Auf dem Weg zum Bauernhofkindergarten

Der Bauernhofkindergarten schafft Kontakt zu Lebensmittel, Natur und TierenZoombild vorhanden

Foto: Ettenhuber

Das Konzept "Bauernhofkindergarten“ ist in. Sei es von Seiten der Eltern, die ihren Kindern wieder mehr Tier- und Naturkontakte ermöglichen wollen oder von Seiten der Kommunen auf der Suche nach alternativen Betreuungsangeboten. Und auch landwirtschaftliche Betriebe wollen sich zunehmend öffnen - mit unterschiedlichen Beweggründen.

Landwirtschaftliche Betriebe können sich mit Kinderbetreuung ein neues Standbein aufbauen und zusätzliches Einkommen generieren, Kompetenzen in der Familie und leerstehende Gebäude können genutzt werden. Zudem machen die Kinder schon früh positive Erfahrungen mit der Landwirtschaft, die sie ein Leben lang prägen – eine große Chance für landwirtschaftliche Betriebe.

Bauernhofkindergarten – kein geschützter Begriff

Was ist eigentlich ein Bauernhofkindergarten? Festzustellen ist: Der Begriff Bauernhofkindergarten ist nicht geschützt. Es gibt keine verbindlichen Richtlinien und Kriterien für einen Bauernhofkindergarten.
Das Besondere an der Kinderbetreuung auf dem Bauernhof ist, dass der Kontakt zu Tieren und Pflanzen sowie das Teilhaben an landwirtschaftlichen Kreisläufen und Tätigkeiten im Fokus stehen. Der Bauernhofkindergarten befindet sich entweder auf einem landwirtschaftlichen Betrieb oder in unmittelbarer Nähe. Die meiste Zeit verbringen die Kinder auf den landwirtschaftlichen Flächen des Hofes. Möglich ist es zudem, dass der Kindergarten einen eigenen Acker oder Beete bewirtschaftet und/oder landwirtschaftliche Nutztiere hält. Dies richtet sich immer individuell nach dem Betrieb. Dabei ist häufig die Mitarbeit der Eltern gefragt.

Erfolgsfaktor: fester Wille & Informationen

Kinder können Verantwortung für ihr eigenes Gemüsebeet übernehmen und Erfahrungen mit der Lebensmittelerzeugung sammeln.Zoombild vorhanden

Foto: Bayer

Zum Einstieg braucht es Zeit, viele Informationen und mutige Schritte. Je nach Initiative und Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden kann sich die Gründung des Bauernhofkindergartens über ein bis zwei Jahre hinziehen.
Ein Bauernhofkindergarten kann in verschiedenen Formen und damit auch mit unterschiedlichem Arbeitsaufwand für den landwirtschaftlichen Betrieben gestaltet werden.

Erste Fragen sind:

  • Habe ich ein leerstehendes Gebäude, das ich umfunktionieren kann?
  • Möchte ich lediglich eine Fläche an einen Träger verpachten?
  • Möchte ich Einfluss auf Personaleinstellung, Öffnungszeiten oder Finanzierung nehmen? Will ich dafür Mitglied in einem Trägerverein sein oder die Trägerschaft des Kindergartens selbst übernehmen? Welche fachlichen Grundlagen habe ich dafür?
  • Kooperiere ich mit einem bestehenden Träger, um Verwaltungsaufgaben zu reduzieren?
  • Wie ist die Infrastruktur auf meinem Hof hinsichtlich Kinderbetreuung?
  • Haben Angehörige des Betriebes Fachqualifikationen im pädagogischen Bereich, mit denen sie eine Anstellung auf dem eigenen Betrieb finden können?
Die Antworten auf diese Fragen geben erste Anhaltspunkte zur Organisationsform des Kindergartens sowie die damit anfallenden Tätigkeiten und nehmen gleichzeitig Einfluss auf den landwirtschaftlichen Betrieb.

Wer übernimmt die Trägerschaft?

Zu Beginn steht die Frage der Trägerschaft: Jeder Kindergarten braucht einen Träger. Dieser trägt die Verantwortung für die gesamte Betriebsführung und plant die Wirtschaftlichkeit. Er ist zuständig für das Personal, für die Förderungen, das pädagogische Konzept und ist erster Ansprechpartner für Behörden. Zudem muss er die Qualität gewährleisten und die Einrichtung weiterentwickeln. Zur Übernahme der Trägerschaft gibt es verschiedene Konzepte. Die Frage nach dem richtigen Modell ist immer individuell je nach Betrieb zu entscheiden, denn jedes Konzept birgt Vor- bzw. Nachteile.
Unterschiedliche Modelle der Trägerschaft

Erfolgsfaktor: Zusammenarbeit mit Behörden

Ein Faktor ist sicher: Für den Erfolg des Bauernhofkindergartens ist eine konstruktive und frühzeitige Zusammenarbeit mit der Kommune, dem zuständigen Landratsamt, der Baubehörde und dem Jugendamt wichtig. Der Austausch mit bereits bestehenden Bauernhofkindergärten über deren Herangehensweise und die erlangten Erfahrungen ist hilfreich. Professionelle Unterstützung und langjährige Erfahrungen bietet darüber hinaus die bundesweite Arbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof e.V. – BAGLoB.

Lernort Bauernhof e.V. – BAGLoB Externer Link

Anlaufstellen & Umsetzung

Finanzierung & Förderung

Je nach Organisation des Kindergartens fallen die Investitionen sowie die Wirtschaftlichkeit unterschiedlich aus. Eine frühzeitige steuerliche Beratung ist empfehlenswert. Wird eine Fläche oder ein Gebäude an einen Träger vermietet oder verpachtet, besteht das Einkommen für den landwirtschaftlichen Betrieb aus den Miet- bzw. Pachteinnahmen. Zusätzlich können Entlohnungen für Hausmeisterleistungen oder für gezielte Angebote für Kinder hinzukommen. Bei entsprechender Qualifikation können Hofangehörige eine Festanstellung als pädagogisches Personal über den Träger finden oder selbst als Träger auftreten.
Für die Investition in einen Neu- oder Umbau sind Förderungen im landwirtschaftlichen Bereich (z.B. EIF-Teil B: Diversifizierungsförderung), als Möglichkeit individuell abzuklären. Bei entsprechenden Voraussetzungen können auch Förderungen im Bereich der Entwicklung der ländlichen Räume der Ämter für ländliche Entwicklung in Frage kommen.

Tipp: Kostenminimierung bei der Anschaffung von Spielgeräten.
Der Bauernhof als Lernort ist mit unzähligen natürlichen, pädagogisch wertvollen Erfahrungsräumen ausgestattet. Es braucht keine künstlichen Lernumgebungen, die oft mit hohen Kosten verbunden sind. Es gilt die Devise: Weniger ist mehr! Die Kreativität wird angeregt durch Naturmaterialen als Spielzeugersatz, anregende Bewegungslandschaften und natürliche Möglichkeiten zu Sinneserfahrungen.

Der Träger muss die öffentlichen Fördergelder für Kindertageseinrichtungen bei der Kommune beantragen. Generell gibt es für den Träger unterschiedliche Einnahmen durch die Kommune, welche aus den verschiedene Förderungen nach BayKiBiG resultiert.

verschiedene Förderungen nach BayKiBiG Externer Link

  • Kindbezogene Betriebsförderung (richtet sich z.B. nach Öffnungszeiten)
  • Investitionsförderung
  • Jährlicher Defizitausgleich
  • Beitragszuschuss zum Elternbeiträge
Um diese zu erhalten, muss der Kindergarten in der Bedarfsplanung der Kommune aufgenommen werden, deswegen steht der frühzeitige Kontakt mit der Kommune an erster Stelle.
Zusätzliche Elternbeiträge oder die Mitarbeit der Eltern sind als weitere Einkommensquelle zu berücksichtigen. Nicht zuletzt sind auch Stiftungen oder Crowdfunding als Finanzquellen denkbar.
Wichtig ist, das Projekt von Beginn an finanziell gut durchzukalkulieren.

Tipp: Unterstützung durch die Kitapiloten GmbH
Die Kitapiloten GmbH begleitet seit 2013 Träger von Kindertageseinrichtungen in Bayern bei betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Fragen. Das kleine Team unterstützt Träger sowohl in der Planung als auch im laufenden Betrieb, insbesondere bei der Beantragung und Abrechnung von Fördermitteln nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG). Zudem beraten die Kitapiloten bei der Erstellung von Businessplänen und der Kommunikation mit Kommunen. Sie übernehmen auch die Schulung von pädagogischen und Verwaltungskräften in allen Themen rund um den reibungslosen Ablauf einer Kindertagesstätte.

Tipp: Fördermöglichkeiten im Blick behalten
Derzeit besteht bis Ende 2026 die Möglichkeit, über den sogenannten Personalbonus des Freistaats Bayern Personalkosten fördern zu lassen. Gefördert werden können insbesondere Haushalts-, Verwaltungs- oder pädagogische Mitarbeitende, die zur Entlastung der Einrichtungsleitung beitragen. Es ist empfehlenswert, sich regelmäßig über aktuelle Förderprogramme zu informieren.

Personal – Bauernhofkindergarten als attraktiver Arbeitsplatz

Pädagogisches Potential auf einem Bauernhof

Auf dem Bauernhof gibt es unzählige natürliche Gelegenheiten für pädagogisch wertvolle Erfahrungen.Zoombild vorhanden

Foto: Kopfinger

Ein Bauernhof ermöglicht authentische und ganzheitliche Naturerfahrungen, die optimale Voraussetzungen und pädagogisches Potential für die kindliche Entwicklung bieten. Kinder besitzen einen natürlichen Bewegungs- und Erkundungsdrang und wo ist dies besser auszuleben als auf einem Bauernhof? Darüber hinaus ist es der ideale Platz für Sinneserfahrungen und Alltagsorientierung. Kinder können am Jahreskreislauf der Natur unmittelbar teilnehmen, Tieren begegnen und diese versorgen, heimische Produkte ernten und genießen und vieles mehr. Dazu braucht es keine künstlich geschaffene Lernumgebung, denn die Landwirtschaft bietet hierzu alles, was man braucht.
Diese Erfahrungen prägen die Kinder nachhaltig und sie entwickeln dadurch einen positiv-emotionalen Blickwinkel auf die Landwirtschaft als spätere Konsumenten.

Die Brücke vom Lebensmittel zur Landwirtschaft, die Kinder früh erfahren, prägt ein Leben lang. Diese Kinder, die später als Architekten, Handwerker oder Ärzte leben, haben die Wertschätzung und das Bewusstsein für die Arbeit mit und in der Natur und für unsere heimischen Lebensmittel als Basis für ihr Verhalten entwickelt. Eine unglaubliche Chance für die Landwirtschaft!
Leiterin eines Bauernhofkindergartens

Attraktivität des ländlichen Raumes durch wohnortnahe Dienstleistungen

Am Bildungsort Bauernhof geht es aber nicht nur um naturnahe Pädagogik etwa zum Thema Nachhaltigkeit oder gesunde Lebensmittel, sondern auch um Betreuung. Regionale, wohnortnahe Angebote helfen Kindern und Eltern gleichermaßen und steigern die Lebensqualität im ländlichen Raum. Zudem entstehen neue Arbeitsplätze auf dem Land.

Weitere Informationen

Gesetzliche Grundlage Kinderbetreuung:

  • Sozialgesetzbuch (SGB) VIII - "Kinder- und Jugendhilfegesetz“ (KJHG)
  • Bayerisches Gesetz zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege (BayKiBiG)

Gesetzliche Grundlage des Vereinsrechts:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) §§ 21-79
Anmerkung
Die Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Die Richtigkeit sowie inhaltliche und technische Fehlerfreiheit werden ausdrücklich nicht zugesichert; ein Anspruch auf Rechtsverbindlichkeit wird nicht erhoben

Ansprechpartnerinnen
Magdalena Obermeier, Theresia Nüßlein
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie
Hans-Loher-Straße 32, 94099 Ruhstorf a.d.Rott
Tel.: 08161 8640-4634
E-Mail: Diversifizierung-IBA@LfL.bayern.de