Die Wirtschaftlichkeit der Mähdruschfrüchte im Erntejahr 2021
Foto: J. Reisenweber
Die Wirtschaftlichkeit der Mähdruschfrüchte im Erntejahr 2021 wurde maßgeblich sowohl durch regionale als auch globale Wettereignisse bestimmt. Dies führte in Bayern zu leicht unterdurchschnittlichen Erträgen, aufgrund einer weltweiten Angebotsverknappung zu stark steigenden Erzeugerpreisen von Getreide und Ölsaaten andererseits.
Das nasskalte Frühjahr 2021 führte bei den Getreidebeständen, die in der Regel den Winter gut überstanden hatten, zu merklichen Wachstumsverzögerungen. Dauerhafte Schäden an den Beständen entstanden überwiegend durch Hagel, Starkregen und Überschwemmungen zum Monatswechsel Juni/Juli. Die anhaltende Nässe zur Erntezeit führte zudem zu Verzögerungen beim Drusch und in etlichen Fällen auch zu Qualitätseinbußen beim Getreide. Erfreulich für die wirtschaftliche Situation stellten sich hingegen die deutlichen Erzeugerpreissteigerungen vor allem für Weizen, Braugerste, Mais und Raps dar. Im Ergebnis liegen die vorläufigen Deckungsbeiträge bei den Mähdruschfrüchten im Erntejahr 2021 deutlich über denen der Vorjahre.
Ertragsentwicklung in Bayern
Das nasskalte Frühjahr hat bei den Getreideerträgen in Bayern zum Teil deutliche Spuren hinterlassen: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (September 2021) hat vor allem der Winterweizen drastische Einbußen zu verzeichnen: Mit durchschnittlichen 71,5 dt/ha liegt er nicht nur 10,3 dt/ha unter dem guten Vorjahresergebnis von 81,8 dt/ha, sondern auch um 4,4 dt/ha unter dem fünfjährigen Durchschnitt (2016 bis 2020) von 75,9 dt/ha. Eine ähnliche Tendenz haben Sommerweizen und Roggen aufzuweisen. Zulegen konnte die Wintergerste, die sich um knapp 5 dt/ha von 63,9 dt/ha im Jahr 2020 auf 68,6 dt/ha verbessern konnte.
Der Winterraps kam mit durchschnittlichen 37,4 dt/ha noch gut davon, er konnte sein Vorjahresergebnis (37,4 dt/ha) halten und seinen fünfjährigen Ertragsdurchschnitt von 36,1 dt/ha sogar um 1,3 dt/ha übertreffen. Der Körnermaisertrag liegt mit 102,5 dt/ha sowohl deutlich unter dem guten Vorjahresergebnis von 109,6 dt/ha als auch unter dem fünfjährigen Durchschnitt von 105,2 dt/ha.
Weltweite Produktion und Verbrauch von Getreide
Die US-amerikanische Landwirtschaftsbehörde USDA schätzte im Dezember 2021 die globale Getreideerzeugung (ohne Reis) des Jahres 2021/22 auf 2.280 Mio. t. Beim zeitgleichen Verbrauch wird mit 2.283 Mio. t gerechnet. Sieht man vom ausgeglichenen Jahr 2019/20 einmal ab, liegt der weltweite Verbrauch an Getreide seit 2018/19 zum Teil spürbar über der zeitgleichen Erzeugung. Bei der globalen Weizenversorgung wird die Situation noch deutlicher: Den geschätzten 777,9 Mio. t an Erzeugung stehen 789,4 Mio. t an mutmaßlichem Verbrauch gegenüber. Da sich somit die Endbestände 2021/22 auf etwa 278,2 Mio. t belaufen, errechnet sich eine Stocks-to-use-Ratio von 35 % und damit der niedrigste Wert seit 2015/16.
Entwicklung der Getreidepreise in Bayern
Die Getreidepreisentwicklung der Ernte 2021/22 wurde in Europa durch die Folgen des tagelangen Starkregens, Hagels und regional schweren Hochwassers bestimmt. Hier waren nicht nur Ertrags- und Qualitätseinbußen, sondern auch regionale Totalausfälle der Ernten zu verzeichnen.
Eine anhaltende Trockenheit und extreme Hitze in den USA und Kanada haben die Situation weiter verschärft. Letzteres gilt ebenfalls für die enormen Preisanstiege bei Rapssaat. Die kanadischen Rapsflächen wurden im Sommer durch die Hitzewelle massiv geschädigt. Laut USDA hat die kanadische Erntemenge 2021 lediglich 12,6 Mio. t betragen (Vorjahr: 19,5 Mio. t). In Verbindung mit massiv gestiegenen Rohölpreisen seit Frühjahr 2021 hat Rapsöl als alternativer Rohstoff zusätzlich eine Nachfragesteigerung und damit eine kräftige Preisstütze erhalten. Der jährliche Preisrutsch in Bayern bei Körnermais im Oktober (siehe Abbildung 2) hingegen hängt mit dem lokalen Angebotsüberhang und der Verkaufsbereitschaft der Landwirtschaft bei Feuchtmais zur Ernte zusammen.
Abb.2: Entwicklung der durchschnittlichen Erzeugerpreise für Druschgetreide in Bayern
Produktionsmittelpreise
Neben der Ertrags- und Erzeugerpreisentwicklung sind für die Wirtschaftlichkeit einer Marktfrucht die proportionalen und disproportionalen Spezialkosten (die sog. variablen Kosten) ausschlaggebend. Von besonderer Bedeutung ist die Kostenentwicklung z. B. für Saatgut, Düngemittel, Treibstoffe oder Maschinenunterhalt (siehe Abbildung 3).
Abb. 3: Indexpreise wichtiger Betriebsmittel
Eine einfache Möglichkeit die Entwicklung der Betriebsmittelpreise zu beurteilen, bietet der Indexvergleich. Analog zur Berechnung der Inflationsrate werden hierbei die Preise zu einem Stichtermin (hier: Januar 2006) mit 100 % bewertet, die Kostensteigerungen hingegen in % des Ausgangswerts.
Erkennbare Tendenzen
Während sich die Preise für Pflanzenschutzmittel und Maschinenunterhalt eher stetig entwickeln, reagieren Düngemittel und Treibstoffe ausgesprochen volatil. Ein Zusammenhang zwischen Treibstoff-(Energie-) und den Düngemittelpreisen ist hierbei unverkennbar.
Für die Produktionskosten des Erntejahres 2021 heißt dies, dass sich im Vergleich zu anderen Erntejahren die Kosten für Düngemittel und Kraftstoff auf einem nur mäßigen Niveau befunden haben (siehe markierten Bereich). So hatte beispielsweise Kalkammonsalpeter (27 % N) im Oktober 2020 noch einen Preis zwischen 18 und 20 €/dt (ohne MwSt.), Ende Oktober 2021 hingegen lag er zwischen 56 und 60 €/dt. Für Dieselkraftstoff waren nach dem Statistischen Bundesamt im Oktober 2020 ca. 0,90 €/l, im Oktober 2021 bereits 1,99 €/l (ohne MwSt.) zu bezahlen. Die Kostensteigerungen ab Frühjahr 2021 werden sich erst signifikant auf die Ernte 2022 auswirken.
Vorläufige Deckungsbeiträge (2021) im bayerischen Durchschnitt
Die wirtschaftlichen Ergebnisse der Mähdruschfrüchte 2021 dürften bei den Marktfruchtbau-Betrieben in Bayernin der Regel eine positive Reaktion hervorrufen. Im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Erntejahre 2016 bis 2020 haben die Deckungsbeiträge bei Getreide, Raps und Leguminosen zum Teil deutlich zugelegt (siehe Tabelle 1).
Die drei Spitzenplätze werden nach Stand Ende Dezember 2021 von Körnermais, Winterraps und Sojabohne belegt. Winterraps (mit 44 % Öl), Körnermais und Sojabohnen können im Vergleich zum Fünfjahreszeitraum 2016 bis 2020 um ca. 800 €/ha zulegen. Die Spitzenstellung wird der Körnermais dann erreichen, wenn die Ertragserwartungen von durchschnittlich 102,5 dt/ha (trockene Ware) erfüllt wurden, Erzeugerpreise von über 23 €/dt (ohne MwSt.) erzielt wurden und darüber hinaus auch günstige Trocknungsmöglichkeiten bestanden.
Winterweizen konnte sich gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2016/20 um etwa 440 €/ha verbessern. Ein Vergleich unter den Winterweizen-Qualitäten ist in Tabelle 2 zu finden.
Tab. 2: Vorläufige Deckungsbeiträge für Winterungen in Bayern (Ernte 2021)
Für Winterroggen (Backqualität) lässt sich nur ein Deckungsbeitrag von derzeit 270 €/ha errechnen. Es stellt sich die Frage, ob dieses wertvolle Brotgetreide von der Verwertungsseite her nicht heillos unterbewertet wird. Erfreulich ist hingegen, dass die Sommer-Braugerste zumindest im Mittelfeld der Deckungsbeiträge zu finden ist. Nach bisherigen Auswertungen konnte die Sommergerste des im Erntejahr 2021 zu über 70 % Brauqualität erzielen. Dank der gestiegenen Nachfrage an Malz und einem Erzeugerpreis, der im Dezember 2021 mit 35,24 €/dt (ohne MwSt.) ein nie gekanntes Niveau erreichte, können hier Deckungsbeiträge von etwa 540 €/ha erzielt werden (siehe Tabelle 3).
Tab. 3: Vorläufige Deckungsbeiträge für Sommerungen in Bayern (Ernte 2021)
Der Hype, der sich um den Hafer des Erntejahres 2021 gebildet hatte, lässt sich aus Sicht der vorliegenden Zahlen nicht nachvollziehen. Mit einem Ertrag von 45 dt/ha und einem aufgelaufenen Erzeugerpreis von 16,89 €/dt (ohne MwSt.) errechnen sich nur etwa 249 €/ha als Deckungsbeitrag. In Einzelfällen mag das bei höheren Erträgen und individuellen Abnahmeverträgen natürlich ganz anders aussehen.
Werden bei Ackerbohnen und Futtererbsen, die im Boden für die Nachfrucht verbliebenen Stickstofflieferungen aus der Fixierung monetär bewertet und zur reinen Marktleistung hinzugezählt, haben diese beiden Leguminosen 2021 leicht positive Deckungsbeiträge aufzuweisen. Einen betriebswirtschaftlichen Erfolg können sie allerdings – nach wie vor – nur in Verbindung mit staatlichen Förderprogrammen (KuLaP) erbringen.
Aussichten und Prognosen
Die Rohstoffmärkte und somit die Erzeugerpreise werden sich auch in Zukunft volatil verhalten. Die letzten zwei Erntejahre zeigten einen deutlichen Zusammenhang zwischen globalen Wetterereignissen, deren Auswirkungen auf die Rohstoffbörsen und letztendlich auf die bayerischen Erzeugerpreise. Als zweiter Faktor kommen – auch politisch bedingte – Preisschwankungen des Energiesektors hinzu. Dies kann einerseits die Produktion verteuern (Dieselpreis), andererseits positive Impulse für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse bedeuten (Rapspreis).
Für den Landwirt wird es dadurch zunehmend schwieriger, einen optimalen Verkaufszeitpunkt bzw. die optimale Verkaufsstrategie zu wählen. Um die Preisrisiken zu minimieren, empfiehlt sich grundsätzlich die gesplittete Vermarktung der Ernteprodukte – zumindest teilweise – über Vorverträge beim Landhandel oder Preisabsicherungen an den Warenterminbörsen (z. B. indirekt über Erzeugergemeinschaften oder diverse Vorvertragsmodelle).
Bearbeitungsstand: Dezember 2021
Ansprechpartner:
Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur
Jörg Reisenweber
Menzinger Straße 54
80638 München
Tel.: 08161 8640-1327
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de
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