Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne
Feldtag auf dem Betrieb Ostermeier: Biodiversität mit der Ackerbohne
Kaum ein Acker hat eine so große Pflanzenvielfalt wie die Demoanlage des Betriebes der Familie Ostermeier. Die knapp 20 interessierten Landwirte und Akteure aus dem landwirtschaftlichen Bereich wurden am 1. Juli von einem summenden Blühstreifen mit blau-violett blühender Phacelia und sich reckenden Sonnenblumen auf dem Feldtag des Demonstrationsnetzwerkes Erbse/Bohne willkommen geheißen. Doch auf dem Acker des Naturlandbetriebs Ostermeier geht es hinter dem Blühstreifen direkt mit der Biodiversität weiter. Die Ackerbohne wurde neben zwei Reinsaatvarianten auch in vier weiteren Varianten im Gemenge mit Hafer und zwei verschiedenen Erbsen-Typen angebaut. Zusätzlich zeigten Striegel- und Lerchenfenster bewusst das Beikrautpotenzial des Ackers auf.
Das Programm drehte sich rund um die Ackerbohne, ihren Anbau, ihre Verwertung und ihre Vorteile für die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren. Dazu präsentierten die Fachreferenten aus der Naturland Fachberatung, Manuel Mühlbauer, von der Bayerische Eiweißinitiative der LfL, Anja Gain, vom Thünen-Institut für Biodiversität, Dr. Georg Everwand vom AELF Ingolstadt Heinz Zacherl, und von der der LKV-Fütterungsberatung GmbH Agnes Pfaller, ihre Themenschwerpunkte und diskutierten rege mit den Teilnehmern und Veranstaltern. Organisiert wurde der Feldtag von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) im Rahmen des DemoNetErBo in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Eiweißinitiative und natürlich dem Betrieb Ostermeier.
Biodiversität
„Als Agrarökologe geht mir auf diesem Schlag das Herz auf“, beginnt Dr. Georg Everwand vom Thünen-Institut seinen Beitrag zur Frage: „Fördert die Ackerbohne die Biodiversität?“. Nicht von ungefähr stellt er diese Frage, denn dies ist sein Spezialgebiet, das er mit seinem Team im Forschungsprojekt „RELEVANT“ seit mehreren Jahren untersucht. Dabei geht es genauer gesagt um die Auswirkung, die die Ackerbohne in der Fruchtfolge auf Bestäuber (z.B. Hummeln) und Raubarthropoden (z.B. Spinnen) hat. Es werden dabei viele Insekten gezählt und bestimmt, um dann rauszufinden was bringt die Ackerbohne der Natur und was bringt die Vielfalt dem Landwirt. „Die Agrarbiodiversität ist momentan durch den Landnutzungswandel bedroht. Da sich ihr Verlust auch negativ auf die landwirtschaftliche Produktion auswirkt, gilt es diesen Prozess aufzuhalten“, so Everwand.
Als Stellschrauben für mehr Vielfalt stellte er drei Faktoren fest:
- N-Auswaschung reduzieren
- Bewirtschaftung der Flächen umstellen
- Landschaft strukturieren
Wie lässt sich mehr Biodiversität erreichen?
Fest steht, dass das Biodiversitätsoptimum in der Regel mit dem Ertragsoptimum kollidiert, stellt Everwand ungeschönt fest. Trotzdem darf dies kein Argument gegen mehr Biodiversität sein. Was also tun? Tiefwurzelnde Pflanzen anzubauen wäre eine Möglichkeit, denn die reduzieren die N-Auswaschung und tragen somit indirekt zu mehr Artenvielfalt bei, so Everwand. Stickstoffeintrag in Magerrasenflächen oder Gewässer stören dort die empfindlichen Ökosysteme. Darüber hinaus profitieren Bodenlebewesen, wie Regenwürmer, von einem gut durchlockerten Boden, bei dem auf den Pflugeinsatz verzichtet werden kann. Die N-Auswaschung ist eine der Hauptverursacher für den Artenverlust.
Ackerbohnen in die Fruchtfolge
Nun zurück zur Ausgangsfrage: Fördert die Ackerbohne nun die Biodiversität? Fruchtfolgen mit Ackerbohnen sind mehrgliedrig und abwechslungsreich. Mehrgliedrige Fruchtfolgen stellen eine höhere Vielfalt an Lebensräumen zur Verfügung, was ein vielfältigeres und kontinuierliches Angebot an Nahrung, Eiablageorten, Nistplätzen und Schutzraum für Insekten bietet. Für nektarfressende Insekten, wie Wildbienen oder Schlupfwespen, bieten Ackerbohnen Nahrung an, auch dann, wenn andere Kulturen schon verblüht sind. Ein anwesender Imker berichtete von seinen Erfahrungen mit der Ackerbohne. Auch wenn Ackerbohnen sowohl Pollen, als auch Nektar, aufweisen und es in den blühenden Beständen summt und brummt, bringen sie ihm kaum Honig ein. Warum das so ist, darüber konnte nur spekuliert werden.
Lerchenfenster
Eine weitere Möglichkeit ist es Flächen aus der Produktion zu nehmen (="land sparing"), wie etwa durch das Anlegen eines Lerchenfensters. Robert Ostermeier legte ein solches an, was am Feldtag besichtigt wurde. Klar muss allerdings sein, dass die Lerchenfenster zwar zum Erhalt der Feldlerche, aber nicht überdurchschnittlich zur Biodiversität der Beikrautpflanzen beitragen, so Everwand. Er wieß darauf hin, dass sich auf der blanken Erde in erster Linie die drei bis vier „üblichen Verdächtigen“ Beikräuter, wie Melde, Amaranth, Ackerwinde, Knöterich, ansiedelten.
Spritzen gegen Blattläuse überdenken
Marienkäferlarven fressen Blattläuse. Dieses Jahr finden sich in den Beständen auf Grund des hohen Blattlausaufkommens zahlreiche Larven. Wer jetzt gegen Blattläuse spritzt, dem muss klar sein, dass damit auch Nützlinge, wie Marienkäfer(-larven) vernichtet werden. Nützlinge, die eigentlich auf ökologische Weise den Befall bis zu einem gewissen Maß reguliert hätten. Everwand empfiehlt bei Blattlausbefall weiter in den Bestand reinzugehen, denn die Läuse fliegen von außen in den Bestand und lassen sich erst dort nieder. Kann also sein, dass es von außen schlimmer aussieht, als es tatsächlich ist.
Lob gab es zum Abschluss seines Vortrags, denn wer wie er aus Norddeutschland komme, der findet in Bayern eine deutlich vielfältigere Landschaft vor.
Blühstreifen mit Ackerbohnen
Biodiversität und die viel diskutierte Verantwortung
Angesicht der aktuellen politischen Lage blieb dieser Beitrag nicht ohne Diskussion. Heinz Zacherl, AELF Ingolstadt, sieht neben den Landwirten auch die Politik und die Verbraucher in der Verantwortung für mehr Biodiversität. Es könnte nicht sein, dass ein sehr geringer Prozentsatz für die Artenvielfalt verantwortlich sei. Lob gab es zwar für staatliche Programme, wie etwa das KULAP, allerdings zweifelte er die Nachhaltigkeit an. Wie sich die Anbauflächen nach 2019 entwickeln, wenn die Förderung für die sogenannte „Vielfältige Fruchtfolge“ auslaufe, bleibe abzuwarten. Ein anderes Beispiel stellt die Forderung nach Gewässerschutzstreifen dar. Dies sei sinnvoll, aber erstens sei die Entschädigung bei den hohen Pachtpreisen nicht ausreichend, zweitens trägt keine Bewirtschaftung nicht zwangsläufig zu einer hohen Artenvielfalt bei. Manuel Mühlbauer von der Naturland Fachberatung riet zum Dialog zwischen Landwirten und den Verbrauchern: „Man muss miteinander sprechen, sich Argumente wie den oft zitierten Mähroboter an den Kopf zu werfen, führt hier fachlich einfach nicht weiter.“ Projektberaterin Tabea Pfeiffer betonte ihr Freude über die Teilnahem der Landwirte den „wenn Sie heute hierhergekommen sind, zu einem Feldtag zum Thema Ackerbohne und Biodiversität dann liegt Ihnen als Landwirte dieses Thema auch am Herzen!“
Demoparzellen
Neben all der angeregten Diskussion standen auch die fachlichen Aspekte im Fokus. Zusammen mit Tabea Pfeiffer hatte Robert Ostermeier sechs verschieden Varianten angelegt. Neben seiner Standard-Ackerbohnensorte „Fanfare“ kamen als Gemengepartner die Sorten „Arvika“ (Erbse), „Tip“ (Erbse) und Max (Hafer) zum Einsatz. Auf Grund der schlechten Saatgutqualität verwendete Robert Ostermeier bei der Ackerbohne Nachbausaatgut. Als Vorfrucht stand eine Triticale, vor der Aussaat wurde der Boden zweimal mit einer Egge und einmal mit einem Pflug bearbeitet.
Folgende Varianten konnten besichtigt werden:
- V1: Ackerbohne, betriebsüblich angebaut
- V2: Ackerbohne, Weite Reihe
- V3: Gemenge Ackerbohne/Erbse („Arvika“), 50%/50%
- V4: Gemenge Ackerbohne/Erbse („Arvika“), 80%/20%
- V5: Gemenge Ackerbohne/Erbse („Tip“), 50%/50%, Drillsaat
- V6: Gemenge Ackerbohne/Hafer
Die Prozentzahlen beziehen sich jeweils auf die Reinsaatstärke der Körner pro Quadratmeter. Alle Varianten wurden am 10. April auf 8-9 cm Tiefe, Reihenabstand 12,5 cm, gesät. Bei Variante 2 (= Weite Reihe) vergrößerte sich der Abstand auf 50 cm, um mit dem Hackgerät fahren zu können. Die Beikrautregulierung erfolgte in allen Varianten mit einem viermaligen Striegeleinsatz, Variante 2 wurde zusätzlich dazu einmal gehackt.
Unterschiede in den Varianten
Manuel Mühlbauer, Robert Ostermeier und Tabea Pfeiffer führten durch die Demoparzellen und besprachen die Voraussetzungen für den Erfolgreiche Anbau. Gut zu erkennen war, dass in den Gemengevarianten im Vergleich zu den Reinsaaten weniger Beikraut, wie Melde oder Disteln, zu sehen war. Dies liegt unter anderem daran, dass die Gemengepartner den Bestand früher zumachen und somit dem Beikraut das Licht zum Wachsen nehmen. Auch entzieht der Hafer als Gemengepartner dem Boden Stickstoff, der dem Beikraut zum Wachsen fehlt, erklärte Tabea Pfeiffer. „Wer Ackerbohnen in Reinsaat anbaut, der sollte die Weite Reihe wählen, da so Spätverunkrautung besser reguliert werden kann,“ gab Robert Ostermeier zu bedenken. Deutliche optische Unterschiede gab es bei den beiden Varianten V3 und V4. Beim Saatverhältnis 50%/50% tritt die Erbse dominant in den Vordergrund und überwächst die Ackerbohne. Die Erbsensorte „Arvika“ ist eine hochwüchsige Sorte, was den Effekt noch verstärkte. Auch drohte der dichte Erbsenbestand ins Lager zu gehen, wodurch die Ernte erschwert wird. In der Nachbarparzelle wurde die Saatstärke der Erbse zugunsten der Ackerbohne auf 20 % zurückgefahren. „Hier sieht man schön ein optimales Verhältnis“, so Tabea Pfeiffer. Die Erbse nimmt die Bohne als Stützfrucht, überwächst diese jedoch nicht und lässt ihr genug Raum zum Wachsen. Wie sich die beiden Varianten im Ertrag unterschieden wird sich nach der Ernte herausstellen. Die Variante 5 war zwar im letzten Jahr mit 63 dt/ha die ertragsstärkste, der Bestand wirkte nach Robert Ostermeier „dieses Jahr etwas dünn“. Ob er wieder eine Rekordernte einfährt, bleibt abzuwarten. Die letzte Variante gab ein homogenes Wachstumsbild mit einem dichten Bestand ohne sichtbare Verunkrautung. „Wer Ackerbohnen/Hafer-Gemenge nicht für die interne Verwertung anbaut, sollte im Vorfeld die Vermarktung klären“, so Manuel Mühlbauer. Allerdings ließen sich diese Gemengevarianten besser voneinander trenne, als zum Beispiel Ackerbohnen-Erbsen, wodurch die Vermarktbarkeit noch leichter gewährleistet ist.
Ackerbohne: heimischer Eiweiß- und Stärkelieferant (LfL-Information)
V3: Die Erbse geht ins Lager
V4: Optimales Gemengeverhältnis
V6: Gemenge Ackerbohne mit Hafer
Nährstoffversorgung und Fußkrankheiten
Zum Thema Nährstoffversorgung gab Manuel Mühlbauer gab den Tipp Kompost vor dem Anbau der Ackerbohne zu verteilen. Kompost bindet den freien Stickstoff im Boden, wodurch die Knöllchenbildung positiv beeinflusst wird. Da die Ackerbohne früh im Jahr gesät wird, kann das Ausbringen auch im Jahr davor erfolgen, da vor der Aussaat der Boden nicht befahrbar sein könnte. Einen Hinweis gab er noch zum Schluss: Wer Probleme mit Fußkrankheiten hat, sollte statt der „Fanfare“ die Sorte „Julia“ anbauen.
Ackerbohnen in der Milchviehfütterung
Agnes Pfaller stellte kurz die Inhaltsstoffe und Einsatzgrenzen von Ackerbohnen vor. Trotz des geringeren Rohproteingehaltes im Vergleich zu Sojaextraktionsschrot (SES), weisen sie, durch den hohen Gehalt an Stärke, identische Energiegehalte auf. Um den nötigen Eiweißgehalt in der Ration zu erzielen und gleichzeitig den Stärkegehalt der Gesamtration zu begrenzen, sollten daher Ackerbohnen nie als alleinige Eiweißkomponente stehen, sondern immer zusammen mit einem zweiten Eiweißfutter eingesetzt werden. Werden Körnerleguminosen in der Fütterung eingesetzt, muss beachtet werden, dass die Inhaltsstoffe in der Regel stark vom Tabellenwerte abweichen und große Schwankungsbreiten zwischen den einzelnen Erntejahren auftreten können. Somit ist eine ausgeglichen Rationsberechnung nur dann möglich, wenn nach jeder Ernte eine Futteruntersuchung gemacht wird, mahnt Agnes Pfaller. Mehr als 3 kg Ackerbohnen/Kuh und Tag sollten nicht in der Ration eingesetzt werden, stellte sie fest. In der Ostermeier-Ration sind es aktuell 1,8 kg/Kuh und Tag. Um eine über das Jahr gleichbleibende Ration anzubieten, rät sie außerdem, die Erntemenge durch 365 Tage zu teilen.
Heimische Eiweißfuttermittel in der Milchviehfütterung (LfL-Information)
Fazit
Das Resümee des Tages zog Tabea Pfeiffer: „Die Ackerbohne hat vielfältige Vorteile die sich nicht allein Anhand des Deckungsbeitrags ablesen lassen. Ihre Leistung für das Ökosystem, die Ernährung der Milchkühe und der enorme Vorfruchtwert müssen bei der Bewertung der Kultur mitbetrachtet werden!“
Mehr zum Thema
Ziel des Demonstrationsnetzwerks Erbse/Bohne ist es, den Anbau und die Verarbeitung von Erbsen und Ackerbohnen in Deutschland zu unterstützen und auszuweiten. Zentrales Element der Arbeitsweise des DemoNetErBo ist die enge Zusammenarbeit mit Demonstrationsbetrieben, die die Grundlage zur Sammlung, Aufbereitung und dem Transfer von Wissen bilden.
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