Ist der Anbau von Haselnüssen zur Fruchtgewinnung in Bayern wirtschaftlich möglich?

Teilprojekt: Mechanisierung und Nacherntebehandlung

Die Mechanisierung der Haselnussproduktion ist sehr aufwändig und vielschichtig. Sie reicht von der Plantagenpflege über die Ernte bis hin zur weiteren Verarbeitung und Lagerung. Bislang spielt der Haselnussanbau in Deutschland nur eine geringe Rolle. Die Anbaufläche von Haselnüssen in Bayern beträgt ca. 300 ha (Stand 2010) und wird von ca. 100 Landwirten betrieben. Die Hauptanbaugebiete liegen in den Landkreisen Erding, Freising, Dachau, Pfaffenhofen, Neuburg-Schrobenhausen, Kelheim, Ansbach und Fürth. Neben allen anderen Bereichen, wie Pflanzenbau und Pflanzenschutz (siehe Link), musste auch im gesamten Komplex Mechanisierung, Wissen und Erfahrung gesammelt werden, ehe konkrete Beratungsempfehlungen ausgesprochen werden konnten (siehe auch Vorträge).
Dennoch konnte im Pilotbetrieb in Franken eine erste komplette Mechanisierungskette aufgebaut und erfolgreich eingesetzt werden.

Welche Bereiche wurden von 2006 bis 2014 bearbeitet und welche Erkenntnisse gibt es?

Während der gesammten Projektlaufzeit konnten nach und nach die Bereiche Plantagenpflege, Ernte und Nachernteaufbereitung bearbeitet werden.
Menschen stehen in einer HalleZoombild vorhanden

Vorführung Ernteaufbereitung Haselnüsse

Durch die Teilnahme an Messen und Maschinenvorführungen sowie der Kontaktpflege und des ständigen Kontaktausbaus zu Herstellern und Lohnunternehmern konnten zahlreiche neue Erkenntnisse gesammelt werden. Diese fanden Ihre praktische Umsetzung und Erprobung im Pilotbetrieb bzw. wurden in eigenen Vorführungen oder Vorträgen an interessierte Pflanzer weitergegeben. Unter anderem wurden Vorführungen mit unterschiedlichen Erntegeräten bzw. Mechanisierungsstufen durchgeführt. Desweiteren gab es eine große Präsentation von unterschiedlichsten Geräten zur Plantagenpflege und Erntevorbereitung. Auch ein eigener Pflanzenschutztag mit Fachvorträgen und Maschinenvorführungen wurde durchgeführt.

1. Plantagenpflege

Als erste, dringlichste Aufgabe wurden Systeme und Maschinen erörtert und erprobt, die Plantagen zu pflegen. Neben der Pflege des Bewuchses durch geeignete Auswahl von speziellen Mulchgeräten mit Auslegern kommt auch der Einsatz von Bodenbearbeitungsgeräten in Frage. Dabei wird der Aufwuchs kurz gehalten, oder komplett entfernt. Letzteres kann durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, oder durch Bodenbearbeitungsgeräte erreicht werden. Stets ist dabei die Oberflächenbeschaffenheit im Auge zu behalten, da die Nüsse vom Boden aufgesammelt werden müssen. Eine Schonung der Grasnarbe bzw. Erhaltung der Oberflächenbeschaffenheit ist hier das oberste Ziel, wie die Erfahrungen zeigten.

2. Erntevorbereitung

Bei der Erntevorbereitung liegt der Schwerpunkt auf einer ebenen, glatten Oberfläche. Sämtliche Erntemaschinen sind darauf angewiesen die Ernteware vom Boden aufzunehmen (Ausnahme Schüttelverfahren). Dementsprechend soll der Bewuchs möglichst kurz und frei von Fremdstoffen (Baumschnitt, Mulchmaterial, Steine, usw.) gehalten werden. Hierzu wurden verschiedenste Systeme von Aufsammelgeräten (Mulcher mit Bunker, Weidepflegegeräte, usw.) erprobt. Wichtigste Erkenntnis hierbei ist, dass diese Maßnahmen regelmäßig und gründlich durchzuführen sind.

3. Ernte

Speziell für die Haselnussernte gibt es bislang in Deutschland kaum Maschinenanbieter. Geeignete Maschinen mussten hierzu aus den bekannten Anbaugebieten mit hoher Technisierung (Italien, Frankreich, USA) importiert werden. Dort gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme, die allesamt unter bayerischen Anbauverhältnissen (meist feuchte Ernteverhältnisse) kaum erprobt sind. Aus dieser Fülle unterschiedlicher Erntesysteme kann der Anbauer je nach Auslastung auswählen. Die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelne Systeme wurden im Rahmen des Projektes erörtert. Die Angebotspalette reicht hier von einfachen, handgeführten Geräten bis zu hochmodernen, selbstfahrenden Erntemaschinen.
Für unsere Versuchsplantage fiel die Wahl auf einen Selbstfahrer mit mittlerer Ausstattung.

4. Nacherntebehandlung

Der größte, aufwändigste und umfangreichste Block bei der Haselnuss Technisierung ist die Verarbeitung der Ernteware. Hier geht es in erster Linie um die Haltbarmachung des Ernteproduktes. Im ersten Schritt muss die Ernteware umgehend gereinigt und getrocknet werden. Zur Reinigung wurden während der Projektlaufzeit viele Anstrengungen durchgeführt. Neben der Recherche nach geeigneten Systemen wurden zum Teil auch Maschinen und Geräte in der institutseigenen Konstruktion entworfen und anschließend gefertigt, oder erworbene Maschinen umgebaut.
Im Wesentlichen eigenen sich für die Reinigung zwei Arten von Systemen. Bei überwiegend nassen Ernteverhältnissen zeigten Waschmaschinen und Sedimentationsanlagen den besten Reinigungserfolg. Unter trockenen Bedingungen kommen dagegen Siebmaschinen (Schüttelsiebe, Trommelsiebe) und Aspirateure gut zurecht. Im nächsten Schritt müssen die Nüsse in der Schale getrockent werden. Dazu eigenen sich schonende Kistentrocknungssysteme, mit denen gute Erfolge erzielt wurden.
Für den Verkauf bzw. die weitere Verarbeitung müssen die Nüsse in der Regel kalibriert werden. Hier konnten Trommelsiebmaschinen ebenfalls mit gutem Erfolg eingesetzt werden. Auch zeigte sich, dass mit entsprechenden Sieben auch geknackte Nüsse sehr gut kalibriert bzw. Schalenbruchstücke entfernt werden können. Für den Bereich des Knackens konnte ein, zumindest für mittlere Leistungsanforderungen, geeignetes Gerät beschaft werden.
Trotz umfangreicher Technik musste festgestellt werden, dass im Sinne der Qualitätssicherung eine Nachkontrolle mittels Verlesetisch notwendig ist. Optische Bildanalysesysteme sind hier denkbar, kommen aber aus finanziellen Gesichtspunkten bei der derzeitigen Anbausituation nicht in Betracht.

Ausblick

Der Haselnussanbau in Bayern ist noch relativ jung und die Anbaufläche überschaubar. Deshalb ist davon auszugehen, dass insbesondere bei der Ernteaufbereitung, aber auch bei allen anderen technischen und nicht technischen Bereichen noch viele Erkenntnisse gewonnen und damit größere Fortschritte erzielt werden können, als bei langjährig etablierten Kulturen, bei denen der Wissensstand bereits sehr hoch ist.
Dennoch ist der Haselnussanbau in Deutschland zum festen Bestandteil geworden und bei entsprechender Vermarktung für einige Betriebe durchaus interessant. Da es sich um eine Dauerkultur handelt ist bei einem geplanten Einstieg auf jeden Fall eine ausführliche Beratung notwendig und sinnvoll.

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