Forschungs- und Innovationsprojekt
Diversifizierung der Einsatzstoffe und Verfahrenstechnik
Bedingt durch den mit dem EEG 2004 eingeführten sogenannten „NAWARO-Bonus“ hat der Anbau von Energiepflanzen für die Biogasgewinnung stark zugenommen. Aufgrund des einfachen Anbauverfahrens bei gleichzeitiger Erzielung hoher Biomasserträge etablierte sich Silomais als überlegene Ackerkultur für die Biogaserzeugung. Besonders in Regionen mit intensiver Tierhaltung und zugleich starker Verbreitung von Biogasanlagen brachte die Ausweitung des Silomaisanbaus jedoch negative ökologische Effekte und zunehmende Konkurrenz um Ackerflächen mit sich. Die Novelle des EEG im Jahr 2012 sollte daher verstärkt den Anbau alternativer Energiepflanzen und den Einsatz von Wirtschaftsdüngern in kleineren Hofbiogasanlagen fördern. Nach den Regelungen des EEG 2014 ist schließlich mit wenigen Ausnahmen nur noch der Neubau von Gülle basierten Hofbiogasanlagen der Leistungsklasse bis 75 kW für Betriebe mit entsprechend großen Tierbeständen wirtschaftlich interessant.
Gleichzeitig gewinnen Biogasanlagen als flexible Kraftwerke zunehmend an Bedeutung, um die schwankende Verfügbarkeit der Stromerzeugung aus Windkraft und Fotovoltaik im Netz auszugleichen. Um den Biogasstrom bedarfsgerecht bereitstellen zu können, werden hierbei in der Regel mehrere Biogasanlagen in Vermarktungspools gebündelt.
Zielsetzung
Das Biogas-Monitoring der LfL hat zum Ziel, vertiefte Einblicke in den tatsächlichen Betriebserfolg landwirtschaftlicher Biogasanlagen mit unterschiedlichsten Einsatzstoffen und verfahrenstechnischen Konzepten zu gewinnen. Die hinsichtlich Umfang und zeitlicher Auflösung sehr anspruchsvolle Datenerhebung in der Praxis liefert Aufschluss über Funktionalität, technische Schwachstellen und Umweltwirkungen landwirtschaftlicher Biogasanlagen in Bayern. Bisher wurden im Rahmen dieses Monitorings 21 Pilot-Biogasanlagen umfassend untersucht, dokumentiert und bewertet. Den Schwerpunkt des Biogas-Monitorings im hier vorgestellten Untersuchungszeitraum von 2013 bis 2015 bildeten die folgenden Themenbereiche:
- Güllebasierte Kompaktbiogasanlagen
- Verwertung pflanzlicher Reststoffe oder alternativer Energiepflanzen zur Biogasproduktion
- Innovative Verfahrenstechnik
Methodik
Zur Beantwortung der Fragestellungen in den genannten Themenbereichen wurden vier neue Pilotbetriebe in das Monitoring aufgenommen. Gleichzeitig wurde das Monitoring auf fünf bereits bekannten Pilotanlagen fortgeschrieben, um Erkenntnisse über die Auswirkungen baulicher oder technischer Veränderungen und von Verschleißerscheinungen auf die Anlageneffizienz zu gewinnen. Alle Pilotbetriebe wurden mit entsprechender Messtechnik aus- bzw. nachgerüstet. Die Datenerfassung im Rahmen des Monitorings umfasst:
- Die monatliche Beprobung aller Einsatzstoffe und Gärbehälterinhalte
- Die automatische Aufzeichnung von Messwerten mittels Datenlogger
- Die Dokumentation der Einsatzstoffmengen, Zählerstände, Anlageneinstellungen und Betriebsstörungen im Betriebstagebuch
- Einmal jährlich die Bestimmung des Restgaspotentials im Gärrest mittels Batch-Gärtest
Ergebnisse
Einsatzstoffe
Im Hinblick auf die zur Biogaserzeugung verwendeten Einsatzstoffe lassen sich die neun untersuchten Pilotbiogasanlagen in drei Gruppen einteilen (siehe Abbildung 1): Gruppe I umfasst die Betriebe 22 und 23, welche hauptsächlich Gülle aus dem eigenen Betrieb verwerten. Diese Gruppe ist zugleich verfahrenstechnisch interessant, da beide Anlagen modular aufgebaute „Kompaktfermenter“ aufweisen: in Betrieb 22 „Hochreaktoren“ mit integrierter Hydrolyse-/Versäuerungskammer und in Betrieb 23 ein liegender „Pfropfenstromreaktor“. Anlage 22 verfügt nicht über einen Nachgärbehälter, sondern lediglich über ein Gärrestlager mit Gaserfassung.
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Abbildung 1: Gegenüberstellung von Einsatzstoffen und täglichen Frischmasseinträgen
In Gruppe II lassen sich die Betriebe 10, 16 und 25 mit einem Masseanteil von etwa einem Drittel Wirtschaftsdünger (Gülle oder Mist) und zwei Dritteln pflanzlicher Einsatzstoffe zusammenfassen. Diese Gruppe stellt sich verfahrenstechnisch sehr inhomogen dar. Anlage 10 zeigt eine klassische zweistufige Rührkesselkaskade mit zwei parallel betriebenen Hauptgärbehältern und einem verhältnismäßig klein dimensionierten Nachgärbehälter. Anlage 16 besteht aus einem liegenden Hauptgärbehälter und einem groß dimensionierten Rührkessel-Nachgärer. Anlage 25 arbeitet nach einem dreistufigen Konzept mit einer (zur Atmosphäre hin offenen) Hydrolyse-/Versäuerungsgrube, einem Rührkesselfermenter nach „dänischer Bauweise“ (Behälterhöhe ~ Behälterdurchmesser) und einem Rührkessel-Nachgärer.
Gruppe III umfasst die Betriebe 8, 12, 15 und 24. Diese sind als „NAWARO-Anlagen“ zu bezeichnen und setzen weniger als zehn Massenprozent Wirtschaftsdünger tierischen Ursprungs ein. Betrieb 24 verwertete als Besonderheit auch ca. 20 % Reststoffe aus der Lebensmittelverarbeitung. Die Rührkesselkaskaden der Anlagen 8, 12 und 24 zeigten im Anlagenvergleich die längsten hydraulischen Verweilzeiten. Verfahrenstechnisch tritt aus dieser Gruppe nur das einstufige Verfahren der Anlage 15 mit einem aus Betonfertigteilen erstellten Rührkesselfermenter hervor.
Gärbiologie der kompakten Güllekleinanlagen
Auf Basis des Monitorings ließen sich für die „Kompaktfermenter“ der Gruppe I keine Vorteile bezüglich der Produktivität des Gärprozesses erkennen. Anhand des Restgaspotentials war die Abbauleistung dieser Fermenter als unterdurchschnittlich einzustufen. In der Gesamtgasausbeute wurde dies im Fall von Anlage 22 durch das Gärrestlager mit Gaserfassung zu einem Großteil ausgeglichen. Der Fermenter der Anlage 23, die sehr unruhig geführt wurde, befand sich an der Grenze zur Versäuerung und die erzielte Gasausbeute war insgesamt unbefriedigend. Beide Anlagen wiesen einen verhältnismäßig geringen anteiligen elektrischen Energiebedarf auf, der Prozesswärmebedarf war – wie für Gülleanlagen zu erwarten – relativ hoch.
Prozessstabilität der Hof- und NAWARO-Biogasanlagen
Alle drei Anlagen in Gruppe II liefen äußerst stabil und erzielten sehr gute Werte hinsichtlich der Abbauleistung. Den niedrigsten elektrischen Energiebedarf zeigte Anlage 10, die Anlagen 16 und 25 lagen über dem Durchschnitt aller hier betrachteten Anlagen. Anlage 25 wurde ursprünglich die Verwertung von Getreidebrei konzipiert, konnte jedoch durch einen entsprechend großen technischen Aufwand für die Substrataufbereitung (Querstromzerspaner und Lochscheibennasszerkleinerer) soweit ertüchtigt werden, dass ein hoher Anteil an Ganzpflanzensilage verarbeitet werden konnte.
In Gruppe III erreichten die sogenannten „Hubraumanlagen“ 8, 12 und 24 sehr gute Abbauleistungen. Die gärbiologischen Probleme in Anlage 12 zeigten allerdings, dass Spurenelementmangel bei sehr hohen Anteilen an Mais und Getreide-GPS in der Futterration ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellt. Der Gärprozess in Anlage 24, die etwa 20 % pflanzliche Reststoffe aus der Verarbeitung von Stärkekartoffeln sowie der Bierherstellung verwertete, verlief äußerst stabil. Lediglich nach der Fütterung größerer Mengen von mit Mutterkorn belastetem Roggenschrot wurden in einer Probe aus dem Gärgemisch drastisch erhöhte Konzentrationen an flüchtigen Fettsäuren gefunden. Insgesamt wies diese 24 einen verhältnismäßig hohen Eigenenergiebedarf auf, was in erster Linie der Bauweise mit sehr großen Gärbehältern und dem Alter der Anlage geschuldet ist. Die Abbauleistung der einstufigen Anlage 15 erwies sich als deutlich eingeschränkt. Dem sehr geringen Prozesswärmebedarf dieser Anlage steht der höchste anteilige elektrische Energiebedarf der neun hier vorgestellten Pilotbiogasanlagen gegenüber. Pilotanlage 12 zeigte, dass bei Biogasanlagen mit Stärke betonten Einsatzstoffen und ohne Zugabe flüssiger Substrate eine Selbsterwärmung des Fermenters auftreten kann.
Nutzungsgrad des erzeugten Biogases
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Abbildung 2: Gegenüberstellung der Energieströme bezogen auf den Methanertrag
Ein wichtiger Faktor sowohl für die Wirtschaftlichkeit als auch für die Treibhausgas- und Energiebilanz einer Biogasanlage ist der Nutzungsgrad des erzeugten Biogases. Die Kennzahl „Netto-Nutzungsgrad Methanenergie“ gibt an, welcher Anteil des Methanertrags (unterer Heizwert) als Nutzenergie für Externe bereitgestellt wurde. Ein hoher Netto-Nutzungsgrad kann selbstredend nur durch einen entsprechend effizienten Wärmeabsatz erreicht werden. Anlage 8, 15, 22 und 25 erzielten mit Durchschnittswerten von über 60 % vergleichsweise sehr gute Netto-Nutzungsgrade (siehe Abbildung 2).
Mehr als 50 % Netto-Nutzungsgrad erreichten Anlage 10, 12 und 16. Für die Anlagen 23 und 24 wurden Netto-Nutzungsgrade von lediglich um die 40 % ermittelt. Zum Vergleich: In der ersten Phase des Biogasanlagen-Monitorings in den Jahren 2007 – 2009 hatten nur zwei Betriebe die 50 % Marke überschritten. Mit der zunehmenden Flexibilisierung der Stromerzeugung ergeben sich neuerliche Herausforderungen für den effektiven Absatz der BHKW-Wärme aus Biogasanlagen.
Fazit
Zusammenfassend ließ sich aus dem hier vorgestellten Monitoring von neun Biogasanlagen mit unterschiedlichsten Einsatzstoffen und diverser Verfahrenstechnik keine generelle Präferenz für ein bestimmtes Konzept ableiten. Eine einstufige Verfahrensführung mit offener Gärrestlagerung erscheint jedoch weder aus Sicht der Energieeffizienz noch des Klima- und Ressourcenschutzes akzeptabel. Es hat sich erneut bestätigt, dass das Anlagenmanagement und damit die Qualifikation und Erfahrung des Betreibers ein entscheidender Faktor für den stabilen und effizienten Betrieb einer Biogasanlage sind.
Detaillierte Informationen zu den Ergebnissen des Biogas-Monitorings auf den hier vorgestellten neun Anlagen können dem ausführlichen Abschlussbericht entnommen werden.
Projektinformationen
Projektbearbeiter: Gabriel Streicher, Robert Kliche
Projektleiter: Dr. Mathias Effenberger
Laufzeit: 2013-2015
Finanzierung: Bayerisches Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: EW/12/03