Institut für Pflanzenschutz
Jahresbericht 2020 – Krankheiten und Schädlinge im Gartenbau

Die Arbeitsgruppe IPS 3d beschäftigt sich neben in ihrer Versuchsarbeit zur Schließung von Indikationslücken im Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenbau mit aktuellen Schaderregerproblemen im Gartenbaubereich und erarbeitet dabei Pflanzenschutzmaßnahmen und -strategien auf Basis konventioneller und alternativer Verfahren.

Regulierung des Kohlerdflohs

In den letzten Jahren traten in der gärtnerischen Praxis, sowohl im ökologischen als auch im konventionellen Anbau, massive Probleme mit dem Erdfloh in diversen Kohlkulturen auf.
An der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft wurden 2020 zwei Versuche zur Regulierung des Kohlerdflohs durchgeführt. Dabei wurde einerseits die Einzelwirkung von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln miteinander verglichen und andererseits Strategien mit zugelassenen sowie für dieses Anwendungsbiet nicht verfügbaren Pflanzenschutzmitteln getestet. Die Versuche erfolgten in Radieschen (Direktsaat) und in Chinakohl (gepflanzt).

Ergebnisse

Der Befallsdruck auf der Versuchsfläche erwies sich als sehr hoch, sodass sowohl in Radieschen als auch in Chinakohl in der unbehandelten Variante massive Blattschäden durch Käferfraß zu beobachten waren. Aber auch ein starker Befall durch pilzliche Erreger und Viren konnte festgestellt werden, der wahrscheinlich indirekt aufgrund der Entstehung von Eintrittspforten bzw. durch direkte Virusübertragung beim Blattfraß des Erdflohs hervorgerufen wurde.
Beste Wirkungen konnten, sowohl durch Angießen der Jungpflanzen vor der Pflanzung als auch mittels Spritzbehandlungen, mit dem Wirkstoff Cyantraniliprole (Präparate: Verimark und Benevia) erzielt werden. Das Präparat SpinTor (Spinosad), das auch für den Ökoanbau verfügbar ist, zeigte beim Angießen von Jungpflanzen eine recht gute, aber nur sehr kurze Wirkung (ca. 1 Woche). Bei wöchentlichen Spritzbehandlungen wies SpinTor eine gute Wirkung auf. Vergleichbar war die Wirkung des Pyrethroids Mavrik Vita. Mospilan SG (Acetamiprid) erreichte bei gleichem Spritzintervall wie bei SpinTor und Mavrik Vita (3x 7 tgg.) einen ähnlich hohen maximalen Wirkungsgrad, die Wirkung setzte aber langsamer ein und hielt kürzer an. Die im Ökoanbau verwendbaren Präparate Spruzit Neu (Pyrethrine und Rapsöl) und NeemAzal-T/S (Azadirachtin) wiesen hingegen deutlich schlechtere Wirkungen auf.
Gemüsefeld mit vielen jungen Radieschenpflanzen

Radieschenversuch 2020

erste Fraßlöcher an den Blättern einer jungen Radieschenpflanzen

15 % Erdflohverbiss 7 Tage nach der Keimung

starker Lochfraß und Vergilbungen durch Pilzbefall an den Blättern einer Radieschenpflanzen

Lochfraß und Pilzbefall im 5-Blatt-Stadium der Radieschen

Gemüsefeld mit vielen jungen Chinakohlpflanzen

Chinakohlversuch 2020

unbehandelte junge Chinakohlpflanze mit starkem Lochfraß an den Blättern

unbehandelte Kontrolle

Mit Verimark behandelte junge Chinakohlpflanze mit leichtem Lochfraß an den Blättern

Verimark-Jungpflanzenbehandlung

Fazit

Für eine wirksame Regulierungsstrategie des Erdflohs wären mit den verfügbaren Pflanzenschutzmitteln nahezu wöchentliche Spritzbehandlungen notwendig. Darüber hinaus wäre ein Wirkstoffwechsel wichtig, um einer Resistenzbildung entgegenzuwirken. Da der Zulassungsstand in diversen Kohlkulturen fast ausschließlich Pyrethroide gegen den Erdfloh ausweist, ist die Bekämpfungssituation sehr schwierig. In der Praxis ist zu überlegen, welcher Befall in welcher Kultur tolerierbar, aber auch in welcher Kultur ein Netzeinsatz möglich ist. Der Einsatz von Netzen gegen den Erdfloh ist wirkungsvoll aber gerade in großflächigen Kulturen schwer in die Praxis umzusetzen. Somit wird eine Optimierung der Kohlerdfloh-Bekämpfung den Gemüsebau noch einige Zeit beschäftigen.

Aktueller Stand der Ergebnisse mehrjähriger Ringversuche zur Wirkung von biologischen Insektiziden gegen den Kalifornischen Blütenthrips (Frankliniella occidentalis)

Nahaufnahme eines Kalifornischen Blütenthrips auf einem BlattZoombild vorhanden

Kalifornischer Blütenthrips

Im Zierpflanzenbau haben Praktiker immer noch Probleme bei der Bekämpfung des Kalifornischen Blütenthrips (Frankliniella occidentalis), insbesondere beim Einsatz von biologischen Pflanzenschutzmitteln.
Deshalb wurden in Ringversuchen der Pflanzenschutzdienste verschiedener Bundesländer in den Jahren 2018 bis 2020 Versuche zur Bekämpfung von Frankliniella occidentalis an Blauem Gänseblümchen (Brachyscome multifida ‘Surdaisy Blue’) mit biologischen Pflanzenschutzmitteln durchgeführt.
Blaues Gänseblümchen mit dunklen Saugstellen Zoombild vorhanden

Saugschäden an Zungenblüten des Blauen Gänseblümchens

Um die Wirkung solcher Präparate sicher bewerten zu können, wurde diesen als Vergleich ein konventioneller Standard gegenübergestellt. Im Jahr 2018 wurden Pflanzenschutzmittel auf Basis der insektenpathogenen Pilze Beauveria bassiana und Isaria fumosorosea mit dem Vergleichswirkstoff Spinosad geprüft. Zudem waren Varianten mit Netzmitteln und doppelter Anwendungshäufigkeit der Präparate im Versuch integriert. 2019 erfolgte ein Test zweier verschiedener Beauveria bassiana-Stämme und dem Wirkstoff Azadirachtin als Standard. Im Jahr 2020 lag der Fokus auf der Wirksamkeitsprüfung des Beauveria bassiana-Stammes ATCC 74040, wobei zwei weitere Kulturen, Chrysanthemum indicum hybr. ‘Naxos’ und Verbena Lascar ‘Mango Orange’, mit in den Versuch aufgenommen wurden, da diese laut Praxis noch anfälliger für die Blütenthripse sein sollen.

Ergebnisse

In den Jahren 2018 und 2019 konnten trotz optimierter Klimabedingungen und angepasster Pflanzenschutzstrategie in keinem der Versuche ausreichende Wirkungsgrade der Präparate erzielt werden.
Im Jahr 2020 hingegen waren an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft beachtliche Wirkungsgrade mit über 70 % zu beobachten, obwohl die relative Luftfeuchtigkeit in diesem Zeitraum aufgrund der Corona-Pandemie nicht auf mind. 60 % gehalten werden konnte. An anderen Versuchsstationen hatte der Beauveria bassiana-Stamm ATCC 74040, wie die Jahre zuvor, keine ausreichende Wirkung. Die Klimadaten lieferten dabei keine überzeugende Begründung für die Unterschiede. Trotz akzeptabler Wirkungsgrade war die Qualität der Pflanzen aufgrund der massiven Saugschäden nicht zufriedenstellend. Dennoch stellt sich die Frage, ob der insektenpathogene Pilz Beauveria bassiana tatsächlich die geforderte hohe Luftfeuchtigkeit benötigt.

Diagramm der Wirkungsgrade von Naturalis

Canditatus Phytoplasma rubi an Brombeeren

Im Jahr 2020 wurden in einem bayerischen Obstbaubetrieb Schadsymptome an Brombeeren beobachtet, die zunächst nicht eindeutig zuzuordnen waren. Die ersten sehr deutlichen Symptome traten im Sommer an der Brombeersorte ‘Navaho’ aus dem Pflanzjahr 2017 auf. Im Oktober 2020 wurden Ruten von symptomatischen Pflanzen entnommen und von der Arbeitsgruppe Virologie des Instituts für Pflanzenschutz an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft untersucht. Dort konnte das Phytoplasma 'Canditatus Phytoplasma rubi', ein zellwandloses Bakterium, mittels PCR und anschließender Sequenzierung nachgewiesen werden. Das Phytoplasma verursacht an Brombeeren und Himbeeren die sogenannte Rubus-Stauche, auch unter dem englischen Namen „rubus stunt“ bekannt.

Schadbild

Erste Symptome dieser Krankheit äußerten sich in den zahlreichen dünnen Ruten des Neuzuwachses. Der Wuchs der vorjährigen Ruten war bei genauerer Betrachtung gestaucht und die Internodienabstände waren kürzer als bei gesunden Brombeerruten. Die rötliche Herbstfärbung des Laubes trat sehr früh auf und die deformierten Blätter waren brennnesselartig geformt, länglich und stark gezähnt. Die Kelchblätter waren deutlich vergrößert. Darüber hinaus kam es zu einem sehr frühen Austrieb im Folgejahr. An den Früchten konnte beobachtet werden, dass einzelne Beeren einer Frucht nicht ausreiften, die Früchte sehr fest und nicht genießbar waren. Im Sommer wurden diese Symptome mit den Schäden, die die Brombeergallmilbe verursacht, verwechselt.
befallene gestauchte Brombeerpflanze mit rotem Laub

Befallene Brombeerpflanze

befallene Brombeerpflanze mit dünnen neuen Ruten

Schwacher Neuzuwachs

rotgefärbte Brombeerblätter und unreife Früchte

Frühe Herbstfärbung

früher grüner Austrieb an Brombeerruten im Folgejahr

Früher Austrieb im Folgejahr

Biologie/Überträger

Der Erreger wird über verschiedene Zikadenarten übertragen, z.B. aus den Familien der Macrospinae und Cixiidae. Weitere phloemsaugende Insekten können als Überträger nicht ausgeschlossen werden. Bei uns ist u.a. die Himbeer-Maskenzikade (Macropsis fuscula) anzutreffen, eine häufig vorkommende Art, die als Ei überwintert, im Frühjahr schlüpft und als ein Hauptüberträger gilt. Durch die geringere Zahl an Eistagen in den letzten Jahren können Zikaden besser überwintern, sodass die Anzahl der potenziellen Überträger ansteigt.

Bekämpfung

Eine Bekämpfung der Phytoplasmen ist nicht möglich. Eine Bewertung des Befalls ist schwierig, da sich die Symptome nach einer Infektion teils erst in den Folgejahren ausbilden. Brombeeranlagen mit befallenen Pflanzen müssen deswegen über weitere Jahre beobachtet werden. Erkennbar befallene Pflanzen sollten sofort gerodet und entsorgt werden. Eine Bekämpfung der Überträger ist nicht möglich. Wichtig ist bei der Pflanzung auf optisch gesundes und zertifiziertes Pflanzmaterial zu achten.
Neben Brombeeren wurden im betroffenen Betrieb 2019 auch Herbsthimbeeren gepflanzt. Da Himbeeren ebenfalls von dieser Phytoplasmose befallen werden können, werden auch diese weiterhin beobachtet. Bisher sind hier allerdings keine Symptome aufgetreten.