LfL-Schriftenreihe 3/2017
Einfluss verpilzter Einsatzstoffe auf den Biogasprozess und die hygienische Beschaffenheit von Gärresten

Titelblatt der Publikation

Verschimmelte Silagen können den Biogasprozess beeinträchtigen. Diese LfL-Schriftenreihe berichtet über den Einfluss von in der Praxis wichtigen Mykotoxinen und von definiert verschimmelter Maissilage auf die Biogasproduktion und die prozessrelevanten Mikroorganismen. (141 Seiten)

Erscheinungsdatum: März 2017

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Zusammenfassung

Verschimmelung von Silagen bewirkt nicht nur einen Masseverlust; Berichten aus Praxis und Wissenschaft zufolge können mit Schimmelpilzen befallene Silagen auch Störungen des Biogasprozesses verursachen. Die Kenntnislage ist allerdings ungenügend und die Berichte sind teilweise widersprüchlich. Im vorliegenden Vorhaben wurde daher untersucht, (i) ob bekannte Mykotoxine und Mykotoxin bildende Pilzkulturen eine Wirkung auf den Biogasprozess in Batchuntersuchungen zeigen und (ii) ob der Einsatz von künstlich mit den häufig vorkommenden Schimmelpilzen Monascus ruber, Penicillium roquefortii und Aspergillus fumigatus infizierten Maissilagen die Biogasproduktion im praxisnahen semikontinuierlichen Durchflussbetrieb beeinträchtigt. Zur Verifizierung von beobachteten Effekten wurden das Verhalten der Toxine in den Prozessen und Auswirkungen auf wichtige Mikroorganismengruppen untersucht.
ATS-Tests im Mini Batch
Die Wirkung von definierten Mykotoxinen auf den Biogasprozess wurde in Aktivitäts-, Toxizitäts- und Supplementierungstests (ATS-Tests) in Mini Batch Systemen überprüft. Hierzu wurden häufig in Silagen vorkommende Mykotoxine ausgewählt und als gelöste Reinsubstanz zu verschiedenen Gärgemischen zugegeben. Die Abweichung der Wiederholungen der einzelnen Varianten war insgesamt gering und lag mit einer Ausnahme (11% Standardabweichung) bei 5%, was für die hohe Präzision der Experimente spricht. Von den Reinsubstanzen hatte nur die Mykophenolsäure in der Konzentration von 50 mg/l wiederholbar einen inhibierenden Effekt auf die Biogasproduktion mit der Standardbiozönose SB2 als Inokulum. Weiterhin zeigte sich, dass der Zustand des Inokulums zu Versuchsbeginn die Gasbildung beeinflussen kann, Effekte zugesetzter Substanzen wie z. B. Mykotoxine können daher unterschiedlich ausfallen. Die Methangehalte unterschieden sich in den einzelnen Varianten nicht von den entsprechenden Kontrollen.
Die Ergebnisse der molekularbiologischen Analysen dokumentierten plausibel die Aktivitätsveränderung während der Vergärungen, ein Einfluss der Mykophenolsäure auf die wichtigen Mikroorganismengruppen war aber nicht darstellbar. In den Versuchen mit auf Reis angezüchteten Schimmelkulturen (Stämme von Monascus ruber, Penicillium roquefortii und Aspergillus fumigatus) sowie mit deren Kulturextrakten ergab sich weder ein Effekt auf die Biogasproduktion noch auf den Methangehalt.
Jeweils zu Versuchsende wurden die Gärreste mykotoxikologisch analysiert. Aus diesen Ergebnissen wurden „Abbauraten“ kalkuliert (prozentualer Anteil der gemessenen Konzentration im Verhältnis zur zugegebenen Toxinmenge, korrigiert um die analytische Wiederfindungsrate), wobei jedoch nicht zwischen einem enzymatischen/mikrobiellen Abbau und einer physikalischen Adsorption unterschieden werden konnte. Die „Abbaurate“ lag in den Versuchen mit Mykophenolsäure zwischen 93% und 97,4%. Für Fumonisin B1 lag die „Abbaurate“ bei 57,7% und für Roquefortin C bei 74%. Citrinin, Ochratoxin A und Gliotoxin konnten nur noch in geringen Konzentrationen im Gärrest wiedergefunden werden. Monacolin verblieb weitgehend stabil als Säureform im Gärrest, während die Laktonform nahezu vollständig in die Säureform umgewandelt wurde. Aflatoxin B1 wurde, abhängig von der verwendeten Biozönose, um 49,3% (SB2) bzw. um 4,7% (gestresste Biozönose) „abgebaut“.
Durchflussbetrieb
Im ersten semikontinuierlichen Durchflussversuch wurden künstlich mit Monascus ruber und mit Penicillium roquefortii verpilzte Maissilagen hinsichtlich Effekten auf die Biogasproduktion in belasteten Prozessen getestet. Bei der Variante mit M. ruber kam es bereits nach einer absolut zugeführten organischen Trockensubstanz von 2.500 g zu einem Einbruch der Methanproduktivität. Bei der Variante mit P. roquefortii zeigten sich etwa 2 Wochen später bei einer absolut zugeführten Trockensubstanz von 3.800 g Symptome einer Prozessstörung, während die Methanproduktivität in der Kontrolle noch etwas länger auf hohem Niveau blieb. Die Versuche wurden nach Erreichen des Abbruchkriteriums infolge einer Prozessversäurung wegen des in allen Varianten unterlagerten Kobaltmangels nach den Versuchstagen 155 und 176 beendet. Die molekularbiologischen Analysen indizierten die Prozessversäuerung deutlich früher als die konventionelle Analytik. Dies unterstreicht ihre Eignung zur Prozessdiagnose und als Frühwarnsystem vor Prozessstörungen. Die molekularbiologischen Ergebnisse gaben keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Verschimmelung mit M. ruber oder P. roquefortii die Gesellschaftszusammensetzung der methanogenen Archaeen und der Bacteria oder auch deren Aktivität beeinflusst hätten.
Den mykotoxikologischen Analysen zufolge reicherten sich Monacolin KS und Roquefortin C in den Prozessen, die mit durch M. ruber bzw. P. roquefortii verschimmelter Silage betrieben wurden, über den Versuchszeitlauf an. Obwohl die Substanzen nicht oder kaum abgebaut wurden und sich in den Fermentern anreicherten, schienen sie den Prozess zumindest bei den gegebenen Konzentrationen nicht gravierend zu beeinträchtigen. Eine eindeutige Dosis-Wirkungsbeziehung zur finalen Prozessstörung konnte nicht festgestellt werden, hier wären weiterführende Untersuchungen nötig. Zumindest Roquefortin C scheint keine Hemmung verursacht zu haben, da weder in den Mini-Batchversuchen (siehe oben) noch im zweiten Durchflussversuch (auch hier kam es zu einer Anreicherung von Roquefortin C im Gärgemisch, siehe unten) eine Prozessbeeinträchtigung durch dieses Mykotoxin nachgewiesen werden konnte.
Im zweiten Durchflussversuch wurden zwei mit verschiedenen A. fumigatus Stämmen verschimmelte Silagen getestet. Im Versuchsverlauf zeigten sich keine gravierenden Effekte durch die Zugabe, in den A. fumigatus Varianten wurde im Vergleich zur Kontrolle lediglich a priori eine etwas geringere Methanproduktivität gemessen. Der Metabolische Quotient (MQ) zeigte in allen Varianten bereits zu Versuchsbeginn und im weiteren Versuchsverlauf noch intensiviert eine Stresssituation für die methanogenen Archaeen an und prognostizierte zu Versuchsende einen Prozesszusammenbruch. Die prozesschemischen Analysen bestätigten in allen Gärgemischen einen im Versuchsverlauf zunehmend gestörten Betrieb, der wahrscheinlich durch Mangel an Kobalt verursacht war. Trotz der unterlagerten Prozessinsuffizienz konnte kein Unterschied zwischen den Varianten mit A. fumigatus-Verschimmelung und der Kontrolle festgestellt werden. In Verbindung mit den Ergebnissen der Batch-Untersuchungen mit Einsatz der typischen A. fumigatus Toxine als Reinsubstanz liegt daher kein Hinweis vor, dass mit A. fumigatus verschimmelte Silage den Biogasprozess beeinträchtigt.
Durch die mykotoxikologischen Analysen konnten im Gärrest typische Aspergillus-Toxine wie Gliotoxin, Fumiquinazolin C/D, Fumagillin, Fumitremogen B und Fumigaclavin C nachgewiesen werden. Der Gehalt an Roquefortin C, entstanden wahrscheinlich durch eine Co-Inokulation bei der Beimpfung der Silage, stieg auch im zweiten Durchflussversuch im Versuchszeitraum an. Im Vergleich zum ersten Durchflussversuch lag hier aber kein Hinweis auf eine Beschleunigung der Prozessstörung durch die Verschimmelung vor, was (wie bereits oben erwähnt) einen schädlichen Einfluss von Roquefortin C auf den Biogasprozess bei den gegebenen Konzentrationen ausschließt.
Die geprüften Toxine oder verschimmelten Silagen lösten keine oder zumindest keine massive Prozessstörung aus. Das bedeutet aber nicht, dass der Einsatz verschimmelter Silagen in Biogasanlagen unbedenklich ist, auch wenn eine energetische Verwertung sinnvoll erscheint. Bevor entsprechende Empfehlungen an Anlagenbetreiber ausgegeben werden können, sollte zum einen geprüft werden, ob andere Sekundärmetaboliten von Schimmelpilzen gravierende Störungen auslösen können, und zum anderen, ob durch die Anreicherung von Toxinen wie z. B.wie Monacolin KS und Roquefortin C ein hygienisch-toxikologisches Risiko bei der Gärrestausbringung entsteht.

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