Das Blattlaus-übertragbare Cucurbitaceen-Vergilbungsvirus (Cucurbit aphid-borne yellows virus) an Gurken- und Kürbisgewächsen
Das Blattlaus-übertragbare Cucurbitaceen-Vergilbungsvirus, das in der Fachsprache Cucurbit aphid-borne yellows virus (CABYV) bezeichnet wird, befällt Gurken- und Kürbisgewächse. Es wird durch Blattläuse verbreitet. Der Ertrag kann zum Teil erheblich reduziert sein, insbesondere wenn Mischinfektionen mit anderen Viren vorliegen. Die Fruchtqualität wird durch CABYV aber nicht beeinträchtigt. Im Sommer 2019 wurde das CABYV erstmals in Deutschland in Gewächshaus- und Freilandkulturen nachgewiesen. Anbauer und Pflanzenbauberater werden nun wachsam sein und die Gurken-, Zucchini- und Kürbisbestände verstärkt beobachten. Bei Verdacht können Pflanzenproben im virologischen Labor der LfL auf das CABYV und andere Viren untersucht werden.
Zoombild vorhanden
Deutliche dunkle Adernbänderung eines mit dem CABYV infizierten Gurkenblattes
Das Virus scheint im mediterranen Raum das am häufigsten vorkommende Virus an Kürbisgewächsen zu sein. Es ist davon auszugehen, dass sich das Virus in Gewächshauskulturen in Deutschland ansiedeln kann, sofern die Vektoren ganzjährig geeignete Bedingungen vorfinden. Für eine dauerhafte Ansiedlung sprechen zum einen die in Deutschland weit verbreiteten Blattläuse, die das CABYV übertragen. Zum anderen fördert der Klimawandel und die damit einhergehenden milden Winter ohne länger anhaltende Frostperioden die Blattlauspopulationen. Zudem sind überwinternde Unkräuter und Wildpflanzen, die infiziert werden können, in Deutschland vorhanden. Diese infizierten Pflanzen stellen dann eine andauernde Infektionsquelle dar. Eine dauerhafte Ansiedlung im Freiland in Deutschland und den nördlich Staaten Europas erscheint dagegen nach derzeitiger Einschätzung des JKI (Julius Kühn-Institut) unwahrscheinlich. Bei der Kontrolle des Schadgeschehens kommt der Blattlausbekämpfung eine entscheidenden Rolle zu. Auch die Unkrautbekämpfung darf nicht außer Acht gelassen werden.
Viruscharakteristika
Zoombild vorhanden
Stark aufgehelltes, CABYV-infiziertes Gurkenblatt bei weiter fortgeschrittenem Befall
Das CABYV ist ein Polerovirus und gehört zur Familie der Luteoviridae. Die Viruspartikel sind isometrisch mit einem Durchmesser von ca. 25 nm und enkapsidiert, d. h. sie haben eine Hülle, die aus 180 Proteineinheiten besteht. Das Genom, das die Erbinformation enthält, ist eine einzelsträngige RNA (5.7 kb) mit einem sogenannten VPg: das ist ein virales Protein, das an ein Ende (5'-Ende) des Virus-RNA-Strangs gebunden ist.
Wirtspflanzen
Kürbisgewächse sind Hauptwirtspflanzen für das CABYV:
- Gurke
- Kürbis
- Melone, Wassermelone
- Squash
Aber auch andere Pflanzen wie beispielsweise Futterrüben, Salat und Krambe können infiziert werden (Lecoq et. al. 1992). Buzkan et al. (2017) berichten vom erstmaligen Nachweis des CABYV in Ackerbohne. Infizierte Unkäuter wie Kreuzkraut, Hirtentäschel, Klatschmohn und Gewöhnliches Tellerkraut (Lecoq et. al. 1992) sind ein Virusreservoir und stellen eine Infektionsquelle dar.
Übertragung
Das CABYV wird durch verschiedene, häufig vorkommende Blattläuse (z. B. Myzus persicae, M. gossypii, M. euphorbiae) persistent, zirkulativ übertragen, d. h. für eine Virusübertragung sind längere Saugzeiten notwendig und das Virus zirkuliert in der Blattlaus. Eine Virus-Übertragung nur durch Probestiche der Blattlaus, wie dies bei nicht-persistenter Übertragung der Fall ist, ist nicht möglich. Alle drei Blattlaus-Vektoren-Arten sind in der EU weit verbreitet.
Hinweise für eine mechanische Übertragbarkeit von CABYV gibt es nicht.
Symptome und Ertragswirkung
Je nach Pflanzenart, Kultur und Kulturbedingungen variieren die Symptome. Typischerweise tritt Vergilbung an den älteren Blättern auf, aber auch die Blätter der gesamten Pflanzen können sich gelb verfärben. Infizierte Blätter sind zudem dicker und verspröden. Fruchtansatz und Ertrag können zum Teil erheblich reduziert sein; wesentlicher Schaden entsteht durch Abwurf der Früchte. An Früchten treten keine Symptome auf, die Fruchtqualität wird im Gegensatz zu den Mosaikviren durch CABYV nicht beeinträchtigt.
Bei Gurken kann es zu Ernteverlusten von bis zu 50 % kommen, bei Melonen ist eher mit geringeren Verlusten im Bereich von 10 bis 15 % zu rechnen.
Verbreitung
Das CABYV kommt in Asien, Teilen Afrikas sowie Nordamerika vor. In Europa ist es im Mittelmeerraum sehr weit verbreitet, wo die Blattlausvektoren sehr gute Überlebensbedingungen vorfinden. Bereits 1992 wurde das Auftreten von CABYV erstmals aus Südfrankreich berichtet (Lecoq et al. 1992). Danach wurde das Virus auch in den USA (1993) und ab 2007 in anderen, auch nördlicher gelegenen europäischen Ländern gefunden, in Italien (einschließlich Sizilien), Griechenland. Spanien, in der Slowakei, in der Tschechischen Republik, in Bulgarien, in Polen und auch in der Ukraine (Juarez et al. 2004, Tomassoli und Meneghini 2007, Zarzynska-Nowak et al. 2019). Im Sommer 2019 kam es erstmalig in Deutschland zu CABYV-Befall in Gewächshaus- und Freilandkulturen.
Mischinfektionen
Mischinfektionen mit anderen Viren an Kürbisgewächsen (Cucurbitaceen) häufig vorkommenden Viren sind keine Seltenheit. Gemeinsam mit den CABYV wurden z. B. das Zucchinigelbmosaik-Virus (ZYMV), das Wassermelonenmosaik-Virus (WMV) und das Gurkengrünscheckungsmosaik-Virus (CGMMV) nachgewiesen.
Was kann man gegen das CABYV tun?
Eine direkte Bekämpfung des Virus ist nicht möglich. Die Übertragung und Ausbreitung können durch Bekämpfung der Vektoren (vor allem A. gossypii) verringert oder verzögert werden. Insektennetze, die verhindern, dass Blattläuse in den Bestand einfliegen, können zur Abwehr sinnvoll sein. Unkräuter und Begleitflora, die von den Blattlausvektoren besiedelt werden können und so als potentielle Infektionsquelle dienen, sollten aus dem Bestand und in der Umgebung entfernt werden. In Gurken, Kürbis und Melonen wurden Resistenz-Gene entdeckt, so dass die Züchtung hier gefragt ist. Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Bestände konsequent beobachtet werden, um im Verdachtsfall oder bei festgestelltem die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.
Risikoanalyse des JKI
Wie gefährlich ist das CABYV?
Das Julius Kühn-Institut (JKI) hat nach Meldung des Erstbefalls in Deutschland eine Express-Risikoanalyse zum Cucurbit aphid-borne yellows virus erstellt. Da das Virus in Europa bereits sehr weit verbreitet und häufig ist, wurde auf die Erstellung einer vollständigen formellen Risikoanalyse verzichtet.
Nach Einschätzung des JKI ist mit einer dauerhaften Ansiedlung im Freiland in Deutschland und den nördlichen EU-Mitgliedstaaten derzeit nicht zu rechnen, eine Ansiedlung ist lediglich in geschlossenen Kulturen möglich, sofern die Vektoren ganzjährig geeignete Bedingungen vorfinden.
Da CABYV im südlichen Europa bereits sehr weit verbreitet ist und häufig vorkommt, wird das Virus trotz des hohen Schadpotentials für Kürbisgewächse nicht als potentieller Quarantäneschadorganismus eingestuft. § 4a der Pflanzenbeschauverordnung ist demnach nicht anzuwenden. Das bedeutet auch, dass befallene oder befallsverdächtige Pflanzen oder Früchte nicht entfernt oder vernichtet werden müssen.
Pflanzenbeschauverordnung - § 4a Neue Schadorganismen