Für die Besamungseber der Rasse Piétrain gibt es zwei Indices, den Gesamtzuchtwert sowie den Produktionswert. Beide werden berechnet, in dem Einzelzuchtwerte mit ihren ökonomischen Gewichten multipliziert und summiert werden. Der Gesamtzuchtwert ist eher für den ‚Züchter’, der Produktionswert eher für den ‚Produzenten’ konzipiert.
Die beiden Indices unterscheiden sich also in ihrer Zielrichtung. Der Gesamtzuchtwert beschreibt gewissermaßen das Zuchtziel und orientiert sich an den Bedingungen, die zukünftig zu erwarten sind. Er ist in erster Linie auf die Wirtschaftlichkeit ausgerichtet, beinhaltet aber auch marktstrategische und zuchtpolitische Aspekte. Zum Beispiel geht der intramuskuläre Fettgehalt in den Gesamtzuchtwert ein, obwohl er den Erlös nicht beeinflusst. Der Gesamtzuchtwert ist langfristig ausgelegt. Demzufolge steht eine Überprüfung des Zuchtziels alle fünf Jahre an, was beim Schwein etwa zwei Generationen entspricht.
Der Produktionswert steht in engem Zusammenhang mit dem Zuchtwert, berücksichtigt jedoch andere wirtschaftliche Gewichte für die Merkmale und wird in einer anderen Skala (Euro je Mastschwein) ausgedrückt. Er orientiert sich ausschließlich an der Wirtschaftlichkeit und ist kurz- bis mittelfristig ausgelegt. Daher muss in kürzeren Abständen als beim Gesamtzuchtwert überprüft werden, ob die bei der Berechnung des Produktionswerts verwendeten ökonomischen Faktoren noch aktuell sind.
Ausgangspunkt der Berechnungen sind die Naturalzuchtwerte aus der Prüfung mit Kreuzungstieren. In der Berechnung werden zunächst die Zuchtwerte in den Merkmalen Futteraufwand, tägliche Zunahme und Fleischanteil berücksichtigt. Der wirtschaftliche Nutzen einer Verbesserung dieser Merkmale beträgt derzeit 22,70 € für die Futterverwertung, 0,0315 € für die tägliche Zunahme und 1,66 € für ein Prozent höheren Fleischanteil. Die Rückenmuskelfläche ist enthalten (0,044 €), weil in einigen Preismasken ein Mindest-Fleischmaß gilt. Zusätzlich werden noch in indirekter Form die Mastverluste berücksichtigt. Dies geschieht über den Zuchtwert pH1, der indirekt die Stressresistenz misst. Aus den pH-Zuchtwerten der Eber und deren Ausfällen bei den Prüftieren (Genetische Ursachen) nach ihrem MHS-Status sowie den Deckungsbeiträgen je Mastschwein in Abhängigkeit von den Verlusten (lt. Kalkulationsprogramm LfL-IBA) errechnet sich ein ökonomisches Gewicht für den pH-Wert von 1,55 €. Multipliziert man die Naturalzuchtwerte mit diesen wirtschaftlichen Gewichten und dividiert die Summe durch 2, so erhält man den Produktionswert des Ebers.
Der Produktionswert eines Ebers entspricht dem zusätzlichen Gewinn pro Mastschwein, der bei Verwendung dieses Ebers gegenüber einem durchschnittlichen Besamungseber erzielt wird.
Der Produktionswert stellt also für den Ferkelerzeuger im geschlossenen System eine Richtgröße für die Maximierung des Gewinns aus der Schweinemast dar. Für den Ferkelerzeuger, der nicht selbst mästet, ist der Produktionswert noch ohne Bedeutung, da die objektive Qualität der Mastferkel nicht bezahlt wird.
Wie gut der Produktionswert das beschreibt, was in der Praxis zu erwarten ist, zeigt die folgende Tabelle. In den Merkmalen Zunahme, Futteraufwand und Magerfleischanteil besteht eine hohe Übereinstimmung zwischen der Differenz der Zuchtwerte und der Differenz der tatsächlichen Leistungen, lediglich beim pH1-Wert besteht eine Diskrepanz.
Tabelle
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Die Frage ist nun, warum nicht ausschließlich der Produktionswert für alle Eber verwendet wird. Zunächst einmal kann eine realistische Einschätzung des Produktionspotentials eines Ebers nur anhand von Endproduktkreuzungen ermittelt werden. Diese stehen nur für Besamungseber zur Verfügung. Wichtiger ist aber, dass der Produktionswert für den Züchter nur eine geringe Aussagekraft besitzt. Der Züchter arbeitet zukunftsorientiert und muss seine heutigen Entscheidungen an den erwarteten Verhältnissen in vier bis fünf Jahren ausrichten, wenn seine Entscheidungen sich in Zuchtfortschritt äußern. Außerdem sind bei der Gestaltung des Zuchtziels auch andere Aspekte zu beachten (z.B. keine Verschlechterung des Images von Schweinefleisch durch schlechtere Fleischqualität oder der Rückstand gegenüber den norddeutschen bzw. dänischen Mitbewerbern in der täglichen Zunahme). Daher werden die Merkmale im Zuchtziel anders gewichtet als für den Produktionswert. Im Allgemeinen besteht eine relativ hohe Übereinstimmung zwischen dem Zucht- und dem Produktionswert eines Ebers.