Erhaltung bayerischer, landwirtschaftlicher pflanzengenetischer Ressourcen

Weizenähren

Grells unterfränkischer Landweizen

Die Erhaltung unseres landwirtschaftlichen Erbes, unserer landwirtschaftlichen Vielfalt - eine interdisziplinäre, gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Die bayerische Landwirtschaft ist Teil unserer Landeskultur und die regionale Vielfalt in der Landwirtschaft war in der Vergangenheit und ist auch heute noch eine Lebensgrundlage und – Versicherung für die Zukunft. Deshalb gilt es auch in der Landwirtschaft die pflanzliche und tierische genetische Vielfalt zu erhalten. Mit dem bis 2020 laufenden Projekt „Erhaltung bayerischer, landwirtschaftlicher, pflanzengenetischer Ressourcen an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft“ bemüht sich die LfL um eine Erhaltung der bayerischen landwirtschaftlichen pflanzengenetischen Vielfalt und zählt dabei auch auf die Hilfe der Öffentlichkeit.

Über 700 alte bayerische Sorten von 23 landwirtschaftlichen Kulturpflanzenarten gibt es und sie sind an der LfL in einer Datenbank erfasst. Fast alle von ihnen sind in der nationalen Genbank in Gatersleben eingelagert (Ex-situ Erhaltung). Um ihre Vitalität und Anpassungsfähigkeit als lebende Organismen zu erhalten, müssen diese alte Sorten aber wieder die Möglichkeit erhalten, an den natürlichen Kreisläufen in ihrem Herkunftsgebiet teilzunehmen (In-situ und On-farm Erhaltung).

Hochwachsende Dinkellandsorte Zoombild vorhanden

Hochwachsende Dinkellandsorte

Dieses Forschungsprojekt und die LfL sehen sich bei dieser Aufgabe aber nicht allein in der Verantwortung. Eine Sicherung und Erhaltung unseres landwirtschaftlichen Erbes kann nur durch einen gesamtheitlichen Ansatz unter Mithilfe weiterer relevanter Akteure nachhaltig zum Erfolg geführt werden. Das Projekt beruft sich deshalb auf das Konzept der bayerischen Staatsregierung im Bayerischen Biodiversitätsprogramm "NaturVielfaltBayern 2030". Schon in seinem Vorwort betont der frühere bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer dort, dass die in diesem Programm gebündelten Maßnahmen ressortübergreifend sind. Der Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Institutionen, der Privatwirtschaft und der Öffentlichkeit kommt in diesem Projekt deshalb eine große Bedeutung bei.

Ziele des Projektes

Mit dem neuen Projekt erwecken wir die regionalen und historischen Sorten aus Bayern wieder „zum Leben“. Denn auch Pflanzen sind Lebewesen und nur, wenn sie unter den derzeitigen agroökologischen Bedingungen angebaut werden, können sie wieder an der Evolution des Lebens teilnehmen. Nach jahrzehntelanger Isolation in der Genbank sind viele Sorten geschwächt, manche werden einen Freilandanbau vielleicht nicht mehr überstehen, aber andere könnten das Potential haben, durch ihre genetische Anpassungsfähigkeit oder wegen vorher nicht zur Kenntnis genommener wichtiger Eigenschaften wieder in den Anbau zu gelangen. Dieses Projekt setzt sich deshalb das Ziel
  • eine wissenschaftliche und nutzungsorientierte Charakterisierung (in Hinblick auf Produktentwicklung, Konsum, Ökologie, Züchtung, kultureller Wert) sowie eine partizipative Bewertung von Genbankakzessionen ursprünglichen bayerischen Kulturpflanzenmaterials durchzuführen
  • die Öffentlichkeit und relevante Akteure über die Bedeutung und Anbau von pflanzengenetischen Ressourcen zu informieren
  • die Voraussetzungen für eine von Erhaltungszüchtung begleitete In-situ Erhaltung sowie On-farm Bewirtschaftung ausgewählter Kulturpflanzensorten zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Biodiversität in Bayern zu schaffen und
  • eine Inwertsetzung ausgewählter Sorten durch innovative Produkte zu initiieren, die zusammen mit dem Kompetenzzentrum für Ernährung (KERN) und interessierten Partnern in Kreativworkshops entwickelt werden.

Material und Methoden

Aktuelle Arbeiten

Informationsschild am FeldZoombild vorhanden

Biosphärenregion

Genbankmuster alter bayerischer landwirtschaftlicher Sorten wurden von der IPK Genbank bestellt und an der LfL in Freising durch einen Sichtungsanbau charakterisiert. Im ersten Jahr lag der Fokus dabei auf Wildpflanzen, Landsorten und Sorten, die auf der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung aufgeführt sind. Im zweiten Jahr wurden vor allem frühe Zuchtsorten aus der Zeit vor 1945 gesichtet. Im dritten Jahr sind dann „jüngere“ Zuchtsorten und Sorten, die zeitlich nicht genau eingeordnet werden konnten, an der Reihe. Während der Vegetationszeit werden anbaurelevante Eigenschaften bonitiert, nach der Ernte werden verschiedene Ertragskomponenten bestimmt. Mit den gesammelten Daten und durch Fotobelege sollen die Muster so gut wie möglich zeitgemäß beschrieben werden. Auf Grund der Daten und mit einer partizipativen Sortenbeurteilung durch eine interdiziplinäre Arbeitsgruppe, in der Akteure aus allen Stufen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette vertreten sind, werden dann potentialträchtige Sorten für einen weiteren Anbau identifiziert.

Ein wichtiger Schritt in diesem Prozess war der erste Fachinformations- und Feldtag am 5. Juli 2017, an dem 37 Akteure aus verschiedenen Bereichen der Landwirtschaft und des öffentlichen Lebens teilnahmen. Er führte zur Gründung der interdisziplinären Arbeitsgruppe, die sich seitdem zweimal jährlich zum Austausch und im Sommer für Feldtage und die partizipative Sortenbeurteilung trifft.

Weiteres Vorgehen

Lang begrannte ÄhrenZoombild vorhanden

Weizenlandsorte
Berchtesgadener Vogel

Die gesammelten Daten aus dem Sichtungsanbau werden aufbereitet und analysiert und dienen einer ersten Einordnung und Charakterisierung der Muster. Anhand der Ergebnisse aus dem Sichtungsanbau wird entschieden, welche Sorten im Folgejahr in einem Beobachtungs- und Vermehrungsparzellen angebaut werden. Eine begrenzte Menge an Saatgut aus diesem Anbau wird dann interessierten Landwirten sowie regionalen Initiativen und Institutionen (unseren „SchatzBewahrern“) für einen Versuchsanbau „On-farm“ zur Verfügung gestellt mit der Vision, dass ausgewählte Sorten von Landwirten/Erzeugergemeinschaften/Fördervereinen wieder als Erhaltungssorten zugelassen werden und ihre Erhaltung damit gesichert ist. 2019 haben bereits 60 alte bayerische Sorten aus 9 Kulturpflanzenarten einen „SchatzBewahrer“ gefunden und wachsen wieder in ihrer Herkunftsregion. Das Projektnetzwerk aus Mitgliedern der Arbeitsgruppe, SchatzBewahrern, Partnern und Interessierten umfasst derzeit fast 100 Personen und Organisationen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts ist die Inwertsetzung und Nutzung der gefundenen Sorten. Denn nur, was sich in irgendeiner Hinsicht als nützlich erweist, sei es in genetischer, kulinarischer, ökonomischer, historischer oder kultureller Hinsicht, wird auf die Dauer erhalten werden. Dafür werden z.B. alte Weizensorten im LfL Backlabor auf ihre Backeigenschaften hin untersucht. Weitere inhaltsstoffliche und genetische Analysen, auch für andere Kulturen, sind geplant.

Ausblick

Zum Ende des Projekts Mitte 2020 werden alle gefundenen bayerischen landwirtschaftlichen pflanzengenetischen Ressourcen gesichtet und charakterisiert worden sein. Mit einer zunehmenden Verfügbarkeit an Ernteprodukten wird es möglich sein, für manche unseren alten bayerischen Sorten regionale Nischen im kulinarischen Bereich zu finden und diese mit traditionellen und innovativen Produkten zu besetzen. Potentialträchtige alte Sorten werden dadurch wieder einen Platz in den bayerischen landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten und beim Verbraucher haben.

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"Vom Saulus zum Paulus": Alte Sorten statt grüner Gentechnik | Beitrag des BR aus der Sendung "Unser Land"

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Eine bunte Mischung: Alte Maissorten | Beitrag des BR aus der Sendung "Unser Land"

Projektinformation
Projektleitung: Dr. J. Eder
Projektbearbeitung: Dr. K. Fleißner
Laufzeit: 01.03.2017 - 28.02.2020
Kostenträger: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Föderkennzeichen: A/17/01

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