Sorten- und Herkünfteprüfungen bei Heil- und Gewürzpflanzen
Mentha piperita - Pfefferminze
Sorten mit den erforderlichen Ertrags- und Qualitätseigenschaften sind eine wichtige Grundlage für die Produktion von Qualitätsware. Bei Heil- und Gewürzpflanzen stehen für die in Deutschland rund 100 anbauwürdigen Arten nur relativ wenige Sorten zur Verfügung.Im Rahmen ihrer praxisnahen, angewandten Forschung untersucht die Landesanstalt für landwirtschaft die verchiedenen Herkünfte ausgewählter Heil- und Gewürzpflanzen.
Vertrieb von BLBP-Herkünften der LfL bei Heil- und Gewürzpflanzen neu geregelt
Bei Angelika (Engelwurz), Baldrian, Pfefferminze und Zitronenmelisse sowie einer ganzen Reihe von Arten, die in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) Verwendung finden, wurden von der Landesanstalt seit 1991 weltweit eine Vielzahl von Herkünften und Sorten gesammelt, beurteilt und selektiert. Aus diesen großen Sortimenten haben sich verschiedene Herkünfte mit deutlich besseren Qualitätseigenschaften als das üblicherweise zur Verfügung stehende Material herauskristallisiert. Im Rahmen ihrer praxisnahen, angewandten Forschung gibt die Landesanstalt ausgewählte Herkünfte bestimmter Heil- und Gewürzpflanzen als sogenannte BLBP-Nummern (Abkürzung für "Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau" – die Vorgängerinstitution) für die allgemeine praktische Nutzung an Vermehrungsbetriebe in Bayern ab. Dieses Material stammt aus Forschungsprojekten, die vom Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten finanziell unterstützt wurden und werden.
Im Vergleich zu "durchgezüchteten" Sorten oder vegetativ vermehrten Herkünften ist allerdings von einer größeren Streuung bei generativ vermehrten Herkünften auszugehen. Dies gilt insbesondere für Angelika, Baldrian und die TCM-Arten, bei denen nur eine Vermehrung über Samen möglich ist. Bei Pfefferminze und Zitronenmelisse vermarkten die Vermehrungsbetriebe dagegen ausschließlich vegetativ vermehrte Jungpflanzen, um die Eigenschaften einer Herkunft zu erhalten. Eine weitere züchterische Bearbeitung auf Homogenität und Beständigkeit erfordert einen hohen Aufwand und wurde daher seitens der LfL nur bei wenigen ausgewählten Arten im Rahmen von Forschungsprojekten im Jahr 2004 begonnen. Das bisher abgegebene Material unterliegt in Deutschland gegenwärtig weder dem Sortenschutz noch dem Saatgutverkehrsgesetz.
Bezug von Saatgut folgender Herkünfte
Für eine professionellere Saatgutproduktion und -vermarktung wurde nun eine Kooperation mit der Jelitto Staudensamen GmbH realisiert, die eng mit bayerischen Saatgutproduzenten dieser Arten zusammenarbeitet. Saatgut folgender Herkünfte wird ab 2009 dort zu beziehen sein:
- Baldrian (Valeriana officinalis) – BLBP 19, BLBP 20
- Europäische Engelwurz (Angelica archangelica) – BLBP 01
Chinesische Heilpflanzen:
- Angelica dahurica – BLBP 02
- Artemisia scoparia – BLBP 01
- Astragalus mongholicus – BLBP 04
- Leonurus japonicus – BLBP 02
- Prunella vulgaris – BLBP 01
- Rheum officinale – BLBP 01
- Salvia miltiorrhiza – BLBP 01
- Saposhnikovia divaricata – BLBP 03
- Scutellaria baicalensis – BLBP 02
- Sigesbeckia pubescens – BLBP 01
Bei Pfefferminze und Zitronenmelisse musste aufgrund der geringen Nachfrage bei einigen Herkünften eine Sortimentsbereinigung vorgenommen werden. Folgende vegetativ vermehrte Jungpflanzen werden von bayerischen Vermehrungsbetrieben weiterhin auf Bestellung direkt verkauft:
Pfefferminze (Mentha x piperita)
- derzeit neu geregelt
Anfragen an Dr. Heidi Heuberger, LfL, 08161/71-3805
Zitronenmelisse (Melissa officinalis)
- derzeit neu geregelt
Anfragen an Dr. Heidi Heuberger, LfL, 08161/71-3805
Sortimentsprüfungen und Sortenversuche
Zitronenmelisse (Melissa officinalis L.)
Rosmarinsäuregehalt und Winterhärte bei Zitronenmelisse (Melissa officinalis L.) - Ergebnisse aus einer großen Sortimentsprüfung
Zitronenmelisse (Melissa officinalis L.) zählt zu den bedeutenden Arznei- und Teepflanzen in Deutschland. Der Gehalt an Rosmarinsäure in der Blattdroge und die Winterhärte stellen wichtige Parameter für die landwirtschaftlichen Produzenten und die Abnehmerseite dar. In einem Sortiment von 78 Herkünften (BLBP-Nummern) wurden von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft von 2001 bis 2006 diese Eigenschaften untersucht. Nur fünf Herkünfte zeigten konstant über mehrere Jahre und Schnitte hohe Gehalte an Rosmarinsäure zwischen 7,5 und 13,6% (photometrische Methode). Als besonders winterhart – auch in strengen Wintern – erwiesen sich zehn Akzessionen. Keine Herkunft erreichte in beiden Merkmalen Spitzenwerte. Die Ergebnisse zeigen, dass sich in dem großen BLBP-Sortiment wertvolles Material für künftige Züchtungsarbeiten befindet.
Blattkoriander (Coriandrum sativum L.)
Blattkoriander Sortenversuch
Frühjahrsanbau von Blattkoriander (Coriandrum sativum L.) - Ergebnisse aus mehrjährigen Sortenversuchen
Koriander (Coriandrum sativum L.) wird in Deutschland überwiegend für die Körnernutzung angebaut. Neutrale Versuchsergebnisse über die Nutzung der Blätter als sogenannter "Cilantro" unter deutschen Standortbedingungen liegen nicht vor. Deswegen wurden von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz (DLR) in Ahrweiler von 2003 bis 2005 an drei Standorten Sortenversuche zu dieser Thematik durchgeführt. An zwei Standorten wurde auch noch die zusätzliche Gewinnung der Körner geprüft. Zur Spitzengruppe bei allen Ertragsvarianten gehörten ’Caribe’, ’Marino’ und ’Santos’. In Abhängigkeit von Jahr und Ort wurden Werte von 10 bis 116 dt/ha frische Blätter, von 1,6 bis 17,1 dt/ha Blattdroge und von 6,7 bis 23,6 dt/ha Körnerdroge erzielt. Als ertraglich beste Sorte, auch für eine Doppelnutzung, kann ’Santos’ empfohlen werden.
Pfefferminze (Mentha x piperita L.) - Ergebnisse aus mehrjährigen Leistungsprüfungen mit ausgewählten Herkünften
Erste Mitteilung: Erträge, Ätherisch Öl-Gehalt, agronomische und morphologische Merkmale
Pfefferminze (Mentha x piperita L.) gehört sowohl in Bayern als auch in Deutschland zu den wichtigen Heil- und Gewürzpflanzenarten. Nach wie vor gibt es in Deutschland keine geschützten Sorten, sodass in der Praxis häufig über Ertragsdepressionen, Rostbefall, niedrigen Ölgehalt oder schlechte sensorische Eigenschaften geklagt wird. Von der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau (LBP) wurde daher eine Vielzahl von Herkünften und Sorten weltweit gesammelt, evaluiert und selektiert. 14 Herkünfte mit besonders guten Qualitätseigenschaften wurden im Rahmen einer vierjährigen Leistungsprüfung auf Ertragsverhalten, Ätherisch – Öl-Gehalt, agronomische und morphologische Merkmale untersucht. Als die besten Herkünfte, von denen auch Jungpflanzen über eine bayerische Züchter- und Vermehrer-Gemeinschaft bezogen werden können, stellten sich die dunkelgrünen BLBP - Herkünfte 35, 47 und 56 heraus.
In der zweiten Mitteilung zu einem späteren Zeitpunkt wird über die umfangreichen Untersuchungen zur Ölkomponenten-Zusammensetzung des ätherischen Öls dieser Herkünfte berichtet.
Zweite Mitteilung: Zusammensetzung des ätherischen Öls
Vier Jahre lang wurde das ätherische Öl von 14 ausgewählten Pfefferminz-Herkünften (Mentha x piperita L.) auf seine Zusammensetzung untersucht. Gewonnen wurde das Öl überwiegend aus Blattdroge, teilweise auch aus frischen Blättern, des ersten und zweiten Schnittes aus ein- und zweijährigen Beständen mit Hilfe der Wasser- beziehungsweise Wasserdampf-Destillation. Die Herkünfte zeigen sehr deutliche Unterschiede in der Ölzusammensetzung. Der Charakter einer Herkunft ändert sich weder durch den Schnitt (erster und zweiter), noch durch das Anbaujahr (erstes und zweites) oder durch die Verwendung frischer bezie-hungsweise getrockneter Blätter. Wichtige Voraussetzung dafür ist aber die Einhaltung des gleichen Pflanzenstadiums (hier Knospenstadium bis beginnende Blüte). Keine Herkunft kann gleichzeitig alle für Pfefferminzöl vorgeschriebenen Wertebereiche des Europäischen Arzneibuches einhalten. Als besonders Mentholreich haben sich die dunkelgrünen BLBP 56 und 86 sowie die hellgrünen BLBP 02, 04, 31, 32 und 75 erwiesen. Mit Ausnahme von BLBP 86 können alle Herkünfte von einer bayerischen Vermehrergemeinschaft bezogen werden.
Baldrian (Valeriana officinalis)
Ergebnisse zu Leistungsprüfungen mit Baldrian (Valeriana officinalis)
Sorten mit den erforderlichen Ertrags- und Qualitätseigenschaften sind eine wichtige Grundlage für die Produktion von Qualitätsware. Bei Heil- und Gewürzpflanzen stehen nur für 38 der in Deutschland ca. 80 anbauwürdigen Arten Sorten zur Verfügung. Erst 29 Sorten besitzen den Sortenschutz, 32 weitere befinden sich im Verfahren zur Erteilung des Sortenschutzes. Wegen dieser schwierigen Situation hat sich die Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau (LBP) bereits Mitte der achtziger Jahre entschlossen, neben der schwerpunktmäßigen Anbauforschung auch eine praxisorientierte Züchtungsforschung bei einzelnen Heil- und Gewürzpflanzenarten mit besonderem Bedarf zu beginnen.
Von Baldrian (Valeriana officinalis) wurden seit 1991 fünf Jahre lang weltweit 86 Herkünfte gesammelt und auf ihre Qualitäts- beziehungsweise Anbaueigenschaften unter südbayerischen Bedingungen untersucht. Aus diesem großen Sortiment haben sich acht Herkünfte mit deutlich besseren Qualitätseigenschaften als das üblicherweise zur Verfügung stehende Material herauskristallisiert. Diese Herkünfte wurden bereits Vermehrungsbetrieben zur Verfügung gestellt und können dort bezogen werden. In dreijährigen exakten Leistungsprüfungen ab 1996 wurden nun vier Herkünfte ermittelt, die nicht nur hinsichtlich der Qualität, sondern auch unter Berücksichtigung des Ertrages zu den besten gehören. Dabei handelt es sich um die BLBP-Herkünfte 19, 20, 36 und 37.
Engelwurz (Angelica archangelica)
Herkünften unter besonderer Berücksichtigung von Gehalt und Zusammensetzung des ätherischen Öls
Engelwurz zählt zu den traditionell in Bayern kultivierten Heilpflanzen. Im Rahmen eines speziellen Forschungsprojektes zur Destillation ätherischer Öle aus frischen Pflanzen mit Hilfe der Wasserdampf-Destillation wurden von der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau (LBP) umfangreiche Evaluierungen an Angelika-Herkünften durchgeführt. Ziel war es, möglichst ölreiche Herkünfte mit guter Wüchsigkeit zu finden. 37 weltweit zusammengetragene Herkünfte wurden von 1991 bis 1995 auf ihre Qualitäts- und Anbaueigenschaften unter südbayerischen Bedingungen untersucht. In diesem Sortiment wurden sechs Herkünfte mit deutlich besseren Qualitätseigenschaften als das im Anbau befindliche Material gefunden. Diese Herkünfte wurden bereits Vermehrungsbetrieben zur Verfügung gestellt. Die einzelnen Ergebnisse werden in dieser Veröffentlichung dargestellt. Die an die Praxis abgegebenen sechs Herkünfte wurden 1996 und 1997 exakten Leistungsprüfungen unterzogen, die nun auch das Ertragsverhalten beinhalten. Dabei stellten sich die BLBP-Herkünfte 01, 08 und 27 unter Berücksichtigung aller geprüfter Kriterien als die besten heraus.
Zitronenmelisse (Melissa officinalis L.) - Ergebnisse aus mehrjährigen Leistungsprüfungen mit ausgewählten Herkünften
Erträge, Ätherisch-Öl-Gehalt, agronomische und morphologische Merkmale
Zitronenmelisse (Melissa officinalis L.), die vor allem als Arznei- und Teepflanze genutzt wird, spielt im deutschen Anbau eine wichtige Rolle. In der Praxis gab es oft Probleme mit mangelnder Winterhärte, schlechtem Wuchsverhalten und zu niedrigem Gehalt an ätherischem Öl. Von der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau (LBP) wurde daher eine Vielzahl von Herkünften weltweit gesammelt, evaluiert und selektiert. 16 Herkünfte mit besonders guten Qualitätseigenschaften wurden im Rahmen einer vierjährigen Leistungsprüfung auf Ertragsverhalten, Ätherisch-Öl-Gehalt, agronomische und morphologische Merkmale untersucht. Als die besten Herkünfte im Hinblick auf Blattertrag, Ölgehalt und Winterhärte, von denen auch Jungpflanzen über eine Bayerische Züchter- und Vermehrer-Gemeinschaft bezogen werden können, stellten sich die BLBP-Herkünfte 19, 26, 27, 31, 32, 33, 34 und 65 heraus. In einer zweiten Mitteilung zu einem späteren Zeitpunkt wird über die umfangreichen Untersuchungen zur Komponenten-Zusammensetzung des ätherischen Öls der Herkünfte und über den Gehalt an Rosmarinsäure im gesamten Sortiment berichtet.