Versuchsergebnisse zur Düngung und Nährstoffausnutzung
Stickstoffsteigerungsversuch auf einer weidelgrasreichen Wiese im Allgäuer Alpenvorland
Die Auswertung eines sechsjährigen Stickstoffsteigerungsversuches auf dem Spitalhof in Kempten mit zehn Varianten unterschiedlich abgestufter organischer, mineralischer und kombinierter Düngung ergab zusammenfassend folgende Ergebnisse: Die mineralische N-Düngung war bei gleichem Nährstoffeinsatz im Ertrag leicht überlegen. Jedoch lag der Wirkungsgrad des Güllestickstoffes bei Verwendung von dünner Gülle mit rund 80 Prozent sehr hoch. Bei ausschließlicher Mineraldüngung und Applikation hoher Gaben wurde der vorhandene Kleeanteil weitestgehend aus dem Bestand verdrängt. Die vier- bis fünfmal geschnittene Weidelgraswiese konnte auch hohe Stickstoffmengen noch sehr gut in Ertrag umsetzen. Bei gegebener Gülleapplikation zu den einzelnen Schnitten brachte zusätzliche Stickstoffdüngung in Höhe von 40 kg N/ha zu jedem Schnitt einen durchschnittlichen Ertragsanstieg von neun Dezitonnen pro Hektar. Dabei erwiesen sich Mineraldüngergaben zu späteren Aufwüchsen als besonders vorteilhaft für den Trockenmassezuwachs. Auf die Futterqualität hatten Art und Höhe der N-Düngung jedoch kaum einen Einfluss. Die spezifische Stickstoffaufnahme des Weidelgrasbestandes lag weitestgehend unbeeinflusst von der Düngungshöhe bei 2,5 bis 2,7 kg N/dt. Im Versuch hatte auch ein sehr hoher Stickstoffaufwand keine positive N-Bilanz zur Folge. Dies belegt das gute Nährstofftransformationsvermögen solcher Bestände in Gunstlagen.
Ergebnisse und Diskussion
Tabellen zu den Erläuterungen
Grafik 1, in der die Wirkung ansteigenden N-Einsatzes auf den Trockenmasse-Ertrag für die einzelnen Variantengruppen „Gülle", „mineralisch" und „Gülle plus mineralisch" interpolierend dargestellt ist, veranschaulicht folgende Sachverhalte: Zum einen wird deutlich, dass auf dem weidelgrasreichen Standort (siehe auch Tabellen 1 und 3) das potenzielle Ertragsniveau selbst bei einem N-Einsatz von weit über 300 kg N/ha und Jahr noch nicht ausgereizt war, so dass ansteigende mineralische Stickstoffgaben signifikant in Trockenmasse- und Energieertrag umgesetzt wurden, was aus Tabelle 3 hervorgeht. Andererseits erreichten die niedrigsten Düngungsvarianten, also eine stark unterbilanzierte N-Düngung (siehe auch Tabelle 5) im langjährigen Mittel bereits Erträge von etwa 100 dt/ha. So fiel mit Erhöhung der mineralischen Düngung der Ertragsanstieg relativ flach aus, gerade bei den Varianten mit ausschließlicher Mineraldüngung (7-10). Flache Ertragskurven gelten als typisch für viele Grünlandstandorte (Rieder, 1996), da hier in der Regel der Boden selbst beträchtliche Nährstoffvorräte auch langfristig bereitzustellen vermag. Aus Graphik 1 ist ebenfalls ersichtlich, dass bei gleichem N-Aufwand die mineralische Düngung der organischen bzw. kombinierten Düngung überlegen war. Dabei verringerte sich der Abstand mit zunehmendem Düngungsniveau.
Bei hohem Mineraldüngereinsatz (Varianten 9 und 10) war der Klee fast vollständig aus dem Bestand verdrängt worden, was aus Tabelle 3 ersichtlich ist. Bedeutendere Kleeanteile traten nur bei den Gülleparzellen 1 und 2 auf. Bei diesen Versuchsgliedern, sowie bei Variante 7, welche von den reinen Mineraldüngerstufen diejenige mit der geringsten N-Menge war, lag der Weidelgrasanteil unter dem Versuchsdurchschnitt.
Der Bestand selbst war entsprechend seiner botanischen Ausformung als intensiv genutzte Weidelgraswiese mit durchschnittlich 15 Pflanzenarten im Versuchsmittel als ausgesprochen artenarm zu bezeichnen. Die mittleren Futterwertzahlen der Versuchsparzellen waren hingegen sehr hoch.
Wirkung der N-Versorgung auf die Futterqualität
Für den praktischen Milchviehbetrieb, der zum Beispiel aufgrund von Anbaurichtlinien oder staatlichen Förderprogrammen auf den Einsatz von mineralischem Stickstoff verzichtet und somit in der Stickstoffversorgung seiner Futterflächen ausschließlich auf den gegebenen Viehbesatz angewiesen ist, stellt sich häufig die Frage nach der Auswirkung reduzierter N-Düngung auf die Futterqualität, in erster Linie auf die Energiedichte. Tabelle 4 zeigt, dass mit ansteigender N-Düngung im sechsjährigen Mittel nur eine geringfügige und meist nicht signifikante Erhöhung im Rohprotein- und Rohfasergehalt einherging. Praktisch keinen Einfluss hatte die N-Düngung auf die Energiedichte. Aus anderen Versuchen (Rieder, 1996; Schröpel et al., 2000; Diepolder, 2000) ist bekannt, dass die Futterqualität vor allem bei grasreichen Beständen hauptsächlich von der Nutzungsfrequenz bestimmt wird.
Verwertung unterschiedlicher N-Düngung
Für die Bemessung einer bilanzierten Nährstoffversorgung ist die Frage interessant, wie mineralische und organische Düngung im direkten Vergleich miteinander abschneiden und mit welcher Stickstoffausnutzung bei Gülledüngung zu rechnen ist. Bei den Versuchsgliedern 2 (Gülledüngung) und 8 (Mineraldüngung) wurden langjährig etwa die gleichen Stickstoffmengen ausgebracht. Ein Blick auf die Tabellen 3, 4 und 5 zeigt, dass die Mineraldüngung im Trockenmasse-Ertrag um etwa 11 dt/ha besser gegenüber der Güllevariante abschnitt, jedoch in der Futterqualität so gut wie kein Unterschied bestand. Positiv war der merklich höhere Leguminosenanteil im Bestand bei der Gülledüngung.
Will man zu Aussagen über das Mineraldüngungsäquivalent gelangen, also mit wie viel Prozent man den Güllestickstoff in der Bilanz im Vergleich zum Mineraldünger anrechnen kann, so verfährt man in der Regel folgendermaßen: Verglichen wird die Nährstoffausnutzung (in dt/kg Dünger-N) einer Güllevariante mit derjenigen Mineraldüngerstufe, die im Ertrag nahezu gleich ist. Im Versuch ist ein Vergleich nur zwischen Versuchsglied 1 und 7 möglich, da beide Varianten sowohl dreimal gedüngt wurden als sich auch im Ertrag zumindest statistisch nicht voneinander unterschieden. Tabelle 5 zeigt, dass pro Kilogramm Güllestickstoff (Variante 1) 0,71 Dezitonnen Trockenmasse erzeugt wurden, während die Mineraldüngervariante 7 pro Kilogramm Stickstoff 0,89 Dezitonnen pro Hektar erzielte. Demnach betrug das Verhältnis Gülle- zu Mineral-N hier 0,71 zu 0,89. Daraus ergibt sich ein Mineraldüngeräquivalent des Güllestickstoffes von ca. 80 Prozent. Diese Zahl liegt über der in der Grünlandberatung zugrundegelegten durchschnittlichen Stickstoffausnutzung von Gülle von 75 Prozent (LBP, 1997). Tatsächlich kann deren Wirkungsgrad in der Praxis jedoch erheblich schwanken (Rieder, 1985). Die verwertbare Nährstoffmenge aus Gülle hängt auch sehr stark von der botanischen Zusammensetzung des Pflanzenbestandes ab. So können Weidelgrasbestände höhere Güllemengen ausnützen als Glatthaferwiesen (Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau, 1997).
Der Vergleich von Mineraldüngerstufe 7 mit 8 zeigt, dass eine N-Steigerung von 200 kg N/ha zu einem Mehrertrag von 32 dt/ha führte, was einem Ertragszuwachs von etwa 30 Prozent entsprach. Auffallend ist die gute Ausnutzung der zu den späteren Aufwüchsen gegebenen Stickstoffgaben (vergleiche Versuchsglied 9 gegenüber 8). Offensichtlich konnte mit der längeren Aufwuchsdauer im Herbst (6-8 Wochen im Vergleich zu 4 Wochen im Frühjahr) der Stickstoff besser verwertet werden.
Bei kombinierter Düngung erzielte der zusätzlich zur Gülle ausgebrachte mineralische Stickstoff bis zu einer Gesamthöhe von 4 x 40 kg N/ha (Variante 6 im Vergleich zu 2) einen Mehrertrag von 35 dt/ha, was einer durchschnittlichen Steigerung von knapp 9 Dezitonnen pro Einzelgabe entspricht. Ein Blick auf das Düngungsschema (siehe Tabelle 2, Varianten 5 und 6) und Tabelle 5 verdeutlicht allerdings, dass auch hier trotz des hohes N-Aufwandes eine mineralische Gabe zum vierten Schnitt überdurchschnittlich gut in Ertrag umgesetzt wurde.
Weitestgehend unabhängig vom Düngungsniveau lag der N-Entzug pro Kilogramm Trockenmasse auf dem weidelgrasbetonten Bestand bei ca. 2,5 Kilogramm Stickstoff. Daraus kann gefolgert werden, dass unter derartigen Standort- und Nutzungsverhältnissen unter Praxisbedingungen bei einem Ertragsniveau von 90 - 110 Dezitonnen pro Hektar etwa 225 bis 275 Kilogramm Stickstoff entzogen werden. Unter Berücksichtigung des relativ geringen Kleeanteiles, was einer Zufuhr über Leguminosenstickstoff von etwa 20 Kilogramm pro Hektar gleichkommt, ergibt sich daraus ein Netto-Stickstoffbedarf von 205-255 Kilogramm pro Hektar und Jahr.
Grafik 1 und Tabelle 5 veranschaulichen, dass entsprechend dem Gesetz vom abnehmendem Ertragszuwachs mit ansteigendem Düngungsniveau zunehmend weniger Ertragszuwachs erzielt wurde bzw. der spezifische N-Aufwand laufend anstieg. Um etwa 30 Dezitonnen mehr Trockenmasse zu erzeugen, musste im Versuch der spezifische N-Aufwand merklich erhöht, im Falle der mineralischen Düngung sogar mehr als verdoppelt werden. Sowohl die Errechnung des einfachen N-Saldos der einzelnen Düngungsvarianten, wie auch der Bilanzansatz unter Berücksichtung von geschätzten Werbungsverlusten, Rücklieferung durch Leguminosen-N und einer unterstellten durchschnittlichen Gülleverwertung des Stickstoffes von 75 Prozent (Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau, 1997) verdeutlichen, dass im Versuch auch bei den am höchsten gedüngten Parzellen kein Stickstoffüberschuss zu verzeichnen war. Dies bestätigte die eingangs in der Literaturauswahl zitierte hohe Stickstoffverwertung von Weidelgrasweiden in günstigen Ertragslagen.
Wiesen und Weiden, auf denen Deutsches Weidelgras der Hauptbestandsbildner ist, gelten als die leistungsfähigsten natürlichen Pflanzengesellschaften im Dauergrünland, welche auch im Spätsommer noch beachtliche Zuwachsraten aufweisen (Rieder, 1983). Die Ausschöpfung des großen Leistungspotenziales verlangt allerdings eine entsprechend hohe Düngungs- und Nutzungsintensität, soll sich der Anteil dieses äußerst wertvollen Untergrases im Bestand langfristig halten (Schröpel et al., 2000; Diepolder, 2000). Bekannt ist, dass Weidelgras-Standorte als gute Nährstoffverwerter gelten und auch hohe Güllegaben besser in Ertrag umsetzen können als andere Pflanzengesellschaften (Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau, 1997; Klapp und Boberfeld, 1990). Die großen Nährstoffentzüge können dabei rein rechnerisch selbst bei intensiver Gülledüngung ein Versorgungsdefizit an Stickstoff verursachen (Rieder, 1983; Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau, 1997), welches durch mineralische N-Düngung abgedeckt werden muss, soll das Ertragspotenzial langfristig ausgeschöpft werden.
In einem sechsjährigen Stickstoffsteigerungsversuch auf einem weidelgrasreichen Standort im Allgäuer Alpenvorland (Spitalhof Kempten, siehe Tabelle 1) wurde untersucht, welche Ertrags- und Qualitätseffekte bei einer vier- bis fünfschnittigen Weidelgraswiese bei rein organischer bzw. mineralischer und einer kombinierten Düngung mit ansteigend mineralischem N-Einsatz eintreten. Die insgesamt zehn Versuchsvarianten sind in Tabelle 2 aufgeführt.
Wie man dem Düngungsschema entnehmen kann, sind die Versuchsglieder 1 und 2 Varianten mit ausschließlicher Gülledüngung, die sich voneinander nur durch die Düngung zum vierten Aufwuchs bei Versuchsglied 2 unterscheiden. Ausgehend von einer organischen Düngung mit dünner Rindergülle von jeweils etwa 20 Kubikmeter zum ersten bis vierten Schnitt (siehe Variante 2) wurde nun bei den Varianten 3 bis 6 zusätzlich mineralischer Stickstoff in Form von Kalkammonsalpeter ausgebracht. Die Höhe der Einzelgabe blieb dabei mit 40 kg N/ha stets gleich; die Unterschiede im ansteigenden Gesamtstickstoff-Einsatz bei diesen Varianten ergab sich vielmehr dadurch, dass jeweils zu einem weiteren Schnitt Mineraldünger verabreicht wurde.
Die Versuchsglieder 7 bis 10 sind reine Mineraldüngervarianten mit ansteigendem Gesamt-Stickstoffaufwand von 120 bis 320 kg N/ha. Bei Düngungsstufe 7 entfiel analog zur Variante 1 die Düngung zum vierten Aufwuchs, bei den Versuchgliedern 8 bis 10 wurde die N-Menge zu den einzelnen Schnitten stufenweise angehoben. Der Versuch wurde im ersten Versuchsabschnitt (3 Jahre) vierschnittig, im zweiten Versuchsabschnitt (3 Jahre) 5-schnittig durchgeführt.