Betriebsentwicklung: Herausforderung für die Zukunft

Landschaftsbild Bayern kleine Ortschaft im Grünen

Foto: Wolfgang Seemann, LfL

Viele Unternehmerfamilien mit landwirtschaftlichen Betrieben stehen vor der Frage, wie sie ihr Einkommen in Zukunft erwirtschaften. Dabei steht auch die Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Betriebes im Fokus. Angesichts der gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel der Wunsch nach tiergerechteren Haltungssystemen oder einer umweltverträglicheren Landnutzung, ist bei einer Entscheidung zur Weiterentwicklung des Unternehmens nicht nur der ökonomische Aspekt zu betrachten. Andererseits benötigen die Familien in der Regel den Gewinn aus dem landwirtschaftlichen Betrieb, um ganz oder zumindest teilweise den Lebensunterhalt daraus zu bestreiten.

Betriebsaufgabe, Übergang zum Nebenerwerb oder Bildung von Gesellschaftsunternehmen

Laut Landwirtschaftszählung (LZ) 2020 werden von den knapp 85.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Bayern (Kleinstbetriebe z.B. unter 5 ha landwirtschaftliche Fläche sind hier nicht enthalten!) über 92 % als Einzelunternehmen geführt (siehe Tabelle 1). Einzelunternehmen bedeutet unter anderem, dass eine Person oder eine Familie über die künftige Ausrichtung und Weiterentwicklung des Betriebes entscheiden.

Tabelle über landwirtschaftliche Betriebe nach Rechtsform und sozioökonomischen Betriebstyp in Bayern Vergleich 2010 und 2020

Die Entwicklung über zehn Jahre in Bayern zeigt, dass sich insbesondere Familien bzw. Personen mit Einzelunternehmen im Haupterwerb entweder zur Betriebsaufgabe, den Übergang zum Nebenerwerb oder zur Bildung von Gesellschaftsunternehmen entschlossen haben. Der Rückgang von Haupterwerbsbetrieben zwischen 2010 und 2020 ist mit 29 % mehr als doppelt so hoch wie die Verringerung der Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe insgesamt mit 13 %.

Wachstum als eine Möglichkeit der Betriebsentwicklung

Die verbleibenden Betriebe wachsen in ihrer Betriebsgröße. Hatten Betriebe ab 5 ha LF (landwirtschaftliche Fläche) im Jahr 2010 noch durchschnittlich 33,4 ha LF, bewirtschaften sie im Jahr 2021 schon 38,4 ha LF (Quelle: Bay. Agrarbericht 2022, Tab. 8). Dabei erfolgte das Flächenwachstum vor allem durch Zupacht. Während 2010 die Flächenbewirtschaftung noch überwiegend auf Eigentumsflächen stattfand, betrug der Pachtanteil 2020 schon 51,5 Prozent. Diese Entwicklung war notwendig, um Einkommen zu stabilisieren oder zu generieren. Steigende Pachtpreise bzw. Abhängigkeiten vom Wohlwollen des Verpächters erhöhen allerdings auch das Risiko, dass eine Gewinnstabilisierung bzw. -steigerung nicht erreicht werden kann.

Wachstum in der Tierhaltung

Grafik über die kontinuierlich gestiegenen Tierbestände von Rindern, Milchkühe und Schweine je Halter von 2010 bis 2021Zoombild vorhanden

Tierbestände je Halter in Bayern

Um ihr Einkommen zu sichern, vergrößerte auch eine Vielzahl von Betrieben ihren Tierbestand (siehe Grafik). Sowohl bei den Milchkühen als auch bei den Schweinen hat sich die Bestandsgröße je Betrieb in zehn Jahren um rund 50 Prozent erhöht. Dabei mussten die Familien, um neue Tierplätze zu errichten, viel Kapital investieren. Dieses Kapital – vor allem für Stall und Stalltechnik – ist in der Regel langfristig gebunden. Damit ist eine schnelle Änderung der Betriebsentwicklung bei sich kurzfristig änderten Rahmenbedingungen nur bedingt möglich.
Gewinn je nicht-entlohnter (Fam.-) Arbeitskraft nach Betriebsform durchschnitt von Ackerbau 40.801€, Futterbau-Milch 37.184€ und Veredelung 40.922€Zoombild vorhanden

Gewinn je nicht-entlohnter (Fam.-) Arbeitskraft nach Betriebsform

Das Einkommen lag dabei je nach Betriebsform im 10-Jahres-Schnitt bei rund 37.000 bis 41.000 Euro Gewinn je nicht-entlohnter (Familien-) Arbeitskraft. Das Einkommen ist bei allen Betriebsformen allerdings sehr volatil (siehe Grafik): bei den Ackerbaubetrieben zwischen 26.000 und 56.000 Euro, den Milchbetrieben zwischen und 26.000 und 67.000 Euro und bei den Veredelungsbetrieben sogar zwischen 23.000 und 75.000 Euro Gewinn je nicht-entlohnter Arbeitskraft.
Zudem sollte aus dem Gewinn nicht nur der Arbeitsertrag für die nicht-entlohnten Arbeitskraft, sondern auch die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals erwirtschaftet werden.

Einkommenskombination statt landwirtschaftliches Wachstum

Viele Familien sichern ihr Einkommen nicht nur über die landwirtschaftliche Urproduktion, sondern erzielen mit ihrer Arbeit und den Produktionsmitteln des Betriebes auch Einkommen mit außerlandwirtschaftlichen Produkten oder Dienstleistungen. Wie in Tabelle 2 zu sehen ist, hat sich der Anteil der Betriebe mit Einkommenskombinationen in 10 Jahren von 39 Prozent auf fast 59 Prozent erhöht.
Einkommenskombinationen in der Landwirtschaft in Bayern
  2010*2020*
Landwirtschaftliche Betriebe insgesamt1.00098,384,5
davon: Betriebe mit Einkommenskombinationen1.00038,649,5
Anteil Betriebe mit Einkommenskobinationen%39,358,6
darunter:
- Erzeugung erneuerbarer Energien%47,246,1
- Forstwirtschaft%36,351,1
- Arbeiten für andere ldw. Betriebe%21,026,3
- Fremdenverkehr, Beherbergung, Freizeitaktivitäten%9,67,3
- Arbeiten außerhalb der Landwirtschaft%9,69,9
- Be- und Verarbeitung von Holz%9,119,4
- Verarbeitung und Direktvermarktung ldw. Erzeugnisse%7,811,6
- Pensions- und Reitsportpferdehaltung%6,07,4
- Bereitstellung von Gesundheits-, Sozial- oder Bildungsleistungen%k. A.2,9
*aus Agrarstrukturerhebung (Quelle: Stat. Bundesamt: Fachserie 3 Reihe 2.1.7, versch. Jahrgänge); eigene Berechnungen
Schwerpunkte der Erwerbskombinationen in Bayern sind neben der Forstwirtschaft die Erzeugung regenerativer Energien und die Arbeiten für andere landwirtschaftliche Betriebe.
Fast die Hälfte der Betriebe mit Einkommenskombinationen im Jahr 2020 gaben an, mehr als 10 Prozent – bis nahezu 100 Prozent - ihres Gesamtumsatzes aus der Einkommenskombination zu erwirtschaften. 55 Prozent der Arbeitsleistung der Beschäftigten wird dabei ganz oder teilweise in der Einkommenskombination erbracht.

Fazit

Den Herausforderungen der Vergangenheit begegneten die landwirtschaftlichen Unternehmerfamilien mit verschiedenen Strategien. Neben Betriebsaufgaben oder Übergang in den Nebenerwerb gingen einige Familien den Schritt zum betrieblichen Wachstum in der landwirtschaftlichen Urproduktion, pachteten zusätzliche Nutzflächen und bauten neue Ställe.
Andere Familien sahen ihre Zukunft in der Diversifizierung ihrer Erwerbsquellen und nutzten die Ressourcen des landwirtschaftlichen Betriebs und der Familie, um neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Auch für die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft gibt es keine einheitliche Strategie, die für alle landwirtschaftlichen Unternehmerfamilien gleichermaßen passt. Die Anpassungsfähigkeit ist und bleibt ein wichtiges Kriterium in der Betriebsentwicklung.

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Ansprechpartnerin
Irene Faulhaber
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Agrarökonomie
Menzinger Straße 54
80638 München
Tel.: +49 8161 8640-1207
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de

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