Institut für Pflanzenschutz
Jahresbericht 2022 – Krankheiten und Schädlinge im Gartenbau

Die Arbeitsgruppe IPS 3d beschäftigt sich neben in ihrer Versuchsarbeit zur Schließung von Indikationslücken im Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenbau mit aktuellen Schaderregerproblemen im Gartenbaubereich und erarbeitet dabei Pflanzenschutzmaßnahmen und -strategien auf Basis konventioneller und alternativer Verfahren.

Bekämpfung des Apfelblütenstechers (Anthonomus pomorum)

Grundlagen

In Jahren mit geringem Blütenansatz an Apfelbäumen und starkem Auftreten des Apfelblütenstechers kann dieser durch Schädigung der Blütenknospen den Ertrag stark reduzieren. Zum Zeitpunkt des Knospenschwellens wandert der Apfelblütenstecher in Apfelanlagen ein und schädigt durch den Reifungsfraß die Knospen. Bei der Eiablage wird ein Ei je Blüte abgelegt, ein Weibchen legt bis zu 100 Eier ab und die schlüpfende Larve ernährt sich von Stempel und Staubblätter in der Knospe. Ein Öffnen der Knospe und die weitere Entwicklung zu einer Frucht ist damit unterbrochen. Vor allem Anlagen in Waldnähe können von dem Schädling besonders betroffen sein, da dieser im Wald überwintert. Der Schaderreger tritt nur lokal, aber mit einem erheblichen wirtschaftlichen Schadpotential, auf. Problematisch ist, dass als Schutzmaßnahmen gegen den Apfelblütenstecher keine Pflanzenschutzmittel zur direkten Bekämpfung zugelassen sind. Solch eine Zulassungslücke stellt eine Herausforderung im Obstbau dar, wenn es darum geht, eine wirksame Bekämpfung gegen den Apfelblütenstecher zu finden. Bisher wurde jährlich eine Notfallzulassung nach Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erlassen, um eine chemische Bekämpfung des Apfelblütenstechers zu ermöglichen. Jedoch ist nicht vorherzusehen, ob dies in den nächsten Jahren weiterhin der Fall sein wird. Um diese Indikationslücke zu schließen werden, koordiniert durch den Bundesarbeitskreis Lückenindikation (Unterarbeitskreis Lückenindikation Obstbau), Versuche mit verschiedenen Pflanzenschutzmitteln durchgeführt.
Das Ziel des Projektes ist es, die Wirksamkeit verschiedener Insektizide zu untersuchen und so eine erfolgreiche Bekämpfungsmaßnahme gegen den Apfelblütenstecher zu finden. Die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln zur wirksamen Bekämpfung des Apfelblütenstechers, bei Überschreiten der Schadschwelle im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes, sollte verbessert werden.

Versuchsdurchführung

Der Versuch wurde an konventionell bewirtschafteten "Red Elstar" auf M9 (Pflanzung: Februar 2009) durchgeführt. Der Versuchsstandard war nach EPPO/UAG Lück (4 Wdh., 5 Bäume/Wdh.). Die Anlage befindet sich neben einer Streuobstanlage und in Waldrandnähe, in den Vorjahren konnte deutlicher Befall durch Apfelblütenstecher nachgewiesen werden.
Klopfproben zur Befallsüberwachung wurden vom 24.03 bis 20.04.2022 durchgeführt. Erst am 31.03.2023 wurde die Schadschwelle von 10 Tieren/100 Schläge überschritten. Der Behandlungstermin war am 29.03.2022 (BBCH 53/54: grüne Knospe bis Mausohrstadium) und somit noch vor Erreichen der Schadschwelle. Aufgrund der Wetterprognose wurde der Applikationszeitpunkt gewählt, da die Temperaturen deutlich sanken, Niederschläge fielen und der Wind zunahm. Der Behandlungszeitpunkt ist rückblickend als ideal einzustufen.
Weißer Stofftrichter 0,5m², der unter die Äste gehalten wird und auf die Äste wird mit einem Stock geschlagen.

Klopfprobe

Schadbild Apfelblütenstecher: Verbräunte, geschlossene Apfelblüten

Schadbild verbräunte Apfelblüte

Schadbild Apfelblütenstecher: Verbräunte, geschlossene Apfelblüten

Schadbild Blüte

Apfelblütenstecherlarve: geöffnete Blüte, die durch eine weiße Larve ausgefressen ist.

Apfelblütenstecherlarve

Grüne Knospe am Apfel

Grüne Knospe am Apfel

Jahresdiagramm Wetterdaten von 2022

Die Bonitur erfolgte am 25.04.2022 auf Blütenfraßspuren und Larven, mindestens 200 Einzelblüten pro Parzelle. Die Behandlungen wurden mit der Rückenspritze durchgeführt, der Wasseraufwand betrug 400l/ha und mKh. Die Baumhöhe betrug 1,5m.

Ergebnis

VersuchsgliedMittel (Wirkstoff)Aufwandmenge je ha u mKhWirkungsgrad in % (nach Abbott)
1Kontrolle21,9 (Befall in %)
2Minecto One (Cyantraniliprole)* 0,0625 kg 65,7
3Mospilan SG (Acetamiprid)* 0,0833 kg 62,3
4Mavrik Vita (Tau-Fluvalinat)** 0,1 l 50,9
5Mavrik Vita (Tau-Fluvalinat)**+
Raptol AF (Rapsöl + Pyrethrine)*
0,1 l + 0,35 l 65,7
6Raptol AF (Rapsöl + Pyrethrine)* 0,35 l72,0
7Flexum (Flonicamid + Orangenöl)***0,6 l/10000m² Laubwandfläche23,4
*keine Zulassung im Apfel gegen Apfelblütenstecher
** keine Zulassung im Apfel
*** keine Zulassung in Deutschland

Diagramm Wirkungsgrade in Prozent nach Abbott

Die Wirkungsgrade von Minecto One, Mospilan SG, Mavrik Vita wären ausreichend für eine Bekämpfung des Apfelblütenstechers. In diesem Versuch wäre Raptol AF für eine Bekämpfung des Apfelblütenstechers ausreichend, aber bei weiteren Versuchen konnte die gute Wirkung nicht wiederholt werden. Die Wirkung von Flexum ist nicht ausreichend.
Minecto One hat vom 15.02 bis 13.06.2023 eine Notfallzulassung nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zur Bekämpfung des Apfelblütenstechers erhalten.
Die Mittel Mospilan SG, Mavrik Vita, Raptol AF und Flexum dürfen aufgrund der Zulassungssituation nicht zur Bekämpfung des Apfelblütenstechers eingesetzt werden.