Futterpflanzen - Perspektiven für die energetische Nutzung
von Dr. Stephan Hartmann
Biogas aus Nachwachsenden Rohstoffen erlebt derzeit einen regelrechten Boom. Nach einer Prognose des Fachverbandes Biogas werden bis Ende 2006 rund 4000 Biogasanlagen in Deutschland mit einer Gesamtleistung von 600 – 800 Megawatt am Netz sein. Dies setzt eine gesicherte Basis für die Biomasseproduktion voraus. Grünland hat ca. 30 % Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche und ist bereits heute nach Mais zweitwichtigste Substrat. Es leistet somit einen wichtigen Teil zur Biomasseproduktion, besonders in ackerbaulich schwierigen Regionen. Der prognostizierte Rückgang der Milchproduktion eröffnet Perspektiven für die alternative Nutzung in der Biomasseerzeugung.
Der Workshop sollte abklären, wie der Stand des Wissens ist und wo Lücken festzustellen sind, die es in den nächsten Jahren zu schließen gilt.
Übersicht der Vorträge des Workshops
Im Rahmen des Aktionsprogrammes „Biogas in Bayern“ wurde an der Landesanstalt für Landwirtschaft ein institutsübergreifender Arbeitsschwerpunkt „Biogas“ gebildet. Mehrere Vertreter stellten Ergebnisse und Projekte zur Optimierung der Produktionstechnik bei verschiedenen Fruchtarten dar. Auch in Bayern entwickelt sich durch die Steigerung der Milchleistung pro Tier ein Grünlandüberschuss der mit ca. 25 % des Gesamtgrünlandes prognostiziert wird. Etwa die Hälfte dieser Flächen könnte langfristig für die Biomasseproduktion genutzt werden. Aufwüchse von bisher extensiv genutztem Grünland könnten thermisch verwertet werden.
Hinter der Fülle der produktionstechnischen Beiträge steckt jedoch stets die Frage, wird dadurch ein Beitrag zur Wirtschaftlichkeit von Verfahren und Betrieb geleistet?
Beiträge aus dem Arbeitsschwerpunkt "Biogas" der LfL:
- Vorstellung des Biogasschwerpunktes an der LfL - Dr. Gronauer, Institut für Landtechnik, Bauwesen und Umwelttechnik 1,6 MB
- Maisanbau für die Biogasanlage: Produktionstechnik und Sortenfragen Produktionstechnik Biogas - Dr. J. Eder, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung 1,6 MB
- Biomassepotential für Biogas in den Grünlandregionen Bayerns - Dr. S. Hartmann, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung 1,4 MB
- Untersuchungen zur Gasausbeute bei Gräsern - F. Kaiser, Institut für Landtechnik, Bauwesen und Umwelttechnik 1,6 MB
- Ökonomische Aspekte der Biogasgewinnung aus Gräsern - Dr. U. Keymer, Institut für ländliche Strukturentwicklung, Betriebswirtschaft und Agrarinformatik 1,6 MB
Den Schwerpunkt des zweiten Workshop-Tages bildete naturgemäß die Diskussion der Teilnehmer.
Folgende Ergebnisse lassen sich festhalten:
Potenzial:
- Auf dem Acker besitzt Gras ohne die Berücksichtigung von Rahmenvorgaben wie sie z.B. durch die Cross Compliance festgelegt sind gegenüber Silomais nur als Coferment eine Chance.
- In Grenzlagen des Silomaises besitzt der Feldfutterbau bereits heute das gleiche, in manchen Lagen sogar die höhere Biomasseleistung.
- Im Grünland Bayerns und Baden Württembergs werden durch die Entwicklungen im Milchviehbereich erhebliche Flächen verfügbar, bei denen der Nutzung als Biogasbasis zum Teil als Alternative lediglich das Verfahren "1x jährlich Mulchen" gegenübersteht.
- In Österreich besteht heute 2/3 der NaWaRo-Biomasse für Biogasanlagen aus Gräsern
Wirtschaftlichkeit:
Die Kosten der Biomassebereitstellung sind entscheidend. Es gilt also die Faktoren, die hierzu beitragen zu optimieren:
- Anzustreben sind möglichst nicht mehr als 3 (-4) Schnitte/Jahr.
Allgemein gilt: Die Schnittzahl senkt die Wirtschaftlichkeit, jedoch muss eine nachhaltige Bewirtschaftung und ein Mindestmass an Qualität sichergestellt werden.
- Die Silage eher etwas trockener gewinnen, um den Fahrtkostenanteil zu senken. Evtl. bietet eine Silierung, die gezielt hohe Essigsäuregehalt anstrebt, Vorteile beim Biomasseaufschluss und der Lagerung. (Die Aspekte Tiergesundheit und Schmackhaftigkeit spielen hier ja keine Rolle.)
- Weite Wege kosten Geld! Dieser einfachen Grundwahrheit wird z.Z. zu wenig Beachtung geschenkt. Mit negativen Folgen für den Pachtpreis in der Region und die Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen.
Zur Zeit sind Biogasanlagen auch bei guter Führung auf „reiner Grasbasis“ jedoch nur kostendeckend. Bereits ein geringer Zuschlag für Strom aus reinen „Grünlandanlagen“ in Verbindung mit einer stärkeren Förderung kleinerer Anlagen wie in Österreich realisiert, würden einen erheblichen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit leisten. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Rapsanbau, dessen Wirtschaftlichkeit und Konkurrenzfähigkeit lange Zeit an den hohen Prämien hingen.
Forschungsbedarf:
- Methodik:
Wichtigster Punkt ist hier die Vereinheitlichung der Messmethoden bzw. deren Vergleichbarkeit, sowie kostengünstige Schnellmethoden mit hohem Durchsatz für die Züchtung und als Planungsinstrument (-> Optimierung der Ration) für die Praxis.
- Züchtung:
Ziel sind Sorten mit hohen Trockenmasseerträgen bei einer notwendigen Mindestqualität, die hohe Erntemengen pro Schnitt liefern, nachhaltig eine geringe Schnittfrequenz mit akzeptabler Qualität zulassen, die eine hohe Standortanpassung besitzen, um durch eine lange Nutzungsdauer einen Beitrag zu niedrigen Kosten zu leisten. Durch dieses Anforderungsprofil geraten z.B. Wiesenschwingel, Rohrschwingel oder auch Trespenarten in den Focus. Die Defizite dieser Arten wie z.B. mangelnde Nachsaateignung, Energiegehalte besonders in späteren Stadien gilt es abzubauen. Auch die Bedeutung der Inhaltsstoffe wie z.B. Zucker, Zellwandstruktur, Hemmstoffen nimmt dadurch zu.
- Produktionstechnik:
Hier stehen natürlich alle Fragen der kostengünstigen Biomassegewinnung an. Z.B. die Optimierung der Futterrationen für Biogasanlagen analog zur Michkuh. Die Optimierung von Saatgutmischungen etc. Die positiven ökologischen Aspekte des Feldfutterbaus wie z.B. Fruchtfolge oder Bodenschutz, die bei rein wirtschaftlichen kurzfristigen Vergleichen nicht genügend Berücksichtigung finden, müssen stärker eingebracht werden. Das größere Potenzial des technologischen Fortschritts wird jedoch hauptsächlich bei Mikrobiologie und Reaktortechnik erwartet. Stichworte sind hier: Organismen mit höherem Wirkungsgrad für Zellwandabbau (bis jetzt nur thermophile), die Entwicklung von Zusatzstoffen für bessere Verwertung/Vorbereitung für den Fermenter, die Steigerung des Abbaugrades der Substrate durch neue Reaktordesigns, günstigere Anlagen als Möglichkeit der Senkung des Festkostenblockes. Verbreiterung der Datenbasis für die Praxis zur Verbesserung der Kalkulationen im Bereich Planung und Betrieb.
Weiterhin ist insgesamt festzustellen, dass vernetzte Ansätze mit anderen Forschungsrichtungen zunehmend wichtig werden.