Markteinführung der Conviso-Smart®-Technologie im Zuckerrübenanbau
Das völlig neuartige Unkrautkontrollverfahren auf der Basis eines Herbizids aus der Gruppe der Sulfonylharnstoffe wurde 2017 erstmals in Europa in Frankreich zugelassen. Über das zonale Zulassungsverfahren wurde die Technologie ab 2018 in weiteren Ländern der EU verfügbar. In Deutschland wurde das Herbizid Conviso One® erstmals im August 2020 zugelassen. Nachdem inzwischen der Zulassungsumfang erweitert wurde, wird das neue System den Rübenanbauern für die Saison 2023 von der Firma KWS® zur Verfügung gestellt. Conviso-Smart unterscheidet sich grundlegend vom bisherigen Verfahren der chemischen Unkrautkontrolle im Zuckerrübenanbau. Die Anwendungsentscheidung muss daher die spezifischen Anwendungsbedingungen und die mittel- bis langfristigen Aspekte dieser Technologie berücksichtigen.
Was sind die Besonderheiten von Conviso-Smart?
Conviso-Smart ist eine Herbizid-Resistenztechnik (HR-Technik) die aus den beiden Bestandteilen einer herbizidresistenten Sorte (Smart-Rübe) und dem entsprechenden Komplementärherbizid (Conviso One) besteht.
Smart-Rüben besitzen eine Wirkortresistenz gegenüber Herbiziden aus der Gruppe der ALS-Hemmer bzw. Sulfonylharnstoff-Herbiziden (HRAC-Klasse 2). Die Resistenz beruht auf einer natürlichen Mutation im Rüben-Genom und wurde durch klassische Züchtungsmethoden in die entsprechenden Smart-Sorten integriert. Die Herbizidverträglichkeit dieser Sorten beruht damit nicht, wie sonst üblich, auf einem raschen Wirkstoffabbau (Metabolisierung), sondern auf einer direkten Unwirksamkeit in der Kulturpflanze. Eine entsprechende Herbizidbehandlung verursacht somit keine Stressreaktionen bei den Rübenpflanzen.
Conviso One ist ein reines Sulfonylharnstoff-Präparat mit der Wirkstoffkombination aus Foramsulfuron (50 g/l) und Thiencarbazone (29 g/l) als ölhaltiges Dispersionskonzentrat. Es wirkt hoch blattaktiv gegen ein breites Spektrum ein- und zweikeimblättriger Unkräuter einschließlich schwer bekämpfbaren Problemunkräutern im Rübenanbau. Eine Anwendung in konventionellen Rübensorten ist nicht möglich, da dies zu einem Totalschaden führen würde. Allerdings werden mit Conviso One damit auch Wild- bzw. Durchwuchsrüben sicher bekämpft. Durchwuchs von ALS-resistenten Kulturen, wie z. B. Clearfield®-Raps, oder ALS-resistenten Unkräutern wie etwa Acker-Fuchsschwanz oder Vogelmiere können jedoch nicht bekämpft werden.
Wie ist das Herbizid Conviso One zugelassen?
Conviso One ist als Nachauflaufherbizid in Zuckerrüben zugelassen. Die Anwendung erfolgt als einmalige Behandlung oder als Spritzfolge mit zwei Behandlungen im Abstand von mindestens 10 Tagen. Der Einsatzzeitraum geht von BBCH 12 bis 18 der Rüben und bis BBCH 14 der Zielunkräuter. Insgesamt sind 14 verschiedene Anwendungen mit einer Aufwandmenge von 0,125 bis 1,0 l/ha als Flächen- oder Bandbehandlung zugelassen. Je nach Aufwandmenge ergibt sich für die einzelne Anwendung eine spezifische Indikation bzw. Spektrum an Zielunkräutern und entsprechend unterschiedliche Anwendungsbestimmungen.
Die Standard-Anwendung von Conviso One erfolgt mit einer Aufwandmenge von 1,0 l/ha gegen Samenunkräuter, Acker-Fuchsschwanz, Hühnerhirse und Jähriger Rispe als Einmalbehandlung oder Spritzfolge mit 2x 0,5 l/ha als Flächen- oder Bandbehandlung. Die Flächenbehandlung mit 1,0 l/ha ist allerdings auf drainierten Flächen nicht zulässig. Als reine Bandbehandlung sind zwei Anwendungen mit reduzierter Aufwandmenge (1x 0,75 l/ha oder 2x 0,375 l/ha für die gleiche Indikation bzw. dasselbe Unkrautspektrum zugelassen.
Weitere Anwendungen mit stark reduzierten Aufwandmengen von 0,25 bis 0,5 l/ha sind mit eingeschränkter Indikation bzw. eingeschränktem Unkrautspektrum zugelassen. Diese Anwendungen müssten daher zwingend mit einer ausreichenden Ergänzung durch konventionelle Herbizide unterstützt werden, was die Attraktivität des Systems deutlich einschränken würde.
Wie effektiv ist das Conviso-Smart-System?
Der Bayerische Pflanzenschutzdienst hat das neue Unkrautbekämpfungssystem bereits im Zeitraum von 2016 bis 2018 auf fünf Feldversuchstandorten in Nord- und Südbayern umfangreich geprüft. Hierbei zeigte sich, dass die Anwendung von Conviso One mit einer Aufwandmenge von 1,0 l/ha als Einmalbehandlung oder Spritzfolge (2x 0,5 l/ha) einer dreifachen Standard-NAK-Spritzfolge mit konventionellen Herbiziden in der Unkrautbekämpfungsleistung deutlich überlegen ist. Das hohe Wirkungsniveau von Conviso One war dabei unabhängig von der Kombination mit dem Zusatzstoff Mero® (Raps-Methyl-Ester).
Gegenüber Amarant, Hirtentäschel- und Hellerkraut war die konventionelle Standardbehandlung sowie die Anwendung mit Conviso One auf einem gleichen, absolut sicheren Wirkungsniveau. Gegen Ehrenpreis zeigte sich allerdings die Wirkungsschwäche von Conviso One sehr deutlich. Bei Gänsefuß und Acker-Stiefmütterchen konnte der Vergleichsstandard bereits nicht mehr das hohe Wirkungsniveau von Conviso One halten. Dieser Wirkungsabstand vergrößerte sich noch bei weiteren Leitunkräutern an den Versuchsstandorten (Abb. 1). Gegen Acker-Fuchsschwanz waren beide Systeme leistungsgleich, da die konventionelle Behandlung bei Bedarf mit einem Graminizid ergänzt wurde.
Abb. 1: Unkrautwirkung von Conviso One®, mit und ohne den Zusatz von Mero® im Vergleich zu einer konventionellen Standardbehandlung (3x NAK). Wirkung (%) als Mittelwerte aus fünf Feldversuchen in Bayern 2016–2018.
Neben der Solo-Anwendung von Conviso One wurden auch Kombinationen mit konventionellen Herbiziden geprüft, um einerseits die Wirkungslücke gegen Ehrenpreis zu schließen und andererseits das Resistenzrisiko einer reinen ALS-Behandlung zu vermindern. In Abbildung 2 ist die Ergänzung mit Spectrum® (Dimethenamid-P, 720 g/l) dargestellt. Die Ehrenpreis-Lücke konnte durch die Ergänzung zwar zum Großteil geschlossen werden, erreichte aber nicht das hohe Niveau der im Vergleich durchgeführten Standardbehandlung. Im gesamten Unkrautspektrum war die Wirkung der Kombination aus Conviso One + Spectrum als Zweifachbehandlung der dreifachen Standard-NAK-Anwendung dennoch deutlich überlegen. Als weitere Mischpartner zu Conviso One wurden auch die Präparate Goltix Titan® bzw. Kezuro® (Metamitron + Quinmerac) mit einem gleichwertig erfolgreichen Ergebnis eingesetzt.
Abb. 2: Wirkungsspektrum einer Spritzfolge aus Conviso One in Tankmischung mit Spectrum im Vergleich zu einer dreifachen NAK-Standardbehandlung. Wirkung (%) Mittelwerte aus fünf Feldversuchen in Bayern von 2016 bis 2018.
Wie attraktiv ist die HR-Technik?
Die Conviso-Smart-Technologie ist eine feste Kombination aus einer Smart-Rübensorte und dem Conviso-One-Herbizid. Als Alternative zu einem konventionellen Rübenanbau müssen daher auch die Eigenschaften der verfügbaren Smart-Rüben betrachtet werden (siehe Link zum Bundessortenamt). Bei der Solo-Anwendung von Conviso One kann dabei davon ausgegangen werden, dass der nicht vorhandene Herbizid-Stress einen gewissen Ertragseffekt ermöglicht. Die Unkrautbekämpfungsleistung von Conviso One ist einer üblichen Standardbehandlung als dreifache NAK-Anwendung offensichtlich deutlich überlegen. Das gilt insbesondere auch für Problemunkräuter wie z. B. Hundspetersilie, Winden- und Vogel-Knöterich, Zaunwinde oder Bingelkraut. Auch Neophyten wie Stechapfel, Samtpappel oder Ambrosia können mit Conviso One erfolgreich reguliert werden. Aus praktischer Sicht reduziert sich die Anwendung auf eine Nachauflauf-Spritzfolge mit 2x 0,5 l/ha Conviso One bis spätestens zum Zweiblatt-Stadium (BBCH 12) vorhandener Gänsefuß-Arten.
Link zu den beschreibenden Sortenlisten des Bundessortenamts
Neben der hervorragenden Unkrautbekämpfungsleistung müssen einige systembedingte Besonderheiten mitberücksichtigt werden. Bei der Anwendung sollte sich für eine vollständige Umstellung auf Betriebsebene entschieden werden. Ein paralleler Anbau von Conviso- und konventionellen Rüben hat ein zu hohes Risiko von Fehlbehandlungen mit Totalschäden. Der vorwiegende Einsatz von ALS-Hemmer-Herbiziden (Sulfonylharnstoffe, HRAC: 2) im Rübenanbau erfordert eine Kompensation im Rahmen der Fruchtfolge. Um den Selektionsdruck auf ALS-resistente Unkräuter zu begrenzen, sollten vorwiegend ALS-gestützte Anwendungen auf eine maximale Behandlungshäufigkeit von 50 % innerhalb einer Fruchtfolgeperiode begrenzt werden. Als weitere Absicherung ist ein betriebsspezifisches Resistenzmanagement zu entwickeln und konsequent im Rahmen der gesamten Fruchtfolge umzusetzen.
Empfehlungen für die Umsetzung
Die Conviso-Smart-Technologie eröffnet eine weitgehend einfachere und effektivere Unkrautbekämpfung mit verringertem Wirkstoffeinsatz im Zuckerrübenanbau. Die neuartige HR-Technologie ist grundsätzlich für Betriebe geeignet, die in der Lage sind, ihren Rübenanbau vollständig darauf umzustellen. Ausschlaggebend ist hierbei die Situation der Anbauflächen, denn nur auf nicht drainierten Felder kann die Anwendung zur breit wirksamen Unkrautbekämpfung mit einer Spritzfolge von 2x 0,5 l/ha Conviso One als Flächenbehandlung umgesetzt werden. Auf drainierten Flächen wäre die Anwendung als Bandbehandlung eine Alternative. Diese setzt jedoch die Verfügbarkeit einer schlagkräftigen Band- und Hacktechnik voraus. Letztlich wäre auch die Flächenbehandlung auf nicht drainierten Flächen und die Bandbehandlung auf drainierten Flächen eine Option, die zu einem verringerten Herbizideinsatz beitragen würde.
Eine weitere Grundvoraussetzung ist die Situation der Herbizidresistenz und die Bereitschaft zur strategischen Umsetzung eines betriebsspezifischen Resistenzmanagements. Betriebe, bei denen bereits Unkräuter mit Resistenzen gegen ALS-Hemmer-Herbiziden (HRAC: 2) oder der Anbau von HR-Kulturen auf Basis der ALS-Resistenz (z. B. Clearfield-Raps) vorhanden sind, sind für die Conviso-Smart-Technik nicht geeignet.
Von Herstellerseite wird der Einsatz von Conviso One mit dem Zusatz von Mero (1:1) empfohlen. Unsere Versuche haben im Vergleich zwar keinen Vorteil durch den Zusatzstoff gezeigt, aber unter sehr trockenen Witterungsbedingungen könnte damit die Blattaktivität abgesichert werden. Zudem wird die Technik den Anbauern als komplettes Paket aus Smart-Sorte, Conviso-One-Herbizid und dem Zusatzstoff Mero zur Verfügung gestellt. Um die Wirkungslücke gegen Ehrenpreis-Arten zu schließen und um den Selektionsdruck auf ALS-resistente Unkraut-Biotypen zu vermindern, ist die Ergänzung mit einem konventionellen Herbizid empfehlenswert. In unseren Versuchen haben sich dabei Präparate auf der Basis von Dime-thenamid-P und Metamitron + Quinmerac als gut geeignet erwiesen. Falls bei einer Anwendung der Gänsefuß das Zweiblatt-Stadium (BBCH 12) bereits deutlich überschritten hat, wird vom Hersteller die Ergänzung mit Phenmedipham + Ethofumesat (z. B. Betanal Tandem®) empfohlen.
Letztlich ist Conviso One ein neues, hoch blattaktives Präparat, das verlorene und eventuell noch verloren gehende Wirkstoffe im Rübenanbau ersetzen kann. Damit könnte das ansonsten gefährdete Mulchsaatverfahren im Zuckerrübenanbau wieder erfolgreich umgesetzt werden. Hierzu und insbesondere zur Frage der Kombination mit konventionellen Herbiziden besteht noch weiterer Forschungsbedarf.