Zwischenfrüchte – ein Multitalent in der Landwirtschaft

Kühe beim Fressen im Stall

Zwischenfrüchte haben einen Mehrfachnutzen: sie dienen nicht nur dem Pflanzenbau, sondern lassen sich auch verfüttern und helfen, Auflagen zu erfüllen. Längere Zeit führten sie ein Schattendasein, mittlerweile wird der Anbau aus vielerlei Gründen wieder ausgeweitet. Besonders das Greening hat zu einer deutlichen Ausweitung geführt. Im Betrieb Sirch, Altenmünster, hat der Zwischenfruchtanbau eine lange Tradition: „Zwischenfrüchte bauen wir hier schon seit 15 Jahren in Mulchsaat an und setzen sie seit dem Umbau des alten Anbindestalls in einen Laufstall vor fünf Jahren auch in der Fütterung ein."

Der Betrieb liegt im schwäbischen Zusamtal und kann mit einer Höhenlage von ca. 450 m NN und einer durchschnittlichen jährlichen Niederschlagsmenge von 800 mm als typisch für die bayerische Hügellandregion betrachtet werden. Das Betriebsleiterehepaar Marion und Thomas Sirch bewirtschaftet gemeinsam einen Milchviehbetrieb mit 75 Kühen. Die Herde besteht zu je einem Drittel aus Fleckvieh, Holstein und Kreuzungstieren dieser beiden Rassen. Die Leistungs-Kennzahlen können sich sehen lassen: die Milchleistung liegt aktuell bei 9.500 kg Milch mit 4,24 % Fett und 3,33 % Eiweiß, die Reproduktionsrate beträgt 28 %. Die Vorteile des Zwischenfruchtanbaus liegen für Thomas Sirch auf der Hand: “Zwischenfrüchte sind für uns im Ackerbau und in der Tierhaltung gleichermaßen wichtig. Sie haben durch Gründüngung und Durchwurzelung eine positive Wirkung auf die Bodenfruchtbarkeit und halten auch Wasser und Nährstoffe im Oberboden. Die ganzjährige Bodenbedeckung ist in unserer Hügellandschaft von besonderer Bedeutung für den Gewässerschutz, da sie Bodenerosion verhindert. Durch Anbau von Leguminosen kann wertvoller Stickstoff gebunden werden. In unserer Milchviehhaltung sichern Zwischenfrüchte die Vorräte ab, sind schmackhaft, kostengünstig und helfen mit, insbesondere Eiweiß-Kraftfutter einzusparen.“

Wie werden Zwischenfrüchte in das Betriebskonzept eingepasst?

Was wird angebaut?

Die Familie Sirch bewirtschaftet 54 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon 30 ha Grünland und 24 ha Ackerfläche. Diese wird mit einer dreigliedrigen Fruchtfolge aus Silomais – Wintergerste – Winterweizen bestellt, wobei die Zwischenfrüchte zur Nutzung noch im selben Jahr auf acht ha nach Wintergerste und als Greening nach Winterweizen und Wintergerste eingeschoben werden. Die Zwischenfrüchte frieren entweder ab und werden gemulcht, oder sie werden gemäht und dann gepflügt. Auf einen Glyphosateinsatz ist Thomas Sirch dabei nicht angewiesen. Er baut bei der Auswahl der Zwischenfrüchte je zur Hälfte auf Kleegras und Landsberger Gemenge, welches aus Weidelgras, Inkarnatklee und Wicke besteht: „Kleegras und Landsberger Gemenge kann ich im Herbst zweimal und dann noch einmal im Frühling nutzen. Das Landsberger Gemenge hat die schnellere Jugendentwicklung und im Herbst mehr Masse. Dafür bringt das Kleegras mehr Energie in die Ration.“ Und auf die Frage, ob er keine Bedenken wegen der Wasserversorgung der Folgefrucht bei einer Frühjahrnutzung hätte: „Die Bedenken teile ich nicht. Wasser hat man eh nicht in der Hand und eine knappe Wasserversorgung mit Bodenbedeckung durch Zwischenfrüchte ist immer noch besser, als wenn der Boden brachliegt.“

Vorteile überwiegen

Durch die verlängerte Bodenbedeckung hat er zusätzliche Vorteile: er kann mehr und früher Gülle ausbringen und hat dadurch auch noch eine Entzerrung der Arbeitsspitzen. „Die Arbeitsentlastung ist uns für das Familienleben wichtig. Dazu gehört auch, dass wir unser Jungvieh ab dem sechsten Monat zwischen März und Oktober auf die Weide tun.“ Die Zwischenfrüchte siliert er zusammen mit dem ersten -, dem vierten – und dem fünften Schnitt Grassilage ein. Sein Ziel dabei ist eine gleichmäßige Mischung von Gras und Zwischenfrüchten im Silo mit einem Trockenmassegehalt zwischen 30 und 32 Prozent. Der Anteil der Zwischenfrüchte an der Gesamtration der Milchkühe beträgt ca. zehn Prozent. Die Ration wurde ihm von der LKV-Fütterungsberaterin Agnes Pfaller zusammengestellt. Diese (Tab.1) setzt sich aktuell aus 18 kg Gras-Zwischenfrucht-Silage, 25,5 kg Maissilage, jeweils 0,5 kg Heu und Stroh, woraus sich eine Trockenmasseaufnahme aus dem Grobfutter von ca. 15 kg pro Kuh und Tag ergibt. Dazu kommen 1,3 kg hofeigenes Getreide, 2 kg Eiweißfutter und Mineralfutter. Pro Kuh werden drei Liter Wasser in den Mischwagen gegeben um die Homogenität der Mischung im Trog zu gewährleisten und eine Selektion durch die Kühe zu vermindern. Die Ration reicht für ca. 24 kg Milch und wird einmal am Tag gemischt sowie drei bis viermal täglich nachgeschoben. Kraftfutter gibt es darüber hinaus nur im Melkroboter als Zukaufskraftfutter. Die Hochleistenden erhalten ein 19/4er-Kraftfutter mit Körnermais und Melasseschnitzel, die Niederleistenden ein 18/4er-Kraftfutter auf Getreidebasis. In der Gesamtbilanz erzielt Thomas Sirch damit eine Grobfutterleistung von ca. 4.400 kg Milch pro Kuh und Jahr und bleibt sogar unter seinem Ziel von 250 g Kraftfutter pro kg Milch.
Tab.1: Milchviehration Betrieb Sirch, Altenmünster (reicht für 24 kg Milch)
pro Kuh und TagFrischmasse (kg)
Gras-Zwischenfruchtsilage18,0
Maissilage25,5
Heu0,5
Gerstenstroh0,5
Wasser3,2
Raps-Sojamischung (4 : 1)2,0
Hofeigenes Getreide1,3
Mineralfutter 21 % Ca, 1 % P0,08
Kohlensaurer Futterkalk0,06
Viehsalz0,02

Welche Auswahl besteht bei den Zwischenfrüchten?

Sommer- oder Winterzwischenfrüchte

Die Auswahl der Zwischenfrüchte richtet sich nach der Fruchtfolge und danach, ob die Nutzung noch im selben Jahr erfolgen soll. Für die Nutzung im selben Jahr, d.h. als Sommerzwischenfrucht, muss der Anbau noch im Juli, spätestens Anfang August erfolgen, so dass für das Heranwachsen noch 8 – 10 Wochen Vegetationszeit verbleiben. Hauptvoraussetzung hierfür sind genügend Niederschläge in dieser Zeit, insbesondere für Gräser. Ist dies nicht gegeben, so sollte der Anbau von Winterzwischenfrüchten geplant werden. Hierfür kommen wie bei Familie Sirch Kleegras und Landsberger Gemenge oder auch Welsches- bzw. Bastard-Weidelgras, Winterroggen und Ganzpflanzensilage aus Weizen oder Gerste (GPS) in Frage (Tab.2). Bei unsicherer Wasserversorgung ist als Risikoausgleich eine Kleegrasmischung reinen Grasansaaten überlegen. Grünroggen kann nach der Wintergerstenernte im Juli angebaut werden. Die erste Ernte erfolgt dann zusammen mit dem dritten oder vierten Schnitt im September/Oktober als Sandwichsilage. Eine andere Möglichkeit wäre eine Ansaat nach der Silomaisernte im September/Oktober und eine Nutzung im April. Grünroggen hat den Vorteil, dass er unkompliziert zu silieren ist, höhere und energiereichere Erträge als GPS liefert und keine Mengenbegrenzung in der Ration erfordert. Da er spätestens im Ährenschieben geerntet wird, kann er ab Mitte bis Ende April genutzt werden und beeinträchtigt damit auch einen nachfolgenden Maisanbau nicht oder nur wenig.

Achtung bei der Verfütterung von Raps, Rübsen und Senf

Auch Raps, Rübsen oder Senf sind grundsätzlich als Zwischenfrüchte möglich. Für deren Fütterung sind sie jedoch aufgrund der höheren Verschmutzungsgefahr, Gärsaftverlusten und häufig hohen Nitratgehalt nur bedingt geeignet. Nitrat wird im Pansen zu Ammoniak abgebaut, das dann über die Leber als Harnstoff ausgeschieden oder über den Speichel wieder in die Verdauung eingeschleust wird. Bei zu hohem Nitratgehalt oder bei Erwärmung des Futters entsteht aus Nitrat das weitaus giftigere Nitrit. Mögliche Symptome bei überhöhten Nitratgehalten im Futter (über 5000 mg/kg TM Alleinfuttermittel, d.h. in der Gesamtration) sind akute Vergiftungserscheinungen mit Atemnot und Verfärbung der Scheidenschleimhaut, sowie längerfristig Fruchtbarkeitsstörungen.

Wieviel kann man davon verfüttern?

In Tabelle 2 sind die Futterwerte einiger Zwischenfrüchte und Hinweise/maximale Einsatzmengen dargestellt. Bis auf Grünhafer und GPS weisen Zwischenfrüchte einen relativ hohen Rohproteingehalt auf. In der Grundration ist deshalb eine Kombination mit Maissilage günstig. Weitere Rationsbeispiele mit Zwischenfrüchten sind in Tabelle 3 aufgeführt (Ration für ca. 25 kg Milch). Die hier angegebenen Tagesfuttermengen bei Grünfutter sollten zweimal am Tag frisch vorgelegt werden, um eine Erwärmung des Futters zu verhindern und die Gefahr der Nitritbildung zu reduzieren. Die Rationen müssen noch mit einem entsprechenden Mineralfutter ergänzt werden. Der Einsatz von GPS wird vor allen Dingen durch den niedrigen Energiegehalt begrenzt (rund 15 % niedriger als bei Maissilage). Alle Zwischenfrüchte sollten im optimalen Reifezustand (Tab. 2) geerntet werden, da sich im fortgeschrittenen Vegetationsstadium die Nährstoffgehalte verringern. Bei der Kraftfutterergänzung muss der hohe Gehalt an Zucker und Stärke bei einigen Sommer-Zwischenfrüchten und bei GPS beachtet werden (Tab.2). Deshalb darf ein Ausgleich nicht nur mit Getreide erfolgen, sondern es müssen bereits zur Ergänzung der Grundration Kraftfutter eingesetzt werden, die relativ stärkearm sind und/oder einen hohen Anteil an beständiger Stärke aufweisen. Hierzu zählen z.B. Trocken- oder Pressschnitzel, Körnermais. Gleiches gilt natürlich verstärkt für Leistungskraftfutter aus hofeigenen Mischungen oder Zukauf.
Tab.2: Futterwerte und maximale Einsatzmengen einiger Zwischenfrüchte (Gruber Tabelle, 2017)
 TMRohfaseraNDFomRohproteinnXPZucker
+ Stärke
NELmaximale Einsatzmenge
pro Kuh u. Tag
 g je kg FMg je kg TMg je kg TMg je kg TMg je kg TMg je kg TMMJ ke kg TMkg FM
Grünfutter        
Grünhafer, Rispenschieben2202605201421351506,2635
Weidelgras, Ährenschieben1702354901651401506,3360
Landsberger Gem., Ährensch.170220460194140806,0150
Grünroggen, Schossen2202304601851521206,9435
Kleegras, v.d.Knospe150185405230156806,7340
Silagen        
Weidelgras, Ährenschieben350250505162136356,1325
Landsberger Gem., Ährensch.350260520165130305,7025
Grünhafer, Rispenschieben35026052511213226,3420
Kleegras, Beginn Knospe350225455195144256,3020
Grünroggen, Ährenschieben25026053015013926,4225
GPS, mittel400245490981172205,4615

Zwischenfrüchte – was ist zu beachten:

  • Langsamer Futterwechsel über 8 - 14 Tage.
  • Bei Bedarf (Kotkonsistenz!) Heu und/oder Stroh als Strukturausgleich
  • Kraftfutter mit relativ niedrigen Gehalten an Zucker und Stärke einsetzen.
  • Bei Jungvieh unter einem Jahr Zwischenfrüchte (bis auf Weidelgras) auf ca. 20 % der TM beschränken; kein Einsatz unter einem halben Jahr.
  • Bei Anzeichen für Nitritvergiftung sofort Zwischenfruchtmenge zurücknehmen.
  • Eine Futteruntersuchung liefert genaue Zahlen zu den Inhaltsstoffen.