Tag der offenen Tür 2015: Tierwohl
Das Thema Tierwohl zählte beim Tag der offenen Tür der LfL 2015 zu den Schwerpunkten.
Interview zum Thema Tierwohl
Gespräch mit Prof. Dr. Kay-Uwe Götz, Koordinator des Arbeitsschwerpunkts Tierwohl an der LfL sowie Leiter des Institutes für Tierzucht.
Was konkret bedeutet der Begriff Tierwohl?
Antwort als Text
Unter Tierwohl verstehen wir eine Haltungsform, die über den gesetzlich vorgeschriebenen Tierschutz hinaus geht und es den Tieren ermöglicht, alle relevanten Verhaltensweisen möglichst ungehindert ausgeübt werden können. Tierwohl ist aber immer noch zu unterscheiden von sehr komfortablen Haltungsformen. Es geht also darum, eine Position in der Mitte zwischen Tierschutz und Tierkomfort einzunehmen.
Wie geht es Rindern, die im Stall gehalten werden? Brauchen Sie denn nicht unbedingt eine Weide, um sich auszutoben?
Es geht um die Haltung, aber natürlich auch um alle anderen Bereiche. Es geht auch um züchterische Fragen.
Die Frage nach der Weidehaltung von Kühen wird oft gestellt in diesem Zusammenhang. Dazu muss man sagen, dass Kühe in modernen Haltungen sehr viel bewegen können. Sie können selbst entscheiden, wann sie zum fressen gehen, wann sie sich hinlegen wollen, wann sie gemolken werden möchten.
Wenn man Kühe mal auf der Weide beobachtet, dann sieht man, dass Kühe nicht über die Weide tobe, sondern eher schreiten. Kühe sind von Natur aus eher ausgeglichene Tiere.
In den Medien wird häufig die Schweinehaltung kritisiert. Welche Maßnahmen erforscht die LfL, um die Haltungsbedingungen für Schweine zu verbessern?
Antwort als Text
Grundsätzlich verfügen wir über sehr gute Haltungsverfahren, die die Ansprüche an das Tierwohl erfüllen. Die Kritik ist meines Erachtens Ausdruck eines veränderten gesellschaftlichen Wertewandels, der Verfahren, die viele Jahre völlig unbestritten waren, zum Beispiel Kastration oder das Kupieren von Schwänzen, infrage stellt. Auf diese Fragen müssen natürlich die Schweinehalter und auch die Wissenschaftler reagieren.
Ein Beispiel ist die Kastration von Schweinen, die man ja gemacht hat, um den Ebergeruch zu vermeiden. Dieser Eingriff ist heute stark umstritten und der Ausstieg aus der Kastration ist beschlossenen Sache. Die Frage ist: was tut man dann? Eine Alternative ist die Mast von Ebern. Aber diese wirft auch wieder viele neue Fragen auf. Zum Beispiel im Bereich der Fütterung: wie müssen diese Tiere optimal gefüttert werden? Im Bereich der Haltung: Eber zeigen ein ganz anderes Verhalten als kastrierte Schweine. Und auch Züchtungsfragen.
Ein zweites Gebiet ist der Verzicht auf das Kupieren von Schwänzen. Dies war früher ein Routineeingriffe bei allen Schweinen, ist aber inzwischen umstritten, weil es einen Eingriff in die Unversehrtheit darstellt. Schweine, die keine kupierten Schwänze haben, sich ganz häufig gegenseitig an den Schwänzen verletzen. Das kann massive Folgen haben, wie Entzündungen bis auch zu Todesfällen. Die Frage ist, wenn man nicht mehr kupiert, was tut man dann? Wie neue Haltungsverfahren aussehen können, erforschen wir. Das kann man sich zum Beispiel am Tag der offenen Tür im Schweinemobild ansehen.
Was erwartet die Besucher im Schweinemobil?
Es gibt dem Besucher die Möglichkeit, in einen modernen Schweinestall hineinzusehen und zwar genauer in die Ferkelaufzucht. Solche Schweineställe sind ja aus hygienischen Gründen und Vorschriften oft für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Mit den Schweinemobil wollen wir eben zeigen, wie so etwas aussieht, wie die Tiere untergebracht sind, wie der Boden beschaffen ist, wie die Fütterungseinrichtungen aussehen und was es an Beschäftigungsmaterial für die Schweine gibt.
Es gibt also Spielzeug für Schweine?
Ja, wir nennen das eben Beschäftigungsmaterial; das ist sogar gesetzlich vorgeschrieben. Es wird von den Tieren immer intensiv genutzt. Man kann aber nicht nur Spielzeug in die Buchten bringen, sondern auch Stroh oder Heu einstreuen.
Themen am Tag der offenen Tür
Tierwohl: Erfahren, worauf es ankommt
Das Wohlergehen von Tieren in der Nutztierhaltung steht zunehmend im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Auch an der LfL bildet Tierwohl einen umfangreichen Arbeitsschwerpunkt. Am Tag der offenen Tür zeigten wir den Besuchern, dass moderne Tierhaltung und die angewandte Forschung der LfL das Einzeltier in den Blickpunkt rücken. Die Forschungsprojekte in den Ställen der LfL gaben zum Beispiel Einblick in den Tagesrythmus und die Aktivität der Tiere. Anhand von Beispielen aus der Rinder-, Schweine- und Fischhaltung informierten wir über die Bedürfnisse unserer Nutztiere und wie wir sie in den verschiedenen Stallbereichen erfüllen können.
Schweine, Kühe, Schafe und Fische live erleben
Viele unserer kleinen Besucher kennen unsere landwirtschaftlichen Nutztiere nur aus Büchern, Fernsehen oder aus der Werbung. Wir zeigten ihnen und ihren Eltern, wie unsere Nutztiere in modernen Betrieben gehalten werden, welche Rassen bei uns in Bayern vorkommen und was bei der Fütterung von Tieren alles zu beachten ist. Über das gesamte Gelände verteilt konnten Sie miterleben, wie Kühe von einem Roboter gemolken werden, wie Schafe geschoren werden und wie es aussieht, wenn ein kleines Küken aus dem Ei schlüpft.
Schweinemobil
Eine Gruppe von Mastschweinen präsentierte sich im Schweinemobil. Man konnte sie dort sehen, riechen und wahrscheinlich auch hören, wenn sie sich nicht gerade ausruhten. In Bayern werden in 6.700 Betrieben insgesamt ca. 3,5 Mio. Schweine, davon 286.000 Zuchtsauen, gehalten. Die LfL bearbeitet in verschiedenen Projekten das Thema Tierwohl in der Schweinehaltung.
Milchkühe hautnah erleben
Beim Fressen, Laufen, Ruhen und wie sie vom Roboter gemolken werden. Außerdem wurden genetisch hornlose Kühe und Kälber präsentiert. Die Milchviehhaltung stellt für die Landwirtschaft den bedeutendsten Betriebszweig dar: Der Produktionswert der Rinderhaltung beträgt 50 %, gemessen am gesamten Produktionswert der bayerischen Landwirtschaft, jede dritte Milchkuh in der Bundesrepublik steht in Bayern.
Exponat Excalibur Pp
Excalibur Pp ist ein Paradebeispiel für die Fleischleistung und die Hornloszucht bei Fleckvieh. Er wurde 2006 in der Mutterkuhherde am Staatsbetrieb Neuhof bei Donauwörth geboren und hat als Vater den bereits vom Bayerischen Staatsministerium ausgezeichneten Besamungsbullen Exodus PP.
Auffallend war während der gesamten Aufzuchtphase sein umgänglicher Charakter.
Der Bulle war ab dem Alter von 14 Monaten an der Besamungssation München- Grub im Einsatz und war dort bis zu seinem Tod im Jahr 2014 einer der gefragtesten Fleischvererber. In dieser Zeit sind auf vier Kontinenten über 10.000 Kälber mit Excalibur als Vater entstanden und er hat den guten Ruf der Hornloszucht an der Landesanstalt aber auch der gesamten bayerischen Rinderzucht weltweit untermauert. Er wird als Exponat im Museum „Mensch und Natur“ in München noch über viele Jahre als perfekter Fleckviehbulle zu bewundern sein.
Schafe
Die Schafe mit ihren Lämmern auf der Weide stehen stellvertretend für die 450.000 Schafe, die in Bayern von 8.000 Schafhaltern gehalten werden. Die aus der Sicht des Naturschutzes wertvollsten Flächen in Bayern werden von Hüteschäfern gepflegt, um die einzigartige Vielfalt der Fauna und Flora zu bewahren. Typische Flächen sind Mager- und Trockenrasen im schwäbischen und fränkischen Jura, sowie Spessart und der Rhön. Der Staat honoriert die Pflege und Offenhaltung der Landschaft.
Küken, Kaninchen und Fische
Weitere Highlights speziell für Kinder waren der Kükenschlupf, die Kaninchen zum Streicheln sowie lebende Fische und Shrimps im Aquarium.
Aktivitäten und Abwechslung im Schweinestall
Schweine sinnvoll beschäftigen
Schweine sind intelligente und aktive Tiere. In freier Natur verbringen sie 6-7 Stunden täglich mit dem Erkunden ihrer Umgebung und mit der Futtersuche. Dabei wühlen sie im Boden. Bei Stallhaltung ist das nicht möglich, weshalb den Schweinen Beschäftigungsobjekte oder Stroh und Heu in Raufen angeboten werden. Eine Auswahl dieser Objekte war am Tag der offenen Tür zu sehen sein.
Abferkelbuchten für Mutter und Kind
In einer Sonderausstellung waren am Tag der offenen Tür mehrere Abferkelbuchten zu sehen, mit denen die Ansprüche sowohl der Ferkel als auch der Muttersauen erfüllt werden sollen. Den Ferkeln stehen beheizte Liegenester zur Verfügung. Ein Einzelstand für die Sau schützt in den ersten Tagen nach der Geburt die Neugeborenen vor Verletzungen. Einige Tage nach der Geburt wird er dann geöffnet und die Sau kann sich wieder frei bewegen.
Weitere Themen
- Tierwohlcheck Fütterung
- Darmgesundheit bei Ferkeln
- Nippel- oder Beckentränken bei Ferkeln
- Unterschiedliche Troglängen in der Mast von Schweinen
- Ad libitum Tränke bei Kälbern
- Klauenpflege beim Rind
- Milchviehstalles Technik und Funktionsweise des Stalles (Futteraufnahme über Wiegetröge, Tierumtrieb über Selektionstore, Liegeboxenbelegung über Ultraschallsensoren, usw.)
Futtermittel im Porträt: Das fressen Schwein, Huhn und Rind
Rind und Schwein lebt nicht vom Heu allein. Wir erklärten Ihnen, welche Futtermittel Rind und Schwein benötigen, um sich wohl zu fühlen.
Weitere Themen
- Maissilage für tragende Zuchtsauen