Forschungs- und Innovationsprojekt
Ermittlung der Ernährungs- und Verarbeitungsqualität von Speisemais

Gegrillte Speisemaiskolben, zum Verzehr angerichtet.

Foto: PantherMedia/serezniy

Der Markt für in Deutschland erzeugten, ökologischen Speisemais weist ungenutztes Wachstumspotential auf. In Deutschland werden pro Jahr rund 300.000 Tonnen Körnermais (konventionell und ökologisch, DBV 2019) in der Trockenmüllerei zu Produkten wie Frühstücksflocken, Gebäck, Snack- und diätetischen Produkten verarbeitet. Ein Großteil wird importiert. An den Rohstoff Speisemais (und dementsprechend an die Sorten) stellen Verarbeiter derzeit kaum Anforderungen in Bezug auf die Ernährungs- und Verarbeitungsqualität. Dementsprechend werden auch Chancen bei der Vermarktung durch das Bewerben besonderer Qualitäten oder gesundheitlicher Vorzüge von Maisprodukten nicht genutzt.

Zielsetzung

Kenntnislücken zur Verarbeitungs- und Ernährungsqualität von Speisemais aus lokaler, ökologischer Erzeugung sollen geschlossen werden. Es soll damit die Voraussetzung für die Verbesserung der Verfügbarkeit und der Qualität von lokal erzeugtem, ökologischem Speisemais und den zugehörigen Sortentypen (Landsorten, Populationen, Hybridsorten) geschaffen werden. Dazu sollen folgende Maßnahmen in drei Arbeitspaketen (AP) umgesetzt werden:

Methoden

  • AP1: Ausarbeiten eines Anforderungsprofils für lokal in Deutschland unter ökologischen Anbaubedingungen erzeugten Speisemais in Zusammenarbeit mit der Wertschöpfungskette (Züchtung, Anbau, Verarbeitung und Vermarktung)
  • AP2: Qualitätsanalysen und Screening einer breiten Auswahl von Sorten und Sortentypen (Populationen, Land- und Hybridsorten) in Bezug auf die Kriterien des Anforderungsprofils
  • AP3: Darstellung und Verwertung der in AP1 und AP2 erarbeiteten Ergebnisse und Empfehlungen, Wissenstransfer mittels Publikationen, Beiträgen zu Tagungen und Feldtagen sowie Workshops für die Zielgruppen Verarbeitung und Handel, ökologische und konventionelle Landwirtschaft sowie ökologische Züchtung, Wissenschaft und Forschung, mit dem Ziel, den Anbau von Speisemais in Deutschland zu fördern

Vorläufige Ergebnisse

Um die Beurteilung der Speisemaiseignung von Sorten zu ermöglichen, wurde ein umfangreiches Set von verschiedenen Genotypen (ca. 100) ausgewählt und 2022 in Ruhstorf auf verschiedene Merkmale gescreent. 40 Sorten wurden ausgewählt und 2023 an fünf verschiedenen Standorten angebaut und auf agronomische Leistungsfähigkeit und verschiedene Qualitätseigenschaften untersucht (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Untersuchungsparameter zur Prüfung der Speisemaiseignung
Agronomische ParameterVerarbeitungsqualitätMakro-, Mikronährstoffe
Aufgang, Jugendentwicklung, BlüteGrießausbeute, Tausendkorngewicht (TKG)Aminosäuren-Zusammensetzung
Phytinsäure/Fettsäuren (C2-C6 + Isosäuren) 2 Orte
PflanzenlängeKeimfähigkeitNatrium, Kalium, Magnesium, Calcium,
Phosphor, Schwefel, Eisen Asche
LagerKornbonitur, Glasigkeit, Farbe, Fusarienbesatz
Beulenbrand, Zünsler, Fusarium
Rissbildung, Bruchkornanteil, SchwarzbesatzCarotinoid-Profil: Lutein, Zeaxanthin, α- und β-Carotin,
β-Cryptoxanthin; Vitamin E: α- und γ-Tocopherole
Kornertrag, TS-GehaltToxine: DON (Vomitoxin) Zearalenon,
Fumonisin B1 + B2
Anthocyane, Schwermetallpaket:
Pb, Cd, Cr, Cu, Ni, Hg, Zn
Zwei wichtige agronomische Merkmale im ökologischen Maisanbau sind die Jugendentwicklung und der Kornertrag, zwei wichtige Merkmale hinsichtlich der Verarbeitungs- und Ernährungsqualität sind Rissbildung und Proteingehalt.
Jugendentwicklung in cm, 6 Wochen nach der SaatZoombild vorhanden

Abb.1: Pflanzhöhe

Die Pflanzenhöhe während der Jugendentwicklung lag zwischen 53 und 79 cm bei Hybridsorten und Populationen. Deutlich niedriger war sie bei den Landsorten mit 37 bis 64 cm (Abbildung 1). Im ökologischen Landbau ist es aufgrund des Verbots des Einsatzes von Herbiziden sehr wichtig, dass die Sorten nach der Saat dem Unkraut schnell davon wachsen. Vor allem dann, wenn feuchte Witterung den Einsatz der Hacke nicht erlaubt.
Kornertrag TM dt/ha der SortenZoombild vorhanden

Abb.2: Kornertrag TM dt/ha

Der Kornertrag bei ökologischem Anbau lag 2023 über alle Orte zwischen ca. 44 und 115 dt/ha. Die Landsorten erzielten die niedrigsten Erträge (Abbildung 2). Sie lassen aber vor allem hinsichtlich Geschmack und ernährungs-physiologischer Eigenschaften eine große Diversität erwarten.
Rissbildung der Sorten in %Zoombild vorhanden

Abb.3: Rissbildung der Sorten in %

Rissbildung und Bruchkornanateil sind unerwünscht in der Verarbeitung, da zum einen Krankheitserreger ins Korn eindringen können und zum anderen die Ausbeuten bei der Grits-, Gries- oder Flakes-Herstellung sinken. Bei der Rissbildung zeigen die Sortentypen keine Unterschiede (Abbildung 3).
Bruchkornanteil der Sorten in %Zoombild vorhanden

Abb. 4: Bruchkornanteil der Sorten in %

Wohingegen im Merkmal Bruchkornanteil die Populationen und Landsorten etwas besser abschneiden (Abbildung 4).
Mehrere Personen diskutieren in einem Maisfeld.Zoombild vorhanden

Foto: Sadeghi

Parallel dazu erfolgte ein intensiver Austausch mit Mais verarbeitenden Betrieben in Deutschland und dem nahen Ausland, um herauszufinden, welche Eigenschaften für die Nutzung als Speisemais besondere Bedeutung haben. In einem Workshop Ende September 2022 an der LfL in Ruhstorf wurde mit den Verarbeitern eine SWOT-Analyse (Stärken/Schwäche, Chancen/Hemmnisse) durchgeführt. Eine wesentliche Erkenntnis dabei war, dass Mais nicht als wertvolles Nahrungsmittel wahrgenommen wird, wegen seines schlechten Images aus der Tierernährung und Biogasnutzung. Mais wird verknüpft mit GVO, Massentierhaltung und Monokultur. 2023 wurden verschiedene Mais verarbeitende Betriebe besucht. Die Grießausbeute und die Verarbeitung mit und ohne Keimling haben sich als wichtige Themen herauskristallisiert. Farbe im Mais ist bislang nicht gewünscht, entweder strahlend gelb oder weiß soll er sein.
Speisemais TrentinoZoombild vorhanden

Mais in Storo, Foto Eder

Ein Vorzeigebeispiel für regionale Verarbeitung von Speisemais ist die Genossenschaft Agri 90 in Storo im Trentino.

Genosssenschaft Agri 90 in Storo im Trentino Externer Link

Sensorische Prüfung

Sensorische Landkarte und Clusteranalyse von 40 Maissorten Zoombild vorhanden

Abb. 4: Sensorische Land­karte und Cluster­analyse von 40 Maissorten

Abgesehen von Snacks wird Mais in Deutschland kaum gegessen. Aus Umfragen geht hervor, dass er oftmals als langweilig im Geschmack wahrgenommen wird. Für eine verstärkte Aufnahme in den eigenen Speiseplan und die Akzeptanz in der Bevölkerung spielt der Geschmack also eine wichtige Rolle. Allerdings ist bislang bei der Sortenentwicklung und Sortenauswahl Geschmack kein Kriterium. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut Freising wurde geprüft, ob mittels einer orthonasalen Prüfung eine Gruppierung der Sorten möglich ist. Abb.4 zeigt das Ergebnis.
Es konnten fünf Gruppen (farblich unterschiedlich gekennzeichnete Cluster 1 bis 5) gebildet werden. Die farblich unterschiedlichen Gruppen unterschieden sich signifikant voneinander. Innerhalb der Gruppen ließen sich die Sorten nicht unterscheiden. Interessant ist, dass die drei verschiedenen untersuchten Sortentypen (Land-, Hybridsorten, Populationen) nicht gruppenweise zuordenbar waren. Landsorten, denen ein besserer Geschmack zugesprochen wird, fanden sich zumindest in der orthonasalen Prüfung in derselben Gruppe wie Hybridsorten oder Populationen.
PolentatestZoombild vorhanden

Abb.5: Geschmacksattribute Polentatest mit und ohne Keimling

Im nächsten Schritt wurden aus jeder Gruppe Sorten ausgewählt, zu Polenta verarbeitet und von Profi-Testerinnen und Testern des Fraunhofer-Instituts Freising verkostet. Das Ergebnis in Abbildung 5 zeigt, ein Spinnennetz von Geschmacksattributen, das jede Sorte kennzeichnet. Dabei zeigte jede Sorte ein sehr individuelles Ergebnis unabhängig vom Sortentyp. Der Keimling als Träger wichtiger Inhaltsstoffe beeinflusst den Geschmack deutlich. In der Regel wird dieser aber bei der Verarbeitung entfernt, um das Produkt länger haltbar zu machen.

Nächste Schritte

  • Aktuell liegen alle Analysenergebnisse vor und werden ausgewertet. Fokus dabei ist, was hat Mais, was anderen Getreidearten nicht haben. Kann dadurch die Ernährungsqualität sein Image gesteigert werden? Gibt es Unterschiede zwischen den Sortentypen, und wie soll die Sorte aussehen, um ein guter Speisemais zu sein.
  • Außerdem wurde mit der Entwicklung einer Ganzkorn-NIRS Kalibration für das Merkmal Grießausbeute begonnen, um eine einfache und kostengünstige Methode zu haben, das Merkmal zu bestimmen. Bspw. könnten dann die Landessortenversuche zu Körnermais um das Merkmal Grießausbeute erweitert werden.

Kooperationspartner

  • Antersdorfer Mühle GmbH
  • Heimatkost GmbH
  • Spielberger GmbH
  • Off Mühle KG
  • PrimaVera Naturkorn GmbH
  • La Tortilla GmbH
  • Bauck GmbH
  • Lerchenmühle GmbH
  • Experten aus Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften
Logo: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft-Bundesprogramm Ökologischer Landbau

Projektinformationen
Projektleitung: Dr. Barbara Eder
Projektbearbeitung: Dr. Aitak Sadeghi
Projektpartner: Forschung & Züchtung Dottenfelderhof
Laufzeit: 01.04.2022 bis 31.12.2025
Finanzierung: Bundesprogramm ökologischer Landbau
Förderkennzeichen: FKZ2819OE029