1. Nachweis pflanzenpathogener Bakterien im Jahr 2024
2. Untersuchungen auf geregelte bakterielle Schaderreger
Im Zusammenhang mit phytosanitären Kontrollen von Pflanzensendungen für Im- und Export, sowie im Rahmen von Monitorings, Kontrollen und Verdachtsproben wurden in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich IPS 4 (Pflanzengesundheit und Quarantäne) auch 2024 regelmäßig Proben auf bakterielle Quarantäne- bzw. anderweitig geregelte Schädlinge untersucht.
Gemäß der EU-Verordnung 2016/2031 über Maßnahmen zum Schutz vor Pflanzenschädlingen („Pflanzengesundheitsverordnung“) können Schaderreger in die die Kategorien Unionsquarantäneschädlinge, Prioritäre Schädlinge, Unionsgeregelte Nicht-Quarantäneschädlinge (RNQPs) und Schutzgebiet-Quarantäneschädlinge fallen, die alle die genaue Identifizierung des vorliegenden Schaderregers erfordern. Solche Erreger unterliegen unterschiedlichen amtlichen Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahmen, die verhindern sollen, dass sie in die EU eingeschleppt oder dort verbreitet werden bzw. bei Befall erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen.
Die Ergebnisse der Untersuchungen auf Quarantäne- oder andere geregelte Schädlinge werden bei Bedarf an die zuständigen Arbeitsgruppen von IPS 4 weitergeleitet.
Pflanzengesundheit und Quarantäne
Quarantänestation und amtliches Labor
Das bakteriologische Labor der LfL hat seit 2020 den Status einer Quarantänestation gemäß EU-Verordnung, der sicherstellt, dass das Labor bestimmte Anforderungen erfüllt, die die Ausbreitung von Quarantäneschädlingen verhindern, wie z.B. die entsprechende fachliche Eignung des Personals oder die Möglichkeit zur physischen Isolation der untersuchten Schädlinge. Das Labor darf somit auch amtliche Tests mit Pflanzen, Pflanzenerzeugnissen, sonstigen Gegenstände oder Schadorganismen durchführen, für die innerhalb der EU ein Einfuhr- oder Verbringungsverbot besteht. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 322 Untersuchungen auf Befall mit Unionsquarantäneschädlingen gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2019/2072 durchgeführt.
Quarantäneschädlinge 2024 – Untersuchungen an Kartoffeln
Einen Schwerpunkt bildeten auch 2024 wieder die zusammen mit IPS 4b durchgeführten Untersuchungen auf die Erreger der Schleim- (Ralstonia solanacearum) und Ringfäule (Clavibacter sepedonicus) – beides Unionsquarantäneschädlinge nach der Pflanzengesundheitsverordnung. Insgesamt wurden an der LfL 118 Kartoffelproben (Pflanzgut, Speise- und Wirtschaftskartoffeln, Zuchtmaterial) untersucht. Ein Großteil der bayerischen Kartoffelproben wird darüber hinaus in einem externen Untersuchungslabor analysiert. Keine der Proben war positiv auf einen der genannten Erreger. Auch 91 Wasserproben aus bayerischen Oberflächengewässern und drei Klärschlamm-Proben mussten 2024 auf R. solanacearum untersucht werden. Sieben Gewässerproben wurden positiv getestet, was relevant für die Allgemeinverfügungen ist, welche die Entnahme von Wasser zur Beregnung von Kartoffeln und Tomaten aus den entsprechenden Gewässerabschnitten untersagen.
Quarantänebakteriosen der Kartoffel
Quarantäneschädlinge 2024 – Untersuchungen an Ingwer
Auch Ingwer stellt eine Wirtspflanze für Arten des Ralstonia solanacearum-Artkomplexes dar. Aufgrund immer wieder auftretender Funde des Erregers in Ingwer-Anbauversuchen in Deutschland werden auch in Bayern Ingwer-Importe und Verdachtsproben intensiv auf Ralstonia untersucht. Der Erstnachweis von R. pseudosolanacearum an Ingwer in Deutschland erfolgte 2021 in einem Gewächshaus in Hessen, zuletzt trat 2023 Befall in einem Betrieb in Baden-Württemberg auf. Die betroffenen Pflanzen waren aus Ingwerrhizomen gezogen worden, die ursprünglich für den Konsum importiert worden waren. Es gibt also konkrete Hinweise auf das Risiko einer Einschleppung von R. pseudosolanacearum durch Rhizome von Konsum-Ingwer (sowie Kurkuma), sofern diese als Pflanzgut genutzt werden. So erwiesen sich zahlreiche Proben von Konsum-Ingwer, die in den vergangenen Jahren im Einzelhandel im Bundesgebiet genommen wurden, als positiv.
Auch in Bayern wird seit einigen Jahren von zahlreichen Betrieben Ingwer angebaut, wofür u.U. kein zertifiziertes Pflanzgut zur Verfügung steht. Gemäß den Empfehlungen des Julius-Kühn-Instituts sollen Ingwer-Importe im Labor auf Ralstonia untersucht werden. 2024 wurden in Bayern 6 Import-Proben von Ingwer (und eine Ginseng-Probe) untersucht (Einlassstelle Flughafen München) – keine der Proben war mit R. pseudosolanacearum befallen. Anbauer müssen sich jedoch weiterhin des möglichen Risikos eines Anbaus von Konsum-Ware bewusst sein.
Quarantäneschädlinge 2024 – Weitere Untersuchungen
Daneben wurden 16 Proben von Mais-Saatgut für Ein- und Ausfuhr auf den Erreger der Bakterienwelke Pantoea stewartii subsp. stewartii untersucht, sowie eine Vielzahl von potenziellen Wirtspflanzenarten auf das Feuerbakterium Xylella fastidiosa, das als prioritärer Quarantäneorganismus eingestuft wird. Insgesamt 70 Proben, zumeist aus dem Nationalen Monitoringprogramm der EU, wurden auf Xylella untersucht, darunter häufig Proben von Wein, Olive, Oleander, Lavendel, Rosmarin, Kaffee, Citrus- und Prunus-Arten. Positive Fälle traten nicht auf. In Anbauversuchen auffallende, verdächtige Pflanzen von Bohne (Phaseolus vulgaris) wurden auf Befall mit dem Quarantäne-Erreger Curtobacterium flaccumfaciens pv. flaccumfaciens untersucht. Auch hier konnte kein Befall festgestellt werden.
3. Untersuchungen zu SBR (Syndrome Basses Richesses) und Stolbur an Zuckerrübe und anderen Kulturen
Das Syndrome Basses Richesses ("SBR" = Syndrom des niedrigen Zuckergehalts) ist zunächst als eine Bakteriose der Zuckerrübe beschrieben worden, die sich in den vergangenen Jahren auch in Bayern in zahlreichen Anbaugebieten stark ausgebreitet hat. Mit ihr einher gehen schwere Einbußen in Ertrag und Qualität. Seit Sommer 2023 hat sich die Situation in manchen Regionen teilweise deutlich verschärft: neben dem ursprünglich festgestellten Bakterium Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus führt nun ein weiterer Erreger, das sogenannte Stolbur-Phytoplasma, ein zellwandloses Bakterium (Candidatus Phytoplasma solani), zusätzlich zu einer massiven Schädigung der Rüben und hohen Ertragsverlusten. Augenscheinliches Symptom eines Phytoplasma-Befalls sind neben gelben, verwelkten, absterbenden Blättern sogenannte "Gummirüben" – weiche, biegsame Rüben, die aufgrund ihrer Schädigung oft kaum zu ernten und zu verarbeiten sind.
Forschungsprojekte
Auch Kartoffel und Gemüsekulturen betroffen
Darüber hinaus ist seit 2023 deutlich geworden, dass auch die Kartoffel Wirtspflanze für die Schilf-Glasflügelzikade ist und beide Erreger auch auf diese Kultur übertragen kann. An infizierten Kartoffeln sind neben gelblich oder rötlich verfärbten Triebspitzen, Geiztrieb- und Luftknollenbildung vor allem gummiartige Knollen sowie Auswirkungen auf das Keimverhalten zu beobachten. Befallenen Knollen keimen u.U. später, schwächer, bzw. zeigen sog. Fadenkeimigkeit. Zuletzt häuften sich auch bei Gemüsekulturen (v.a. Wurzelgemüse, Rhabarber, u.a.) v.a. in den Zuckerrüben-Befallsgebieten Berichte von unbekannten Schäden: Blattverfärbungen, Wuchsverzögerung, Welke, "Gummiwurzeln", Ertragsminderung, Geschmacksveränderungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf den genannten Erreger-/ Vektorkomplex zurückzuführen sind.
Ergebnisse der Labordiagnosen
Die Arbeitsgruppe Bakteriologie war auch 2024 intensiv mit der Labordiagnostik an Feldproben befasst. Eingehende Zikaden-, Zuckerrüben-, Kartoffel- und sonstige Proben werden mittels PCR auf ihre Besiedelung mit den beiden Erregern untersucht.
Im Jahr 2024 wurden insgesamt 184 Zuckerrübenproben, 121 Kartoffelproben und 208 Zikaden getestet. 72% der Rüben, 50% der Kartoffeln und 55% der Zikaden waren mit Stolbur und/ oder Cand. arsenophonus besiedelt. Auch bei den untersuchten Gemüseproben zeigte sich ein ähnliches Bild: von den insgesamt 22 untersuchten Gemüseproben mit SBR-/Stolbur-Verdacht waren 14 mit einem oder beiden Erregern infiziert. Alle befallenen Gemüseproben stammten aus der Region Unterfranken.
Außerdem wurden ausgewählte Proben DNA-sequenzanalytisch untersucht, um so Hinweise auf Herkunft und Epidemiologie der Erregerpopulationen zu erhalten. So ließen sich Unterschiede zwischen der Stolbur-Population aus Gemüse und Kartoffeln und den Populationen aus Zuckerrüben und Zikaden aus Zuckerrübenschlägen nachweisen. Allerdings mischen sich diese Populationen möglicherweise derzeit, abhängig von der Aktivität der Vektorpopulation.