Auswertung der Buchführungsergebnisse 2021/2022
Die Liquiditätslage der bayerischen Haupterwerbsbetriebe

Foto Euro-Münzen und -scheine

Das Institut für Agrarökonomie der LfL untersucht jährlich die Liquiditätslage der bayerischen Haupterwerbsbetriebe. Dazu werden die erfassten Buchführungsabschlüsse aus Test- und Auflagenbetrieben ausgewertet.

Die Mehrheit der untersuchten bayerischen Haupterwerbsbetriebe konnte im Untersuchungszeitraum 2019/2020 bis 2021/2022 durchwegs akzeptable Gewinne erwirtschaften. Dabei trugen insbesondere die guten Betriebsergebnisse des Wirtschaftsjahres 2021/2022 zu einer spürbaren Verbesserung der Liquiditätslage bei. Die Verschuldung ging im Mittel aller Betriebe um fast 14.000 Euro zurück. Die Analyse zeigt aber auch, dass in rund 43 Prozent der untersuchten Betriebe die Liquiditätslage weiter angespannt bleibt.

Diese Auswertung basiert auf den Buchführungsdaten von insgesamt 2.614 Test- und Auflagenbetrieben, für die jeweils Jahresabschlüsse aus den Wirtschaftsjahren 2019/2020, 2020/2021 und 2021/2022 vorlagen. Die genaue Beschreibung der Datenauswertung kann dem "Detaillierten Bericht zur Liquiditätslage der bayerischen Haupterwerbsbetriebe" am Schluss des Beitrags entnommen werden. Bei der Gruppenbildung galten die in Tabelle 1 aufgeführten Kriterien.
Tabelle 1: Kriterien für die Bildung von Betriebsgruppen mit unterschiedlicher Liquiditätslage
MerkmalWertansatzLiquiditätstufe 1 "Nicht gefährdet"Liquiditätstufe 2 "Leicht gefährdet"Liquiditätstufe 3 "Gefährdet"Liquiditätstufe 4 "Existenz gefährdet"
Die kurzfristige Kapitaldienstgrenze deckt mindestens
Kapitaldienstindividuell1)jajajazum Teil
Abschreibungen ohne Gebäudeindividuell2)jajazum Teilnein
Gebäudeabschreibungindividuell2)jazum Teilneinnein
Wachstumsinvestitionenindividuell3)jazum Teilneinnein
Private Altersvorsorge2.000 Euro je Jahrjazum Teilneinnein
1) Der Kapitaldienst umfasst den tatsächlichen Zinsaufwand zuzüglich der geschätzten regelmäßigen Tilgung (6 Prozent der lang- und mittelfristigen Verbindlichkeiten zum Ende des Wirtschaftsjahres, 20 Prozent der kurzfristigen Verbindlichkeiten)
2) Abschreibungen laut Buchführungsabschluss
3) Ansatz für Wachstumsinvestitionen: 2,5 Prozent der Herstellungskosten des abnutzbaren Anlagevermögens

Leicht rückläufiger Anteil an Betrieben mit gefährdetem Liquiditätsstatus

Tortendiagramm: Anteil der Betriebe an den LiquiditätsstufenZoombild vorhanden

Abbildung 1: Proz. Anteile an den Liquiditätsstufen

Das Ergebnis aus der Verteilung der gleitenden Dreijahresdurchschnitte für den Zeitraum 2019/2020 bis 2021/2022 auf die vier Liquiditätsstufen zeigt Abbildung 1. Der Anteil der Betriebe in Liquiditätsstufe 1 (keine Gefährdung) nahm mit 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr um rund vier Prozentpunkte zu. Etwa 37 Prozent der untersuchten Betriebe waren der Liquiditätsstufe 2 (geringe Gefährdung) zuzuordnen. Ihr Anteil stieg um rund zwei Prozentpunkte. Auf die Gruppe mit mittlerer Gefährdung (Liquiditätsstufe 3) entfielen 27 Prozent der untersuchten Betriebe. Hier ging der Anteil gegenüber dem Vorjahreswert um vier Prozentpunkte zurück. In Liquiditätsstufe 4 (hohe Gefährdung) hat der relative Anteil der Betriebe um zwei auf 16 Prozentpunkte abgenommen.

Nicht oder leicht gefährdete Betriebe: Solide Gewinne und überdurchschnittliche Einlagen

In den nicht gefährdeten Betrieben mit Liquiditätsstufe 1 betrugen die Einlagen im dreijährigen Mittel 70.327 Euro. Sie lagen um 16.104 Euro über dem Durchschnitt aller Betriebe. Die Einlagen aus dem Privatvermögen übertrafen in dieser Betriebsgruppe die Entnahmen zur Bildung von Privatvermögen um 12.844 Euro. Die jährlichen Einlagen aus außerlandwirtschaftlichen Erwerbseinkünften betrugen durchschnittlich 12.543 Euro und waren damit um 2.506 Euro über dem Mittelwert aller ausgewerteten Betriebe.

Die ordentliche Eigenkapitalbildung betrug im Durchschnitt aller untersuchten Betriebe 5.245 Euro. Der Gruppenvergleich zeigt, dass im dreijährigen Mittel nur Betriebe der Liquiditätsstufen 1 und 2 mit 41.851 bzw. 12.238 Euro positive Werte aufwiesen. Auf dieser Grundlage ist für inhabergeführte landwirtschaftliche Familienunternehmen eine stabile Weiterentwicklung zu erwarten. Die ordentliche Eigenkapitalbildung wurde in der Betriebsgruppe mit Liquiditätsstufe 1 neben den hohen Einlagen vor allem auch durch das deutlich höhere ordentliche Ergebnis geprägt. Es betrug im dreijährigen Mittel 68.517 Euro je Unternehmen. In Betrieben mit geringer Gefährdung (Liquiditätsstufe 2) lag das ordentliche Ergebnis auf einem durchschnittlichen Niveau von 51.955 Euro und trug auch hier entscheidend zur guten Liquiditätslage bei.
In beiden Gruppen war der Einsatz von Fremdkapital deutlich niedriger als im Durchschnitt aller Betriebe. Das Fremdkapital wies einen mittleren Deckungsgrad von 383 bzw. 216 Prozent auf. Der mittlere Kapitaldienst fiel mit 12.444 bzw. 24.185 Euro im Vergleich zum Gesamtgruppenwert sichtlich niedriger aus.
Die Betriebe in den Gruppen mit Liquiditätsstufen 1 und 2 waren hauptsächlich auf Ackerbau und Schweinemast und zum Teil auch auf Milchviehhaltung spezialisiert. Bei überdurchschnittlichen Standortqualitäten erzielten sie bei Zuckerrüben und Raps leicht höhere Ernteerträge. Auch die Leistungen in der Rinder- und Schweinehaltung lagen leicht über dem Durchschnitt aller Betriebe.

Betriebe mit angespannter Liquiditätslage

In mehr als einem Viertel der untersuchten Betriebe (27 Prozent) war die Liquiditätslage angespannt (Liquiditätsstufe 3). In dieser Gruppe befanden sich neben Betrieben mit Milchviehhaltung überdurchschnittlich viele Rindermäster und Ferkelerzeuger.

Im dreijährigen Mittel erwirtschafteten die Betriebe mit Liquiditätsstufe 3 ein ordentliches Ergebnis von 36.212 Euro. Damit lagen sie um durchschnittlich 9.503 Euro unter dem mittleren Wirtschaftsergebnis aller untersuchten Betriebe. Die Eigenkapitalbildung betrug im dreijährigen Durchschnitt minus 12.283 Euro.

Die Betriebe aus der Gruppe mit Liquiditätsstufe 3 setzten durchschnittlich 236.405 Euro Fremdkapital ein. Im Vergleich zu den übrigen Betriebsgruppen waren hier die langfristigen Darlehen (im Mittel 126.507 Euro) bedeutender als in den übrigen Betriebsgruppen. Dies weist darauf hin, dass viele Unternehmer in neuerer Zeit beträchtliche Investitionen bzw. Kapazitätserweiterungen in ihren Betrieben durchgeführt haben. Ihre Fremdkapitaldeckung ist niedriger als im Durchschnitt aller Betriebe.

Der hohe Einsatz kurzfristiger Darlehen (durchschnittlich 86.650 Euro) unterstreicht die stark angespannte finanzielle Lage der Betriebe und ist ein wichtiges Indiz für die Kapitalknappheit dieser Betriebe. Oftmals konnten sie kleinere Investitionen und den Zukauf von Betriebsmitteln nur über kurzfristige betriebliche Kredite finanzieren. Außerdem erbrachten die Betriebe aus dieser Gruppe hohe Kapitaldienste (im Mittel 34.287 Euro). Ihr jährlicher Zinsaufwand betrug im Mittel 4.172 Euro und lag um 1.400 Euro über dem Gesamtdurchschnitt aller untersuchten Betriebe.

Aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen in der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung ist davon auszugehen, dass für kurzfristige Darlehen höhere Zinsen bezahlt werden müssen. Auch die Refinanzierung von längerfristigen Darlehen wird zu höheren Zinsaufwänden führen. In den Betrieben aus der Gruppe mit Liquiditätsstufe 3 führt dies zu einem stärkeren Anstieg des Zinsaufwands und damit zu einer Verstärkung der ohnehin angespannten Liquiditätslage.

Schwierige Finanzlage in etwa einem Sechstel der Betriebe

In 16 Prozent der untersuchten Betriebe lag eine sehr hohe Gefährdung (Liquiditätsstufe 4) vor. Diese Betriebe bewirtschafteten durchschnittlich 52,6 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche auf überwiegend unterdurchschnittlichen Standorten. Tendenziell waren die Tierbestände eher klein und der Anteil von Betrieben mit Schweinehaltung war niedriger als im Durchschnitt.

Die Unternehmen erwirtschafteten im dreijährigen Mittel ein ordentliches Ergebnis von 18.573 Euro. Ihre ordentliche Eigenkapitalbildung lag mit einem Mittelwert von minus 27.601 Euro weit im negativen Bereich. Die Betriebsleiter setzten durchschnittlich 200.059 Euro Fremdkapital ein. Es bestand zu einem erheblichen Anteil aus kurzfristigen Verbindlichkeiten (im Mittel 68.801 Euro). Die Fremdkapitaldeckung betrug im Durchschnitt 104 Prozent.
Trotz ihres unterdurchschnittlichen Betriebsergebnisses und ihrer finanziell stark angespannten Lage erbrachten die Landwirtsfamilien aus dieser Gruppe hohe Kapitaldienste (durchschnittlich 29.632 Euro, davon 3.743 Euro Zinsen). Den geleisteten Kapitaldienst konnten sie jedoch nicht allein aus der laufenden Bewirtschaftung aufbringen. Es ist davon auszugehen, dass ein Teil der notwendigen Finanzmittel aus Umfinanzierungen, Anlagenverkäufen bzw. den Einlagen aus dem Privatvermögen und anderweitigen Einkünften stammte. Ein Zeichen für die hohe Gefährdung dieser Betriebe waren die Kapitaldienstreserven mit Beträgen im sichtlich negativen Bereich.
Die Auswertung zeigt, dass die Einlagen aus außerlandwirtschaftlichen Erwerbseinkünften in dieser Betriebsgruppe niedriger waren als im Gesamtdurchschnitt. Die Einlagen aus dem Privatvermögen betrugen im Gruppenmittel 34.250 Euro. Sie lagen damit um 6.504 Euro über dem Durchschnitt aller Betriebe. Ein beträchtlicher Teil der Landwirte setzt bereits auf Erwerbsalternativen, die nicht in der landwirtschaftlichen Buchführung erfasst werden.
Eine Reihe der Betriebsleiter aus dieser Gruppe wird den eigenen Betrieb noch für eine befristete Zeit weiterführen und die Bewirtschaftung anschließend entweder stark vereinfachen oder aufgeben. In der Mehrzahl der Betriebe wird dann jedoch der Erlös aus dem Verkauf des Besatzvermögens für die Tilgung des Fremdkapitals allein nicht ausreichen. Die Rückführung des Kapitaldienstes auf ein tragbares Maß wird meist zu spürbaren Vermögenseinbußen der Landwirtsfamilien führen, wenn keine ausreichenden Finanzmittel aus außerlandwirtschaftlichen Einkünften vorhanden sind.
Die ausführliche Fassung des Beitrages wurde im Magazin "Schule und Beratung", der offiziellen Informationsschrift des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, veröffentlicht.

Ansprechpartner
Lukas Wolf
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Agrarökonomie
Menzinger Straße 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1459
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de