Forschung und Innovation
Evaluierung des Hygienisierungspotenzials des Biogasprozesses

Symptome der Bakteriellen Ringfäule an einer Kartoffelknolle

Symptome der Bakteriellen Ringfäule an einer Kartoffelknolle

Evaluierung des Hygienisierungspotenzials des Biogasprozesses in Modellsystemen und aktuelles phytosanitäres Risiko in Biogas-Anlagen

Die Frage nach dem Hygienisierungspotenzial des Biogasprozesses wurde im Rahmen eines vormehmlich vom Bayerischen Staatsmininsteriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten finanzierten Projekts am Beispiel der Quarantäneschadorganismen der Kartoffel wie auch anderer für Biogasanlagen relevanter Schaderreger (z. B. an Mais und Getreide) bearbeitet. Es wird befürchtet, dass es durch das Ausbringen belasteter Gärreste zu einer Anreicherung der Schaderreger im Boden und somit zu einem verstärkten Krankheitsauftreten kommt.

Zielsetzung des Projektes

  • Erarbeitung effizienter Methoden für den routinemäßigen Nachweis und die Isolierung von Schadorganismen der Kartoffel und anderer Hauptsubstrate von Biogasanlagen aus Gärsubstraten und Gärrückständen sowie zur Feststellung der Pathogenität dieser Schadorganismen
  • Realistische Abschätzung des Hygienisierungspotenzials von Biogasanlagen, Bewertung des potenziellen Risikos für die mögliche Freisetzung von Schadorganismen („risk assessment“) und der sich daraus ergebenden Folgen
  • Definition exakter Prozess-Parameter (Temperatur, Verweildauer) für eine Dekontamination bzw. Reduktion der Keimbelastung auf ein epidemiologisch unbedenkliches Niveau, als Grundlage für die indirekte Prozesskontrolle
  • Monitoring des Eintrags und der Freisetzung von Schaderregern in Biogasanlagen zur Beurteilung des aktuell bestehenden phytosanitären Risikos
Detaillierte Informationen zu den Zielen

Nutzen des Projektes

Der Nutzen richtet sich an verschiedene Zielgruppen

  • an den Landwirt als Produzenten von nicht verkehrsfähigen Kartoffel- oder anderen Befafallspartien: sinnvolle, ökonomische und risikolose Verwertung dieser Partien
  • an die verarbeitende Industrie: Möglichkeit der umweltfreundlichen und gefahrlosen Entsorgung für große Mengen an risikoträchtigen Reststoffen und Abfällen aus der Kartoffelverarbeitung
  • an die Biogasanlagen-Betreiber: bessere Auslastung des Reaktorraums durch Einbringen zusätzlicher Substrate
  • an Landwirt, Verbraucher und Umwelt: Rückführung der organischen Substanz über das Ausbringen von Gärrückständen auf Ackerflächen, Aufrechterhaltung natürlicher Kreisläufe und Schonung natürlicher Ressourcen
Methoden

Ergebnisse

Überdauerungsversuchen

In Gärsubstrat sterben alle bisher untersuchten isolierten Erreger oder ihre Überdauerungsformen (Clavibacter michiganensis subsp. sepedonicus, Ralstonia solanacearum, Globodera pallida, G. rostochiensis, Fusarium graminearum, Ustilago maydis) bei geringeren Temperaturen und zum Teil auch wesentlich schneller ab als in Puffer oder Wasser, was den Einfluss des Milieus deutlich unterstreicht. Dies ist wahrscheinlich auf toxische Komponenten (org. Säuren, Ammonium), lytische Enzymaktivität und mikrobiologischen Antagonismus (Antibiotika, Parasitismus) im Gärsusbtrat zurückzuführen. Eine zehnminütige Inkubation in Wasser oder Puffer wirkt sich erst bei 40 bis 45 °C negativ auf die Lebensfähigkeit aus, in Gärsubstrat bereits ab 35 bis 40 °C. In Wasser oder Puffer reduzieren ab der kritischen Temperatur Erhöhungen zwischen 4 und 8 °C die Keimzahl um 90 %, in Gärsubstrat reichen dafür 2 bis 6 °C aus (Dauer der Temperatur-einwirkung jeweils 10 min). Die längste Überdauerung im mesothermen Bereich wurde bis jetzt mit 7 Tagen für C. michiganensis subsp. sepedonicus in ganzen Knollen (inkubiert in Wasser) festgestellt. Im Fermenter bei 38 °C konnten alle bis jetzt getesteten Erreger nicht länger als 4 Tage überleben, manche weniger als 24 Stunden (Sporen von Ustilago maydis und Fusarium graminearum). Die Ergebnisse bestätigen bis jetzt die wenigen für anaerobe Fermentation in der Literatur vorliegenden kurzen Überdauerungszeiten von Phytopathogenen. Wahrscheinlich muss dem hohen Feuchtigkeitsgehalt des Substrats (im Vergleich zu Kompost z.B.) dabei größere Bedeutung hinsichtlich der Abtötungseffizienz zugemessen werden als dem Sauerstoffmangel.

Monitoring

Weder in den Substraten (insbesondere Silagen) noch in den Fermenter- und Nachgärer- bzw. Endlagerproben ließen sich nennenswerte Belastungen mit phytopathogenen Pilze nachweisen. Es traten lediglich als reine Saprophyten einzustufende Organismen auf. Die bis jetzt gewonnenen Ergebnisse weisen darauf hin, das mesotherme Fermenterbedingungen wahrscheinlich ausreichen, um die meisten relevanten Erreger von Pflanzenkrankheiten schnell abzutöten. Evtentuelle Probleme könnten auftauchen, wenn die Silierung nicht optimal läuft und aerobe Verhältnisse, die das Pilzwachstum begünstigen, eintreten.
Hintergrund
Literatur
Projektinformation
Projektleiter: Dr. Luitgardis Seigner, Andreas Hermann, Dr. Peter Büttner, Dr. Georg Poschenrieder
Projektbearbeiter: Dr. Dorothee Kaemmerer, Dr. Regina Friedrich
Laufzeit: 2006-2010
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, HVG Hopfenverwertungsgenossenschaft e.G.
Projektpartner: LfL-Institut für Landtechnik (ILT), LfL-Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (IPZ)
Förderkennzeichen: A/06/09