Zukunftsplan für Urlaub auf dem Bauernhof in Bayern

Photo Bergbauernhof

Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Angebots und zur Vermarktung auf Basis einer Marktanalyse 2013/2014

Der Zukunftsplan für Urlaub auf dem Bauernhof in Bayern, der von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Auftrag gegeben wurde, enthält vielfältige Empfehlungen und konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung des Angebotes und der Vermarktung sowie betrieblich übergreifende Aspekte, um Urlaub auf dem Bauernhof-Betrieben auf ihrem Weg in die Zukunft eine möglichst gute Unterstützung zu bieten.

Im Rahmen der großen Trends, wie Globalisierung, Urbanisierung und Digitalisierung wächst bei vielen Menschen das Bedürfnis nach authentischen Erlebnissen und echten Begegnungen. Urlaub auf dem Bauernhof-Betriebe haben darauf mit ihren Stärken eine gute Antwort. Sie bieten vielfach eine ganz besondere Lage umgeben von eindrucksvollen Naturlandschaften. Der Ablauf am Bauernhof hat eine klare Struktur, die der Notwendigkeit der Tiere und des Jahresverlaufs folgt. Das Bauernhoferlebnis, der Kontakt mit den Tieren und der Natur, die Chance mithelfen zu können sind starke Sehnsuchtspunkte für viele Urlauber.

Andererseits sehen sich die Urlaub auf dem Bauernhof-Betriebe mit einem dynamischen Wandel konfrontiert. Zum einen geht es um eine spürbare Änderung der europäischen Agrarpolitik und zum anderen um sich ändernde Wettbewerbsbedingungen im Bereich des Tourismus. Aufgrund des demographischen Wandels bemühen sich zunehmend hoch spezialisierte Anbieter um einen schrumpfenden Markt der Traditionszielgruppe der Familien mit Kindern. Das attraktive Marktsegment "Naturerlebnis und Authentizität" hat in den letzten Jahren eine große Bandbreite von neuen Anbietern aufgebracht: Von den komfortablen Hüttendörfern mit perfekt inszenierter Landidylle bis hin zu den privaten Anbietern, wie z.B. AirBnB, die eine große Nähe zu den Gastgebern und einen intensiven Kontakt zu deren täglichen Leben ermöglichen.

Vor diesem Hintergrund gab das Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur, Arbeitsbereich "Tourismus im ländlichen Raum - Bauernhof und Landurlaub" eine Marktanalyse Urlaub auf dem Bauernhof in Auftrag. Die Durchführung übernahm das Alpenforschungsinstitut GmbH in enger Zusammenarbeit mit der Hochschule München, Fakultät für Tourismus. Die Ergebnisse sollten eine Datengrundlage für die staatliche Beratung und Qualifizierung für eine effektive und effiziente Begleitung des Bereichs Urlaub auf dem Bauernhof in Bayern bilden und künftige Strategien zur Weiterentwicklung und Professionalisierung ausarbeiten.

Aufbau der Untersuchung

Die Marktanalyse basiert auf einer von der Landesanstalt für Landwirtschaft zur Verfügung gestellten Liste von 4640 bayerischen Urlaub auf dem Bauernhof-Betrieben, die im Internet und Katalogen gefunden wurden. Daraus wurden 720 Adressen für eine erste quantitative Untersuchung nach einem mehrfach geschichteten Auswahlverfahren gezogen. Dabei zeigte es sich, dass zu knapp zehn Prozent der ausgewählten Betriebe über das Internet keinerlei Informationen zu ermitteln waren. Diese wurden dann nicht weiterverfolgt. Hochgerechnet ist damit von einer Grundgesamtheit von 4193 am Markt befindlichen Urlaub auf dem Bauernhof-Betrieben in Bayern auszugehen, die im Internet werben.

Die ausgewählten Betriebe wurden auf Grund des Internetauftritts analysiert und hinsichtlich Typ, Anzahl und Größe der angebotenen Einheiten, Sterneklassifizierung, Betriebstyp, Art des Bauernhofes, Ausstattung des Betriebes, Zielgruppenansprache usw. ausgewertet. In einem zweiten vertiefenden Analyseschritt wurden dann Betriebe vor Ort befragt und im Rahmen von längeren persönlichen Gesprächen gebeten, Auskunft über ihre Arbeit als Vermieterbetrieb zu geben. Für die Analyse der Vermarktungsstrukturen wurden Interviews mit Experten aus dem In- und Ausland geführt. Um sicherzustellen, dass praxisrelevante Themen bearbeitet und die gefundenen Ergebnisse richtig interpretiert werden, wurden Workshops unter Hinzuziehung von Akteuren und Experten von Urlaub auf dem Bauernhof und der Bayern Tourismus Marketing GmbH durchgeführt.

Struktur des Angebots der Urlaub auf dem Bauernhof-Betriebe in Bayern

Balkendiagramm: Die Verteilung der Urlaub auf dem Bauernhof Betriebe in Bayern hat sich seit 2002 verschoben. So liegen mittlerweile 38 % der Betriebe in Oberbayern. 2002 lag diese Zahl erst bei 29 %.Zoombild vorhanden

Abbildung 1: Verteilung der Urlaub auf dem Bauernhof-Betriebe

Bayern ist unangefochtener Marktführer im Segment Urlaub auf dem Bauernhof auf dem deutschen Markt, aber auch weit darüber hinaus. Die Anzahl der Urlaub auf dem Bauernhof-Betriebe in Bayern ist jedoch trotz des grundsätzlich positiven Marktumfeldes rückläufig. Von den über 7.000 Betrieben der Marktanalyse 2002 sind 2013 nur noch rund 4.200 am Markt auffindbar. Das hat vielfältige Gründe wie z.B. der Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe allgemein, Hofnachfolge, Umwidmung der Gästeunterkünfte u.v.m.
Von den 4.193 Urlaub auf dem Bauernhof-Betrieben in Bayern, die im Internet als solche erkennbar sind, liegen mehr als ein Drittel der Betriebe in Oberbayern (38 Prozent), ein Viertel der Betriebe im Allgäu, 22 Prozent in Ostbayern und 15 Prozent in Franken (siehe Abbildung 1). Der Vergleich mit der Marktanalyse 2002 zeigt, dass sich die regionale Verteilung in Bayern deutlich zugunsten der Region Oberbayern verschoben hat.

Art der Unterkünfte

Die überwiegende Mehrheit der Betriebe bietet Ferienwohnungen (89 Prozent) an, Betriebe ausschließlich mit Gästezimmern sind mit 11 Prozent relativ selten. 40 Prozent der Betriebe haben sieben bis 12 Betten, bereits ein Viertel verfügt heute über mehr als 18 Betten (26 Prozent). Kleine Betriebe mit bis zu sechs Betten sind eindeutig in der Minderheit (11 Prozent).

Klassifizierung

Die Urlaub auf dem Bauernhof-Betriebe setzen auf Qualität – so sind 42 Prozent der Betriebe mit Sternen klassifiziert, die Mehrzahl liegt im drei und vier Sterne-Bereich. Nimmt man Betriebe mit Güte- und Qualitätssiegeln (z.B. Blauer Gockel, DLG, Wanderbares Deutschland) ist der Anteil der klassifizierten Betriebe dort mit 76 Prozent noch deutlich höher.

Zielgruppen

Bei 67 Prozent der Betriebe ist im Internetauftritt eine Zielgruppenorientierung mehr oder weniger deutlich ableitbar. Über die Hälfte der Betriebe spricht Familien mit Kindern an, weitere wichtige Zielgruppen sind Aktivurlauber (22 Prozent), Wellness/ Gesundheitsurlauber (acht Prozent) und Reiter (acht Prozent).

Freizeitangebote am Hof

Freizeitangebote auf dem Betrieb werden im Internet von knapp 60 Prozent der Betriebe genannt: Fast die Hälfte der Betriebe nennen Mitarbeit auf dem Hof (42 Prozent), weitere "Bauernhoferlebnisse" werden von einem Fünftel der Betriebe angeboten. Freizeitangebote für Familien mit Kindern sind ebenfalls relativ häufig (32 Prozent), seltener sind Reiten (14 Prozent), Wellness- und Gesundheitsangebote (12 Prozent) und Aktivurlaub (neun Prozent der Betriebe).

Die Marktanalyse zeigt, dass sich das Feld der Anbieter sehr unterschiedlich entwickelt hat. Ganz grob können die Anbieter in drei Kategorien unterschieden werden:

  • Das Top-Segment, das sich intensiv und konsequent weiter entwickelt.
  • Die Mittelklasse, die ein solides "Urlaub auf dem Bauernhof"-Erlebnis bietet.
  • Als dritte Kategorie sind die eher passiv agierenden Betriebe zu nennen, die einmal investiert haben und zur Saison "ihre" Gäste haben, aber weder ihr Angebot weiter entwickeln noch im Markt aktiv auftreten.

Handlungsempfehlungen im Rahmen der Marktanalyse Urlaub auf dem Bauernhof

Aufgrund der Befragungen werden unter dem Motto "Keine Zeit inne zu halten - Die Zukunft aktiv gestalten" eine Reihe von Empfehlungen entlang der sogenannten Customer Journey gegeben und auf betriebliche Aspekte bzw. auf Empfehlungen für Marketing und Vertrieb eingegangen.

Klare Profilierung der Anbieterbetriebe auf das Thema "Urlaub auf dem Bauernhof".

Auseinandersetzung mit der Prozessgestaltung aus Gästesicht: Was erwartet den Gast vor, während und nach der Reise?

Die Gestaltung eines begeisternden Angebots ist die Kernaufgabe. Qualität, Zielgruppenorientierung, die persönliche Annahme der Gäste und das Bauernhoferlebnis sind die Grundpfeiler.

Hoher Anteil der Betriebe mit eigener Website – jedoch mit Verbesserungspotential! Zusätzlich sollten auch neue Plattformen (Bewertungs-, Video- und Fotoportale sowie Blogs) bedient werden.

Entwicklung einer unternehmerischen Haltung: Für was steht der Betrieb? Was soll erreicht werden? Wie können private und wirtschaftliche Ziele vereinbart werden?

Aufbau eines umfassenden Qualitätsverständnis. Hierzu gehören Weiterbildungen, Investitionen mit Auswirkungen auf Preise und Belegtage und eine kontinuierliche Innovation des Bauernhoferlebnis.

Kalkulation und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung als Basis der Preisfindung nutzen. Hier bieten sich die Deckungsbeitragsrechnungen der LfL an, die auf aktuellen Kenndaten als Vorgabewerten basieren.

Kooperationen als strategische Partnerschaften verstehen: Die vielfältigen Herausforderungen können im Verbund vielfach effektiver angegangen werden.

Ausschöpfen des hohen Marktpotentials ist die erste Priorität in der Vermarktung. Die Bündelung der Marketing-Mittel auf der Landesebene und eine klare Aufgabenteilung zwischen der regionalen und bayernweiten Ebene ist dazu erforderlich.

Der "Blaue Gockel" des Landesverbands Bauernhof- und Landurlaub ist das Zugpferd der Vermarktung.

Ausbau der Kooperationen mit den regionalen Tourismusorganisationen und externen Vertriebspartnern.

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Bildnachweis:
Kopfbild, Foto: www.bayern.by - Bernhard Huber