Pflanzenschutz in der Innenraumbegrünung und im Wintergarten
"Holen Sie sich das Paradies in's Haus", so oder ähnlich wird für Innenraumbegrünung und Wintergärten geworben. Die Werbung fällt immer öfter auf fruchtbaren Boden, wie die zunehmende Zahl von neu errichteten Wintergärten zeigt. Die paradiesische Freude bleibt jedoch nicht immer ungetrübt. Leider zeigen nicht wenige Wintergärten, Glasvorbauten und Büroräume deutliche Schwächen. Es treten häufig Probleme mit der Klimaführung auf. Im Herbst und Winter beschlagen die Scheiben mit Kondenswasser, da die Lüftungsmöglichkeiten oft nicht ausreichend sind. Im Sommer kommt es zu Überhitzungen durch zu hohe Einstrahlung, um nur einige Beispiele zu nennen. Das ist jedoch nicht alles. Auch die Pflanzen wollen bisweilen nicht so wachsen, wie der Hobbygärtner sich das vorgestellt hat und im Tropenhaus eines botanischen Gartens oder am Naturstandort selbst so eindrucksvoll gesehen hat. Nicht alles, was sich der stolze Freizeitgänger oder Kunde vorstellt ist unter seinen Bedingungen auch machbar.
Im schlimmsten Fall kommt es zu Blattvergilbungen, zu Blattfall, Kümmerwuchs oder Siechtum der Pflanzen. Doch das muss nicht sein.
Zuerst informieren, dann pflanzen
Die Grundvoraussetzung ist, sich von der Illusion zu trennen, jede Pflanze an jedem Ort kultivieren zu können. Es ist wenig erfolgversprechend, typische Schattenpflanzen und "Sonnenkinder", wie Pflanzen des tropischen Regenwaldes und Sukkulenten, nebeneinander auf dem Fensterbrett oder im Wintergarten zu pflegen. Die Probleme, die Misserfolge und der Ärger daraus sind dann vorprogrammiert.
Der erste Schritt zu einem gesunden und prächtigen Pflanzenbestand ist es, sich über die Standort- und Kulturansprüche der einzelnen Wunschkandidaten genau zu informieren. Denn nur was zusammenpasst wächst auch gut zusammen. Dazu gibt es im einschlägigen Buchhandel umfangreiche Literatur.
Oft stimmt's im Wurzelbereich nicht
Häufigste Schadsymptome bei Topf- und Wintergartenpflanzen sind gelbe Blätter, Blattfall und Welkeerscheinungen. Auch hier gilt, sich vorher über die Kulturansprüche genau zu informieren, nicht alles wird durch oberirdische Krankheiten und Schädlinge verursacht. Oft stimmt's im Wurzelbereich nicht. Neben einem Befall mit Dickmaulrüßler- oder Trauermückenlarven liegt die Ursache nicht selten in einem nicht angepassten, übermäßigen Gießen, das durch Luftmangel im Substrat zu Wurzelschädigungen und Wurzelfäulen führt. Die Pflanzen beginnen dadurch zu welken. Unerfahrene Blumenfreunde wollen dies durch verstärktes Gießen wieder ausgleichen, die Pflanzen sind dann meist nicht mehr zu retten. Entscheidend für ein gutes Wachstum ist auch eine ausgewogene Düngung, aber das ist ein anderes Thema.
Neben diesen unspezifischen Schadbildern können aber auch zahlreiche Krankheiten und Schädlinge auftreten.
Stehendes Wasser im Untersetzer
Schlechte Durchwurzelung durch zu hohe Feuchtigkeit
Pilze nach Art des Hauses
Bei geregelten Klimaverhältnissen tritt ein Pilzbefall relativ selten auf. Bei zu hoher Luftfeuchtigkeit, Lichtmangel, stehender Luft und längeren Blattnässeperioden können Grauschimmel, z.B. an Citrus, Hortensien und Fuchsien, und Rostpilze Probleme bereiten. Unter trockenen Verhältnissen kann der Echte Mehltau auftreten. Hierfür stehen nur noch wenige geeignete Pflanzenschutzmittel zur Verfügung.
Wollläuse, Thripse, Spinnmilben und Co.
Häufige Schädlinge in der Innenraumbegrünung sind Wollläuse, Schild- und Blattläuse, Thripse und Spinnmilben. Diesen Schädlingen muss man aber nicht hilflos ausgeliefert sein. Von entscheidender Bedeutung ist die frühzeitige Erkennung. Nur so können erfolgreiche Bekämpfungsmaßnahmen ergriffen werden. In den letzten Jahren wurde das System des Nützlingseinsatzes immer mehr verfeinert. Gegen zahlreiche Schädlinge werden sowohl "Allesfresser" wie die Florfliegenlarven als auch hochspezialisierte Nützlinge, wie z.B. Schlupfwespen gegen Zitrus-Schildläuse, eingesetzt.
Außer den Florfliegenlarven sind die meisten Nützlinge sehr anspruchsvolle Helfer und stellen hohe Anforderungen an Temperatur, Luftfeuchte und z.T. auch an die Tageslänge und Lichtstärke. In Schwimmbädern, Unterglaslandschaften und Einkaufszentren können diese Voraussetzungen geboten werden. Der Nützlingseinsatz ist dort verbreitet.
Trotz zahlreicher positiver Literatur hat sich der Nützlingseinsatz am Fensterbrett und im Wintergarten noch nicht voll durchgesetzt. Die Ursachen liegen sowohl in den hohen Ansprüchen der Nützlinge, der immer noch gegebenen Unsicherheit des Einsatzes, den hohen Kosten und der umständlichen Beschaffung, aber auch in der Nichtkenntnis und Skepsis der Anwender. Trotz intensiver Aufklärungs- und Beratungsarbeit ist die Akzeptanz zum Nützlingseinsatz in den eigenen vier Wänden bei vielen sehr gering.
Zum einen fehlen die entsprechenden Vorkenntnisse oder die Bereitschaft, sich diese anzueignen und eine notwendige "Experimentierfreudigkeit", zum anderen schrecken aber auch viele noch davor zurück, "kleine Tierchen, die überall herumlaufen und -krabbeln" im Haus zu haben. Aufklärungs- und Informationsarbeit ist hier nach wie vor dringend notwendig.
Für alle, die noch Probleme mit dem Nützlingseinsatz haben, oder denen der "grüne Daumen" dafür fehlt, bietet sich eine einfache Lösung an.
Das Stäbchen macht's
Durch die "Verpackung" von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in Stäbchen- oder Granulatform ist eine einfache, zielgerechte und umweltschonende Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln bei Zimmer- und Wintergartenpflanzen möglich. Das schwierige Abmessen oder Abwiegen von Pflanzenschutzmitteln und die Herstellung einer Spritzbrühe entfallen. Die Umgebungsluft wird beim Einsatz von Stäbchen nicht belastet. Die Stäbchen werden in das Pflanzsubstrat gedrückt. Ihr Wirkstoff wird über die Bodenfeuchtigkeit von den Wurzeln aufgenommen und in der ganzen Pflanze verteilt. Es werden also auch versteckt sitzende Schädlinge erreicht. Stäbchen und Granulate gibt es von verschiedenen Herstellern gegen die wichtigsten Schädlinge wie Blattläuse, Weiße Fliegen, Schild- und Schmierläuse, Zikaden, Thripse und andere saugende Insekten.
Nachdem unterschiedliche Wirkstoffe in Stäbchen- und Granulatform am Markt angeboten werden, ist auch zur Vorbeugung von Resistenzerscheinungen ein notwendiger Wirkstoffwechsel möglich und anzuraten.
Hinweis
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat für bestimmte Pflanzenschutzmittel mit den Wirkstoffen Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam aus der Gruppe der Neonicotinoide das Ruhen der Zulassung ab dem 01. Oktober 2013 für unbestimmte Zeit angeordnet. Das bedeutet, dass ab diesem Termin die betroffenen Pflanzenschutzmittel nicht mehr verkauft und auch nicht mehr angewendet werden dürfen.
Es gibt dafür keine Aufbrauchfrist.
Zwei Florfliegenlarven in Nahaufnahme
Cinerarienläuse auf einer Pflanze
Rasche Hilfe im Notfall
Bei starkem Ausgangsbefall, zu dem es bei regelmäßigen Kontrollen eigentlich gar nicht kommen darf (!), oder in Ruhephasen der Pflanzen ohne ausreichende Wurzelaktivität, kann im Einzelfall eine Spritzung notwendig werden.
Hierfür gibt es Präparate mit Dosierkapseln die auf eine besondere Sprühflasche aufgeschraubt werden. Ein Abmessen des Mittels ist hier nicht erforderlich, es muss nur noch die entsprechende Menge Wasser dazu gegeben werden.
Besonders praktisch sind bereits anwendungsfertige Pflanzenschutzsprays, die mit natürlichen und synthetischen Wirkstoffen angeboten werden. Aber Vorsicht, nicht alle Pflanzenschutzmittel sind gleich gut verträglich, so reagieren z.B. Oleander empfindlich auf Mineralöle.
Was bei der Anwendung zu beachten ist
Pflanzenschutzmittel dürfen in Innenräumen und im Wintergarten nur angewandt werden, wenn sie vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für die Anwendung durch "nicht berufliche Anwender" (also Hobbygärnter) zugelassen sind und für Innenräume ausgewiesen sind. Für "berufliche Anwender" zugelassene Pflanzenschutzmittel dürfen hier nur eingesetzt werden, wenn das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Eignung zur Anwendung im Haus- und Kleingarten festgestellt hat und der Anwender sachkundig ist. Es wird also verbindlich vorgeschrieben, wer das Pflanzenschutzmittel und wogegen einsetzen darf. Vereinfacht heißt das, dass nur das erlaubt ist, was in der Gebrauchsanleitung steht und sonst nichts. Dies ist unbedingt zu beachten.
Nach Ablauf der Zulassung kann das Pflanzenschutzmittel noch innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten, gerechnet ab dem Tag des Endes der Zulassung, angewandt werden. Danach ist die Anwendung verboten (auch für Hobbygärtner!). Das soll dazu dienen, dass keine "Uraltmittel" mehr verwendet werden, wie das leider manchmal immer noch der Fall ist.