Handlungsempfehlungen zum Schutz von Rehkitzen beim Mähen
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System Sensosafe im Einsatz beim Mähen eines Kleegrasbestands im Allgäu
Der Mäh-Knigge liefert dem Landwirt Handlungsempfehlungen zum Schutz von Rehkitzen und weiteren Wildtieren beim Mähen von Grünland- und Feldfutterbaubeständen. Die bewährten Methoden wie Vermeiden, Vergrämen und Vertreiben oder das Suchen, Bergen und Sichern der Rehkitze stehen weiter hoch im Kurs. Neue Techniken wie das System Sensosafe ergänzen erstmals den Werkzeugkasten einiger Landwirte und Lohnunternehmer in der kommenden Saison 2022.
Rehkitzrettung ist Teamarbeit
Die heute übliche schlagkräftigere Technik zum Mähen von Grünland- und Feldfutterbaubeständen erfordert umso mehr, dass jeder Landwirt und jeder Fahrer vor ihrem Einsatz die Auswirkung auf Wildtiere wie z. B. Rehkitze bedenken muss. Vor jedem Mähen sind daher einige Dinge zu organisieren. Durch aufmerksame Bestandskontrollen kann die Situation auf den einzelnen zu mähenden Flächen bezüglich der betroffenen Tierarten im Vorfeld beurteilt werden. Entsprechend können geeignete Maßnahmen und eine Maßnahmenkaskade für die zu mähenden Flächen vorbereitet werden. Die Kontaktpflege zwischen Bewirtschaftern, Lohnunternehmern, Jägern und ehrenamtlichen Wildrettern sollte regelmäßig erfolgen, um im Bedarfsfall auf möglichst viele Optionen zurückgreifen zu können. Oft ist der Mähtermin nur kurzfristig planbar und oft mähen viele Landwirt gleichzeitig, sodass die Zahl der verfügbaren Personen, aber auch das zur Rehkitzrettung notwendige "Material" schnell knapp wird. Erfahrene Rehkitzretter, die z. B. das Einfangen und Sichern der Kitze beherrschen, sind ebenfalls von Vorteil.
Maßnahmenübersicht
Eine übersichtliche Zusammenstellung der Maßnahmen zur Rehkitzrettung vor dem Mähen und beim Mähen bietet diese Tabelle:
Rehkitzrettung in drei Phasen
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Traktor mit Front-Heck-Mähwerksgespann mit Sensosafe-Assistenzsystem beim Mähen einer Grünlandfläche
Die Rehkitzsetzsaison gliedert sich in drei Phasen, die auch unterschiedliche Strategien bei der Rehkitzrettung erfordern. Während der ersten Phase, je nach Region in etwa im ersten Drittel des 8-wöchigen Zeitraums Mai–Juni, findet man hauptsächlich sich noch drückende frisch gesetzte bzw. junge Rehkitze. Während dieser Zeit sind Maßnahmen zum Aufsuchen, Sichern und Bergen erfolgversprechend. In der zweiten Phase, etwa im zweiten Drittel des genannten Zeitraums, findet man sowohl frisch gesetzte und junge, sich noch drückende Rehkitze als auch schon ältere flüchtende Rehkitze. Wir empfehlen, in dieser Zeit das Mähen möglichst zu vermeiden oder mehrere Maßnahmen gleichzeitig durchzuführen. Im letzten Drittel des Zeitraums Mai–Juni flüchten die meisten Rehkitze, womit Maßnahmen zum Vergrämen und Vertreiben wie z. B. der akustische Wildretter am Mähwerk in Kombination mit langsamerem Fahren und dem Mähen von innen nach außen bzw. von einer Seite zur anderen, wie im Mäh-Knigge vorgeschlagen, am erfolgversprechendsten sind. Bei Mähterminen ab Juli spielen die Rehkitze schließlich keine Rolle mehr. Jetzt sind andere Tiere wie z. B. die Amphibien stärker gefährdet.
Was tun, wenn es doch passiert?
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Eine Drohne mit Wärmebildkamera startet kurz nach Sonnenaufgang zur Rehkitzrettung.
Foto: Marco Kirschner
Das Wild ist Eigentum des Jägers (Revierinhaber). Um nicht in Konflikt mit dem Jagdrecht zu kommen, muss zwingend vor dem Mähen mit dem Jäger das Vorgehen bei angemähten Tieren geregelt werden. Dabei ist es ratsam, den jeweiligen Revierinhaber bei einem angemähten Wildtier, aber auch bei vermähten Wildtieren sofort zu verständigen. Eine ggf. erforderliche Nottötung darf nur fachgerecht d. h. also tierschutzkonform und nach Rücksprache mit dem Jäger durchgeführt werden, wozu eine entsprechende Ausrüstung erforderlich und vor Ort verfügbar sein muss. Ideal ist es, wenn der Jäger beim Mähen dabei ist, insbesondere bei Flächen mit bekanntem Wildtierbesatz.
Kompakt und ausführlich nachlesen
Das LfL-Merkblatt "Mäh-Knigge kompakt" bietet eine schnelle Übersicht zu geeigneten Wildtierrettungsmaßnahmen und zum korrekten Verfahrensablauf bei der Grünland- und Feldfuttermahd. Weiterhin stellt es praxisgerechte Möglichkeiten für das richtige Anmähen und Mähen dar.
Der Mäh-Knigge selbst ergänzt diese Informationen mit einer kurzen Darstellung der rechtlichen Zusammenhänge, der möglichen betroffenen Tierarten über den Jahresverlauf und mit hilfreichen Checklisten für Landwirte, Lohnunternehmer und Jäger für die Planung und konkrete Durchführung der Wildtierrettung.
Wenn diese Handlungsempfehlungen beim Mähen umgesetzt werden, können alle gesetzlichen Vorgaben, auch zum Verbot des Mähens von außen nach innen auf Flächen größer einem Hektar, eingehalten werden.
Ihre Unterstützung hilft
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Der tragbare Wildretter wurde auf einem Quad aufgebaut und wird auf dem LfL-Gelände getestet.
Foto: Zoe Pfeiffer
Derzeit läuft das vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) geförderte Verbundprojekt "Wildtierrettungsstrategien". Ziel des Projekts ist es, die Maßnahmen zur Wildtierrettung bzw. deren Einsatz zu optimieren und eine räumlich-zeitlich variable Gefährdungskulisse für die zu mähenden Flächen zu erstellen, um die Arbeit der Landwirte zu unterstützen und das Vermähen von Rehkitzen künftig noch effektiver zu vermeiden. Damit dies gelingt, ist Ihre Unterstützung bei der Datenerfassung äußerst wichtig.
Folgende Erhebungsmöglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung:
- Erfassen von Rehkitzpositionen (auch online verfügbar), Meldung von Daten ab Ende April bis zum Ende der Kitzsaison: einmal pro gefundenem Kitz.
- Erfassen von Daten zur Rehkitzrettung aufgeteilt nach Techniken und Verfahren, Meldung von Daten ab Ende April bis zum Ende der Rehkitzrettungsaktionen: einmal pro Fläche.
Erhebungsbögen gibt es für Drohnenführer, den tragbaren Wildretter, den Scheucheneinsatz, die Menschenkette, den akustischer Wildretter am Mähwerk, dem Mähen nach Mäh-Knigge und dem Eingrasen (tägliches Holen von frischem Futter).
Ansprechpartner
Stefan Thurner
Arbeitsgruppe Verfahrenstechnik Grünland und Futterkonservierung (ILT1b)
Institut für Landtechnik und Tierhaltung (ILT)
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)