Der L-Faktor ist ein Verhältnismaß für die Wirkung der erosiven Hanglänge von Ackerflächen im Vergleich zu einem Standardhang. Je länger ein Hang ist oder je konzentrierter Wasser abläuft, desto mehr Regenwasser sammelt sich hangabwärts an und desto mehr Boden kann mitgeschleppt werden (Moore & Birch, 1986). Große L-Faktoren kommen vor allem in den ackerbaulichen Gunstlagen wie dem Ochsenfurter Gäu und dem Tertiärhügelland vor, weil dort die Ackerflächen typischerweise groß sind. Aber auch die Ackerflächen der ostbayerischen Mittelgebirge weisen häufig eine große Feldlänge in Gefällerichtung auf und haben daher hohe L-Faktoren.
Entlang der Flussebenen (beispielsweise an der Donau im Straubinger Gäu) sind die L-Faktoren klein – trotz der dort meist großen Felder. Dies liegt daran, dass der L-Faktor neben der Hanglänge auch von der Hangneigung abhängt. Es gibt also eine Wechselwirkung zwischen Hanglänge und Hangneigung, die im L-Faktor berücksichtigt wird. Wenn die Hangneigung sehr gering ist, wie das im Straubinger Gäu verbreitet der Fall ist, dann fließt der Oberflächenabfluss nicht sehr schnell. Auf langen Hängen wird dadurch die Schichtdicke des Wassers groß und kann daher den Boden sogar vor der Wirkung der Regentropfen schützen. Dieser Effekt wird Wassermulch genannt, weil er ähnlich wirkt wie Strohmulch. Er tritt nicht nur im Straubinger Gäu auf, sondern überall, wo die Hangneigung sehr gering ist und man daher meist große Feldstücke findet (alle Talböden).
Zoombild vorhanden
Landschaftsausschnitt mit dem berechneten L-Faktor für zusammenhängende Acker-Feldblöcke.
Für den Erosionsatlas wurde der L-Faktor innerhalb zusammenhängender Ackerflächen, den „Acker-Feldblöcken“ berechnet. Dazu wurden die Invekos-Feldstücke aus dem Jahr 2022 ausgewertet und direkt aneinandergrenzende Ackerflächen zu Feldblöcken verbunden. InVeKoS-Landschaftselemente wurden zusätzlich als Fließhindernisse berücksichtigt (StMELF, 2022). Als Grundlage für die Fließakkumulationsberechnungen wurde ein Digitales Geländemodell der Bayerischen Vermessungsverwaltung mit einer Auflösung von 5x5m, Stand 2022, (LDBV 2022) verwendet, das vollständig auf Laserscanningdaten mit Befliegungszeitraum zwischen 2010 und 2022 beruht. Unter Verwendung der „Multiple Flow Direction“-Methode nach Desmet & Govers (1996) wurde ein bayernweiter Datensatz der L-Faktoren ackerbaulich genutzter Flächen berechnet, der sich zum Identifizieren von erosiven Hanglagen und von konzentrierten Abflussmulden und deren Austrittsstellen vom Acker in angrenzende Flächen eignet. Um den L-Faktor in ArcGIS Pro berechnen zu können, wurde extra für diesen Zweck ein Python-Tool programmiert, das in ArcGIS Pro eingebunden werden kann und alle Berechnungsschritte vom Digitalen Geländemodell bis zum fertigen L-Faktor-Raster automatisiert berechnet.