Etablierung eines Blatt-Testsystems zur Beurteilung der Toleranz von Hopfen gegenüber Falschem Mehltau
Infektionen des Hopfens mit Falschem Mehltau, verursacht durch den Pilz Pseudoperonospora humuli, stellen die Pflanzer immer wieder vor große Herausforderungen. Besonders im regenreichen Sommer 2016 trat in der Praxis verstärkt Peronospora-Befall auf. Seit Jahrzehnten unterstützt der etablierte Peronospora-Warndienst die Hopfenpflanzer bei der gezielten Bekämpfung dieser Pilzkrankheit. Einen wesentlichen Beitrag zur Lösung des Peronospora-Problems und zur Reduktion der im Zusammenhang mit Peronospora-Befall notwendigen Pflanzenschutzmittelspritzungen leistet die Züchtung. Ziel dabei ist es, Hopfen mit deutlich verbesserter Toleranz gegenüber diesem Pilz zu entwickeln. Um frühzeitig auf Peronospora-Toleranz zu prüfen, werden alljährlich Tausende von jungen Sämlingen im Gewächshaus mit einer Pilzsporensuspension eingesprüht und nachfolgend ihre Reaktion gegenüber dem Pilz eingeschätzt. Bei dieser Massenselektion kann die Toleranz einzelner Hopfen nicht genau festgestellt werden. Eine wesentliche Verbesserung ergibt sich aus der Beurteilung der Toleranz von Hopfen gegenüber Falschem Mehltau in einem Blatt-Testsystem, das derzeit an der LfL entwickelt wird. Damit kann die Peronospora-Toleranz einzelner Hopfen unter standardisierten Infektionsbedingungen zuverlässiger geprüft werden.
Ziel
Um fundierte Aussagen zur Peronospora-Toleranz einzelner Sämlinge oder Sorten zu ermöglichen, soll ein standardisiertes Testsystem mit abgeschnittenen Blättern (detached leaf assay) im Labor etabliert werden, mit dem die Toleranz bzw. Anfälligkeit gegenüber Peronospora zuverlässig und genau abgeschätzt werden kann. Hierbei wird nur die Toleranz gegenüber der sog. Sekundärinfektion erfasst, d.h. wie widerstandsfähig bzw. anfällig sich der Hopfen gegenüber den Zoosporangien des Pilzes zeigt, die von außen auf die Blätter kommen. Bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit werden die Zoosporen aus den Sporangien freigesetzt, sie dringen über Blattöffnungen in das Innere des Blattes und wachsen zu einem Pilzmyzel aus. Anfällige Hopfen zeigen daher als typische Pilzinfektionssymptome auf dem Blatt gelbliche (chlorotische) Flecken, die später verbräunen (Nekrosen).
Methode
Die Unterseite der Blätter von Hopfen, die sich in ihrer Peronospora-Toleranz deutlich unterscheiden, wird mit der Peronospora-Sporangien-Suspension besprüht. Fünf bis 14 Tage nach der Beimpfung werden die Reaktionen der Blätter visuell, zum Teil unter dem Binokular beurteilt. Folgendes Infektionsszenarium läuft ab: Auf der Blattunterseite werden aus den Sporangien bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit (> 90 % Feuchtigkeit), in der Praxis also bei Regen, die Zoosporen (bewegliche Sporen) freigesetzt, die über die Spaltöffnungen ins Blattinnere eindringen. Innerhalb von wenigen Tagen bildet sich ein Pilzgeflecht (Myzel), das sich im Blattinneren (Interzellularraum) ausbreitet und wiederum aus den Spaltöffnungen herauswachsen kann. Auf der Blattunterseite wird nachfolgend ein schwarzgrauer Sporenbelag (Zoosporangien auf Trägern = Sporulation) sichtbar. Die Symptome (Chlorosen, Nekrosen, Sporulation) werden 5 bis 14 Tage nach der Inokulation (dpi) beobachtet und beurteilt. Die Bewertung erfolgt auf einer Skala von 0 bis 5, Fokus wird auf die Sporulation gesetzt: 0 (hoch tolerant) = keine Symptome, 1 (tolerant) = 1-10 %; 2 (mittel) = 11-30 %; 3 (anfällig) = 31-60 %; 4 (hoch anfällig) = 61-80 %; 5 (extrem anfällig) = 81-100 % der Blattfläche betroffen.
Ergebnisse
An der Etablierung und Optimierung eines Blatt-Testsystems wird seit 2012 gearbeitet. Aufbauend auf den Arbeiten in den USA, im Vereinigten Königreich, in Tschechien und den Studien von Frau Dr. Kremheller in Hüll in den 1970er und 1980er Jahren wurden die verschiedenen Versuchs-Parameter überprüft. Erste Erkenntnisse dazu wurden im Jahre 2013 in einer Bachelorarbeit (Jawad-Fleischer, 2014) gesammelt. Nach weiteren Verbesserungen bei der Reproduzierbarkeit und bei der Erhaltung der Vitalität der Zoosporen konnten je nach Peronospora-Toleranz auf den Blättern der zu untersuchenden Hopfen zuverlässig Chlorosen, Nekrosen und bei anfälligen Sporulation ausgelöst werden. 2016 wurden einzelne Parameter des Blatt-Testsystems nochmals angepasst. Im Fokus stand die Optimierung des Temperaturregimes. Durch kontinuierliche Temperaturbedingungen mit 20 - 22 °C während der Dunkel- und Lichtphase wurde die Bildung von Nekrosen als Zeichen des Absterbens von Wirtszellen so beschleunigt, dass auf den abgestorbenen Blattzellen keine Sporulation mehr möglich war. Erst durch die Absenkung der Temperatur auf 13 °C während der 12-stündigen Dunkelphase wurde die Sporulation des Peronospora-Pilzes auf Blättern von anfälligen Hopfen schon in den ersten Tagen nach der Inokulation sichtbar, bevor die Wirtszellen im späteren Infektionsverlauf dann als Folge des Peronospora-Befalls abstarben (ausgeprägte Nekroseflecken). So konnte eine klare Differenzierung beider Reaktionen erreicht werden.
Testung von Hopfenblättern mit Vorbereitung des Inokulationsmaterials, Besprühen der Testblätter mit Peronospora-Suspension im Labor und Inkubation der besprühten Blätter in Dosen im Brutschrank
Optimierte Parameter für das Blatt-Testsystem:
- Blattalter: Blätter des 3. Knotens von Gewächshauspflanzen
- Ganze Blätter statt Blatt-Disks
- Inokulationsmaterial: frische „Bubiköpfe“
- Abschwemmen der Sporangien vom Blatt mit 4 °C kaltem, deionisiertem Wasser
- Inokulationsdichte: 2 x 10.000 bis 5 x 10.000 Sporangien pro Milliliter
- Inokulation: Besprühen mit Sporangien-Suspension auf Blattunterseite mit Zerstäuber
- Inkubation der Blätter auf 0,7 % Wasser-Agar in wasserdampfgesättigten Dosen bei 22 °C mit 12-stündiger Lichtphase und 12-stündiger Dunkelphase bei 13 °C
- Visuelle Bonitur: tolerant /anfällig anhand der Einschätzung des Befalls (Chlorosen, Sporulation und Nekrosen) auf der Blatt-Unterseite 5-14 Tage nach Inokulation (dpi)
Während bei toleranteren Hopfen die Sporulation völlig unterdrückt wird oder besonders im frühen Infektionsstadium als Abwehrreaktion kleinere Nekroseflecken (hypersensitive Reaktion der Wirtszellen) auf den Blättern erschienen, zeigten sich auf den Blättern von anfälligeren bzw. weniger toleranten Hopfen bereits wenige Tage nach der Inokulation chlorotische Blattflecken mit deutlicher Sporulation auf der Blattunterseite. Im späteren Stadium entwickeln sich diese in dunkelbraune Nekrose-Flecken. Diese Reaktionen des Blattes variieren in Abhängigkeit vom Blattalter. Junge Blätter in der Wachstumsphase zeigen deutlichere Symptome als ältere Blätter.
Für die Einschätzung der Toleranz eines Hopfens gegenüber dem Peronospora-Pilz ist insbesondere eine frühzeitig auftretende starke Sporulation Indiz für eine starke Anfälligkeit.
Unterschiedliche Reaktionen von Hopfenblättern 6 Tage nach Inokulation mit Peronospora: anfällig (A), mittel tolerant (B) und hoch tolerant (C) gegenüber dem Pilz; % der infizierten Blattfläche = Sporulation; in Foto A zusätzlich eine Nahaufnahme des Peronospora-Befalls mit schwarzen Sporenarealen
Vergleich der Peronosporatoleranz bei verschiedenen Hopfensorten – Einschätzung im Feld und im Blatt-TestsystemBewertung | Hallertauer Mittelfrüher | Hallertauer Tradition | Saphir | Hüller Bitterer | Herkules | Polaris |
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Feldversuch | - - - | + + + | - - | + + | - | - |
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Blatttest | - - | + + + | - - | + | - - | - - |
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Bewertung | Ariana | Callista | Mandarina Bavaria | Huell Melon | Hallertau Blanc |
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Feldversuch | + | + | +/- | + | + |
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Blatt-Test | +/- | - | - | +/- | + |
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Einstufung: - - - extrem anfällig; - - hoch anfällig; - anfällig; +/- mittel; + tolerant; ++ hoch tolerant; +++ sehr hoch tolerant
Resümee und Ausblick
Wir sehen das Blatt-Testsystem zur Einschätzung der Toleranz gegenüber dem Peronosporapilz als ideale Ergänzung zur Feldbonitur. Ein entscheidender Vorteil ist, dass unter standardisierten Bedingungen, d.h. unabhängig von Witterungs- und Standorteinflüssen, Aussagen zur Krankheitstoleranz einer Hopfensorte bzw. -stammes getroffen werden können.
In der kommenden Saison werden mit diesem Peronospora-Blatt-Testsystem wieder Sorten und Zuchtstämme untersucht und die Ergebnisse mit der Feldbonitur verglichen. Ausschlaggebend ist letztlich, dass die im Labor über den Blatt-Test gefundene Toleranz bzw. Empfindlichkeit eines Hopfens gegenüber Peronospora-Sekundärinfektionen mit der Toleranz bzw. Anfälligkeit im Feld korreliert werden kann. Nur dann ist das Testsystem auch praxistauglich und im Züchtungsprozess für die Selektion auf Peronospora-Toleranz einzusetzen.
Wissenschaftliche Poster zum Thema
Projektinformation
Projektleitung: Dr. E. Seigner und A. Lutz
Projektbearbeitung: B. Forster
Finanzierung: Eigenmittel
Laufzeit: seit 2012