Konstellationen für die vertragsrechtliche Ausgestaltung von Kooperationen in der Direktvermarktung

zwei Arme, die sich über einen Tisch mit Akten und Richterhammer die Hände gebenZoombild vorhanden

Foto: Colourbox.de Piotr Adamowicz

Welche Gestaltungsmöglichkeiten sind für eine kooperative Direktvermarktung denkbar und mit welchen rechtlichen Konsequenzen sind diese jeweils verbunden? Zur (teilweisen) Beantwortung dieser Fragen haben Jura-Studierende im Rahmen einer Kooperation zwischen der Startup Law Clinic der Juristischen Fakultät an der Universität Passau und der LfL ein Gutachten unter der Aufsicht eines Volljuristen angefertigt, das die Grundlage der nachfolgenden Ausführungen bildet. Darüber hinaus wurden zwei Musterverträge zur Nutzung im Bereich der kooperativen Direktvermarktung erarbeitet, die Interessierten als Orientierungshilfe dienen sollen.

Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Eine dauerhafte Kooperation erhält ihre Grundlage durch eine gemeinsame übergeordnete Zielsetzung, welche der Kooperation einen tieferen Sinn verleiht, der über rein operative Ziele hinausgeht. Im Rahmen eines Gutachtens wurden die folgenden vier Modelle für Kooperationen im Bereich der Direktvermarktung in Anlehnung an das Forschungsprojekt "Kleeberger Kistl" analysiert. Damit soll ein Einblick in rechtliche Aspekte unterschiedlicher Gestaltungsmöglichkeiten gewährt werden, was jedoch eine individuelle Rechts- und Steuerberatung nicht ersetzen kann.

1. Weiterverkauf an einen Zwischenhändler bzw. Weiterverkäufer

Diese Konstellation beschreibt den klassischen Verkauf landwirtschaftlicher Produkte über einen Zwischenhändler. Bis das Produkt vom Erzeuger zum Endverbraucher gelangt, sind zwei voneinander zu trennende Verträge bzw. Rechtsgeschäfte entlang zweier Vertragsbeziehungen notwendig:
  1. Ein klassischer Kaufvertrag nach § 433 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten an den Zwischenhändler oder Weiterverkäufer (Business-to-Business, B2B).
  2. Sobald ein Endverbraucher Produkte einkauft, wird ein Kaufvertrag gemäß § 433 BGB zwischen Zwischenhändler und Endverbraucher geschlossen (Business-to-Consumer, B2C).
Bei beiden Verträgen gelten grundsätzlich die gesetzlichen Gewährleistungsrechte gemäß § 434 BGB, was beispielsweise Rücktritts- oder Nachbesserungsrechte beinhaltet. Bei Rechtsgeschäften zwischen zwei Unternehmern gemäß § 14 BGB sind allerdings gewisse vertraglicher Abweichungen von gesetzlichen Gewährleistungsregelungen mögliche, z. B. eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist oder ein Gewährleistungsausschluss, etwa für verderbliche Ware ("gekauft wie gesehen"). Solche Abweichungen sind ausgeschlossen, sobald eine B2C-Konstellation vorliegt. In dieser Vertragsbeziehung handelt es sich um einen sogenannten Verbrauchsgüterkauf gemäß § 474 BGB, wonach gewisse Möglichkeiten zur individuellen Vereinbarung zwischen Vertragspartnern ausgeschlossen sind.
In welcher Form die Übergabe der Produkte zwischen Erzeuger und Zwischenhändler sowie zwischen Zwischenhändler und Endverbraucher erfolgen soll, sollte darüber hinaus ebenfalls vertraglich geregelt werden (Bring-, Hol- oder Schickschuld für den Leistungs- bzw. Erfüllungsort).

2. Entgeltliche Überlassung von Verkaufsflächen zur Direktvermarktung

Im Rahmen dieser Gestaltungsmöglichkeit stellt ein Verkaufsstellenbetreiber anderen Erzeugern Verkaufsflächen zur Vermarktung ihrer Produkte zur Verfügung, beispielsweise ein Grundstück, einen Verkaufsraum oder auch nur ein einzelnes Regalfach. Es kommt zu zwei Vertragsbeziehungen:
  1. Der Ladenbetreiber schließt mit dem Erzeuger einen Vertrag zur Überlassung von Flächen für den Verkauf. Dabei kann es sich entweder um ein Mietverhältnis gemäß § 535 BGB oder um eine Pacht gemäß § 581 BGB handeln. Welcher dieser Vertragstypen vorliegt, ist davon abhängig, ob und wie viele Gegenstände der Überlassende für den Verkauf zur Verfügung stellt. Werden etwa Kassen oder Regale bereitgehalten, wird es sich regelmäßig um einen Pachtvertrag handeln. Diese Unterscheidung spielt jedoch nur eine untergeordnete Rolle, da auf Pachtverträge grundsätzlich die Regeln des Mietrechts Anwendung finden.
  2. Der Kauf der Produkte durch den Endverbraucher stellt einen klassischen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB zwischen Erzeuger und Endverbraucher dar. Da der Endverbraucher die Produkte des Erzeugers einfach entnimmt und dafür in eine Kasse den Kaufpreis entrichtet, findet der Vertragsschluss ohne Anwesenheit des Erzeugers quasi „von der Ferne aus“ statt. Wichtig ist dabei, dass kenntlich gemacht wird, wer Vertragspartner des Endverbrauchers wird. Dies kann beispielsweise durch eine einfache Nennung des Erzeugers neben den angebotenen Produkten geschehen.

3. Dienstleistungsverhältnis

In der Dienstleistungskonstellation setzt der Erzeuger den Verkaufsstellenbetreiber als Verkaufspersonal ein, das heißt, er übergibt dem Betreiber die Produkte, die dieser dann für den Erzeuger verkauft. Das kann im Ergebnis relativ ähnlich aussehen wie die vorherige Konstellation, der Verkaufsstellenbetreiber schuldet aber nicht die Überlassung von Flächen, sondern ein Tätigwerden zum Verkauf der Produkte. In dieser Konstellation werden zwei Vertragsverhältnisse geschlossen:
  1. Der Verkauf von Erzeugnissen über einen Ladenbetreiber stellt ein Dienstleistungsverhältnis nach § 611 BGB dar. Damit verpflichtet sich der Betreiber, für den Verkauf der Waren des Erzeugers tätig zu werden, während der Erzeuger verspricht, ein Entgelt an den Betreiber zu entrichten. Dieses Entgelt kann unterschiedlich ausgestaltet sein: Denkbar wäre neben einem monatlichen Festbetrag etwa auch eine prozentuale Beteiligung des Betreibers an dem Verkaufserlös eines einzelnen Produkts.
  2. Zwischen dem Erzeuger und dem Endverbraucher entsteht ein Kaufvertrag gemäß § 433 BGB, bei dem der Erzeuger keine unmittelbare Erklärung abgibt, sondern durch den Verkaufsstellenbetreiber oder dessen Personal als Stellvertreter vertreten wird.
Werden die Pflichten des Dienstleistungsvertrags nicht erfüllt oder verletzt, ist ein Schadensersatzanspruch oder die Kündigung des Dienstleistungsvertrags nach § 621 BGB möglich.

4. Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemäß § 705 BGB ist für eine gemeinschaftliche Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten ebenfalls denkbar. Diese bringt aber im Vergleich zu den anderen vorgestellten Konstellationen nur wenig Vorteile mit sich. Insbesondere die Tatsache, dass in der GbR jeder Gesellschafter mit seinem gesamten Geschäfts- und Privatvermögen in unbegrenzter Höhe gesamtschuldnerisch haftet (§ 705 BGB), sollte bei der Bewertung Berücksichtigung finden.

Musterverträge

Die Etablierung stabiler, auf Vertrauen basierender Netzwerke mit einem klaren Verständnis der Partner bezüglich der Abläufe und ihrer Aufgaben erfolgt nicht spontan, sondern erfordert eine aktive Gestaltung. Ein Kooperationsvertrag schafft eine strukturierte Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen den Geschäftspartnern, trägt dazu bei, das Risiko von Konflikten zu minimieren, legt Ziele und Verantwortlichkeiten fest und ermöglicht es, das Potenzial der Kooperation voll auszuschöpfen.
Haftungsausschluss: Die Musterverträge dienen lediglich als allgemeine Vorlagen und als Orientierungshilfe. Sie stellen keine rechtliche Beratung dar und bieten keine rechtliche Sicherheit. Die Verwendung eines Mustervertrags erfolgt auf eigenes Risiko. Vor der Verwendung sollte der Vertrag von einem Rechtsanwalt oder einer anderen qualifizierten juristischen Fachkraft überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, um den spezifischen Anforderungen und Gegebenheiten der beteiligten Parteien gerecht zu werden. Jegliche Haftung für Schäden oder Verluste, die sich aus der Verwendung eines der Musterverträge ergeben, wird ausdrücklich ausgeschlossen.
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Kopfbild, Foto: Warmuth/StMELF