Bodenbearbeitungsverfahren – Pflug, Mulchsaat oder doch Direktsaat?

Schlepper bei der Bodenvorbereitung zur Rapssaat.Zoombild vorhanden

Anlage Strip-Till-Streifen (Mulchsaat Raps)

Bodenbearbeitungssysteme spielen eine große Rolle im Ackerbau. Neben dem klassischen, weit verbreiteten Pflug-Anbausystem gibt es zahlreiche Verfahren ohne Pflug mit unterschiedlichen Intensitäts­stufen. Die Verfahren haben Einfluss auf sämtliche Boden-, Pflanzen- und Ertragsparameter. In einem Dauerversuch soll beobachtet werden, wie sich die unterschiedlichen Systeme (langfristig) auf die einzelnen Parameter auswirken.

Dazu wurde auf der Versuchsstation Puch der Bayerischen Staatsgüter bereits 1992 ein Dauerversuch angelegt. Nach einer gewissen Umstellungs­phase liegen nun langjährige Ergebnisse vor und erlauben Aussagen über die Auswirkungen etwa auf Ertrag, Bodenparameter (Poren, Regenwürmer usw.) und Unkrautflora.

Zielsetzung

Für die konservierende Bodenbearbeitung wurden in den letzten Jahrzehnten viele Verfahren und Maschinen entwickelt. Die Arbeitsweise unterscheidet sich dabei vor allem in der Intensität der Bearbeitung und Durchmischung sowie der Arbeitstiefe. Neben sehr flach arbeitenden Verfahren (zum Beispiel Kurzscheibenegge) gibt es auch tiefer arbeitende Verfahren und Maschinen (zum Beispiel Grubber). In der Praxis haben die nicht wendenden Verfahren in den letzten Jahren stark zugenommen. Dabei dominieren meist Verfahren, bei denen etwas intensiver und tiefer gearbeitet wird. Damit erreichen diese Systeme in der Praxis eine gewisse Risikominimierung hinsichtlich des Feldaufgangs und der weiteren Bestandsentwicklung.
Nicht zuletzt deshalb zählt auch heute noch die konventionelle, voll wendende Bodenbearbeitung mit dem Pflug in den meisten Regionen Deutschlands zu der am häufigsten eingesetzten Boden­bearbeitungs­variante.
Ziel dieses Dauerversuchs ist es, in einem Systemvergleich die Auswirkungen von unterschiedlichen Boden­bearbeitungs­­intensitäten auf ausgewählte Boden­parameter sowie den Ertrag zu bewerten.

Methode

Seit 1992 wird auf einer Dauerbeobachtungsfläche ein Vergleich verschiedener Anbausysteme durchgeführt. Neben dem klassischen Pfluganbausystem wurden drei weitere Anbauverfahren in den Versuch integriert. Den Gegenpol zum Pflugverfahren mit intensiver Bearbeitung stellt die wenig verbreitete Direktsaat mit kaum Bodeneingriff dar. Dazwischen liegen die vielen Facetten der reduzierten bzw. konservierenden Bodenbearbeitung. Um hier die Vielfallt abbilden zu können, wurden eine intensivere und eine extensivere Variante ausgewählt. Diese vier Anbausysteme mit "Direktsaat", "Mulch extensiv", "Mulch intensiv" und "Pflug" wurden bis dato über 25 Jahre hinweg innerhalb einer Ackerfruchtfolge mit ausschließlich mineralischer Düngung verglichen. Der Versuch ist als Streifenanlage mit vier Wiederholungen angelegt. Er ist ortsgebunden und die Parzellen sind seit Projektbeginn fix, das heißt die Direktsaat zum Beispiel ist seit 1992 konsequent ohne Bodenbearbeitung immer exakt in denselben Parzellen. Dies ist enorm wichtig, da sich gewisse bodenphysikalische Parameter wie auch der Unkrautbesatz oder der Ertrag und viele weitere Faktoren unter Umständen erst nach vielen Jahren ändern oder sich auf ein bestimmtes Niveau einpendeln.

Ausgewählte Anbausysteme

  1. Pflug:
    Nach einer meist einmaligen flachen Stoppelbearbeitung mit der Kurzscheibenegge erfolgt im Herbst (auch zur Bestellung der Zwischenfrucht vor Mais) der Pflugeinsatz. Die Arbeitstiefe beträgt 25 bis 30 cm. Die Aussaat erfolgt mit einer Kreiseleggen-Drillmaschinen­kombination bei Getreide und Raps. Die Maisaussaat erfolgt nach flacher Saatbett­bereitung mit dem Einzelkorn­­sägerät.
  2. Mulchsaat intensiv:
    Das Stroh wird bei einer Arbeitstiefe von 10 cm mit einer Kurzscheibenegge zunächst flach in den Boden eingemischt. In den Monaten September und Oktober folgt meist ein (max. zwei) tieferer Bodenbearbeitungsgang mit einem dreibalkigen (Tief-)Grubber. Die Arbeitstiefe beträgt 15 bis 20 cm. Zur Aussaat von Getreide und Raps wird eine Kreiseleggen-Drillmaschinen-Kombination eingesetzt. Bei der Maisbestellung erfolgt die Aussaat mit dem Einzelkornsägerät nach einer flachen Bearbeitung der Zwischenfrucht mit der Kreiselegge oder der Scheibenegge.
  3. Mulchsaat extensiv:
    Die Bodenbearbeitung bleibt auf eine flache Stoppelbearbeitung mit der Kurzscheibenegge beschränkt. Die Arbeitstiefe beträgt 10 cm bei einer maximal dreimaligen Anwendung. Die Aussaat von Getreide erfolgt mit einem Sägrubber. Bei der Raps- und Maisaussaat wird im Herbst eine Streifen­boden­bearbeitung durchgeführt und anschließend (Raps – 50 cm) oder im Frühjahr (Mais – 75 cm) mit dem Einzelkornsägerät bestellt.
  4. Direktsaat:
    Die Aussaat erfolgt ebenfalls mit einem Sägrubber bei Getreide oder Raps und mit dem Einzelkornsägerät bei Mais. Direktsaatsysteme werden ohne Bodenbearbeitung realisiert. Um dennoch den Aufwuchs (Ausfallgetreide, Altverunkrautung und/oder Zwischenfrüchte vor Mais) abzutöten, wird vor der Aussaat oft ein Totalherbizid eingesetzt, oder in seltenen Fällen eine flache Bodenbearbeitung durchgeführt.

Eingesetzte Maschinen

Tabelle mit Einteilung im Versuch eingesetzter Maschinen.Zoombild vorhanden

Derzeit eingesetzte Maschinen

Aufgrund der langen Laufzeit sind die eingesetzten Geräte alternierend ausgetauscht worden. Vom Grundsatz der deutlich abgestuften Boden­bearbeitungs­­­intensität änderte sich dadurch nichts. Über die Jahre hinweg ist der Bodeneingriff bei der Direktssaat am geringsten. Deutlich mehr, aber nur sehr flach arbeitend ist der Eingriff bei der Variante Mulchsaat extensiv. Ebenfalls nicht wendend, aber deutlich tiefer gehend in der Variante Mulchsaat intensiv. Den größten Eingriff mit einem tiefen und voll wendenden Charakter stellt die Pflug-Variante dar.

Fruchtfolge

In der langen Zeitspanne war es notwendig bzw. sinnvoll, die Fruchtfolge immer wieder neu zu gestalten bzw. den Erfordernissen anzupassen. Während zu Beginn des Zeitraumes fast ausschließlich Getreide bestellt wurde, kamen ab 2003 Eiweißpflanzen (Erbsen und Ackerbohnen) dazu. Die Körner­leguminosen verloren jedoch sehr schnell wieder an Bedeutung und wurden seit 2006 nicht mehr gesät. Neuartige Anbauverfahren (Strip Till – bei der Variante Mulch extensiv) und bessere mulchsaattaugliche Sätechnik führten dazu, dass 2009 erstmals Raps und 2014 wieder Körnermais aufgenommen wurden.
Es ist anzunehmen, dass Eiweißfrüchte/Leguminosen erneut an Bedeutung gewinnen. Auch Ambitionen, den Maisanbau zurückzudrängen und den Pflanzenschutz zu reduzieren, könnten in Zukunft zu einer neuen Ausrichtung der Fruchtfolge führen.
Seit 2012 läuft die viergliedrige Fruchtfolge: Winterraps – Winterweizen – Körnermais – Sommergerste.

Ergebnisse

Ertrag über alle Jahre und Kulturen

Säulendiagramm mit den Durchschnittserträgen aller Jahre in den vier Varianten.Zoombild vorhanden

Erträge der vier Bestell­systeme mehrjährig

Die Auswertung bis 2020 geht über einen Zeitraum von exakt 20 Jahren. Die Jahre bis 2000 gelten als Umstellungsjahre. Das Jahr 2014 (Körnermais) ist aufgrund von starkem Lager nicht wertbar gewesen, sodass 19 Jahre verbleiben und im Diagram dargestellt sind. Der hohe, in allen Varianten mehr oder weniger identische Raps-Ertrag im Jahr 2020 führt bei nur 18-jähriger Betrachtung zu Änderungen in den Signifikanzen. Ohne das gute Rapsjahr 2020 lag der Ertrag der Pflugvariante mit 105 % deutlich und signifikant über dem der Variante Mulchsaat extensiv mit 100 %. Dazwischen lag der Ertrag der Variante Mulchsaat intensiv mit 103 %, dessen Unterschied zu den beiden anderen statistisch nicht abzusichern war. In der Direktsaatvariante konnten über die Jahre und Kulturen im Schnitt 92 % erreicht werden. Damit war diese Variante, in beiden Zeiträumen statistisch absicherbar (verglichen mit allen übrigen Varianten), im Ertrag deutlich schlechter.

Erfahrungen zu den einzelnen Kulturen

  • Getreide
    • Bei Weizen lassen sich mit Mulchsaat teils auch mit Direktsaat hohe Erträge erwirtschaften, wenn das Strohmanagement passt. Leguminosen oder Raps als Vorfrucht sind deshalb optimal. Getreide oder Körnermais wegen der Saatgut­ablage bei Mulchsaat und insbesondere Direktsaat eher weniger.
    • Bei Sommergerste war der Ertrag in allen Varianten gleich. Dies liegt vermutlich daran, dass selbst bei der Vorfrucht Körnermais bis zur Sommergersten-Saat das Stroh auch in der Direktsaat gut zu beherrschen ist.
  • Mais
    • Hier liegt bislang leider nur 1 auswertbares Jahr vor. Wie auch im Durchschnitt aller Kulturen war der Ertrag bei der Direktsaat am niedrigsten. Mais reagiert empfindlich auf schlecht erwärmten Boden, wie er in der Direktsaat in der Regel bei uns vorzufinden ist. In den beiden Mulchsaaten können dagegen dem Pflug adäquate Erträge erzielt werden.
    • Strip Till kann eine extensive Mulchsaatvariante darstellen, wenn der Boden eine (tiefe) Frühjahrslockerung zulässt. Nasse oder stark tonhaltige Böden sind eher ungünstig.
  • Raps
    • Hier war der Ertrag im Schnitt aller Jahre mit dem Pflug signifikant am höchsten. Aber auch die anderen Varianten lagen in Einzeljahren gleichauf.
    • Strip Till kann auch hier eine extensive Mulchsaatvariante sein. Extrem wichtig ist es, auf Schnecken und Mäuse zu achten.
  • Leguminosen
    • Auch bei den Erbsen und Ackerbohnen lag die Pflugsaat tendenziell vorne. Die Direktsaat war signifikant am schlechtesten. Dies liegt wohl daran, dass bei den großkörnigen Leguminosen eine tiefe und exakte Saatgutablage erforderlich ist, die unter Direktsaatbedingungen (damals) schwierig ist (war).
    • Mulchsaat ist prinzipiell möglich, zu bedenken ist allerdings, dass die chemische (oder mechanische) Unkrautbekämpfung hier unbedingt erfolgreich sein muss und hohe Mulchauflagen hinderlich sein können.

Boden und Bodenlebewesen

Neben den Standortfaktoren, dem Klima und der Witterung beeinflusst vor allem die Bewirtschaftungsweise die Vielfalt und Besiedlungsdichte der Boden- und Agrarfauna. Wirkungen verschiedener Boden­bearbeitungs­verfahren oder von Blühflächen sowie Effekte der Düngung mit Biogas­gärresten auf Bodentiere sind Beispiele aktueller Untersuchungen der LfL.

Forschungsprojekte zu Bodentieren und Insekten der Kulturlandschaft

Fazit

  • Pflug
    • Der Pflug stellt, wie der Vergleich sämtlicher Kulturen zeigt, das sicherste Anbauverfahren da. Lediglich beim Weizenanbau war die Mulchsaat intensiv dem Pflug überlegen. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass in den sieben Jahren Weizenanbau nur zweimal problematische Vorfrüchte vorhanden waren. Bei Weizen und Körnermais, womöglich in Verbindung mit suboptimalen Aussaatbedingungen, geraten Mulch- und insbesondere Direksaatsysteme an ihre Grenzen, wie Einzeljahre zeigten.
    • Auf der Schattenseite der Medaille stellt dieses Anbausystem den größten Eingriff in den Boden dar. Neben dem hohen Aufwand muss insbesondere in anfälligen Lagen auf die hohe Erosionsgefahr hingewiesen werden. Bestimmte Standorte sind deshalb für dieses Verfahren ungeeignet.
  • Direktsaat
    • Die Direktsaat hat den signifikant niedrigsten Ertrag. Natürlich muss der niedrigere Maschinenaufwand und die geringere Erosionsanfälligkeit dagegen gestellt werden.
    • Eine große Herausforderung bei der Direksaat stellt die Saatgutablage bzw. -einbettung dar. In diesem Verfahren muss selbst bei trockenen Verhältnissen akribisch auf alle Einflüsse wie den Bodendruck, die Strohrotte und die Vorfruchteignung geachtet werden.
  • Mulchsaat
    • Mit den beiden Mulchsaat-Varianten ist eine ganzflächige Bearbeitung des Bodens und damit eingeschränkte Bekämpfung von Altunkräutern oder Ausfallgetreide möglich. Auch eine Förderung der Strohrotte und eine flache Einmischung der Erntereste kann durchgeführt werden.
    • Ausschlaggebend ist die Fruchtfolge bzw. die Vorfrucht auf den Erfolg einer Mulchsaat, insbesondere bei niedrigen Bearbeitungs­intensitäten. Raps oder Leguminosen bieten hier hervorragende Voraussetzungen, die Bearbeitungs­intensität zu reduzieren.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in ausgewogenen Fruchtfolgen kombiniert mit effektiven, exakt abgestimmten Pflanzenschutz- und Boden­bearbeitungs­maßnahmen. Der Einsatz von Mulchsaat­technik mit angepasster Intensität spielt dabei eine wichtige Rolle.
Die Direktsaat wird vermutlich aufgrund der Tatsache, dass sie unter den meisten Bedingungen ertraglich nicht mithalten kann, eine Nische bleiben. Gerade in Trockengebieten jedoch hat dieses Bestellsystem durchaus seine Berechtigung und könnte, wenn die Probleme durch das Wegfallen der Totalherbizide gelöst werden, im Umfang deutlich zunehmen.
Weiter werden die Witterungsextreme und der Klimawandel einen zunehmenden Einfluss auf die Anbausysteme ausüben und Mulchsaat­systeme fördern.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. M. Demmel
Projektbearbeitung: U. Dörfel, H. Kirchmeier, H. Steber
Laufzeit: seit 1992
Projektpartner: Versuchsstation Puch (Bayerische Staatsgüter), Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau