Mutterkühe auf Kondition füttern
Der wirtschaftliche Erfolg in der Mutterkuhhaltung steht und fällt mit einer kostenbewussten Produktion eines verkaufsfähigen Absetzers, dem eigentlichen Produkt der Mutterkuhhaltung.
Hierzu sind neben guten Muttereigenschaften, dem genetischen Potential und der Milchleistung der Kühe eine optimale Fruchtbarkeit und ein problemloses Abkalbeverhalten Voraussetzung. Eine Trächtigkeitsrate von über 90 % sowie eine durchschnittliche Zwischenkalbezeit (ZKA) von 365 Tagen sollten als Zielgrößen angestrebt werden. Erhebungen in der Praxis zeigen, dass die durchschnittliche ZKZ bei etwa 380 - 400 Tagen liegt. Gelingt es z.B. einen 20 Kuhbetrieb seine ZKZ von 400 Tagen auf die angestrebten 365 Tage zu senken, so kann er etwa 2 Kälber im Jahr mehr produzieren.
Stetige Kontrolle am Tier
Fruchtbarkeit und Abkalbeverhalten der Kühe werden sehr stark von einer dem Bedarf angepassten Versorgung mit Nähr- und Wirkstoffen beeinflußt. Eine leistungsgerechte Fütterung bedarf einer stetigen Kontrolle am Tier. Als geeignetes Instrument wurde in der Milchviehhaltung die Körperkonditionsbewertung (BCS – Body Condition Scoring) eingeführt. Auch in Mutterkuhbetrieben konnte dieses System der Konditionsbewertung der Kühe mit Erfolg umgesetzt werden.
Mit Hilfe der hier vorgestellten Methode lässt sich auf einfache und schnelle Art der Nährzustand (Fettreserven) der Tiere regelmäßig bestimmen. Die Methode ist ein gutes Managementhilfsmittel, um Fütterungsfehler rechtzeitig zu erkennen und zu korrigieren.
Folgen einer Unter- und Überversorgung
Negative Auswirkungen übermäßiger Fettreserven
Neben zu wenig Körperreserven können sich vor allem übermäßige Fettreserven negativ auf die Gesundheit der Tiere auswirken. Bauen Mutterkühe gegen Ende der Säugedauer und der Trockenstehzeit, v.a. bei praktiziertem Frühabsetzen vor dem 9. -10. Laktationsmonat, zu viel Körperreserven auf und sind vor der Geburt zu fett, kann dies gehäuft zu Problemen bei der Kalbung und geburtsbedingten Stoffwechselstörungen (Ketose und Milchfieber) führen.
Rückgang der Futteraufnahme vor der Kalbung
Da Mutterkühen in der Regel ihre Leistung aus wirtschaftseigenen Grobfuttermitteln erbringen sollen, ist eine hohe Futteraufnahme von qualitativ hochwertigen Futtermitteln von entscheidender Bedeutung. So setzt der Rückgang der Futteraufnahme vor der Kalbung bei verfetteten Tieren vielfach bereits 2 Wochen vor dem Kalbetermin ein.
Höheres Risiko für Ketosen und Fruchtbarkeitsprobleme
Im Gegensatz dazu bleibt bei einer optimal konditionierten Kuh die Futteraufnahme bis wenige Tage vor der Geburt auf vergleichsweise hohem Niveau. Dies ist insbesondere bei alleiniger Grobfutterversorgung von Bedeutung, da der Fötus allein im letzten Trächtigkeitsmonat noch über 50 % seines Endgewichts zunimmt, und somit die Kuh einen höheren Nährstoffbedarf abdecken muss. Bei verfetteten Tieren kann dies zu einem frühzeitigen Abbau von Körperfett bereits vor der Kalbung führen. Dieser wird in der Mutterkuhhaltung in der Regel nicht durch eine Ergänzung mit Kraftfutter ausgeglichen, sondern muss durch gute Futterqualität und hohe Futteraufnahme bewerkstelligt werden.
Ist dies nicht der Fall, beginnen die Kühe bereits vor der Kalbung mit einem Abbau von Körperfett und neigen dadurch zu Leberbelastungen und Ketose (Azetonämie). Als Folge dessen ist mit höherer Wahrscheinlichkeit mit Fruchtbarkeitsproblemen zu rechnen.
Situation nach der Kalbung
Überkonditionierte Tiere zeigen zudem nach der Kalbung eine geringere Futteraufnahme und schmelzen zusätzlich Körperfett ein was an überhöhten Milchfettgehalten nach der Kalbung abzulesen ist. Diese hohen Fettgehalte in der Milch können wiederum ernährungsbedingten Durchfällen bei den Kälbern Vorschub leisten.
Anwendung des Body Condition Score (BCS)
Ziel muss es daher sein die Kondition der Kühe richtig zu bewerten und die Fütterung darauf einzustellen. Dabei wird benotet, über wieviel Körperreserven in Form von Fettauflagen die Kühe verfügen. Im nächsten Schritt erfolgt die Überprüfung ob die vergebenen Noten den Zielwerten der entsprechenden Laktationsabschnitte entsprechen. Treten vermehrt Abweichungen nach oben oder unten auf muss die Ration angepasst werden. Die Kühe sollen gerade mit soviel Energie versorgt werden, dass sie ihr Leistungspotential ausschöpfen aber keine unnötigen Fettreserven anlegen.
Betasten der Körperteile
Durch Betasten genau definierter Körperteile am Tier wird der Ernährungszustand der Kühe benotet. Die Notenvergabe erfolgt von 1 – 5 mit einer Abstufung in Viertelpunkten. Wobei die Note 1 für hochgradig abgemagert (Haut und Knochen) und die Note 5 für ein hochgradig verfettetes Tier steht. Für die Beurteilung der Körperkondition werden die in der Abbildung dargestellten wesentlichen Körperstellen herangezogen.
Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass die Kühe nicht an allen Körperstellen gleichmäßig Fett ansetzen bzw. einschmelzen. Manche Kühe setzen mehr Fett im Lendenbereich, andere im Beckenbereich oder am Sitzbeinhöcker an. Aus diesem Grund wird für die aufgeführten Körperpartien eine Durchschnittsnote gebildet. Die zu vergebenen Noten können wie folgt beschrieben werden (nach Jilg, 1998).
stark abgemagerte Mutterkuh, Körperkonditionsnote 1,5 auf der Weide
Mutterkuh, Körperkonditionsnote 2,25
Mutterkuh mit Körperkonditionsnote 3,0
Mutterkuh mit Körperkonditionsnote 4,0
Schwanzansatz einer Mutterkuh mit Körperkonditionsnote 5,0
verfettete Mutterkuh mit Körperkonditionsnote 5,0
Welche Körperkonditionsnote ist in einer Mutterkuhherde anzustreben?
Grundsätzlich ist eine Verfettung der Tiere in jedem Laktationsstadium insbesondere während der Trockenstehphase zu vermeiden. Wird die Herde vorwiegend in Landschaftsschutzgebieten mit Vorgaben zum Auftriebszeitpunkt auf die Weiden bzw. zum Schnittzeitpunkt (Wiesenbrüter) so kann hier auch die Gefahr der Unterkonditionierung auftreten. Die anzustrebende Körperkondition ist letztlich vom Laktationsstadium abhängig. Die Konditionsbeurteilung sollte im Idealfall alle vier bis sechs Wochen erfolgen, mindestens aber zu folgenden Zeitpunkten: Absetzen, in der Trockenstehperiode, Beginn der Abkalbe- und vor der Deckperiode.
Die optimale Körperkondition im Jahresverlauf
Abkalbung
Zum Zeitpunkt der Abkalbung ist eine Körperkondition im Bereich von 3,25 bis 3,75 anzustreben. Derart konditionierte Kühe zeigen eine geringere Neigung zu Schwergeburten, Nachgeburtsverhaltungen, eitrigen Ausfluss und Fruchtbarkeitsproblemen. Bei Jungkühen sollte die Kondition nicht über 3,5 liegen, um Probleme bei der Geburt nicht zusätzlich zu forcieren.
Hochlaktationsphase
In der Hochlaktationsphase (30. bis 90. Tag) ist eine Verringerung der Körperkondition auf 3,0 bis 3,25 als günstig anzusehen. Ein stärkerer Rückgang auf BCS 2,75 ist bei sehr milchreichen Tieren in gutem Allgemeinzustand zu tolerieren. Ist jedoch ein größerer Teil der Herde in diesem Bereich oder niedriger (< 2,75) einzustufen, ist von einer nicht bedarfsgerechten Fütterung auszugehen. Entweder ist die Grobfutterqualität zu gering (Ziel: > 6,0 MJ NEL/kg TM) oder die Futteraufnahme (Futterangebot) zu niedrig. Insgesamt sollte die Körperkondition der Kühe bis zur Deckperiode maximal um 0,75 Noten abfallen. Ein stärkerer Abfall ist vor allem bei stark verfetteten Kühen zu beobachtet, mit all seinen negativen Folgen.
Trockenstehperiode
Eine weitere Zunahme während der Trockenstehperiode sollte auf jedem Fall verhindert werden. Hier kann es vor allem bei sehr langen Trockenstehzeiten von über 2 Monaten nötig sein, bei guter Grobfutterqualität größere Mengen an Stroh zu verfüttern. Ziel ist hier eine Nährstoffkonzentration von 4,4 bis 4,8 MJ NEL/kg TM in der Ration. In den letzten 3 Wochen vor der Kalbung ist eine Anpassung der Futterqualität auf etwa 5,2 – 5,6 MJ NEL/kg TM vorzunehmen.
Umsetzung in der Praxis
An den Versuchsherden der LLA – Bayreuth (Oberfranken) und dem LVFZ Kringell (Niederbayern), jeweils Fleckvieh genetisch hornlos, werden die Empfehlungen zur Körperkondition seit mehreren Jahren in der Praxis umgesetzt. So liegen in beiden Herden die Trächtigkeitsraten bei etwa 95 % und die durchschnittliche Zwischenkalbezeit unter 365 Tagen. Äußerst positiv zeigen sich auch die Auswirkungen hinsichtlich des Geburtsverlaufes. So wurden jeweils über 95 % der Abkalbungen „ohne Hilfe bzw. Hilfe nicht nötig“ dokumentiert.
Die Körperkonditionsbeurteilung BCS sollte regelmäßig von der gleichen Person durchgeführt werden. Die richtige Beurteilung und Einstufung in Noten erfordert eine gewisse Übung und Erfahrung. Besonders beim Erlernen des Systems ist es vorteilhaft eine getrennte Beurteilung durch zwei Personen durchzuführen und die Ergebnisse anschließend zu besprechen und abzustimmen. Auch in der Folgezeit ist es anzuraten, eine externe Person hin und wieder die Herde beurteilen zu lassen, um damit einer sich einschleichenden „Betriebsblindheit“ zuvor zu kommen.
Fazit
Die regelmäßige Bewertung der Körperkondition (BCS) ist zur Kontrolle des Fütterungs- und Herdenmanagements sehr gut geeignet. Die Beurteilung der Tiere nach einem festen Schema und eine laufende Dokumentation der Bewertung, erlauben entsprechende Rückschlüsse bezüglich der Fütterung und einer weiteren Rationsplanung. Eine konsequente Anwendung der Köperkonditionsbewertung kann somit einen wertvollen Beitrag zur erfolgreichen Mutterkuhhaltung leisten.