Forschungs- und Innovationsprojekt
WeideInsight: Mehrwert im Herdenmanagement durch kostengünstige, hybride Lokalisierung und intelligente Datenintegration
Im Rahmen des Forschungsprojekts wird durch die Integration kostengünstiger und energieeffizienter Lokalisierungslösungen ein neues Monitoringsystem für den kombinierten Weide-/ Stallbetrieb in der Milchviehhaltung entwickelt.
Hintergrund
Die Bestimmung der Aufenthaltsorte von Tieren, insbesondere bei weitläufigen Weideflächen, wurde im Bereich der Forschung bereits seit mehreren Jahrzehnten mit verschiedenen Techniken erprobt. Ein Beispiel ist das im Rahmen der Innovationsförderung des BMEL (FKZ: 2813IP013, LfL) entwickelte und im Jahr 2018 über den am Projekt beteiligten Industriepartner auf dem Markt eingeführte GPS-GSM Ortungssystem. Aufgrund des relativ hohen Stromverbrauchs für die Positionsbestimmung und Datenübertragung eignen sich diese Systeme insbesondere für extensive, weitläufige Weideflächen und für Jungvieh, bei denen eine Positionsbestimmung mit niedriger Frequenz (z. B. einmal pro Stunde) ausreicht. Weniger geeignet sind diese Systeme für Milchvieh, das auf intensiven Weideflächen grast und für das Melken regelmäßig in den Stall kommt. Allerdings gibt es derzeit kein kommerziell erhältliches Tiermonitoringsystem, das zuverlässig und mit hoher Frequenz im Stall und auf der Weide Daten zum Tierverhalten bzw. zum Aufenthaltsort der Tiere liefert.
Im Rahmen des Forschungsverbunds FutureIOT (Bayerische Forschungsstiftung, AZ-1301-17) wurden Algorithmen und Modelle für die sensorbasierte Erfassung des Tierverhaltens bei Milchkühen auf der Weide entwickelt, die auch im Projekt "WeideInsight" eingesetzt werden können. Zusätzlich sollen verschiedene Techniken für die Positionsbestimmung im Stall und auf der Weide integriert werden. Neben der frühzeitigen Erkennung von managementrelevanten Situationen soll somit dem Landwirt ermöglicht werden, mit geringerem Arbeitseinsatz einen Weidebetrieb wirtschaftlicher zu betreiben.
Zielsetzung
Ziel des Projekts "WeideInsight" ist daher, zusammen mit den Verbundpartnern (Details siehe unter "Projektpartner") die Entwicklung kostengünstiger und energieeffizienter Lokalisierungslösungen im kombinierten Weide-/Stallbetrieb.
Im Fokus des Gesamtprojekts stehen dabei folgende Fragestellungen:
- die Entwicklung und Erprobung kostengünstiger, funkbasierter Lokalisierungslösungen für Weide und Stall, mit deutlich verbesserter Batterielaufzeit im Gegensatz zu den derzeit verfügbaren GPS-basierten Systemen;
- die Entwicklung eines Simulators, mit dem der Technologieeinsatz in konkreten Stall- und Weidekonstellationen erprobt, getestet, konfiguriert und demonstriert werden kann;
- die Integration und Aufbereitung von semantischer Ortsinformation in Herdenmanagementsystemen, um es Landwirten zu ermöglichen, einen direkten Mehrwert aus den Orts- und Bewegungsinformationen ziehen zu können wie die Erkennung von management-relevanten Parametern, z. B. bedarfsgerechte Zuteilung der Portionsweide;
- dadurch Arbeitsersparnis und -erleichterung für den Landwirt bei Weidehaltungsverfahren zu erreichen und das Tierwohl sowie die Transparenz der landwirtschaftlichen Prozesse inner- wie außerbetrieblich zu erhöhen unter Berücksichtigung von relevanten Datenschutzaspekten.
Das Institut für Landtechnik und Tierhaltung der LfL ist im Rahmen des Projekts konkret für die Datenerfassung auf Praxisbetrieben und die Evaluation des entwickelten Systems zuständig.
Methoden
Auf geeigneten Praxisbetrieben mit automatischem Melksystem und Weidehaltung werden die im Projekt entwickelten Lokalisierungssysteme über zwei Weidesaisonen ab April bis Oktober in mehreren Abschnitten getestet. Dabei steht die Genauigkeit der Positionsbestimmung und Robustheit des Systems im Vordergrund. Zur Validierung der erfassten Daten werden u. a. auch Tierbeobachtungen durchgeführt.
Neben der Entwicklung und Erprobung des Lokalisierungssystems werden in einer deutschlandweiten Befragung die von Landwirten bereits eingesetzten Lokalisierungssysteme sowie der Bedarf an solchen Systemen bei Betrieben mit Rinderhaltung und Weidewirtschaft erhoben. Damit soll ein konkreter Überblick zum Thema Einsatz neuer Technologien in der Rinderhaltung mit Weidegang gegeben werden.
Ergebnisse
Im Januar 2022 wurde das neu entwickelte Lokalisierungssystem im Versuchsstall der Bayerischen Staatsgüter (BaySG) am Staatsgut Almesbach installiert. Das Lokalisierungssystem im Versuchsstall besteht aus Bluetooth Tags, die in einem Gehäuse an den Halsbändern der Kühe befestigt wurden und Bluetooth Low Energy (BLE) Beacons, die sich an bestimmten Positionen (tragende Stützen zwischen den Liegeboxen und am Futtertisch, an den Tränken und in der Nähe des automatischen Melksystems) im Stall befinden. Direkt nach der Installation des Lokalisierungssystems im Stall wurden die ersten Kühe mit Bluetooth Tags ausgestattet und die Erprobung des Systems über einen längeren Zeitraum gestartet. Auch wenn die Lokalisierung von Kühen im Stall auf der Grundlage der BLE-Technologie im Vergleich zu anderen kommerziellen Systemen nicht präzise Ortsinformationen der Kühe liefert, können die niedrigeren Kosten und die höhere Energieeffizienz für bestimmte Haltungssysteme und Einsatzoptionen von Vorteil sein.
Neben dem System im Stall wurde neuerlich auch das neu entwickelte Lokalisierungssystem für die Weide auf dem Staatsgut Almesbach installiert. Dieses basiert auf LPWAN (Low Power Wide Area Network) Technologie und besteht aus mehreren Empfangsstationen, die den exakten Empfangszeitpunkt eines LPWAN-Signals messen, um den Standort des LPWAN-Senders, der an den Weidetieren mittels Halsband befestigt wird, zu bestimmen. Als Ortungsverfahren wird hierbei das Verfahren TDOA (Time Difference of Arrival) verwendet. Für eine präzise Ortung im Bereich weniger Meter ist eine hochpräzise zeitliche Synchronisation der Empfangsstationen auf dem Niveau weniger Nanosekunden notwendig.
Die Ergebnisse der im Rahmen des Projektes durchgeführten Befragung zum Einsatz von Lokalisierungssystemen in der Rinderhaltung mit Weide (n = 242 befragte Landwirte mit Rinderhaltung und Weidebetrieb) zeigen, dass nur ca. 2,5 % der befragten Betriebe in Deutschland solche Systeme für Rinder auf der Weide einsetzen. Haupthindernisse für den Einsatz sind aus Sicht der Befragten Landwirte neben den hohen Anschaffungskosten das Fehlen eines geeigneten Lokalisierungssystems auf dem Markt.
Weiterführende Informationen zum Thema
Projektpartner
Projektinformation
Projektleitung: Stefan Thurner
Projektbearbeitung: Dr. Jan Maxa
Laufzeit: 04.2021 - 03.2024
Finanzierung: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Projektträger: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
Förderkennzeichen: 281C210F19