Institut für Pflanzenschutz
Jahresbericht 2019 – Bakteriologie
Bakterien können zahlreiche bedeutende Krankheiten an Kulturpflanzen auslösen. Die Arbeitsgruppe IPS 2b ist an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft zuständig für die Diagnose solcher bakteriell bedingter Krankheiten an Kulturpflanzen aus Landwirtschaft und Gartenbau.
Die genaue Identifizierung der Bakterienart, die eine Pflanzenkrankheit ausgelöst hat, ist nicht nur für Bekämpfungs- und Vorbeugungsmaßnahmen von großer Bedeutung, auch und besonders für die Einhaltung von Regelungen zur Pflanzengesundheit auf EU-Ebene müssen Krankheitserreger genau identifiziert werden. Im Zuge der Bearbeitung unserer Proben und im Rahmen unseres Qualitätsmanagement-Systems werden die verwendeten Nachweis- und Identifizierungsverfahren für Bakterien deshalb ständig verbessert und auf dem neuesten Stand hinsichtlich wissenschaftlicher Erkenntnisse und rechtlicher Vorgaben gehalten.
Nachweis pflanzenpathogener Bakterien im Jahr 2019
Im Jahr 2019 wurden im Labor der Arbeitsgruppe IPS 2b insgesamt 492 Proben aus Landwirtschaft und Gartenbau auf bakterielle Erkrankungen untersucht. An 22 verschiedenen Kulturen (Pflanzenarten) und zwei sonstigen Substraten konnte 2019 Befall mit einer oder mehreren pathogenen Bakterienarten festgestellt werden. Insgesamt 19 verschiedene Bakterienarten wurden dabei nachgewiesen.
Übersicht der im 2019 untersuchten Wirtspflanzen mit Erreger 567 KB
Untersuchungen auf geregelte bakterielle Schaderreger
Geregelte Pflanzenschädlinge gemäß neuer EU-Verordnung
Im Zusammenhang mit phytosanitären Kontrollen von Pflanzen-Sendungen für Im- und Export, sowie im Rahmen von Monitorings, Kontrollen von Pflanzenbeständen und auftretenden Verdachtsproben wurden in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von IPS 4 (Pflanzengesundheit und Quarantäne) auch 2019 regelmäßig Proben auf bakterielle Quarantäne-Schaderreger bzw. andere geregelte Schädlinge gemäß neuer Pflanzengesundheitsverordnung untersucht.
Gemäß der neuen EU-Durchführungsverordnung 2016/2031 über Maßnahmen zum Schutz vor Pflanzenschädlingen („Pflanzengesundheitsverordnung“) gibt es seit Dezember 2019 die Kategorien Unionsquarantäneschädlinge, Prioritäre Schädlinge, Unionsgeregelte Nicht-Quarantäneschädlinge (RNQPs) und Schutzgebiet-Quarantäneschädlinge, die alle eine genaue Identifizierung eines vorliegenden Schaderregers erfordern. Gegebenenfalls kommen hierzu etwaige neue Schädlinge, die abhängig von ihrem Schadpotential ebenfalls als Unionsquarantäneschädlinge behandelt werden müssen. Solche Erreger unterliegen amtlichen Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahmen, die verhindern sollen, dass bestimmte Erreger von Pflanzenkrankheiten in die EU eingeschleppt oder dort verbreitet werden bzw. bei Befall erhebliche wirtschaftliche Schäden an Pflanzen zum Anpflanzen verursachen können.
Nachweis geregelter Pflanzenschädlinge – Schwerpunkte 2019
Zoombild vorhanden
Xanthomonas arboricola pv. corylina in Blättern und Hüllblättern der Haselnuss
Einen Schwerpunkt bildeten auch 2019 die Untersuchungen von Kartoffeln in enger Zusammenarbeit mit IPS 4b (Pflanzgut, Speise- und Wirtschaftskartoffeln, Zuchtmaterial) auf die Erreger der Schleim- (Ralstonia solanacearum) und Ringfäule (Clavibacter michiganensis subsp. sepedonicus), von Kernobstgehölzen auf den weithin bekannten „Feuerbrand“ (Erwinia amylovora), sowie von Mais-Saatgut (Ein- und Ausfuhr) auf den Erreger der Bakterienwelke Pantoea stewartii subsp. stewartii. Zahlreiche Haselnuss-Sträucher wurden auf Xanthomonas arboricola pv. corylina untersucht. Obstgehöze (Gattung Prunus) mussten für den Export auf Xanthomonas arboricola pv. pruni bzw. das gefürchtete Feuerbakterium Xylella fastidiosa untersucht werden. Insgesamt wurden im Labor von IPS 2b 2019 330 Untersuchungen auf geregelte Schädlinge durchgeführt, davon 190 auf Schleim- und Ringfäule, und die Ergebnisse an die zuständigen Kollegen von IPS 4 weitergeleitet.
Im Jahr 2019 konnte neben regelmäßigen Funden des Schleimfäuleerregers Ralstonia solanacearum in Gewässerproben folgende geregelte Schädlinge nachgewiesen werden:
- Feuerbrand der Obstgehölze – mit insgesamt 19 positiven Befunden (33% der auf Feuerbrand untersuchten Proben) ein vergleichsweise schwaches Auftreten (2018: 56%)
- Xanthomonas arboricola pv. corylina, mit 25 positiven Befunden bei 30 untersuchten Proben
- Xanthomonas euvesicatoria an Paprika, mit 2 positiven Befunden bei 4 untersuchten Proben
Die drei genannten Erreger gelten gemäß der neuen Pflanzengesundheitsverordnung zwar nicht mehr als Quarantäneschaderreger in engeren Sinne, sind im Sinne der Verordnung bei Vermarktung und Einfuhr dennoch als "geregelt" zu betrachten, so dass bestimmte Toleranzgrenzen für Befall eingehalten werden müssen. Sie fallen nun dementsprechend unter die Bezeichnung "Geregelte Nicht-Quarantäne Schädlinge" (RNQPs).
Erstnachweis von Xanthomonas euvesicatoria an Paprika in Deutschland
An Paprika-Jungpflanzen der Sorte "Jalapeno" wurden im Frühjahr 2019 in einem süddeutschen Betrieb massive Blattsymptome (Blattflecken) beobachtet, die auf Befall durch bakterielle Schaderreger hindeuteten. In den typischen Blattnekrosen konnte mittels spezifischer PCR Xanthomonas euvesicatoria nachgewiesen werden. Außerdem konnten Bakterienstämme isoliert werden, die anschließend mittels Sequenzanalyse eindeutig als X. euvesicatoria identifiziert werden konnten. An dem vom Betrieb zugekauften Saatgut der betroffenen Partie konnte der Erreger mittels PCR und Isolierung ebenfalls zweifelsfrei nachgewiesen werden.
In Infektionstests an gesunden jungen Paprikapflanzen konnte die Pathogenität der isolierten Bakterienstämme bestätigt werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand stellt dies (neben einem nicht mehr genau identifizierbaren Befund aus der ehemaligen DDR im Jahre 1988) den ersten Nachweis dieses als RNQP gelisteten Erregers in Deutschland dar. Der Befall wurde inzwischen gemäß geltender Vorschriften getilgt.
Xanthomonas euvesicatoria-Befall an Paprika-Jungpflanzen (Foto: Wensauer)
Symptome an Paprikablättern nach künstlicher Infektion
Syndrome Basses Richesses (SBR) der Zuckerrübe auch in Bayern nachgewiesen
Symptome und Bedeutung der Krankheit
Erstmals konnte 2019 der Erreger des sogenannten „Syndrome Basses Richesses“ (SBR) (= „Syndrom der niedrigen Zuckergehalte“) an Zuckerrüben in Bayern nachgewiesen werden. Der genaue Verlauf sowie die Ursachen dieser Erkrankung, die zu 3-5% verringerten Zuckergehalten führen kann, sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Ursächlich beteiligt zu sein scheint das Bakterium Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus, ein nicht kultivierbares, phloembesiedelndes ɣ-Proteobakterium, das durch den Fraß der Larven und Adulten der Schilf-Glasflügelzikade (Pentastiridius leporinus) übertragen wird.
Typische Symptome sind eine allgemeine Vergilbung der Schläge, lanzettlich geformte junge Blätter sowie nekrotische Verfärbungen im Bereich der Gefäßbündelringe. Das phytosanitäre Risiko dieser Erkrankung für Deutschland ist laut einer Risikoanalyse des Julius-Kühn-Instituts hoch, sie wird als wirtschaftlich relevant eigeschätzt; in Frankreich hat SBR zur Einstellung des Zuckerrüben-Anbaus in bestimmten Gebieten geführt. Zum ersten Mal festgestellt wurde die Krankheit 1991 im Burgund/ Frankreich, 2007/2008 erfolgte dann der Erstnachweis in Deutschland (Heilbronn).
Nachweis des Erregers
Da es sich um einen Erreger handelt, der nicht auf Nährmedien kultiviert werden kann, kann ein Nachweis ausschließlich über kulturunabhängige Methoden erfolgen, in diesem Fall mittels spezifischer PCR, die im Rahmen von Studien zu dieser Erkrankung in Frankreich entwickelt und am Institut für Zuckerrübenforschung in Göttingen weiterentwickelt wurde. Im Verlauf der Untersuchungen an der LfL wurde dieser PCR-Assay weiter verbessert und mit Hilfe von externen Proben aus Sachsen-Anhalt verifiziert. An insgesamt 61 bayerischen Proben, die 2019 in unserem Labor untersucht wurden, konnte der Erreger 26x nachgewiesen werden. Die positiven Proben stammten alle aus dem Bereich Unterfranken, schwerpunktmäßig aus Gebieten an der Grenze zu Baden-Württemberg.
Bachelorarbeit: Bakterielle Blattflecken der Petersilie
Im Rahmen ihrer Bachelorarbeit hat sich Frau Verena Ratzinger (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Frau Prof. B. Zange) mit bakteriellen Blattflecken der Petersilie befasst, einer Erkrankung, die seit langem bekannt ist und die auch 2019 immer wieder aufgetreten ist. Insbesondere wegen der schwierigen Differenzierung von der durch pilzliche Erreger ausgelösten Septoria-Krankheit sind Anbauer an einer genauen Diagnose von Blattsymptomen an Petersilie interessiert.
Ziel der Arbeit war es herauszufinden, ob neben den bekannten Blattflecken-Verursachern Pseudomonas viridiflava und Ps. syringae auch die ebenso häufig isolierte Art Erwinia persicina solche Schäden auslösen kann. Erwinia persicina wird relativ häufig und an den verschiedensten Wirtspflanzen in oder auf Blattgewebe nachgewiesen, so auch immer wieder an Petersilie. Zwar ist die Art an einer rosafarbenen Fäule der Wurzelpetersilie beteiligt (siehe Jahresberichte 2017 und 2018), ein Beweis für ihre Rolle als Verursacher von Blattschäden steht bei den meisten Wirtspflanzen inkl. Petersilie jedoch noch aus.
In den Versuchen von Frau Ratzinger konnte gezeigt werden, dass E. persicina tatsächlich auch an Blatterkrankungen der Petersilie beteiligt sein könnte: wenn die Art gemeinsam mit Ps. syringae auf die Blätter aufgebracht wurde, kam es zu einer signifikanten Verstärkung der Symptome im Vergleich zur Variante mit Ps. syringae alleine. Erwinia alleine hingegen verursachte keine Symptome.
Die Ergebnisse zeigen, dass es zwischen allgegenwärtigen Blattbesiedlern wie Erwinia persicina und phytopathogenen Bakterien wie Pseudomonas zu Interaktionen kommt, die den Krankheitsverlauf entscheidend beeinflussen können. Solche Synergien sind im Bereich der Phytobakteriologie noch weitgehend unerforscht.
Qualitätsmanagement, Akkreditierung und Verbesserung von Nachweismethoden
Im Rahmen der Qualitätssicherung in den Laboren der LfL ist das bakteriologische Diagnoselabor seit 2017 in der Lage, die Untersuchungen auf praktisch sämtliche bedeutende bakterielle Quarantäneschadorganismen mittels durch die DakkS (Deutsche Akkreditierungsstelle) akkreditierter Prüfverfahren durchzuführen. Dies entspricht den Anforderungen der EU, wonach eine Akkreditierung nach DIN EN ISO/IEC 17025 für alle Labore verpflichtend ist, die amtliche Kontrollen und Tests im Bereich Pflanzengesundheit durchführen. Die Akkreditierung stellt sicher, dass ein Labor den maßgeblichen Richtlinien zur Qualitätssicherung folgt, d.h. dass Analysen stets richtig durchgeführt werden. Akkreditierte Verfahren im bakteriologischen Labor beinhalten klassische mikrobiologische ebenso wie antikörperbasierte (serologische) und molekularbiologische (PCR-) Methoden, sowohl für den Nachweis in Pflanzen als auch für die genaue Identifizierung von Bakterien-Reinkulturen.
Zuletzt wurde im Jahr 2018 im Zuge einer großen Reakkreditierungsbegutachtung durch die DAkkS die Akkreditierung des Diagnoselabors von IPS 2b bestätigt.
Aufgrund der oben genannten Verpflichtung bzw. unseres Anspruches, die verwendeten Nachweismethoden für Bakterien ständig zu verbessern und zu aktualisieren, werden in unserem Labor ständig neue Verfahren etabliert bzw. hinsichtlich Nachweisempfindlichkeit und rationellem Zeit- und Ressourceneinsatz optimiert.
Im Sinne des Qualitätsmanagements ist es dabei entscheidend, dass die eingesetzten Verfahren hinreichend validiert und verifiziert werden, und sich somit als geeignet erweisen, den gesuchten Schaderreger unter den spezifischen Bedingungen in unserem Labor eindeutig zu diagnostizieren. Insbesondere molekularbiologische Tests (PCR-gestützte Tests) ermöglichen heute die spezifische und eindeutige Diagnose fast sämtlicher relevanter Schaderreger und werden nach und nach in unserem Labor etabliert und validiert.