Forschungs- und Innovationsprojekt
Fleckvieh-Kuh(Q) – Lernstichprobe FleQS

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Für die Zucht auf Gesundheitsmerkmale, Umweltfreundlichkeit und Tierverhalten sind neue züchterische Ansätze notwendig. Als vielversprechend erweist sich der Aufbau von großen Stichproben weiblicher Tiere, bei denen die neuen Merkmale erhoben werden. Gleichzeitig wird von jeder Kuh eine kleine Gewebeprobe genomisch untersucht. FleQS, die Fleckvieh-Kuh (Q)-Stichprobe, ist ein vom StMELF und den bayerischen Zuchtorganisationen getragenes Projekt, in dem eine solche Stichprobe aufgebaut wird. Im Rahmen des Projekts werden über 90.000 Kühe untersucht und neue Zuchtwertschätzungen für Eutergesundheit, Fruchtbarkeit und Stoffwechselstabilität aufgebaut.

Motivation

Seit 8 Jahren gibt es in Bayern die genomische Selektion bei Rindern. Diese Methode ermöglicht die Auswahl der besten Tiere bereits auf Grund der genomischen Untersuchung einer kleinen Gewebeprobe. Diese Untersuchung ist bereits kurz nach der Geburt möglich und liefert die Information an etwa 50.000 Stellen (sogenannten Markern), die auf der DNA verteilt sind. Bei der Entwicklung einer genomischen Zuchtwertschätzung werden diese Daten (Genotypen) mit Leistungsmerkmalen in Zusammenhang gebracht. Hierzu wird bislang eine Stichprobe von Tieren mit sicher geschätzten Zuchtwerten von Bullen verwendet, die als Lernstichprobe bezeichnet wird. Mit den Erkenntnissen aus der Lernstichprobe lässt sich das genetische Potenzial von Jungtieren, von denen ausschließlich DNA-Proben vorliegen, bestimmen. Inzwischen sind die Preise für genomische Untersuchungen so weit gefallen, dass auch die Untersuchung von Kühen lohnenswert erscheint. Ein Nachteil des bisherigen Ansatzes war, dass man für die Entwicklung von Selektionswerkzeugen für neue Merkmale, wie Gesundheitsmerkmale, Klauenmerkmale oder Futtereffizienz viele Jahre lang Daten sammeln musste. Damit verzögerte sich die Einführung der Zucht auf viele Merkmale, die den Landwirten und der Gesellschaft am Herzen liegen.

Methode

Mit dem Aufbau von Kuhlernstichproben werden die Genotypen der Kühe direkt mit den bei ihnen erfassten Leistungsmerkmalen in Zusammenhang gebracht, und helfen so, die genomischen Zuchtwerte sicherer zu schätzen. Dies gilt für die bereits bekannten Merkmalsspektren (Milch, funktionale Merkmale und Exterieur), aber auch für neue Merkmale aus den Bereichen Gesundheit, Klauenpflege und Tierverhalten, für die neue Zuchtwertschätzverfahren entwickelt werden sollen.
Das Konzept von FleQS basiert auf zwei Hauptsäulen, dem „Bullenmodell“ und dem „Betriebsmodell“. In beiden Säulen werden parallel Daten für das Projekt generiert. Während beim Bullenmodell von allen bayerischen Besamungsbullen eine Zufallsstichprobe von Töchtern genotypisiert und mit den Standardmerkmalen (Exterieur, Milch, Fitness und Funktion) in die Lernstichprobe eingebracht werden, werden im Betriebsmodell in Projektbetrieben alle weiblichen Tiere genotypisiert und Daten zu neuen Merkmalen aus den Bereichen Gesundheit, Klauenpflege, Tierverhalten und Kälberkrankheiten erfasst. Insgesamt sollen in der Projektlaufzeit über 90.000 Kühe genomisch untersucht werden. Ziel von FleQS ist es, genomische Zuchtwerte für die vier wichtigsten Gesundheitsmerkmale aus den Merkmalsblöcken Eutergesundheit, Fruchtbarkeit und Stoffwechsel zu schätzen und die genomische Zuchtwertschätzung für die übrigen Merkmale weiter zu verbessern.
Veröffentlichungen
  • Edel, C.; Götz, K.-U. (2023): Das Single-Step Verfahren der genomischen Zuchtwertschätzung: Eine Einführung. Züchtungskunde, 95, 73-77.
  • Edel, C.; Pimentel, E.C.G; Emmerling, R.; Götz, K.-U. (2023): Aspekte des Single-Step Routineverfahrens im Deutsch-Österreichisch-Tschechischen Zuchtwertschätzverbund für die Rassen Fleckvieh und Brown Swiss. Züchtungskunde, 95, 85-96.
  • Pimentel, E.C.G; Edel, C.; Krogmeier, D.; Emmerling, R.; Götz, K.-U. (2023): Integration von MACE-Zuchtwerten in die Single-Step Zuchtwertschätzung für Exterieur bei Brown Swiss. Züchtungskunde, 95, 104-113.
  • Schwarzenbacher, H.; Himmelbauer, J.; Fürst, C. (2023): Single-Step-Zuchtwertschätzung für Fitnessmerkmale im Deutsch-Österreichisch-Tschechischen Zuchtwertschätzverbund für die Rassen Fleckvieh und Brown Swiss. Züchtungskunde, 95, 114-127.
  • Hamann, H.; Herold, P. (2023): Single-Step-Zuchtwertschätzung Fleisch für die Rassen Fleckvieh und Brown Swiss. Züchtungskunde, 95, 97-103.
  • Pimentel, E.C.G.; Edel, C.; Emmerling, R. (2022): Mit Sicherheit mehr Sicherheit - Das bringt Single-Step für die Zucht. Rinderzucht Fleckvieh 4/2022, 18-19.
  • Emmerling, R.; Ertl, J. (2022): Für Milchviehhalter und Gesellschaft. Rinderzucht Fleckvieh 4/2022, 19.
  • Emmerling, R.; Ertl, J.(2022):Ausbau der Zucht auf Gesundheit und Robustheit in Bayern. Manuskript für die Jahresberichte 2022 der Zuchtverbände, Nov. 2022.
  • Emmerling, R.; Götz, K.-U. (2021): Mehr Zuchtfortschritt in kurzer Zeit. Bayerisches Wochenblatt, Heft 15, 29.
  • Emmerling, R.; Ertl, J. (2021): Gesünder und Robuster. Rinderzucht Fleckvieh 4/2021, 44.
  • Emmerling, R.; Edel, C.: Pimentel, E.C.G. (2021): Jetzt gilt Single-Step - Genomik Upgrade Teil 1. Rinderzucht Fleckvieh 2/2021, 22-23.
  • Emmerling, R.; Edel, C.: Pimentel, E.C.G. (2021): Das ist zusätzlich zu Single-Step neu - Genomik Upgrade Teil 2. Rinderzucht Fleckvieh 2/2021, 23-24.
  • Emmerling, R.; Edel, C.: Pimentel, E.C.G. (2021): Single-Step - Die neue Zuchtwertschätzung im Anmarsch, aus zwei mach eins. Rinderzucht Fleckvieh 1/2021, 25.
  • Emmerling, R.; Ertl, J.(2021):Neue Förderung für Gesundheit und Robustheit in Bayern. Manuskript für die Jahresberichte 2021 der Zuchtverbände, Nov. 2021.
  • Emmerling, R.; Götz, K.-U.; Röhrmoser, G. (2020): Daten sind die Zukunft. Rinderzucht Fleckvieh 2/2020, 24-25.
  • Emmerling, R.; Götz, K.-U.; Röhrmoser, G. (2020): Projekt FleQS: Aufbau der Kuhlernstichprobe erfolgreich angelaufen! Manuskript für die Jahresberichte 2020 der Zuchtverbände, Nov. 2020.
  • Emmerling, R.; Edel, C.; Pimentel, E.C.G. (2020): "Single-Step" - Die neue genomische Zuchtwertschätzung. Manuskript für die Jahresberichte 2020 der Zuchtverbände, Nov. 2020.
  • Emmerling, R.; Götz, K.-U.; Röhrmoser, G. (2019): Genomische Zuchtwerte werden noch sicherer! Rinderzucht Fleckvieh 3/2019, S. 34-35
  • Pimentel, E.C.G.; Krogmeier, D. (2019): Ein großer Schritt - Erstmals Single-Step-Zuchtwerte für die Exterieurmerkmale veröffentlicht. Rinderzucht Fleckvieh, 3/2019, 35-36
  • Emmerling, R.; Götz, K.-U.; Röhrmoser, G. (2019): Genomische Zuchtwerte werden noch sicherer! - Verbundprojekt FleQS. Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt, Heft 28, S. 40
  • Emmerling, R., Götz, K.-U.; Röhrmoser, G. (2019): Das Projekt FleQS für den Aufbau der Kuhlernstichprobe Fleckvieh läuft an! Manuskript für die Jahresberichte 2019 der Zuchtverbände, Nov. 2019
  • Emmerling, R., Götz (2018): Genomische Selektion. Darum braucht´s Kühe für die Lernstichprobe! Manuskript für die Jahresberichte 2018 der Zuchtverbände
Das Projekt FleQS geht über einen Zeitraum von drei Jahren und ist ein Verbundprojekt des Institutes für Tierzucht der LfL mit den im Landesverband bayerischer Rinderzüchter e.V. organisierten Zuchtverbänden und den in der ABB organisierten bayerischen Besamungsstationen als Wirtschaftspartner. Unterstützt wird das Projekt durch eine umfangreiche Förderung des bayerischen StMELF und weitere unterstützende Projektpartner, wie dem LKV-Bayern e.V, als Betreiber der Genom-DB und Projektpartner in ProGesund, über das die Gesundheitsdaten erfasst werden.

Ergebnisse

Im Rahmen der vom ITZ durchgeführten Nachzuchtbewertungen wurden in der Projektsäule gesamt über 55.000 Erstlaktationskühe beprobt und genomisch untersucht. Die hier zufällig ausgewählten Tiere bringen eine breite Stichprobe aus der bayerischen Fleckviehpopulation in die Kuhlernstichprobe mit Merkmalsbeobachtungen aus dem Exterieur, sowie allen flächendeckend erhobenen Merkmalen der Merkmalsblöcke Milch und Fitness ein. Das Projekt wurde gestartet mit insgesamt 285 Projektbetrieben mit rund 22.300 Kühen, in denen Gesundheitsmerkmale und Klauenpflegedaten erhoben wurden. Schon während der Projektlaufzeit ist es zusammen mit den Zuchtverbänden gelungen, die Anzahl der Betriebe noch einmal deutlich auf insgesamt 697 Betriebe mit über 50.000 Kühen im letzten Projektjahr 2022 zu steigern. Dazu beigetragen hat die vom Freistaat Bayern im Oktober 2021 aufgelegte Förderung zur Genotypisierung von weiblichen Tieren zur Verbesserung der Gesundheit, Robustheit und genetischen Qualität. Alle weiblichen Jungtiere bis zur ersten Laktation wurden in den Betrieben genomisch untersucht und ebenfalls in die Kuhlernstichprobe zusammen mit den auf den Betrieben erhobenen Merkmalen gespeist.
Das Kernelement zur Verwertung der im Projekt gewonnenen Genotypen und Phänotypen sind die neu entwickelten Single-Step Zuchtwertschätzverfahren, die während der Laufzeit des Projekts für alle Merkmale beim Fleckvieh entwickelt wurden. Die Arbeiten dazu wurden arbeitsteilig in den drei Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Österreich durchgeführt und die Entwicklung ist dementsprechend auch in den drei Rechenstellen Grub (LFL-ITZ), Stuttgart (LGL-BW) und Wien (ZuchtData) eng abgestimmt und unter Hochdruck erfolgt. Die Single-Step Verfahren gewährleisten die optimale Nutzung der in den Kuhlernstichproben der drei Länder geschaffenen Datengrundlage. Je nach betrachtetem Merkmal liegen zwischen 415.362 (Vitalitätswert von Kälbern, Stand 08/2022) und 67.978 Genotypen (Mastitis) in den einzelnen Merkmalen vor, die direkt mit Leistungen der Tiere verknüpft werden und zur Vorhersagequalität für junge Selektionskandidaten in den jeweiligen Merkmalen beitragen. Neben der Steigerung der Sicherheiten für die Merkmale der konventionellen Leistungsprüfungen in den Merkmalsblöcken Milch, Fleisch, Fitness und Exterieur können mit den neuen Verfahren erstmalig genomische Zuchtwerte für die Gesundheitsmerkmale Mastitis, frühe Fruchtbarkeitsstörungen und Zysten, genomische Zuchtwerte geschätzt werden. Durch die Einführung der neuen Verfahren in die Routine-Zuchtwertschätzung im April 2021 ist es gelungen schon während der Projektlaufzeit einen direkt wirksamen Wissenstransfer vom durchgeführten Verbundprojekt in die Praxisanwendung umzusetzen.

Kurzfassung Endbericht FleQS pdf 160 KB

Fazit

Als Fazit des von 2019 bis 2022 durchgeführten Verbundprojektes FleQS kann gezogen werden, dass das Ziel des Aufbaus einer Kuhlernstichprobe für Fleckvieh in Bayern vollständig erreicht wurde. Die eingesetzten Fördermittel des Freistaates Bayern haben wesentlich dazu beigetragen. Mit der Einführung der Single-Step Zuchtwertschätzverfahren steht den bayerischen Fleckviehbetrieben die neueste Generation von genomischen Schätzverfahren zur Verfügung und wird seit April 2021 in der praktischen Selektion verwendet. Damit wurde ein direkter Wissenstransfer vom Verbundprojekt in die Praxisanwendung erreicht.
Die Ergebnisse aus diesen vollumfänglichen Schätzverfahren zeichnen sich durch die optimale Kombination der genomischen und phänotypischen Informationsquellen aus und sind insbesondere bei neuen Merkmalen, wie den Gesundheitsmerkmalen, das Mittel der Wahl, um überhaupt genomische Zuchtwerte für die Berücksichtigung dieser Merkmale in der Selektion bereitstellen zu können. Weitere neue Merkmale zu Stoffwechselstabilität und Klauengesundheit stehen bereits in der Entwicklung und zeigen, dass die Erfassung neuer Merkmale an genotypisierten Kühen große Potenziale aufweist. Dies gilt auch für die zukünftige Erfassung von Merkmalen, die eher dem Nachhaltigkeitsbereich zuzuordnen sind wie Futtereffizienz oder Methanemissionen. Das sichert der Rasse Fleckvieh mittel- und langfristig eine gute Position im Wettbewerb mit anderen Rassen.

Projektinformation
Projektleitung: Prof. Dr. Kay-Uwe Götz
Projektbearbeiter: Dr. Reiner Emmerling, Dr. Christian Edel, Dr. Eduardo Pimentel
Laufzeit: 01.05.2019 bis 31.12.2022
Finanzierung:
Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
Landesverband bayerischer Rinderzüchter e.V.
Arbeitsgemeinschaft der Besamungsstationen in Bayern e.V.
Förderkennzeichen: A/18/23