Vielfalt durch Bodenleben – Hofporträt Braun
Der Biolandhof Braun in Freising wird seit 1988 nach den Richtlinien des Bioland-Verbandes ökologisch bewirtschaftet. 2018 wurde eine Hofgemeinschaft, bestehend aus drei Familien, gegründet, die den Betrieb gemeinsam führt. Betriebsschwerpunkte sind Milchviehhaltung, Hofkäserei, Ackerbau, Saatguterzeugung, Legehennenhaltung, Hähnchen- und Schweinemast, Agroforst sowie Imkerei.
Im Ackerbau setzt die Gemeinschaft auf leichte Maschinen, eine siebengliedrige Fruchtfolge, Mischfruchtanbau und eine ganzjährige Bodenbedeckung. Sie verzichtet auf eine bodenwendende Bearbeitung. Die behornten Milchkühe stehen in einem Tretmiststall, einer gut durchdachten Altbaulösung. Im Sommer können sie zwischen Heu im Stall und Gras auf der Weide frei wählen. Die Produkte werden ab Hof, im eigenen Laden in München und über regionale Wiederverkäufer vermarktet. Ein Großteil wird im eigenen Catering-Betrieb und in der Hofkäserei veredelt.
Interview mit Betriebsleiter Sepp Braun
"Wenn wir Menschen uns vielfältig ernähren, sind wir gesund. Das Gleiche gilt für das Bodenleben – vom Regenwurm bis zum Einzeller."
Transkript des Interviews
Interview zum Thema Bodenleben
Ich bin der Sepp Braun, habe einen Bioland-Betrieb südlich von Freising. Wir haben im Betrieb drei Schwerpunkte: das eine ist die Tierhaltung mit Milchvieh, paar Schweine, Hühner und mit einer intensiven Direktvermarktung. Der zweite Schwerpunkt ist der Ackerbau: verschiedene Getreidesorten, Wiesenblumen, Gewürz-, Kräuter- Saatgutvermehrung. Und der dritte Schwerpunkt ist die Energieerzeugung, mit einer Holzgasanlage und Agroforst.
Herr Braun, was ist das Besondere an Ihren Böden?
Das Besondere ist, dass wir von Isar-Schwemmlandböden bis Kalk-Schotter-Böden, die am Ende der Münchner Schotterebene liegen, bis hin zu anmoorig-tonigen Lehmböden und Moosböden eine große Vielfalt haben. Aber das macht's auch spannend, weil die ganz unterschiedlich sind und man mit jedem Boden ein bisschen anders umgehen muss.
Warum ist der Erhalt des Bodenlebens aus Ihrer Sicht wichtig für die Biodiversität?
Weils inzwischen auch wissenschaftliche Belege dafür gibt, dass wenn die Vielfalt, zum Beispiel die Pilze im Boden wieder im richtigen Maß vorhanden sind, dass das die Grundlage ist, zum Beispiel für artenreiches Grünland. Wenn die Artenvielfalt im Boden zerstört ist, dann verschwindet auch die Artenvielfalt im Grünland.
Jetzt ist ja Artenvielfalt wieder ein aktuelles Thema - Wie wird das Thema Boden in letzter Zeit wahrgenommen, gewinnt es an Bedeutung?
Ja nachdem ich mich jetzt seit 32 Jahren, mit dem Thema Boden leidenschaftlich beschäftige und ich oft gedacht habe: naja, der Boden, der interessiert keinen Menschen - geht jetzt ein richtiger Hype los, weil man merkt, dass man tatsächlich über den Humusaufbau CO2 in den Boden rückbinden kann und das ist ja eine dieser ganz wenigen Chancen, um den Klimawandel aufzuhalten.
Welche Vorteile sehen Sie grundsätzlich für Landwirte, die Maßnahmen zum Erhalt des Bodenlebens oder der Bodenfruchtbarkeit umsetzen?
Wenn ich die Böden wieder lebendig mach, also Humus aufbaue, heißt das, dass die Wasserhaltefähigkeit sich verbessert, die Nährstoffhaltefähigkeit verbessert sich und umso weniger abhängig bin ich als Bauer von Düngemitteln.
Neben dem lebendigen Boden, wie fördern Sie auf Ihrem Betrieb sonst noch die Artenvielfalt?
Da gibt’s natürlich eine ganze Reihe an Maßnahmen - dass ich vor zwölf Jahren angefangen hab mit Agroforst. Das andere ist, dass ich sehr lange schon in meinem Ackerbau keine Monokultur mehr hab. Ich hab eine Kleegras-Kräutermischung, wo eben vor jedem Schnitt Blühpflanzen blühen. Es geht aber nicht nur um die blütenbestäubenden Insekten, sondern es geht natürlich genauso drum, mein Bodenleben - vom Regenwurm bis zum Einzeller - dass wir die wieder vielfältig ernähren. Das ist ähnlich wie bei uns Menschen: wenn wir uns vollwertig ernähren, dann sind wir gesund. Das Gleiche müssen wir mit dem Boden machen.
Was macht Ihnen bei der Arbeit als ökologischer Betrieb am meisten Freude?
Dass wir mit dem Biolandbau einen Weg haben, wo wir versuchen, die Gesetzmäßigkeiten der Natur wieder zu verstehen – ja, was haben meine Mitgeschöpfe, mein Boden, meine Pflanzen, meine Tiere für Bedürfnisse und wie kann ich denen wirklich gerecht werden.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft?
Wir müssen den Biolandbau aus meiner Sicht nochmal neu denken. Wenn wir die Herausforderungen – Klimaschutz, Artenschutz – wirklich lösen wollen, dann müssen wir uns gemeinsam Gedanken machen, und zwar Bio und Konventionell: wie können wir in unserem Böden wieder Humus aufbauen, wie können wir die Atmosphäre abkühlen, wie können wir das Wasser wieder sauber halten, wie können wir die Artenvielfalt stabilisieren.
Und ich bin auch überzeugt, diesen Wandel zu einem wesensgemäßen Umgang mit der Natur, mit der Schöpfung, den schafft die Landwirtschaft nie alleine, dazu brauchen wir einen gesellschaftlichen Wandel. Und die Zeit, da was zu verändern, war noch nie so gut wie jetzt.
Tiefgräber wie der Tauwurm sammeln Pflanzenreste an der Bodenoberfläche ein und ziehen diese in ihre Röhren. Foto: Biolandhof Braun
Vielfalt durch Bodenleben im ökologischen Landbau
Bodentiere, -Mesofauna, -Pilze und -Mikroorganismen sind essenziell für Bodenfruchtbarkeit und Ertragssicherheit, sie sind aber auch an anderen Ökosystemdienstleistungen wie dem Abbau von Schadstoffen und damit dem Schutz des Grundwassers beteiligt.
Ihre Artenzusammensetzung und -häufigkeit hängt von den Standortbedingungen und von der Bewirtschaftungsweise ab. Der ökologische Landbau fördert durch organische Düngung, Kompostanwendung und die große Vielfalt von Kulturarten in der Fruchtfolge ein vielfältiges Bodenleben. Auch der Verzicht auf Herbizide und auf chemisch-synthetische Insektizide, Fungizide und Schneckenbekämpfungsmittel trägt dazu wesentlich mit bei.
In den landwirtschaftlich genutzten Böden in Bayern sind insgesamt 25 Regenwurmarten nachgewiesen
Regenwürmer durchmischen, durchlüften und lockern den Boden. Eine artenreiche Bodenmesofauna wie Springschwänze, Raub- und Hornmilben sowie vielfältige Bodenpilze reichern den Mineralboden mit Humus an und erhöhen so seine Fähigkeit, Wasser zu speichern.
BioRegio Betriebsnetz Bayern
Der vorgestellte Betrieb engagiert sich im BioRegio Betriebsnetz Bayern. Dabei handelt es sich um einen bayernweiten Verbund aus 100 langjährig ökologisch wirtschaftenden und vorbildlich geführten Betrieben, die einen vertieften Einblick in die Ökolandbaupraxis ermöglichen. Die Betriebe sind regionstypisch und dennoch vielfältig aufgestellt. Zudem fördert das Betriebsnetz den Wissenstransfer zwischen Landwirten.
BioRegio Betriebsnetz
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