Erfassung der genetischen Diversität für das Merkmal "Trockenstresstoleranz" bei Deutschem Weidelgras als Basis zur Entwicklung molekulargestützter Selektionsvefahren und klimaangepasster Neuzüchtungen

Nach insgesamt drei Projektjahren kann festgestellt werden, dass in Deutschem Weidelgras (Lolium perenne L.) genetische Variation für das Merkmal Trockentoleranz zu finden ist. Visuelle Boniturmerkmale wie die Massenbildung vor Schnitt, oder die Anzahl überlebender Pflanzen scheinen häufig besser geeignet für die Selektion trockentoleranter Klone als unter Stressbedingungen erhobene Ertragsdaten. Für ein Folgeprojekt (link) konnten Klone mit divergierender Trockenstressantwort selektiert werden, die zum Aufbau spaltender Kreuzungspopulationen diallel verkreuzt werden. Es erscheint aussichtsreich, dass die Trockentoleranz in Deutschem Weidelgras züchterisch verbessert werden kann und damit der Anbau in Niederschlags-Grenzlagen auch in Zukunft möglich bleibt.
Rain-Out-Shelterversuch zur Trockentoleranz

links: Pflanzenbestand im Rain-out Shelter vor der ersten Trockenstressphase 2013; rechts: Pflanzenbestand im Rain-out Shelter während der ersten Trockenstressphase 2014

Zielsetzung

Die züchterische Bearbeitung des Merkmals Trockentoleranz ist bei allen Kulturarten aufwändig und langwierig. Wird direkt auf das Merkmal „Ertrag unter Trockenstress“ selektiert, kann allenfalls geringer Zuchtfortschritt für das Merkmal generiert werden. Das Ziel dieses Projektes war es daher, innovative Strategien für die effiziente Selektion von trockentoleranten Weidelgrassorten zu entwickeln. Idealerweise findet man Selektionsmerkmale, die einerseits unter Trockenstress eine möglichst hohe Erblichkeit (Heritabilität) besitzen und andererseits möglichst eng mit dem Zielmerkmal „Ertrag unter Trockenstress“ korreliert sind.
Im Rahmen des Projektes wurden einerseits geeignete Merkmale zur Selektion auf Trockentoleranz identifiziert, mit denen Genbank- und aktuelles Zuchtmaterial von Deutschem Weidelgras untersucht wurden.
Details zur Ausgangssituation und Zielsetzung

Hintergrund

Trockenheit zählt auch in Mitteleuropa zu den am meisten limitierenden Umweltfaktoren in der Pflanzenproduktion. Im Zuge des globalen Klimawandels wird es zu einer Erhöhung der Durchschnittstemperaturen und damit einhergehend zu Änderungen in der Niederschlagsverteilung kommen. Für Bayern wird erwartet, dass die Häufigkeit und Dauer von Wetterextremen, wie Starkniederschläge und Überschwemmungen, aber auch von Hitzewellen und Dürreperioden zunehmen wird, wodurch es bei nahezu gleichbleibenden Niederschlagsmengen im Sommer regional in unregelmäßigen Abständen vermehrt zu Phasen mit Wassermangel kommen wird.
Diese Änderungen besitzen besondere Relevanz für die Grünlandwirtschaft. Gräser werden überwiegend mehrjährig genutzt und durchlaufen daher mehrere Jahreszyklen mit unterschiedlichen Umweltbedingungen, u.a. Trockenperioden in den Sommermonaten. Darüber hinaus werden häufig Grenzstandorte als Grünland genutzt, die sich durch suboptimale Wachstumsbedingungen, wie hohe Niederschlagsmengen, schwer bearbeitbare Böden, aber auch durch Trockenheit auszeichnen. Gerade das wertvollste Futtergras, das Deutsche Weidelgras (Lolium perenne L.) zeigt eine relativ geringe Toleranz gegenüber Trockenheit, was vor dem Hintergrund des Klimawandels verstärkt zu Problemen mit dieser Kultur führen wird. Da technische Maßnahmen, wie eine künstliche Bewässerung häufig nicht möglich oder wirtschaftlich sind, stellt die züchterische Anpassung der Kulturpflanzen an die neuen klimatischen Begebenheiten eine besonders nachhaltige Maßnahme dar, den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen.

Projektaufbau

Die Bearbeitung des Projektes gliedert sich in 5 Teilbereiche (Arbeitspakete AP):
AP 1Feldversuche zur Phänotypisierung pflanzengenetischer Ressourcen diverser Herkunft unter Trockenstressbedingungen (200 Akzessionen).
AP 2Leistungsprüfung selektierter divergierender Genotypen an Trockenstandorten im Feld (Selektion von 20 Akzessionen; Teilmenge von AP1 und AP3/AP4).
AP 3Leistungsprüfung selektierter divergierender Genotypen unter kontrollierten Trockenstressbedingungen im Rain-out-Shelter (Selektion von 56 Akzessionen; Teilmenge von AP1).
AP 4Labor und Gewächshausprüfungen selektierter divergierender Genotypen zur Erfassung charakterisierender morphologischer und physiologischer Daten (Selektion von 56 Akzessionen; Teilmenge von AP1; identisch mit AP3).
AP 5Informations-, & Wissenstransfer, Materialsicherung.
Die Untersuchungen der einzelnen Arbeitspakete fanden auf verschiedenen Skalenebenen statt. In AP1 und AP2 wurden in Feldversuchen an vier Standorten die Trockentoleranz unter natürlichen Trockenstressbedingungen geprüft. In AP3 wurde in Rain-out Shelterversuchen an zwei Standorten die Trockentoleranz unter semi-kontrollierten Bedingungen untersucht. In AP4 wurden unter Gewächshaus- und Laborbedingungen morphologische und physiologische Parameter zur Erfassung der Trockenstressantwort der Pflanzen erhoben. In AP5 erfolgte die gemeinsame Verrechnung aller erhobenen Daten.

Übersicht über die Feldversuchsstandorte im Projekt Klimawandel Lolium photo 342 KB

Ausgewählte Ergebnisse

Ausgehend von einer 186 Akzessionen umfassenden Kollektion von Lolium perenne L. (73 historische Sorten und Wildsammlungen, 111 aktuelle Sorten und Sortenkandidaten, ergänzt durch Akzessionen der potentiell trockentoleranten Arten Festulolium, Wiesen- und Rohrschwingel; Arbeitspaket 1) wurden 56 in ihrer Trockenstressanwort möglichst diverse Akzessionen für ein Rain-out Shelterexperiment selektiert. Die Versuche wurden in den Jahren 2013 und 2014 durchgeführt. Durch das für diese Fragestellung verwendete Versuchsdesign (20 definierte Einzelpflanzen in einer Kleinparzelle) mit identischen Klonen beiden Versuchsstandorten konnten visuelle Erhebungen auf Einzelpflanzenbasis durchgeführt werden. Durch die Behandlung mit zwei Trockenstressphasen pro Jahr kam es zu einer starken Differenzierung des Materials. Neben der visuellen Trockenstressantwort und dem Massenaufwuchs konnte auch die Anzahl überlebender Pflanzen (AZ) erfasst werden konnte.

Im Rahmen dieser Versuche konnten Einzelklone verschiedener Akzessionen mit besonders stark divergierender Trockenstressantwort selektiert werden. Dabei zeigte sich, dass für die in Deutschland erwarteten Trockenstressszenarien weniger die Ertragssicherung während einer akut auftretenden Trockenphase im Vordergrund steht, sondern vielmehr die Fähigkeit, sich nach einer Trockenphase rasch zu erholen und mit der Produktion neuer Biomasse zu beginnen. Im Diagramm sind jeweils zwei als anfällig und resistent klassifizierte Klone in ihrem Verhalten während zweier Trockenphasen gezeigt.
Die als trockentolerant eingestuften Klone (grün) zeigen bei Trockenstress nur einen geringen Rückgang in der Massenbildung und können sich bei Wiederbewässerung zügig erholen. Die als anfällig eingestuften Klone reagieren auf Trockenstress mit einer starken Reduktion des Wachstums und erholen sich auch nach der Wiederbewässerung nur zögerlich. Es wurden sechs tolerante und vier anfällige Klone selektiert, die derzeit in einem Folgeprojekt (Link) diallel miteinander verkreuzt werden mit dem Ziel des Ausbaus von spaltenden Kreuzungspopulationen. Ausgehend von diesem Material soll die Vererbungsstruktur der Trockentoleranz aufgeklärt werden mit dem Ziel, dieses Merkmal der markergestützten Selektion zugänglich zu machen.


Projektinformation
Projektleitung und -bearbeitung: Dr. Stephan Hartmann, Dr. P. Westermeier
Laufzeit: 2011 bis 2015
Finanzierung: BMELV – Innovationsförderung

Literatur

Veröffentlichungen

Ausgewählte Tagungsbeiträge