Inklusion beginnt im Kopf
Für Viktor Merklinger, Geschäftsführer vom Langlebenhof in Passau, ist klar: "Inklusion beginnt im Kopf". Er beschäftigt seit vielen Jahren Menschen mit Beeinträchtigung. Sie helfen mit auf dem Feld, bei der Weiterverarbeitung der Produkte und im Verkauf. Merklinger schätzt ihren Einsatz. Er beschreibt ihren Charakter als ehrlich, sensibel und loyal. Einen Betreuer sehen sie mehr als Familienmitglied. Echtes Interesse und Aufmerksamkeit gegenüber den Menschen mit Beeinträchtigung findet er daher wichtig. Er sieht die Inklusion auf seinem Betrieb als Bereicherung. Das Betriebsklima habe sich auf gute Weise verändert, der Umgang miteinander sei aufmerksamer und aufgeschlossener geworden.
Inselbegabungen erkennen
Wichtig und vielleicht die schwierigste Aufgabe sei es aber, die Begabungen des Mitarbeiters zu erkennen und herauszufiltern. Oft sind es sogenannte Inselbegabungen oder Teilleistungsfähigkeiten, für die der richtige Arbeitsplatz gefunden werden muss. Dann sind gute Leistungen und ein hohes Maß an Eigenständigkeit möglich. Sein Rat an landwirtschaftliche Betriebe: Einfach ausprobieren und Unterstützung suchen. Der Staat fördert solche Arbeitsplätze. Bei Arbeitgebern und Menschen mit Beeinträchtigungen ist das jedoch oft zu wenig bekannt.
Lernprozess
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Menschen mit Beeinträchtigung kommunizieren auf unterschiedliche und vielleicht auch ungewohnte Weise, sagt Diplomsozialpädagogin Ines Schicht. Als Kommunikationsberaterin begleitet und berät sie seit vielen Jahren Menschen mit Behinderung, deren Angehörige und Mitarbeiter in Einrichtungen der Behindertenhilfe. Eine gute Kommunikation, so Schicht, erfordere einen fortlaufenden Lernprozess auf beiden Seiten. Darauf sollte sich der Betrieb einstellen. Ansonsten kann das Miteinander schwierig werden. Denn erst Kommunikation gibt die Möglichkeit, etwas abzulehnen und sich zwischen Optionen zu entscheiden. Für eine gute Zusammenarbeit und für das Gefühl, wirklich eingebunden zu sein, sei dies enorm wichtig. Entscheidungen sollte man dem Menschen mit Beeinträchtigung daher möglichst nicht einfach abnehmen, weil es schneller geht oder man meint, es besser zu wissen. Hilfreicher sei es, herausfinden, was der Mitarbeiter braucht, um seine Entscheidungen selbst treffen zu können.
Wo findet der Betrieb passende Mitarbeiter?
Im günstigsten Fall ergeben sich erste Kontakte aus dem näheren Bekannten- und Freundeskreis. Ansonsten kann es schwierig werden, einen passenden Mitarbeiter zu finden. Vorrangig können staatliche Stellen, die sogenannten Integrationsfachdienste (IFD) der Kostenträger für berufliche Rehabilitation, weiterhelfen. Sie beraten und vermitteln bei der Suche. Meist kommen Beschäftigte einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) in Frage, die die Werkstatt verlassen und lieber in einem “regulären“ Betrieb arbeiten wollen. Oder Abgänger von Förder- und Sonderschulen. Die Art der Beeinträchtigung kann dabei sehr unterschiedlich sein. Häufig sind es leichte bis mittlere Lernstörungen, soziale Verhaltensauffälligkeiten oder auch das Down-Syndrom.
Impulse geben
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Der Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt, zum Beispiel in den landwirtschaftlichen Betrieb, verlangt den Menschen mit Beeinträchtigung einiges an Mut und Anstrengung ab. Manchmal auch gegen äußere Widerstände. Nicht immer unterstützen Betreuer oder die Familie den Wunsch nach einem solchen Wechsel. Außerdem lassen die Mitarbeiter ein gutes Stück Sicherheit zurück, wenn sie z.B. die Rundumbetreuung einer WfbM und damit auch über lange Zeit gewachsene soziale Kontakte aufgeben. In der Praxis heißt das, dass auch im Umfeld jemand die Beschäftigung wollen und fördern muss. Es braucht jemanden, der immer wieder anstößt, Impulse gibt und weiter motiviert. Das kann ein Familienmitglied sein, ein Betreuer, eine gute Beratungsstelle oder der Betriebsleiter selbst.