Wintergerste – Aktuelle Ergebnisse aus der Praxis und den Landessortenversuchen

Sechszeilige Wintergerste, grüne Ähren.

Heuer wurde auf rund 188.000 Hektar Wintergerste als Druschfrucht angebaut

Anhaltende Niederschläge von Ende September bis Anfang Oktober führten regional zu einer verspäteten Wintergerstensaat, die zum Teil erst Mitte Oktober unter erschwerten Bedingungen erfolgen konnte. Der trockene und milde Winter wurde gut überstanden. Nach einer warmen und ungewöhnlich trockenen ersten Frühjahrshälfte sorgten die gemäßigten Temperaturen im niederschlagsarmen Mai dafür, dass größere Trockenschäden ausblieben. Aufgrund der Trockenheit war der Krankheitsdruck heuer gering. Dominierend war wieder einmal der Ramularia-Blattfleckenkomplex. Verzwergungsviren, die im Vorjahr größere Schäden anrichteten, bereiteten heuer keine größeren Probleme. Der sehr warme, sonnige und regenarme Juni, der fünfte zu trockene Monat in Folge, führte nur auf schwächeren Standorten, vor allem nördlich der Donau, zu Trockenschäden. Eine Hitzephase zum Monatswechsel ließ die Wintergerste zügig abreifen. Zu Erntebeginn herrschten gute Bedingungen. Wegen zahlreicher Regenereignisse nach dem ersten Juliwochenende zog sich die Ernte heuer über einen längeren Zeitraum hin.

Ertrag und Qualität

Die ersten Ernteerhebungen zeigen, dass die teils späte Aussaat im Oktober sowie die Frühjahrstrockenheit den meisten Wintergersten nicht geschadet haben. Derzeit wird von einem guten bayerischen Praxisertrag von durchschnittlich 74 dt/ha ausgegangen. Dies sind 6 dt/ha mehr als im Zehnjahresmittel und 14 dt/ha mehr als im Vorjahr. Mit einem Marktwareanteil von 99 % wird ein gutes Ergebnis erzielt und auch die Sortierung über dem 2,5 mm Sieb übertrifft mit 94 % den mehrjährigen Schnitt von 86 %. Das Hektolitergewicht (Hl-Gewicht) liegt mit 70 kg ebenfalls über dem langjährigen Mittel von knapp 68 kg. Auch das Tausendkorngewicht (TKG) ist mit 55 g überdurchschnittlich (49 g).

Vergleich Zweizeiler - Mehrzeiler

grüner Mähdrescher drischt Getreideparzellen bei strahlend schönem WetterZoombild vorhanden

Getreideernte in Frankendorf

In Süddeutschland dominieren, im Gegensatz zum Norden, zweizeilige Sorten. Ihr Anbauanteil lag in Bayern in den letzten Jahren bei 80 bis 85 %. Ein Grund für ihre weite Verbreitung ist, dass die Bestände hier, häufiger als im Norden, unter Hitzeperioden leiden, die dann zu schneller Abreife führen. Unter diesen Stressbedingungen erreichen zweizeilige Sorten mit einer genetisch bedingten guten Kornqualität noch am ehesten die vom Handel geforderten Mindestwerte im Hl-Gewicht sowie eine gute Kornausbildung und hohe TKG. Diese Vorteile schätzen vor allem Marktfruchtbetriebe.
Ein weiterer Grund für die Dominanz der Zweizeiler im Süden ist die Strohstabilität (Neigung zu Lager, Halm- und Ährenknicken). Obwohl diese bei den meist längerstrohigen Mehrzeilern züchterisch verbessert wurde, gibt es im zweizeiligen Sortiment deutlich mehr Sorten, die eine gute Standfestigkeit mit einer geringen Neigung zu Halm- und Ährenknicken kombinieren. Dafür werden ihre oftmals etwas niedrigeren Erträge in Kauf genommen. An Standorten, an denen sowohl der zwei- als auch der mehrzeilige Landessortenversuch (LSV) steht, zeigte sich im Zehnjahresmittel ein leichter Ertragsvorteil für die Mehrzeiler von im Schnitt 4 %. Nur im mittelfränkischen Rudolzhofen lagen die Erträge mehrjährig etwa gleichauf. Hl-Gewicht und TKG waren dagegen in den zweizeiligen Versuchen im Mittel um gut 1 kg bzw. 4-5 g höher. Im Marktwareanteil (> 2,2 mm) unterschieden sich die LSV-Sortimente so gut wie nicht. Zu beachten ist, dass diese Aussagen nur für das Mittel der beiden Sortimente gelten. Denn es gibt bei den meisten Merkmalen sowohl gute zwei- als auch gute mehrzeilige Sorten.

Landessortenversuche

Im LSV werden alle Sorten bei intensiver (Stufe 2) und extensiver Bestandesführung (Stufe 1) geprüft. In den Intensivvarianten kommen Wachstumsregler und Fungizide nach Bedarf zum Einsatz. In den extensiven Varianten werden keine Fungizide und kein bzw. nur eine geringe Menge Wachstumsregler eingesetzt.

Wirtschaftlichkeit des Pflanzenschutzmitteleinsatzes

In den bayerischen Versuchen bringen die Intensivvarianten im fünfjährigen Mittel einen Mehrertrag von 10 dt/ha (12 %) gegenüber Stufe 1. Die zusätzlichen Pflanzenschutzmittelkosten betrugen etwa 135 €/ha (ohne Ausbringung). Dass der Mehraufwand nicht grundsätzlich sinnvoll ist, zeigt sich immer wieder. Heuer rentierte sich an sieben der 15 bayerischen Wintergersten-LSV die Intensitätssteigerung nicht. In diesen Versuchen brachte der zusätzliche Aufwand nur einen Mehrertrag von 2 bis 6 dt/ha. Der geringe Krankheitsdruck war ein wesentlicher Grund für das oft gute Abschneiden der extensiven Stufe. Neben der Ertragssteigerung wird häufig auch eine Verbesserung der Kornqualität durch die Intensitätssteigerung erzielt. Im Schnitt der letzten fünf Jahre konnten in Stufe 2 das Hl-Gewicht um 1 kg, das TKG um 2-3 g und der Marktwareanteil von 96 auf 97 % gesteigert werden.

Sortenwahl

Bei der Sortenwahl sollte nicht nur auf hohe Erträge in der Intensivvariante geachtet werden. Auch die Leistungen in Stufe 1 sollten bei der Anbauentscheidung mit einbezogen werden. Denn Sorten, die dort gut abschneiden, sind meist unproblematischer in der Bestandesführung, da sie eine nicht termingerechte oder ausbleibende Pflanzenschutzbehandlung eher tolerieren. Diese Sorten haben in der Regel eine ausgewogene Resistenzausstattung und zeigen keine größeren Mängel in der Strohstabilität.
Sinnvoll ist es, eine Sorte zu wählen, die mehrjährig im LSV geprüft wurde. Zur Risikominimierung empfiehlt es sich auch, mehrere Sorten anzubauen.

Aktuelle Ergebnisse und Sortenempfehlungen