Pressemitteilung – 15. November 2024, Poing-Grub, Landkreis Ebersberg
Klimaschutz durch mehr Effizienz

Die Jahrestagung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) am 14. November stand dieses Jahr unter dem Motto "Klimafreundlich und rentabel (land-)wirtschaften".

LfL-Präsident Stephan Sedlmayer bei seiner Rede.Zoombild vorhanden

LfL-Präsident Stephan Sedlmayer eröffnete die Jahrestagung in Grub (Foto; Birgit Gleixner, LfL).

Über 130 Teilnehmer trafen sich im Forum am LfL-Standort Grub, um sich über Möglichkeiten für klimafreundliches und rentables Wirtschaften in der Landwirtschaft zu informieren. In Vorträgen wurden Beispiele aus dem Pflanzenbau, der Tierhaltung und aus der effizienten Energienutzung bis hin zu den Chancen in der Vermarktung präsentiert.

"Rentables und ein klimafreundliches Wirtschaften müssen kein Widerspruch sein", betonte LfL-Präsident Stephan Sedlmayer in seiner Eröffnungsrede. "In vielen Fällen zeigt das übermäßige Freisetzen von Treibhausgasen, dass noch nicht so effizient gewirtschaftet wird, wie es eigentlich möglich wäre. Stickstoff- und Kohlenstoffverbindungen, die in die Atmosphäre entweichen, müssen häufig wieder durch den Einkauf von teuren Betriebsmitteln ersetzt werden."

Prof. Dr. Achim Spiller von der Georg-August-Universität Göttingen schilderte, was die Absatzmärkte und die Politik zum Thema Klimaschutz verlangen und welche Rolle Klimaschutz-Labelling dabei spielt. Nach einer aktuellen Umfrage halten 42 Prozent der befragten Verbraucher die Frage, wie klimafreundlich ein Produkt produziert wurde, für wichtig. Jedoch würden Label in der bisherigen Form auf Lebensmitteln in Deutschland nicht zur Lösung wichtiger Nachhaltigkeitsherausforderungen und zum Image der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen. Zudem würden andere Kriterien wie Geschmack, enthaltene Zutaten, Herkunft und Regionalität von den Verbrauchern als wichtigere Eigenschaften von Lebensmitteln eingestuft.

Ludwig Huber vom Genossenschaftsverband Bayern e. V. hielt fest: "Klimaschutz wird bei der Vermarktung von Milch und Fleisch immer wichtiger." Viele Erzeuger und Verarbeiter beschäftigten sich intensiv mit der Reduzierung von Energie- und Wasserverbrauch, Verpackung, Abfall sowie Verlusten an Futter- und Nahrungsmitteln, weil hierdurch Kosten eingespart werden könnten. Darüber hinaus komme Druck von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH), der Politik und zunehmend auch von Banken und deren Regulierungsorganisationen. Wie wichtig Klimaschutz für die Verbraucher tatsächlich ist, ließe sich jedoch nicht leicht beantworten. Oft zeige sich, dass der Preis der Produkte für die meisten Käufer am wichtigsten ist.

Für Prof. Dr. Martin Wiesmeier vom LfL-Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau (IAB) sind gesunde, humusreiche Böden die Grundlage für eine klimafreundliche Landwirtschaft und die beste Versicherung gegenüber dem Klimawandel. Humus verbessere den Luft- und Wasserhaushalt des Bodens, die Infiltration und Speicherung von Wasser sowie die Befahrbarkeit und Bearbeitbarkeit des Bodens. Der Klimawandel sowie Veränderungen der Bewirtschaftung gefährden allerdings die Humusversorgung unserer Böden. Durch verbesserte Fruchtfolgen, Zwischenfrüchte, mehrjährige Energiepflanzen, und weitere pflanzenbauliche Maßnahmen könne der Humusgehalt erhalten und sogar aufgebaut werden.

"Durch präzise Dünge-Managementstrategien und den Einsatz innovativer Technologien kann der Stickstoffkreislauf im landwirtschaftlichen Betrieb ressourcenschonend gestaltet werden", rät Wiesmeiers Institutskollegin Rebekka Deimel den Vertretern der Praxis im Auditorium. Um Verluste zu vermeiden und eine gute Stickstoffeffizienz zu erlangen, sollten optimale Wachstumsbedingungen geschaffen werden, die zu bestmöglichen Erträgen und Qualitäten führen. Dazu müssten nicht nur Haupt- und Spurennährstoffe im Boden ausgeglichen vorliegen, sondern es müsse auch auf eine optimale Bodenstruktur, optimalen pH-Wert, ausreichend Wasser und gesunde Pflanzen geachtet werden. Um Stickstoffverluste, die im Stall, Lager und bei der Ausbringung entstehen, zu reduzieren, sollten flüssige organische Wirtschaftsdünger mit bodennahen Ausbringtechniken, wie zum Beispiel Injektion oder Schleppschuhtechnik ausgebracht werden oder auf unbestelltem Ackerland sofort eingearbeitet werden.

Prof. Dr. Hubert Spiekers vom LfL-Institut für Tierernährung betonte: "Durch die Minimierung von Futterverlusten in Menge und Qualität und Steigerung der Futtereffizienz können sowohl der wirtschaftliche Erfolg als auch der Klimaschutz gefördert werden." Die Kosten für das Futter machten in der Haltung von Nutztieren etwa 50 Prozent der Gesamtkosten aus. Durch den Einsatz von Diesel, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln verursache die Erzeugung des Futters außerdem erhebliche Emissionen an Treibhausgasen (THG). Um den CO2-Fußabdruck und die Wirtschaftlichkeit in der Erzeugung von Milch, Fleisch und Eiern zu verbessern, sei es daher wichtig, die Effizienz in der Futterwirtschaft und in der Tierernährung zu steigern.

Dr. Monika Zehetmeier und Anton Reindl vom LfL-Institut für Agrarökonomie zogen in ihrem Vortrag das Fazit: "Die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Betrieben bietet meist auch ökonomische Vorteile.“ An der LfL wurde mit dem "LfL Klima-Check Landwirtschaft" ein Tool entwickelt, mit dessen Hilfe sich für Klimaschutz und Ökonomie Kennzahlen ermitteln lassen. Durch die detaillierte Ausweisung von THG-Emissionsquellen könnten mithilfe des kostenlos und frei im Internet verfügbaren Rechen-Tools Ansatzpunkte für betriebsangepasste Klimaschutzmaßnahmen abgeleitet werden. Zudem könne man Maßnahmen damit nicht nur identifizieren, sondern auch modellieren und simulieren. Entscheidend sei, dass sich mit dem "LfL Klima-Check Landwirtschaft" nicht nur Klimaschutzmaßnahmen hinsichtlich der THG-Bilanz bewerten ließen, sondern auch hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen. Denn der optimale Einsatz von Ressourcen, die Vermeidung von Verlusten, z.B. in der Fütterung, sowie eine lange Nutzungsdauer und möglichst kurze unproduktive Phasen von Milchkühen sind beispielsweise Faktoren, die sich sowohl auf die THG-Emissionen als auch auf wirtschaftliche Kennzahlen im Betrieb positiv auswirken.

Diskussionsrunden
Nach der Mittagspause standen zwei Podiumsgespräche auf dem Programm: Eine Runde mit Wissenschaftlern der LfL, eine Runde mit landwirtschaftlichen Praktikern. Nachfolgend einige Zitate:

• "Weltweit könnten die Methanausscheidungen der Rinder durch Anpassungen in der Fütterung um etwa 15 Prozent vermindert werden." (Dr. Thomas Ettle, LfL-Institut für Tierernährung)
• "Die Vergärung von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen ist ein großer Beitrag zum Klimaschutz. Dafür sind rentable Lösungen nicht nur nötig, sondern auch möglich." (Dr. Thomas Venus, LfL-Institut für Landtechnik)
• "Mit modernen Technologien, erneuerbaren Energiequellen und intelligenten Systemen hat die Landwirtschaft viele Möglichkeiten, Energie einzusparen und selbst zu erzeugen. Hierdurch lassen sich Kosten senken und die Umweltbelastung verringern." (Josef Neiber, LfL-Institut für Landtechnik)
• "Die landwirtschaftliche Nutzung von nassen Moorböden, zum Beispiel durch den Anbau von Paludikulturen, bietet die Chance, Klimaschutz, Bodenerhalt und Wertschöpfung miteinander zu vereinen." (Dr. Lennart Gosch, LfL-Institut für Agrarökologie)

Podiumsgespräch Praxis:
• "Für die Vermarktung der Produkte wird in Zukunft ein klimafreundliches Wirtschaften wesentlich wichtiger sein als heute. Darauf sind wir noch viel zu wenig vorbereitet." (Johann Mayerhofer, Unterwindering, Landkreis Rosenheim)
• "Jeder angehende Landwirt sollte sich so viel mit dem Boden beschäftigen, dass er während seiner Ausbildungszeit einen Spaten abnutzt." (Adi Bauer, Heimpolding, Landkreis Mühldorf am Inn)
• "Bei Agroforst wird der Flächenbedarf für Ackergehölze durch Mehrerträge auf der verbleibenden Fläche ausgeglichen." (Biolandwirt Sepp Braun, Dürneck, Landkreis Freising)
• "Das beste Hopfenprodukt ist gleichzeitig das klimafreundlichste." (Martin Schmailzl, Oberhartheim, Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm)
• "Für eine klimafreundliche und klimaangepasste Landwirtschaft ist eine intelligente Beratung notwendig." (Ingeborg Bauer, FüAk, Landshut)

Fazit:

Dr. Gerhard Dorfner, Leiter des Instituts für Agrarökonomie an der LfL, hielt als größte Herausforderung für eine klimafreundliche Landbewirtschaftung fest, dass "am Ende bei der Vermarktung jemand die Zeche für diese Leistungen zahlen muss". Hierfür seien auf der LfL-Jahrestagung Perspektiven aufgezeigt worden.

Weitere Informationen:

LfL-Präsident Stephan Sedlmayer bei seiner Rede.

LfL-Präsident Stephan Sedlmayer eröffnete die Jahrestagung in Grub (Foto; Birgit Gleixner, LfL).

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Ein Blick ins Auditorium

Die LfL-Jahrestagung in Grub stieß auf großes Interesse (Foto: Birgit Gleixner, LfL).

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Prof. Dr. Achim Spiller mit Mikrophon.

Prof. Dr. Achim Spiller von der Georg-August-Universität Göttingen (Foto: Birgit Gleixner, LfL).

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Auditorium mit Redner aus dem Publikum (Foto: Birgit Gleixner, LfL).

Die lebhafte Diskussion zeigte, dass das Thema Klimaschutz die Landwirtschaft interessiert (Foto: Birgit Gleixner, LfL).

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Diskussionsrunde mit den LfL-Experten am Podium.

Die Experten der LfL stellten sich der Podiumsdiskussion (Foto: Birgit Gleixner, LfL).

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Die Runde der Praktiker mit LfL-Vizepräsidentin Dr. Annette Freibauer auf dem Podium.

Die Runde der Praktiker mit LfL-Vizepräsidentin Dr. Annette Freibauer (3.v.l.) (Foto: Birgit Gleixner, LfL).

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Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ist das Wissens- und Dienstleistungszentrum für die Landwirtschaft in Bayern. Sie ist dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus unmittelbar nachgeordnet und erarbeitet Entscheidungsgrundlagen für Landwirte und Berater sowie die Politik und Verwaltung. Die Hauptstandorte der LfL sind Freising und Grub-Poing. Ihre Aufgabenfelder sind die anwendungsorientierte Forschung, die Ausbildung, die Beratung und der Hoheitsvollzug. Mit Ihrer Arbeit unterstützt die LfL eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft sowie eine vielfältige Kulturlandschaft.