Abteilung Qualitätssicherung und Untersuchungswesen
Jahresbericht 2018 – Überwachung des Ausbringungsverbots von Neonikotinoiden an Saatgut 2018

Neonikotinoide sind systemisch wirkende Insektizide, die von der Pflanze aufgenommen, in der Pflanze verteilt werden und sich so den Schutz des natürlichen Nikotins aus Tabakpflanzen gegen Fressfeinde zu Nutze machen. Sie wirken als Botenstoffe am nikotinischen Acetylcholinrezeptor, können aber nicht abgebaut werden, so dass die Insekten an Reizüberflutung eingehen. Für Warmblüter sind Neonikotinoide weniger toxisch.
Das massenhafte Bienensterben im Frühjahr 2008 in Baden-Württemberg wurde auf Maissaatgut zurückgeführt, dass mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Neonikotinoide gebeizt wurde. Die Abdrift von wirkstoffhaltigem Abrieb und deren Ablagerung auf Blütenpflanzen sind neben anderen Faktoren für die Schäden an den Bienenvölkern verantwortlich zu machen.
Als Maßnahme erfolgte 2009 die Aussetzung der Zulassung Neonikotinoid-haltiger Saatgutbeizen beim Mais. Im Dezember 2013 erfolgte nach EU-Verordnung ein Verbot von Neonikotinoiden bei Rapssaat und im Juli 2016 trat eine Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in Kraft, die den Verkauf und die Aussaat von Wintergetreiden verbietet, die mit Clothianidin, Imidacloprid oder Thiamethoxam gebeizt sind.

Chemische Strukturformeln

Strukturformeln der verbotenen Neonikotinoide

Ziel

Die Überwachung des Ausbringungsverbotes von gebeiztem Saatgut, das die Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam enthalten könnte, erfolgte auch 2018 wieder in Zusammenarbeit mit dem Institut für Pflanzenschutz (IPS) der Landsanstalt für Landwirtschaft (LfL).

Methode

Eine neue Hochdruckflüssigchromatographieanlage (HPLC), die 2016 angeschafft wurde, machte es nötig das Extraktionsprocedere von dem bislang genutzten Verhältnis Acetonitril/Wasser = 8/2 (v/v) zu ändern. Der Wasseranteil wurde auf ein Verhältnis von Acetonitril/Wasser = 3/7 (v/v) erhöht, um eine unerwünschte Peakverbreiterung in der chromatographischen Trennung (Säulenmaterial 2,6 µm) zu vermeiden. Die gebeizten Saatkörner wurden mit dem oben genannten Lösungsmittel auf dem Magnetrührer gerührt und anschließend im Ultraschallbad extrahiert. Aus dem Überstand der Extrakte wurden Aliquote über Nylon-Filter (25 mm, 0,2 µm) in die HPLC-Fläschchen filtriert. Die Proben wurden mit einem linearen Gradienten getrennt (Säule: PFP-modifizierte KINETEX Core-Shell, Dimension: 100 x 4,6 mm, Fluss: 2 ml/min) und die Neonikotinoide bei einer Wellenlänge von 273 nm detektiert. Die Quantifizierung erfolgte über externe Bestimmungsgeraden der drei Referenzsubstanzen.

Chromatogramm

Chromatogramm eines Misch-Standards mit je 0,5 mg/L Wirkstoff

Ergebnis

Aufstockungsversuche im Jahr 2016 zeigten, dass sich auch mit dem verringerten Anteil an organischem Lösungsmittel die Wirkstoffe zufriedenstellend extrahieren lassen. Die Wiederfindungen der drei Neonikotinoide auf einem Niveau von 10 mg/kg reichten von 90 –96 % beim Mais mit relativen Standardabweichungen von 2,3 – 7,6 % (n = 10). Beim Raps lagen die Wiederfindungsraten bei 91 – 102 % mit 1,9 – 3,2 % relativer Abweichung (n = 7) und beim Wintergetreide ergaben sich Werte von 87 – 93 % mit relativen Standardabweichungen von 0,8 – 1,9 % (n = 7). Damit gelingt es mit der Methode die relevanten Wirkstoffe im Bereich von wenigen mg/kg zu erfassen.

Mais

Aus früheren Untersuchungen regulär gebeizter Maisproben ergaben sich Wirkstoffkonzentrationen von ca. 2.000 mg für Thiamethoxam, ca. 1.500 mg für Imidacloprid und ca. 5.000 mg für Clothianidin pro Kilogramm Mais für regulär gebeiztes Saatgut (LfL Jahresbericht 2010, 91-93). Als Untergrenze einer aktiven Beizung wird eine Aufwandmenge von 10 % einer handelsüblich gebeizten Probe betrachtet (J. Verbr. Lebensm. 2011, 6, 223-231). Somit sollten bei Verdachtsfällen die Entscheidungsgrenzwerte jeweils im Bereich von 200 mg/kg für Thiamethoxam, 150 mg/kg für Imidacloprid und 500 mg/kg für, Clothianidin anzusiedeln sein.
Im Berichtsjahr 2018 wurden 106 Maisproben untersucht. In allen Proben war der Neonikotinoidgehalt unter der Nachweisgrenze.

Raps

Die regulären Aufwandmengen bei Rapssaat wurden 2014 an gebeizten Mustern bestimmt und ergaben Aufwandmengen für Clothianidin in Höhe von 9.900 mg/kg und für Thiamethoxam von 4.400 mg/kg. Ab einer Aufwandmenge von 10 % der üblichen Pflanzschutzmittelbeize kann von einer aktiven Beizung ausgegangen werden. Somit ergeben sich beim Raps Entscheidungsgrenzwerte von 440 mg/kg für Thiamethoxam und 990 mg/kg für Clothianidin.

Rote und dunkle Rapskörner

Rapsprobe mit unterschiedlich gebeizten Körnern
Im Jahr 2018 fielen zwei der 27 untersuchten Rapsproben auf, in welchen Clothianidin in geringen Gehalten nachgewiesen wurde. Die Proben enthielten farblich unterschiedliche Körner. Einige dieser Körner wurden aussortiert und einzeln analysiert. Dabei wurden in beiden Proben Gehalte von 8.300 mg/kg an Clothianidin in den einzelnen Körnern gemessen, was der regulären Aufwandmenge entspricht. Zusätzlich wurde in einer Probe eine dritte Sorte an Körnern gefunden, die mit 1.700 mg/kg Imidacloprid gebeizt war. Somit kann davon ausgegangen werden, dass offensichtlich geringe Mengen an Neonikotinoid-gebeiztem Saatgut als Beimischungen in die Probe gelangt sind.

Drei Gläser mit einzelnen farbigen Rapskörnern

Extraktion einzelner, farblich unterschiedlich gebeizter Rapskörner im Schraubdeckelglas mit Magnetrührfisch

Wintergetreide

In den 42 untersuchten Saatgutproben des Wintergetreides 2018 (Weizen und Gerste) wurden keine Neonikotinoide nachgewiesen.

Dr. Johann Rieder
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Abteilung Qualitätssicherung und Untersuchungswesen
Tel.: 08161 71-3080
E-Mail: johann.rieder@lfl.bayern.de