Forschungs- und Innovationsprojekt
Optimierung der Energieeigennutzung mit vernetzten Energiesystemen auf landwirtschaftlichen Betrieben

Für eine klimaschonende Nutzung energetischer Produktionsmittel sind intelligente Energiemanagementsysteme mit bidirektionalem Informationsfluss entscheidend, um die Energieerzeugung und Nutzung zu verbinden und abzustimmen, sowie die Energieströme zu steuern.

Zielsetzung

Projektziel ist es, optimale Lösungsansätze in Bezug auf die Einbindung am Betrieb eigenerzeugter regenerativer Energieträger, insbesondere Strom von Photovoltaikanlagen und Hofbiogasanlagen, für die landwirtschaftliche Praxis aufzuzeigen und zu bewerten.
Energieerzeugung: Photovoltaikanlage auf einem Milchviehstall

Photovoltaikanlage (Strom)

Energieerzeugung: Landwirtschaftliche Biogasanlage, 75 kW, Güllebasiert

Biogasanlage (Strom + Wärme)

Teilziele und Arbeitsschritte sind

  • Identifikation, Test und Beurteilung geeigneter Energiemanagementsysteme für den landwirtschaftlichen Bereich
  • Entwicklung und Modellierung von Lastprofilen typischer landwirtschaftlicher Produktionsverfahren, in der Rinder,- Schweine-, und Geflügelhaltung
  • Bewertung der Potenziale möglicher Optimierungsmöglichkeiten durch Lastverschiebung, flexible Stromerzeugung und Energiespeicherung zur Erhöhung der Eigenstromnutzung
  • Entwicklung fachlicher Grundlagen, Ablaufschemen und Prozessstrukturen für Programmanwendungen
  • Erstellung von Beratungs- und Schulungsunterlagen für die landwirtschaftliche Ausbildung und Praxis
Vernetzte Daten- und Energiesysteme - Strom- und Datenerfassung:
Strom- und Datenerfassung: Blick in den Verteilerschrank

Verteiler- schrank

Strom- und Datenerfassung: Stromzähler und Steuerungselektronik

Stromzähler und Steuerungselektronik

Strom- und Datenerfassung: einfache Steuerungstechnik - Aktoren

Steuerungstechnik - Relais und Aktoren

Vernetzte Daten- und Energiesysteme - Sensoren und Energiespeicher:
Sensorik im Stall: Temperatur-, Luftfeuchtigkeits-, Beleuchtungssensoren

Sensorik im Stall

Stromspeicher: Wechselrichter und Blei-Säure Batteriesystem

Wechselrichter und Batteriesystem

Begründung und Beschreibung des Forschungsumfelds

Für die landwirtschaftliche Produktion ist eine zuverlässige Energieversorgung von entscheidender Bedeutung. Aufgrund des kontinuierlichen technischen Fortschritts und demzufolge auch die veränderte Betriebsausstattung (z.B. automatische Milchgewinnungs-, Fütterungs-, Entmistungs-, Lüftungssystemen), sowie die Anpassung an Änderungen von gesetzlichen Vorgaben (Digitalisierung der Energiewende, Bundes-Immissionsschutzgesetz) werden in der landwirtschaftlichen Produktion vermehrt neue Verfahren und Techniken eingesetzt, die den Energiebedarf erhöhen und das Lastprofil des gesamten Produktionsverfahren verändern.
Dieser wachsende Energiebedarf in den einzelnen Produktionsketten in der Landwirtschaft und stetig steigende aber auch stark schwankende Energieträgerpreise erfordern im Hinblick auf stagnierende Erzeugerpreise einen äußerst effizienten und umweltbewussten Produktionsmitteleinsatz. Um regenerativ erzeugte Energie bestmöglich in das landwirtschaftliche Lastprofil einzubinden und zu nutzen, ist eine informationstechnische Vernetzung und gesamtbetriebliche Erfassung der Daten- und Energieflüsse erforderlich und bildet die Grundlage für die Steuerung der Energieverteilung von Verbrauchern, Erzeugern und Speichersystemen.
Da smarte Energiemanagementsysteme für die Landwirtschaft zur Vernetzung und Steuerung der Energieströme in den Gebäuden und Anlagen zur Erzeugung tierischer Produkte analog zu Smart Home Systemen im Wohnhausbereich noch nicht praxisgerecht am Markt zur Verfügung stehen, sollen im Rahmen des Forschungsvorhabens auch vielversprechende Soft- und Hardware Produkte von Firmen die vor der Markteinführung stehen selektiert, auf die Praxistauglichkeit untersucht und gegebenenfalls Lösungsvorschläge für die Weiterentwicklung im Hinblick auf den Einsatz in den landwirtschaftlichen Produktionsverfahren und deren entsprechenden Anlagen und Systeme erarbeitet werden.
Um für entsprechende Kommunikations- und Messsysteme, aber auch für die Beratung und Ausbildung aktuelle und zeitgemäße Datengrundlagen zur Verfügung stellen zu können, sind die Durchführung und Auswertung von zeitlich hochaufgelösten Messungen auf zukunftsorientierten landwirtschaftlichen Betrieben notwendig. Der Fokus hierbei ist auf die energieeffiziente Produktion, die energiewirtschaftliche Optimierung und die infrastrukturelle Energie- und Energieeigenversorgung am Praxisbetrieb gerichtet.
Energieeinsatz und Effizienz in Stallgebäuden
Verbraucher im Milchviehstall
Verbraucher im Milchviehstall - Blick in einen modernen Milchviehlaufstall

Liegeboxenstall mit Spaltenboden

Stalllüftung im Milchviehstall: Ventilatoren

Stalllüftung

Kuhbürste

Kuhbürste

Schienengeführter Roboter zur Grundfuttervorlage

Grundfutter-vorlage mit Roboter

Stallbeleuchtung mit LED-Strahlern

Stallbeleuchtung

Milchgewinnung
Melkroboter

Melkroboter

Frequenzgeregelte Vakuumpumpen

Vakuumpumpen

Kühlaggregat

Kühlaggregat

Kompressor

Kompressor

Milchkühlung mit separatem Eisspeicher und Reinigungsautomat

Milchkühlung + Reinigungsautomat

Verbraucher im Schweinestall
Schweinestall mit Abluftkaminen

Lüftung: Abluftkamine

Schweinezuchtstall: Abluftführung mit Wärmerückgewinnung

Abluftführung mit Wärmerück-gewinnung

Blick in den Abluftkanal mit Ventilator

Abluftkanal mit Ventilator

Kühlventilator im Zentralgang

Kühlventilator

Abluftreinigungsanlage im Abluftkamin

Abluftreinigung am Stalldach

Abluftreinigung: Filterwand

Abluftreinigung: Filterwand

Blick ins Ferkelaufzuchtabteil

Ferkelaufzucht

Breifutterautomat

Breifutter-automat

Futtersilo mit Elevatoren

Futtersilo

Hammermühle

Hammer- mühle

Biomasseheizung für die Ferkelerzeugung und -aufzucht

Biomasseheizung

Umwälzpumpen und Verteilung für Ferkelnester im Zentralgang

Umwälzpumpen und Verteilung für Ferkelnester

Infrarotstrahler und Abdeckungen über dem Ferkelnest

Infrarotstrahler

Methodik

Erfassung der Energiedaten und -flüsse
Im Rahmen des Forschungsprojektes sollen im Wesentlichen die Energiedaten und -flüsse des Sektors „elektrische Energie“ durch informationstechnische Vernetzung abgebildet und untersucht werden. Mit zeitlich aufgelösten Verbrauchserfassungen können sowohl die Variabilität in der Betriebsausstattung als auch die zeitliche Variabilität des Energieverbrauchs berücksichtigt werden.
Um regenerativ erzeugte Energie bestmöglich in das landwirtschaftliche Lastprofil einzubinden und zu nutzen, sind die Höhe des Stromverbrauchs und die Kenntnis der Verbrauchslastprofile sowie der Erzeugungsprofile des Betriebes in Abhängigkeit vom Produktionsverfahren ausschlaggebend. Dabei sollen sämtliche auf dem Betrieb vorhandene Stromerzeugungsanlagen (z. B. Biogasanlagen, Kleinwindkraftanlagen, Photovoltaik- und Agrarphotovoltaikanlagen) und die Möglichkeiten der Energiespeicherung berücksichtigt, sowie die technische und praktische Einbindung beurteilt werden.
Optimierungsmöglichkeiten durch Energiespeichersysteme
Der Einsatz von Speichersystemen ermöglicht den unter Tag erzeugten Solarstrom bedarfsbezogen zu nutzen. Neben stationären Batteriespeichern, auf Basis von Blei-Säure, Lithium-Ionen, u. w. Technologien, die aufgrund des schnellen Abrufs der Reserveleistung technisch sehr gut geeignet sind, Primärenergieregelleistung bereitzustellen, sollen auch mobile Speicher in den Untersuchungen berücksichtigt werden.
Gerade durch die zunehmende Elektrifizierung von Arbeits- und Antriebsmaschinen für Arbeiten auf dem Betriebsgelände (Hoftrucks, mobile und schienengeführte, elektrisch betriebene Futtermisch- und -verteilwagen, mobile Spaltenroboter,…) und auf landwirtschaftlich genutzten Flächen (Pflegeschlepper, Transporter, …) aber auch durch betrieblich und privat genutzte Elektroautos, stehen auf den Betrieben zukünftig Akkumulatoren zur Verfügung, die in einem gewissen Rahmen zeitlich flexibel aufgeladen werden können.
Technische Anlagen und Verfahren wie die Eiswasserproduktion für die Milchkühlung oder die Wärmeerzeugung mit Wärmepumpen (z.B. Milchabwärme + Sole-Wasser Wärmepumpe für die Produktion von Eiswasser zur Abkühlung der Milch, sowie der Erhitzung von Brauch- und Heizwasser für das Stallbüro, Technikräume und Wohnhausbereich) bieten weitere Möglichkeiten die selbst produzierte Energie vermehrt zu nutzen.
Energiemanagementsystem
Die informationstechnische Vernetzung ermöglicht hierbei die Feststellung des Energiebedarfs und die Steuerung der Energieverteilung von Verbrauchern, Erzeugern und Speichersystemen. Mit digitalem Last- und Energiemanagement kann das Energiebezugsverhalten angeschlossener Verbraucher und die lokale Energieerzeugung überwacht und optimiert werden. Vernetzte Energiesysteme sind hierbei essenzielle Bestandteile, um eine dezentrale und intelligente Energieverteilung, gerade im Hinblick auf eine verbesserte Integration erneuerbarer Energien, zu realisieren.
Projektablauf
Die Verfahrens- und Arbeitsablauf zur Erfassung von Energieerzeugung und Energieverwendung, sowie die Visualisierungsmöglichkeiten der Energieflüsse für den Wissenstransfer und als Entscheidungshilfe für die Festlegung und Gewichtung von spezifisch landwirtschaftlich definierten Entscheidungsprozessen für elektrische Regelschemata sind:
  • Auswahl und Ausstattung von Praxisbetrieben mit modernen bidirektionalen Energiemanagementsystemen für die Erfassung des Datenflusses und Steuerung der Verbraucher. Für die Signalverarbeitung werden Komponenten (Energiemessgeräte) zur dezentralen, automatischen Erfassung und Speicherung von Impulsen bzw. digitaler energietechnischer Daten in den Elektroverteilerschränken der Versuchsbetriebe eingebaut. Bereits bestehende Messstellen in den Stallungen werden mit systemkompatiblen Zählern umgerüstet. Zur Einbindung der Solarstromerzeugung von Photovoltaikanlagen und anderen Energieerzeugungsanlagen sowie den Lade- und Leistungsdaten von (Batterie-) Speichersystemen werden kompatible Schnittstellen für die Datenübertragung in das Gesamtnetzwerk eingebaut.
  • Festlegung von Datenstruktur und Integration der Zählpunkte in die Nutzeroberflächen der Analysesoftware von Energie-Monitoring- und Energie-Management-Systemen.
  • Analyse des Stromverbrauchs der Einzelverbraucher, zeitlich aufgelöste und nach Verbrauchern aufgeschlüsselte Messung, Datenauswertung und Bewertung des Stromverbrauchs und -ertrags.
  • Visualisierung der Ertrags- und Verbrauchsdaten ausgewählter landwirtschaftlicher Betriebe sowie der Last- und Leistungsprofile von Verbrauchern und Erzeugern.
  • Entwicklung und Bewertung möglicher Optimierungsmöglichkeiten zur Eigenstromnutzung.
  • Virtuelle Modellierung von Energieprofilen typischer landwirtschaftlicher Produktionsverfahren, Festlegung des Rankings von Verbrauchern in den Produktionsketten und Entwicklung fachlicher Grundlagen und Prozessstrukturen für Programmanwendungen.

Ergebnisse

Die gesamtbetriebliche Erfassung der Daten- und Energieflüsse dient als Grundlage für eine künftige Steuerung von Energiebereitstellung und Energieverteilung. Denn gerade im Hinblick auf immer schnellere Entwicklungen und Innovationen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik einerseits, der Automatisierung und Elektrifizierung von landwirtschaftlichen Maschinen und Anlagen andererseits, kann die Nutzung eigenproduzierter regenerativer Energie einen Beitrag für eine umweltverträgliche Gestaltung von Produktionsprozessen sein. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus den Untersuchungen sollen sinnvolle Beratungs- und Entscheidungshilfen für die landwirtschaftliche Praxis, der Beratung und der Ausbildung, bei der Optimierung der Eigenstromnutzung und der Einbindung von mobilen und stationären Speichersystemen, zur Verfügung stellen.
Die optimale Ausnutzung von Energieträgern bei minimalen Emissionen und der Einsatz erneuerbarer Energien sind ein wesentlicher Bestandteil für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung.

Projektinformation
Projektleitung: Josef Neiber
Projektbearbeitung: Josef Neiber, Thomas Lehner
Kooperationspartner: BaySG
Laufzeit: 01.2021 - 12.2023
Finanzierung: Bayerisches Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF)
Förderkennzeichen: G2/N/20/12