Insekten und Tierhaltung

Kuhfladen voller FliegenZoombild vorhanden

Fliegen auf einem Kuhfladen

Insekten sind wichtige Bestandteile des Ökosystems, auch des Agrarökosystems. Funktionen wie der Abbau von organischer Substanz, die natürliche Regulation von Schadorganismen und die Bestäubung werden auch von Insekten übernommen. Ein Rückgang der Insekten in Ihrer Masse und Vielfalt innerhalb der letzten Jahrzehnte gilt inzwischen als sehr wahrscheinlich. Von interessierten Landwirten findet sich auch immer wieder der Hinweis, dass das beobachtete Insektensterben nicht nur durch die Intensivierung der Flächenbewirtschaftung und der Verringerung der Strukturvielfalt der Agrarlandschaft zu erklären sei, sondern auch durch Änderungen der Tierhaltungsformen im letzten Jahrhundert.

MalaisefalleZoombild vorhanden

Malaisefalle

Besonders die aus Malaisefallen (zeltartige Netze mit Fangbehälter) bestimmte Insektenbiomasse setzt sich zu einem Großteil aus Fliegen zusammen. Aus den Erhebungen der LfL zur Evaluierung der Agrarumweltmaßnahmen weiß man, dass in etwa 80 % der mit den Malaisefallen gefangenen Individuen Zweiflügler (Fliegen, Schnaken, Mücken) sind. Bestimmte Fliegen sind auf Bauernhöfen all gegenwärtig. Änderungen der Betriebsgrößen, Wechsel von Mist zur Güllewirtschaft, Weidegang, sowie Hygiene- und Gesundheitsmaßnahmen sind noch zu wenig beachtete Einflussgrößen auf die Insekten in der Kulturlandschaft.

Lebensraum Kuhfladen

Ausscheidungen von großen Pflanzenfressern sind schon seit Jahrmillionen ein prägendes "Strukturelement". Entsprechend lange hatte die Evolution Zeit, optimierte Lösungen für die Verwertung dieser noch energiereichen, mikrobiell aktiven Hinterlassenschaften zu entwickeln. Von den Insekten sind vor allem Fliegen- und einige Käferarten bei der Zer- und Umsetzung von Dung beteiligt.
Viele Fliegenarten entwickeln sich in organischen Überresten, wie Kot und Aas. Auch viele Käfer beteiligen sich an der Zersetzung der Ausscheidungen. In Mitteleuropa sind beispielsweise die Dungkäfer (Gattung Aphodius sp.), von denen viele Arten in Rinder- und Pferdedung vorkommen, weit verbreitet. Einige Arten bevorzugen aber auch Ausscheidungen von Schafen oder Wild.

Rattenschwanzlarven

Zum Teil sind Insekten auch erstaunlich anpassungsfähig. So gibt es immer wieder Arten, die menschengemachte Habitate erschließen, oder dort Ähnlichkeiten mit ihrem ursprünglichen Lebensraum finden. Befreit von Konkurrenz vermehren sie sich entsprechend stark. Ein Beispiel auf dem landwirtschaftlichen Betrieb, sind die Rattenschwanzlarven (Eristalis sp.), die sich später zu Mistbienen entwickeln. Sie gehören zur Familie der Schwebfliegen (Syrphidae) und können massenhaft in Güllegruben leben.
Rattenschwanzlarve Eristalis LarvaeZoombild vorhanden

Rattenschwanzlarve, Foto: Giel Smit

Mit einem langem Atemrohr, dem bildlichen "Rattenschwanz" holen sie an der Oberfläche der Brühe Luft. Die Tiere sind zwar nicht schädlich, aber zumindest lästig. Wenn die Larven massenhaft aus der Güllegrube klettern wollen und in jeden Winkel im Stall vordringen, um einen trockenen Ort zum Verpuppen zu finden, kann dies in extremen Fällen zum Hygiene Problem werden. Die erwachsenen Fliegen besuchen Blüten und können hier einen gewissen Beitrag zur Bestäubung erbringen.

Tierwohl und Fliegen

Praktisch für die Insekten ist, wenn sich die Entwicklung der Larven in der Nähe des Lebensraumes der erwachsenen Tiere vollzieht. Geschickt gelöst haben dies einige unangenehme Vertreter der Fliegen, wie die Augenfliegen (Musca autumnalis) und die Hornfliege (Haematobia irritans). Die Larven leben bevorzugt im Kuhfladen, die erwachsene Fliegen lecken entweder an der Tränenflüssigkeit (Augenfliege), oder saugen das Blut (Hornfliege) der Tiere. Andere dem Tierwohl und der Tiergesundheit abträgliche, blutsaugende Fliegen sind Wadenbeißer (Stomoxys calcitrans), die man auch häufig im Stall findet und die Familie der Bremsen (Tabanidae) und Gnitzen (Ceratopogonidae), die eher auf der Weide lästig werden.
Wenn man von Insektenschutz spricht, muss klar sein, dass sehr viele der Insekten uns nicht sympathisch sind, eine ganze Menge schädlich und einige sogar gefährlich. Ähnlich wie beispielsweise bei der Mückenbekämpfung, muss man jedoch gut abwägen, inwieweit eine Bekämpfung angebracht ist, ob dadurch die Funktionsweise des Ökosystems beeinträchtigt werden könnte und welche alternativen Optionen zur Verfügung stehen. Gerade bei prophylaktischen chemisch/medikamentösen Behandlungen ist eine Beeinträchtigung von anderen Teilen der Fauna nicht auszuschließen und auch Resistenzen bei den Zielorganismen können sich leichter entwickeln.

Natürliche Regulation

Natürliche Regulation findet auch im Kuhfladen statt. Gleichzeitig mit den unerwünschten Plagegeistern finden sich auch deren Gegenspieler ein. So paart sich die Gelbe Dungfliege (Scathophaga stercoraria) häufig direkt auf dem Kuhfladen und legt ihre Eier dort ab. Die Gelbe Dungfliege jagt andere Fliegen und ihre Larve konkurriert mit den unerwünschten Fliegen im Fladen. Die Nahrungsnetzte innerhalb des Kuhfladens sind schwer zu untersuchen. Zumindest für die Rinderfliege (Mesembrina meridiana) ist nachgewiesen, dass sie sich als Larve auch von anderen Fliegenlarven ernährt.
Auch viele Käferarten wie z.B. der Gefleckte Stutzkäfer (Margarinotus bipustulatus) und verschiedene Kurzflügelkäfer (Staphylinidae), leben räuberisch im Kuhfladen. Die tierische Umsetzung der Ausscheidungen ist Grundlage für eine vielfältige Nahrungskette an deren Ende auch Säugetiere und Vögel stehen. So kann auch schneller frisches Gras wachsen.

DNA - Metabarcoding – Insekten Monitoring

Erste Ergebnisse aus dem Projekt zur Evaluierung von Agrarumweltmaßnahmen (links zu AUM Projekten) zeigen, die mit Malaisefallen und DNA-Metabarcoding erfasste Insektengemeinschaft von insgesamt 112 Wiesen und Feldern aus acht Regionen Bayerns. Auch typische die Tierhaltung begleitende Fliegenarten wurden vermehrt nachgewiesen. So waren beispielsweise Augenfliegen in jeder der 18 Untersuchungsflächen im Chiemgau und auf 16 Flächen im Ostallgäu zu finden. Auch in den ackerbaulich geprägten Regionen war die Art nachzuweisen. Allerdings war Ihr Anteil an den erfassten DNA-Abschnitten in den Proben hier deutlich geringer. Die hohen Werte im Untersuchungsgebiet an der Glonn gingen vorwiegend auf eine Fläche zurück in deren Nachbarschaft Rinder weideten. Auch die Gelbe Dungfliege und die Rinderfliege konnten mit dem DNA-Metabarcoding verstärkt in den typischen Weideregionen im Chiemgau und Ostallgäu nachgewiesen werden. Ein entsprechendes Monitoring bietet die Möglichkeit, mehr über die Verbreitung, das saisonale Aufkommen und die Ökologie landwirtschaftlich relevanter Fliegen in Erfahrung zu bringen.

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Fliegen: Krankheitsüberträger, lästig, aber wichtig für Ökosystem und Artenvielfalt | Beitrag des BR aus der Sendung "Unser Land", 20.07.2021