Kulturlandschaft und Biodiversität
Aufbau und Qualität eines Streuobstbaumes

Ein Obstbaum besteht - anders als bei unseren Wildgehölzen - aus mindestens zwei Teilen: der Unterlage (Wurzel) und der Edelsorte.

Das kommt daher, dass die meisten Obstsorten durch Aussaat nicht sortenecht nachgezogen werden können.

Deshalb werden die meisten Obstgehölze über Veredelung auf vegetative Art sortenrein weitervermehrt. Dabei wird eine Knospe ("Auge") oder ein Trieb ("Edelreis") von der gewünschten Edelsorte (z. B. Boskoop) mit der gewünschten Unterlage (z. B. Bittenfelder Sämling) verbunden.
In der Regel bilden 3 - 4 Leitäste (L) mit dem Mitteltrieb (M) das Grundgerüst der Obstbaumkrone.
Daraus wachsen dann die Fruchtäste (F) mit dem Fruchtholz.
An der Veredelungsstelle ist die Unterlage mit der Edelsorte verwachsen.

Veredelung

Verschiedene Möglichkeiten der VeredelungZoombild vorhanden

Verschiedene Möglichkeiten der Veredelung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie und wo die Veredelung erfolgen kann:
In der Regel erfolgt heute die Veredelung am Wurzelhals (Bild a).
Zum Teil werden bei Hochstämmen zusätzlich Stammbildner zwischen Unterlage und Edelsorte veredelt (Bild b). Das ist wichtig, wenn zum Beispiel die jeweilige Edelsorte keinen geraden oder einen frostempfindlichen Stamm produziert oder wenn eine Unverträglichkeit zwischen der Unterlage und der Edelsorte besteht.
Es ist auch eine Veredelung im Kronengerüst möglich, zum Beispiel beim nachträglichen Umveredeln (Bild c).
Vereinfachend kann gesagt werden:

Die Unterlage gibt die Standfestigkeit, Höhe und Wüchsigkeit der späteren Pflanze vor, das Edelreis bzw. die veredelte Sorte definiert die Blatt-, Blüten- und Fruchteigenschaften.

Für Obsthochstämme im Streuobstbau werden nur starkwüchsige Unterlagen verwendet, in der Regel Sämlingsunterlagen, im geringeren Umfang auch vegetativ vermehrte Typenunterlagen. Bei Apfel zum Beispiel die Sämlingsunterlage ‚Bittenfelder Sämling' und als Typenunterlage die Unterlage ‚A 2‘. Diese sind standfest, frosthart, robust, haben geringere Bodenansprüche und können sehr alt werden.
Nachteile: die Bäume kommen später in den Ertrag und alternieren, das heißt, sie können nach einem Jahr mit hohen Erträgen im Folgejahr deutlich geringere Erträge liefern.

Qualitätsvorgaben für Streuobstbäume

(nach Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL, 2020): Technische Lieferbedingungen für Baumschulpflanzen (Gütebestimmungen) (TL-Baumschulpflanzen)

Streuobstbäume müssen zur Pflanzung folgende Qualitätskriterien erfüllen. Dies sind im Wesentlichen:

  • Veredelungsunterlage: Sämling oder stark wachsende vegetativ vermehrte Unterlage
  • Sortenrein
  • Bei Stammhöhe ab 180 cm ( = Hochstämme):
    • Stammumfang in 1 m
    • Stammhöhe: Kern- und Steinobst: mindestens 7 cm, Walnuss, Wildobst: 8-10 cm
  • Bei Stammhöhe von 140 - <180 cm ( = Halbstämme):
    • Stammumfang in 60 cm
    • Stammhöhe: Kern- und Steinobst: mindestens 6 cm
  • Stamm gerade und mangelfrei
  • Krone bestehend aus mindestens 3 starken Seitentrieben plus dem Leittrieb ("Mitteltrieb" oder "Mitte").
  • Die Veredlungsstelle muss sich mindestens 10 cm über den Wurzelansätzen befinden.
  • Virusstatus: Standard-Obstbäume (CAC-Material) oder zertifiziert virusfreie Obstbäume
    Die Problematik des Virusstatus bei Obstbäumen für den Streuobstanbau ist nicht jedem geläufig. Denn es gibt – anders als im Erwerbsobstbau – für viele, v.a. seltenere Obstsorten ausschließlich Standard-Obstbäume (CAC-Material). Diese müssen dem Augenschein nach virusfrei sein. Sie sind nicht auf Viren getestet oder virusfrei gemacht worden. Ein Virusbefall führt in der Regel zu einer latenten Schwächung des Baumes und zu Ertragseinbußen.
    Die Virustestung und -freimachung ist mit erheblichem Aufwand verbunden und erfolgt bei den zertifzierten Obstbäumen.

Des weiteren gilt:

  • angemessen ausgebildete Wurzeln mit einem ausreichenden Anteil an Feinwurzeln
  • keine durch Krankheiten, Schädlinge oder Kulturmaßnahmen hervorgerufenen gebrauchsmindernden Mängel
  • Bei Obstbäumen mit mehrjähriger Krone muss diese in der Baumschule fachgerecht geschnitten und der Konkurrenztrieb entfernt sein.
Es ist ratsam, Obstbäume in Baumschulen zu kaufen, die Obstgehölze nach den Qualitätsrichtlinien des Bundes deutscher Baumschulen (BdB) bzw. Deutscher Markenbaumschulen heranziehen.

Einige Baumschulen haben sich auf die Bereitstellung eines breiten Sortenangebots auch alter Obstsorten spezialisiert.