Forschungs- und Innovationsprojekt
Gewinnung und Eignungsprüfung der Fasern aus der Hopfenpflanze zur Vliesstoffherstellung

Trockene Hopfenrebenstücke für Faserrohstoff.Zoombild vorhanden

Hopfenrebenstücke

Abgeerntete Hopfenreben werden gegenwärtig, mit Ausnahme von Teilmengen zur Energiegewinnung in einer Biogasanlage, keiner gezielten stofflichen Nutzung zugeführt. In diesem Projekt sollte die Gewinnung und Eignung der Fasern aus der Hopfenpflanze zur Vliesstoffherstellung erarbeitet bzw. geprüft werden.

Zielsetzung

Aufbauend auf Vorversuchen sollte der Nachweis erbracht werden, dass eine mechanische Fasergewinnung aus abgeernteten und trockenen Hopfenreben in bestehender Anlagentechnik wirtschaftlich möglich ist. Die so gewonnenen Hopfenfasern wurden in der Dämmstoffproduktion für die Vlieslegung in Kombination und Austausch mit Jute- und Hanffasern weiterverarbeitet. Die Praxistauglichkeit der so hergestellten Dämmstoffmatten sollte durch Qualitätsprüfungen und Labortests bestätigt werden.

Hintergrund

Abgeerntete Hopfenreben werden gegenwärtig, mit Ausnahme von Teilmengen für die Bioerdgas-Anlage Hallertau bei Wolnzach, keiner gezielten stofflichen Nutzung zugeführt. Vielmehr bestehen zunehmend Probleme, die jährlich in großen Mengen anfallenden Ernterückstände aus der Hopfenproduktion aufgrund phytosanitärer Bedenken und rechtlicher Hindernisse (Wassergesetze, AnlagenVO, DüngeVO, StoffstrombilanzVO) ordnungsgemäß zwischenzulagern und in den natürlichen Nährstoffkreislauf zurückzuführen.
Andererseits gibt es seit Jahren einen nicht ausreichenden Fortschritt bei der erforderlichen Wärmedämmung des Gebäudebestandes, teils drastisch steigende Kosten für etablierte Baustoffe sowie zunehmendes Bewusstsein für nachhaltige Bauweisen. Zwar sind hier bereits eine Reihe von land- und forstwirtschaftlichen Ressourcen im Einsatz, jedoch bedingen die gegenwärtigen Rahmenbedingungen für den Waldumbau bzw. die landwirtschaftliche Produktion einen Paradigmenwechsel bei der Suche nach wettbewerbsfähigen und nicht in Konkurrenz zu den genannten Zielen stehenden Rohstoffen.
Somit sollte durch das Vorhaben der Nachweis erbracht werden, dass sich die Hopfenreben über die aus der Bastfaserpflanzennutzung bekannten Verarbeitungsschritte zu einem für die Dämmstoffherstellung geeigneten Faserrohstoff verarbeiten lassen. Die Qualität der so hergestellten Dämmstoffmatten wurde in Labortests hinsichtlich der geforderten Produkteigenschaften und Qualitätsanforderungen des Marktes geprüft.
Zur Abrundung des Vorhabens erfolgte eine Untersuchung der Nährstoffgehalte und Quantifizierung der Nährstofffrachten des zur Fasergewinnung verwendeten Rebenhäckselanteils.

Methodik

Das Projekt gliedert sich in verschiedene Arbeitsschritte, die nacheinander abgearbeitet wurden. Wegen der verschiedenen und komplexen Prozessschritte wurden die Arbeitspakete von verschiedenen Dienstleistern an unterschiedlichen Orten durchgeführt. Wissenschaftlich begleitet wurde der Testlauf durch das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie Potsdam.

Arbeitsschritte:

  • Bereitstellung des Rohmaterials und Entfernen der Aufleitdrähte
  • Einbeziehung von Sondermaschinenbauern zur Erarbeitung einer dauerhaften Lösung für die Entdrahtung der Hopfenreben
  • Mechanische Trennung der Fasern von dem holzigen Anteil der Hopfenrebe (Schäben)
  • Einarbeitung der Hopfenfasern in die laufende Dämmstoffproduktion und Labortestung der fertigen Dämmstoffmatten
  • Untersuchung der Nährstoffgehalte und Quantifizierung der Nährstofffrachten in dem zur Fasergewinnung verwendeten Rebenhäckselanteil

Ergebnisse

Ausgangsmaterial für die Gewinnung der Hopfenfasern waren abgeerntete Rebenabschnitte von Hopfenpflanzen, aus denen der Aufleitdraht manuell entfernt wurde. Die trockenen und verholzten ca. 50 cm langen Rebenabschnitte wurden in Transportkartons verpackt und zur mechanischen Trennung der Fasern von dem holzigen Anteil der Hopfenrebe (Schäben) zur Fa. HempFlax Group B.V. nach Oude Pekela, Niederlande, transportiert. Die dort ansässige NAWARO-Aufschlussanlage ist auf die Gewinnung von Naturfasern spezialisiert und konnte aus dem bereitgestellten 605 kg Ausgangsmaterial 97 kg gereinigte Hopfenfasern (= 16% Ausbeute) gewinnen.
Die Weiterverarbeitung zu Dämmstoffmatten erfolgte in einem angegliederten Werk in Nördlingen. Hier wurden die Hopfenfasern im Verhältnis 3:6:1 mit Hanf- und Stützfasern vermischt, in Vlies gelegt, als vielschichtig gelegte Matte thermisch behandelt und nach der Verfestigung in 8 cm dicke Dämmstoffmatten (120 cm x 58 cm) geschnitten. Anschließend wurde die Qualität in Bezug auf den Brandschutz und die Wärmeleitfähigkeit geprüft. Nach Einschätzung des Verarbeitungswerkes kann die Hopfenfaser problemlos in Mischungen verarbeitet werden und das so gewonnene Produkt besitzt gute Dämmeigenschaften.
Die Nährstoffuntersuchungen der verschiedenen Rebenhäckselfraktionen ergaben, dass in den dem Rebenanteil, der für die Fasergewinnung in Frage kommt und so dem innerbetrieblichen Nährstoffkreislauf entzogen wird, ein nicht unerheblicher Anteil an Stickstoff enthalten ist. So wurden z.B. bei der Sorte Perle 20 kg N/ha oder 16 % in den Hopfenreben gemessen. Bei Herkules lag der Wert sogar bei 41 kg N/ha oder 19 %. Durch die stoffliche Verwertung könnte die Stickstoffbilanz des Betriebes entlastet und der CO2-Footprint verbessert werden.
Eine Produktion in größerem Umfang bis hin zur Serienreife hängt von der Verfügbarkeit und Preiswürdigkeit des Ausgangsmaterials ab und müsste ökonomisch mit recycelter Jutefaser konkurrieren. Da die Logistikkosten für die Bereitstellung verarbeitbarer Hopfenrebenabschnitte (Umbau der Pflückmaschine, Sammlung, Konservierung, Lagerung und Drahtentfernung) nicht abschätzbar sind, ist zum jetzigen Zeitpunkt eher davon auszugehen, dass trotz positiver Verarbeitungsergebnisse eine Produktion von Dämmmaterial aus Hopfenfasern derzeit wirtschaftlich nicht darstellbar ist.

Projektinformation
Förderkennzeichen: G2/N/22/04
Projekt(kurz)titel: GeHopVli
Projektleitung: Johann Portner, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (IPZ 5a)
Laufzeit: 01.12.2022 bis 30.11.2023
Finanzierung: Förderung durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Rahmen eines Kurzprojekts