahr.

10. Einkaufsverhalten der Kunden

Die Telemetrie-Software ermöglicht eine Aufzeichnung des Einkaufsverhaltens der Kundinnen und Kunden in Echtzeit. Die Umsätze schwanken innerhalb einer Woche zum Teil stark und werden von zahlreichen Faktoren beeinflusst, z. B. Saison, Wochentag, Tageszeit, Wetter oder Schulferien. Besonders beliebte Einkaufszeiten sind im Kleeberger Kistl die Mittagszeit zwischen 11 und 13 Uhr sowie der Nachmittag bzw. Abend zwischen 16 und 19 Uhr. Aufgrund der ländlichen Lage werden im Kleeberger Kistl nachts nur verhältnismäßig wenig Einkäufe getätigt (siehe Abbildung zum Einkaufsverhalten).
Die Kunden können im Kleeberger Kistl alle Produkte über den Automaten bezahlen und dafür Scheine und Münzen einsetzen. Der Automat verfügt über eine Wechselgeldfunktion. Darüber hinaus ist der Automat mit einem NFC-Kartenmodul ausgestattet, das kontaktlose Bezahlungen mit der Giro- oder Kreditkarte, aber auch mobiles Bezahlen mit beispielsweise ApplePay oder GooglePay ermöglicht. Rund 20 % der Einkäufe werden im Kleeberger Kistl bargeldlos bezahlt, wobei rund 23 % des Umsatzes mit der bargeldlosen Bezahlung erwirtschaftet wird. Dies zeigt, dass Kunden insbesondere bei höherpreisigen Produkten gerne auf die bargeldlose Bezahlmöglichkeit zurückgreifen.

Diagramm zeigt einen steigenden ab 8 Uhr mit Höhepunkt um 12 Uhr, danach kleines Abflachen, 18 Uhr zeigt den größten Umsatz, der stetig bis 24 Uhr abfällt. a

11. Bewertung der Telemetrie

Mit Hilfe des Telemetrie-Moduls, das als Hardware im Automaten verbaut wurde, lässt sich in Kombination mit der entsprechenden Datenanalyse-Software der Verkauf im Kleeberger Kistl aus der Ferne überwachen und verwalten. Die cloudbasierte Software ermöglicht es, jederzeit und von überall auf die entsprechenden Daten zuzugreifen, sowohl über den PC als auch mobil über das Smartphone oder Tablet. Es können benutzerdefinierte Warnungen eingestellt werden, die beispielsweise darauf hinweisen, dass sich der Füllstand eines Produktes oder der Wechselgeldbestand dem Ende zu neigt. Dies erleichtert die Warenbestandskontrolle sowie Bestell- und Nachfüllvorgänge erheblich. Detaillierte Berichte zu Verkaufszahlen, Abrechnungen, Nachfüllprotokolle, Ausfallzeiten, Transaktionsprotokolle und vieles mehr ergänzen die Software.
Die Pflege der Telemetrie-Software benötigt zwar Zeit, z. B. für die Eingabe der aufgefüllten Waren, aber die Software ermöglicht im Gegenzug eine enorme Arbeitserleichterung und -optimierung. Im Rahmen des Forschungsprojektes ließ die Telemetrie erst eine detaillierte Datenerhebung und auswertung zu. Aber auch für landwirtschaftliche Betriebe und Kooperationen bietet die Telemetrie zahlreiche Vorteile, die die entsprechenden Investitionskosten sowie die laufenden Kosten rechtfertigen.

12. Feedback der an der Kooperation beteiligten Betriebe

Im Rahmen des Aufbaus und der weiteren Entwicklung des Kleeberger Kistls werden die an der Kooperation beteiligten Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter regelmäßig bezüglich ihrer Zufriedenheit mit der Kooperation und dem Umfang ihrer Direktvermarktung befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zufriedenheit der Betriebe mit dem Gesamtprojekt (durchschnittliche Schulnote 1,6), mit der Öffentlichkeitsarbeit (durchschnittliche Schulnote 1,6) und mit der Zusammenarbeit mit der Betreiberfamilie und der LfL (durchschnittliche Schulnote 1,0) als sehr gut bis gut bewertet wurden (siehe Tabelle 5). Die Absatzmenge, die über das Kleeberger Kistl vermarktet wird, wurden von den Betrieben mit einer durchschnittlichen Schulnote von 2,0 bewertet. Allerdings zeigte sich bei der Frage nach dem Beitrag des Kleeberger Kistls zum Gesamtumsatz der Direktvermarktung der beteiligten Betriebe eine große Streuung (< 1 % bis maximal 50 % des Gesamtumsatzes). Dies lässt sich darauf zurückführen, dass das Kleeberger Kistl für einige der an der Kooperation beteiligten Betriebe der einige zusätzliche Absatzweg darstellt. Es sind aber auch Betriebe in der Kooperation aktiv, die beispielsweise Zentrallager des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) beliefern und damit in sehr vielen LEH-Filialen vertreten sind. Darüber hinaus kooperieren viele der am Kleeberger Kistl beteiligten Betriebe mit weiteren Wiederverkäufern wie anderen Direktvermarktern, Wirtshäusern oder Campingplätzen in der Region.
Bei der ersten Befragung 3 Monaten nach dem Start der gemeinschaftlichen Vermarktung wurden insgesamt etwas bessere Noten vergeben als nach weiteren 7 Monaten. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass insbesondere in den ersten Wochen und Monaten nach der offiziellen Eröffnungsfeier des Kleeberger Kistls das Projekt besonders häufig in den lokalen Medien thematisiert wurde und damit viele Neukunden in den Verkaufscontainer gelockt werden konnten. Damit wurden gerade in den Anfangsmonaten besonders hohe Umsätze generiert. Das Kleeberger Kistl konnte jedoch nur einen Teil dieser Neukunden als Stammkunden gewinnen, die damit langfristig für einen zwar etwas geringeren, aber dafür stabilen Umsatz sorgten.
Tabelle 5: Ergebnisse zweier Befragungen der an der Kooperation beteiligten Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter 3 Monate (T1) bzw. 10 Monate nach dem Start der Kooperation (T2) zu ihrer Zufriedenheit mit der Kooperation (in Schulnoten) und dem Umfang ihrer Direktvermarktung.
Bewertung T1: 3 Monate nach KooperationsstartT2: 10 Monate nach Kooperationsstart
Gesamtprojekt*1,51,6
Öffentlichkeitsarbeit zum Kleeberger Kistl*1,51,7
Zusammenarbeit Familie Huber und LfL*1,01,0
Absatzmenge übers Kleeberger Kistl*1,92,1
Beitrag des Kleeberger Kistls zum gesamten Umsatz der DirektvermarktungZwischen < 1 % und 50 %Zwischen < 1 % und 30 %
Anzahl der sonstigen Wiederverkäufer (abgesehen vom Kleeberger Kistl)0 bis 45 (LEH-Filialen)0 bis 45 (LEH-Filialen)
Art der sonstigen WiederverkäuferHofläden, LEH, Campingplätze, Gastronomie-, Metzgerei- und Bäckereibetriebe, Gärtnereien, Tankstellen und DorflädenHofläden, LEH, Campingplätze, Gastronomie-, Metzgerei- und Bäckereibetriebe, Gärtnereien, Tankstellen und Dorfläden
* Bewertung in Schulnoten

13. Kundenfeedback

Ein Briefkasten mit Glasfenster und eine Infotafel mit der Aufschrift: Sie möchten uns etwas mitteilen? Auf einem darunter befestigten Brett liegen Papier und Stifte
Kundinnen und Kunden können zum Kleeberger Kistl über den entsprechenden Google Business und den Facebook Account Nachrichten und Bewertungen hinterlassen. Darüber hinaus wurde im Inneren des Verkaufscontainers ein kleiner Briefkasten aufgehängt, über den handgeschriebene Nachrichten hinterlassen werden können (siehe Foto). Letztere Möglichkeit wird von den Kundinnen und Kunden des Kleeberger Kistls mit Abstand am häufigsten in Anspruch genommen. Fast täglich werden handgeschriebene Kurznachrichten hinterlassen. Darin berichten sie von ihren Einkaufserfahrungen, äußern Wünsche für eine mögliche Erweiterung des Produktportfolios im Kleeberger Kistl oder teilen mit, wie zufrieden sie mit der Qualität der Produkte sind. Der Briefkasten wird aber auch genutzt, um Verbesserungsvorschläge zu übermitteln oder über technische Probleme zu informieren, beispielsweise wenn Probleme bei der bargeldlosen Bezahlung auftreten.
Die Rückmeldungen der Kundinnen und Kunden zum Kleeberger Kistl sind durchweg sehr positiv. Die Kunden schätzen die flexible Einkaufsmöglichkeit, das vielfältige regionale Sortiment und die Qualität der Produkte des Kleeberger Kistls.